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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 4 W 23/09
Rechtsgebiete: UrhG, TKG, KostO


Vorschriften:

UrhG § 101 Abs. 1
UrhG § 101 Abs. 2 Nr. 3
UrhG § 101 Abs. 9
UrhG § 101 Abs. 9 Satz 1
UrhG § 101 Abs. 9 Satz 4
UrhG § 101 Abs. 9 Satz 6
TKG § 3 Nr. 30
FGG § 12
FGG § 13a Abs. 1 Satz 2
FGG § 19 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1
KostO § 31 Abs. 1 Satz 2
KostO § 131 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss Aktenzeichen 4 W 23/09 4 W 28/09 4 W 29/09

In dem Rechtsstreit wegen einstweiliger Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Petry, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30. März 2009 gegen den ihr am 16. März 2009 zugestellten Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 6. März 2009 ohne mündliche Verhandlung am 30. April 2009 beschlossen: Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der angefochtene Beschluss zur Klarstellung dahin geändert wird, dass der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wird. II. Die Antragstellerin hat die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten. III. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 3 000,00 € festgesetzt.

Damit haben sich die Beschwerden der Beteiligten gegen die Wertfestsetzung durch das Landgericht erledigt. Gründe: I. Die Antragstellerin vertreibt Computerspiele. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich im einen Internet-Provider. Die Antragstellerin macht geltend, dass das von ihr beauftragte "Anti-Piracy-Unternehmen", die in der S... ansässige Firma L... AG festgestellt habe, dass am 19. und 20. Februar 2009 drei verschiedene Internetbenutzer unter im Einzelnen im einem vorgelegten Protokoll dieser Firma (Bl. 29) über ihnen von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte IP-Adressen eine als www.t....to...X..-P... bezeichnete Datei bzw. Bruchteile hiervon über eine sog. Tauschbörse anderen Nutzern des Internets zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht hätten; bei der Datei handele es sich um eine Version des Computerspiels "X..."; das Spiel sei von der Firma G... Entertainment, V..., U... in deren Entwicklungsstudios in P... und M... (R...) entwickelt worden und seit 6. Februar 2009 auf dem Markt; sie - die Antragstellerin - sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel. Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu gestatten, ihr unter Verwendung der vorhandenen Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG Auskunft zu erteilen über Vorname, Nachname, Straße, Hausnummer sowie Postleitzahl und Ort derjenigen Internetbenutzer, denen zur angegebenen Zeit die im Einzelnen bezeichneten IP-Adressen zugewiesen waren. Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 6. März 2009 den Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin "sofortige Beschwerde" eingelegt, mit welcher sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. II. 1. Das von der Antragstellerin eingelegte Rechtsmittel ist nach dem sog. Meistbegünstigungsgrundsatz sowohl als sofortige Beschwerde im Sinne von § 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG, als auch als einfache Beschwerde nach § 19 Abs. 1 FGG zulässig. Auch über die einfache Beschwerde nach § 19 Abs. 1 FGG hat der Senat nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 15. Aufl., § 19 Rdnr. 48 m.w.N.). Nach dem sog. Meistbegünstigungsgrundsatz sind hier beide Rechtsmittel zulässig, weil die Antragstellerin einen Antrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gestellt hat, nach der Entscheidung des Landgerichts aber unklar ist, ob die Kammer in einem solchen Verfahren oder endgültig nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG entschieden hat. Eine einstweilige Anordnung ist auch im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG, auf welches nach § 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG die Vorschriften des FGG Anwendung finden, über die im Bereich des FGG geregelten Fälle hinaus, zulässig (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 14. November - Wx 2/08 -; LG Köln, Beschluss vom 2. September 2008 - 28 AR 4/08 - bei juris; Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, § 12 Rdnr. 124 m.w.N.). Nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses ist zweifelhaft, ob die Kammer endgültig oder vorläufig entschieden hat. Dafür, dass die Kammer eine abschließende Entscheidung treffen wollte, spricht, dass in der Entscheidung vom Erlass einer "Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG" die Rede ist, der gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in den Gründen nicht erwähnt wird und die Kammer eine Kostenentscheidung getroffen hat, für welche im Rahmen einer vorläufigen Anordnung kein Raum gewesen wäre (vgl. zu Letzterem OLG Köln aaO; Keidel/Kuntze/Winkler aaO § 13 a Rdnr. 3). Andererseits hat das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung mehrfach auf die von der Antragstellerin zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen Bezug genommen und nicht erwogen, ob weitere Ermittlungen nach § 12 FGG in Betracht gekommen wären, was für eine Entscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes spricht. Die unklare Entscheidungsform führt nach den Grundsätzen der Meistbegünstigung (vgl. dazu Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. vor § 511 Rdnr. 30 m.w.N.) dazu, dass gegen den Beschluss sowohl das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG), als auch der einfachen Beschwerde nach § 19 Abs. 1 FGG zulässig ist. 2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. a) Der