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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 04.04.2002
Aktenzeichen: 4 W 23/02
Rechtsgebiete: ZPO, UWG
Vorschriften:
ZPO § 93 | |
ZPO § 99 n.F. | |
ZPO § 924 | |
ZPO § 926 | |
ZPO § 927 | |
UWG § 1 | |
UWG § 3 | |
UWG § 13 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 4 W 23/02
In dem Rechtsstreit
wegen Unterlassung, hier: Kostenentscheidung
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Friemel als Einzelrichter auf die am 4. März 2002 beim Landgericht Landau in der Pfalz eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin vom 27. Februar 2002 gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. Februar 2002, das ihr am 13. Februar 2002 zugestellt worden ist,
ohne mündliche Verhandlung am 4. April 2002
beschlossen:
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Tenor des vorgenannten Urteils in Nr. 2. (Kostenentscheidung) dahin geändert, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3 000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte beim Landgericht Landau in der Pfalz eine einstweilige Verfügung erwirkt (Az. HK O 79/01), durch die der Beklagten verboten worden ist, mit bestimmten Angaben für eine Laser-Wasserwaage zu werben. Danach forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 28. August 2001 auf, "den durch die einstweilige Verfügung festgelegten Sachverhalt als endgültige Entscheidung zu akzeptieren" und eine beigefügte Erklärung zu unterschreiben. Mit am 23. Oktober 2001 beim Landgericht Landau in der Pfalz eingegangenem Schriftsatz, der der Beklagten am 5. Dezember 2001 zugestellt worden ist, hat die Klägerin Klage in der Hauptsache auf Unterlassung der Werbeangaben erhoben. Die Beklagte hat den Anspruch im schriftlichen Vorverfahren anerkannt. Durch das am 5. Februar 2002 ergangene Anerkenntnisurteil hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 93 ZPO der Klägerin auferlegt. Mit ihrer dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde macht die Klägerin geltend, dass kein sofortiges Anerkenntnis vorliege, weil sie die Beklagte vor Klageerhebung abgemahnt habe.
Die gemäß § 99 Abs. 2 ZPO n.F. zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin führt zum Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht der Klägerin gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten Anlass zur Erhebung der Hauptsacheklage gegeben.
Anlass zur Klageerhebung im Sinne von § 93 ZPO gibt eine Partei dann, wenn ihr vorangegangenes Verhalten den Kläger bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigt, er werde ohne Klageerhebung nicht zu seinem Recht kommen. Dabei ist die Frage der Klageveranlassung aus der Sicht des Klägers zu beurteilen. Bei einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen, das zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner geführt hat, darf der Antragsteller vor Erhebung der Klage zur Hauptsache grundsätzlich annehmen, dass der Antragsgegner die einstweilige Verfügung nicht als endgültig hinnehmen wird. Der Antragsteller muss aber vor der Erhebung einer mit der einstweiligen Verfügung gleichlautenden Klage zur Hauptsache zur Vermeidung des Kostenrisikos aus § 93 ZPO durch Anfrage beim Gegner klären, ob dieser auf Widerspruch und Fristsetzung zur Erhebung der Klage zur Hauptsache gegenüber der einstweiligen Verfügung verzichtet. Das gilt auch dann, wenn eine vor Einreichung des Verfügungsantrags erfolgte Abmahnung fruchtlos geblieben ist (vgl. zu allem OLG Düsseldorf WRP 1983, 568; OLG Stuttgart, WRP 1996, 477). Der Verletzte muss deshalb den Verletzer nach einem abgeschlossenen Eilverfahren grundsätzlich durch ein sog. "Abschlussschreiben" abmahnen, ehe er Hauptsacheklage erhebt (Allgem. Meinung vgl. OLG Düsseldorf, WRP 1983, aaO; 1979, 862; OLG Frankfurt/Main JurBüro 1982, 1084; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 25 UWG Rdnr. 102 m.w.N.).
Eine solches Abschlussschreiben ist hier erfolgt. Die Klägerin hat die Beklagte am 28. August 2001 darauf hingewiesen, dass die zuvor ergangene einstweilige Verfügung nur einen vorläufigen Rechtszustand herstellte und aufgefordert, entsprechend einem beigefügten Erklärungsentwurf den durch die einstweilige Verfügung festgelegten Sachverhalt "als Hauptsachentscheidung" anzuerkennen.
Das genügte.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten ist es unschädlich, dass das Schreiben keine ausdrückliche Klageandrohung noch eine Fristsetzung enthielt. Beides stellt den Charakter der Aufforderung als "Abschlussschreiben" nicht in Frage.