angefochtene Beschluss kann allerdings keinen Bestand haben, soweit er den Eindruck erweckt, dass er in der Hauptsache ergangen sei, weil die Antragstellerin - wie ausgeführt - nur einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hat. In echten Streitsachen - wie hier - gilt auch im FGG-Verfahren, dass das Gericht nicht über den gestellten Antrag hinausgehen darf (Keidel/Winkler/Kuntze aaO § 12 Rdnr. 23 m.w.N.). b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung führt in der gestellten Form nicht zum Erfolg. Er zielt auf eine Entscheidung in der Hauptsache, welche im Rahmen einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nicht getroffen werden darf. Die Antragsgegnerin wäre auf der Grundlage der beantragten einstweiligen Anordnung berechtigt und verpflichtet, die von der Antragstellerin begehrte Auskunft zu erteilen. Das weitere Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG würde auf diese Weise hinfällig. Der damit bezweckte Schutz der datenschutzrechtlichen Interessen der am Verfahren unbeteiligten Kunden der Beschwerdeführerin könnte nicht erreicht werden (OLG Köln, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 6 Wx 2/08 - bei juris). Dahinstehen kann, ob deshalb - insbesondere im Hinblick auf die verbreitete Praxis der Internet-Provider, Verkehrsdaten ihrer Kunden nach einiger Zeit zu löschen - eine einstweilige Anordnung möglich ist, mit welcher der Antragsgegnerin die Löschung dieser Daten untersagt würde (vgl. dazu OLG Köln, aaO). Ein dahin lautender Anspruch der Antragstellerin kommt hier deshalb nicht in Betracht, weil die Antragstellerin weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass sie berechtigt ist, urheberrechtliche Ansprüche bezüglich des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Computerspiels geltend zu machen. Ein Anspruch auf Drittauskunft nach §§ 101 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 UrhG setzt voraus, das durch das Anbieten des Computerspiels "X..." über die Internettauschbörse ein Urheberrecht oder zumindest ein ausschließliches Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 2 UrhG) der Antragstellerin verletzt worden wäre. Im Falle, dass der Antragstellerin nur ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt wäre, setzte ihre Aktivlegitimation voraus, dass sie zur Geltendmachung des Anspruchs autorisiert wäre (vgl. Wandtke/Bohne UrhG 3. Aufl., § 101 Rdnr. 6). Die Antragstellerin, welche sich auf ein ausschließliches Nutzungsrecht beruft, hat ein solches - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - weder konkret dargelegt noch glaubhaft gemacht. Im ersten Rechtszug hat sie lediglich pauschal und deshalb unsubstantiiert vorgetragen sowie durch eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers glaubhaft gemacht, dass sie ausschließliche Nutzungsrechtsinhaberin an dem Computerspiel sei, ohne näher darzulegen, auf welche tatsächlichen Übertragunsvorgänge sie ihre Rechtsauffassung stützt. Das Landgericht hat ihre Aktivlegitimation mit Recht bezweifelt, weil - wovon sich der Senat nochmals vergewissert hat - auf der Internetseite des Computerspiels "X..." ein Copyright zugunsten der Fa. G... Entertainment Inc., U... und die Fa. Z... Entertainment AG, D... sowie ein Hinweis enthalten ist, dass die Bezeichnung "X..." eine zugunsten der Fa. Z... AG eingetragene Handelsmarke ist. Die Copyright-Vermerke sprechen gegen eine Rechtsinhaberschaft der Beklagten (vgl. dazu auch OLG Köln, Urteil vom 29. Januar 1999 - 6 U 6/97 - bei juris; Wandtke/Thum aaO § 10 Rdnr. 16). Dahinstehen kann, ob die Kammer durch die Hinweisverfügung ihres Vorsitzenden vom 23. Februar 2009 ausreichend deutlich gemacht hat, dass sie (auch) die Aktivlegitimation der Antragstellerin bezweifelt. Auch die Beschwerdebegründung enthält zur Frage der Aktivlegitimation der Antragstellerin keinen konkreten Vortrag. Die Beschwerde trägt ergänzend lediglich pauschal - und damit weiterhin unsubstantiiert - vor, dass die Fa. G... Entertainment "durch Vertrag vom Januar 2008" die exklusiven Lizenzrechte an dem Spiel zur weltweiten Veröffentlichung an eine Fa. T... I... Inc., L... V..., übertragen habe; "in der Folgezeit (März 2008) ... (seien) dann die ausschließlichen Nutzungsrechte der T... I... Inc (an die Antragstellerin) mittels eines weiteren Vertrages "übertragen" worden. Dieser vage Vortrag lässt eine rechtliche Nachprüfung, ob die Antragstellerin ausschließliche Nutzungsberechtigte des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Computerspiels geworden ist, nicht zu. Davon abgesehen ist der dahin lautende Vortrag nicht glaubhaft gemacht. 3. Eine Entscheidung über die Verpflichtung zu Tragung von Gerichtskosten ist nicht veranlasst (§ 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO). Die Überbürdung der außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. 4. Die Festsetzung des Geschäftswertes für beide Rechtszüge durch den Senat beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2, Satz 1, 31 Abs. 1 Satz 2 KostO. Dass die Antragstellerin nur einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hat, gibt keinen Anlass, einen niedrigeren Geschäftswert festzusetzen, weil sie in der Sache eine der Endentscheidung gleich stehende Entscheidung begehrt hat; Anhaltspunkt für einen vom Regelwert abweichenden Geschäftswert liegen nicht vor (§ 30 Abs. 2 Satz 2 FGG). Mit dieser Entscheidung haben sich auch die jeweiligen Streitwertbeschwerden der Parteien erledigt; was in der Beschlussformel klargestellt worden ist.

Ende der Entscheidung

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