Allerdings ist umstritten, ob insoweit eine Klageandrohung erforderlich ist, um den Verletzer zu warnen (vgl. zum Meinungsstand Baumbach/Hefermehl aaO, § 25 UWG Rdnr. 102). Ein "Abschlussschreiben" hat den Zweck, den Verletzten durch einen Verzicht des Verletzers auf mögliche Rechtsbehelfe gegen die einstweilige Verfügung klaglos zu stellen und damit ein Ergebnis zu erzielen, wie es nur mit dem Hauptprozess erreicht werden kann. Es hat zwar für den Hauptprozess eine ähnliche Bedeutung wie die sog. "Abmahnung" (BGH GRUR 1973, 384), ist aber nicht damit identisch (OLG Frankfurt/Main, JurBüro 1982, 1084). Die auch bezüglich des "Abschlussschreibens" bestehende "Abmahnlast" soll Zeit und Kosten sparen sowie eine unnötige Inanspruchnahme der Gerichte verhindern. Die im Interesse des Schuldners an den abmahnenden Gläubiger zu stellenden Anforderungen dürfen jedoch nicht überspannt werden. Der von einer unzulässigen Werbung in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffene Mitbewerber hat ein hohes wirtschaftliches Interesse daran, dass Wettbewerbsverstöße rasch abgestellt werden. Das vom Gläubiger bei der Abmahnung zu fordernde Verfahren muss deshalb praktikabel bleiben und darf eine schnelle Durchsetzung berechtigter Interessen des Unterlassungsgläubigers nicht beeinträchtigen (OLG Stuttgart, WRP 1996, aaO).
Ein zwingendes Erfordernis für eine nochmalige Warnung des Verletzers durch (ausdrückliche) Klageandrohung ist unter diesen Umständen nicht erkennbar. Im Allgemeinen wird sich - so auch hier - schon aus den Umständen ergeben, was mit einer solchen Anfrage bezweckt wird, nämlich die Klaglosstellung des Anspruchsberechtigten (vgl. BGH GRUR 1973, aaO). Die Beklagte wusste aus der vorangegangenen einstweiligen Verfügung, dass das Gericht sich in einem Hauptsacheverfahren dem Standpunkt der Klägerin voraussichtlich anschließen wurde. Sie war daher bereits gewarnt. Durch ihr Schreiben vom 28. August 2001 hatte die Klägerin die Beklagte unmissverständlich aufgefordert, die einstweilige Verfügung als "endgültige Entscheidung zu akzeptieren" und damit klar gemacht, dass sie eine Klaglosstellung im Sinne der §§ 924, 926, 927 ZPO verlange.
Auch eine Fristsetzung zur Abgabe der gewünschten Erklärung war nicht zwingend erforderlich.
Zwar wird allgemein gefordert, dass eine gesetzte Frist zur Stellungnahme zu einem Abschlussschreiben angemessen sein muss (OLG Köln GRUR 1998, 646; OLG Franfurt a. Main JurBüro 1982, aaO). Das bedeutet aber nur, dass der Gegner vor Überrumpelung geschützt werden muss (vgl. Lindacher BB 1984, 634, 637) und die Klägerin das Risiko einer Kostenbelastung nach § 93 ZPO trägt, wenn sie die Frist zu kurz bemisst bzw. zu früh" Klage erhebt (vgl. OLG Köln GRUR 1988, aaO; OLG Frankfurt a. Main aaO; Baumbach/Hefermehl aaO, Einl. UWG Rdnr. 532 m.w.N.). Daraus ergibt sich bereits, dass eine nicht oder zu kurz bemessene Fristsetzung die Wirksamkeit einer Abmahnung bzw. eines Abschlussschreibens nicht beeinträchtigt. Vielmehr wird in solchen Fällen lediglich eine angemessene Frist in Gang gesetzt (Baumbach/Hefermehl aaO m.w.N.), was sogar dann gilt, wenn das Abschlussschreiben dem Beklagten nicht zugegangen ist (OLG Düsseldorf WRP 1979, 862; OLG Stuttgart, WRP 1996, aaO). Der Verletzer trägt im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 93 ZPO nicht nur das Risiko des unterbliebenen Zugangs eines abgesendeten Abmahnungsschreibens (vgl. OLG Düsseldorf aaO; OLG Stuttgart aaO), sondern auch die Gefahr, dass er ein Aufforderungsschreiben, das - wie hier - keine ausdrückliche Klageandrohung und Fristsetzung enthält, rechtzeitig beantwortet. Die Beklagte hatte deshalb das Schreiben der Klägerin in angemessener Frist beantworten müssen. Da sie überhaupt nicht reagiert hat, durfte die Klägerin bei vernünftiger Sicht annehmen, dass sie ohne Erhebung der Hauptsacheklage nicht zu ihrem Recht kommen werde. Die der Beklagten mehr als drei Monate nach dem Abschlussschreiben zugestellte Klage ist in jedem Fall nach Ablauf einer angemessenen Frist (vgl. hierzu Baumbach/Hefermehl aaO, Einl. UWG Rdnr. 532 m.w.N.) erhoben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.
Ende der Entscheidung
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