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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.10.2005
Aktenzeichen: 4 W 60/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 485 |
Entscheidung wurde am 16.01.2006 korrigiert: die Vorschriften wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz hinzugefügt
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
In dem Rechtsstreit
wegen Beweissicherung,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Friemel als Einzelrichter auf die am 25. August und 21. September 2005 eingegangenen sofortigen Beschwerden der Antragstellerin vom 23. August und 16. September 2005 gegen die ihr am 9. August und 12. September 2005 zugestellten Beschlüsse des Einzelrichters des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 1. August und 9. September 2005 ohne mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2005
beschlossen:
Tenor: I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16. September 2005 wird der Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. September 2005 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 23. August 2005 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 1. August 2005 wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3 500 000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin ist Pächterin des der Antragstellerin gehörenden Hotels "R..." in L.... Das Pachtverhältnis endete am 30. September 2005. Die Antragsgegnerin ist aufgrund der Bestimmungen des Pachtvertrages verpflichtet, den Pachtgegenstand bei Beendigung des Pachtverhältnisses in vertragsgemäßem "und für die Verpächterin als Hotel weiter nutzbarem Zustand" zurückzugeben "sowie von der Antragstellerin nicht genehmigte Änderungen der Pachtsache" zurückzubauen. Die Antragstellerin begehrt im Wege der Beweissicherung die Feststellung des gegenwärtigen Zustandes des Hotels zu insgesamt 19 Beweisthemen. Die Antragsgegnerin widersetzt sich dem Antrag.
Der Einzelrichter der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat durch Beschluss vom 1. August 2005 die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einem Teil der Beweisanträge der Antragstellerin angeordnet und die weitergehenden Anträge zurückgewiesen.
Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, soweit das Landgericht ihre Anträge zurückgewiesen hat. Die Antragsgegnerin hat eine Gegenvorstellung erhoben. Durch Beschluss vom 5. September 2005 hat der Einzelrichter die Gegenvorstellung zurück gewiesen, der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 9. September 2005 hat der Einzelrichter auf die zweite Gegenvorstellung der Antragsgegnerin seinen Beschluss vom 1. August 2005 aufgehoben und den Antrag auf "Anordnung des Beweissicherungsverfahrens" insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Antragstellerin derzeit kein Rechtschutzinteresse an der beantragten Beweisaufnahme habe. Dagegen hat die Antragstellerin am 21. September 2005 sofortige Beschwerde eingelegt, welcher der Einzelrichter nicht abgeholfen hat.
II.
Beide Rechtsmittel der Antragstellerin sind zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die sofortige Beschwerde vom 21. September 2005 führt zum Erfolg, wohingegen die sofortige Beschwerde vom 25. August 2005 unbegründet ist.
Es kann dahinstehen, ob der Einzelrichter noch befugt war, mit seinem Beschluss vom 9. September 2005 auf die zweite Gegenvorstellung der Antragsgegnerin seinen Beschluss vom 1. August 2005 aufzuheben, nachdem er die Sache wegen der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin mit seinem Nichtabhilfebeschlusss vom 5. September 2005 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hatte.
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16. September 2005 ist begründet, weil ihr ein Rechtsschutzinteresse an der Einholung eines Beweissicherungsgutachtens nicht abgesprochen werden kann. Hierfür reicht aus, dass es nicht fern liegend ist, dass die von der Antragstellerin beantragte Beweisaufnahme in einem späteren Hauptsacheprozess von Bedeutung sein könnte (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1998, 933). Diese Voraussetzung liegt vor. Das Pachtverhältnis ist seit 30. September 2005 beendet. Dass die Antragsgegnerin kurz vor Ende der Pachtzeit damit begonnen hat, das Anwesen zu renovieren, steht dem nicht entgegen, wobei dahinstehen kann, wieweit diese Arbeiten gediehen sind und ob sie bis zum beabsichtigten Übergabetermin am 17. Oktober 2005 erledigt sein werden.
Wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens dürfen an die Darlegung des Rechtsschutzinteresses keine besonderen Substantiierungsanforderungen gestellt werden; das Gericht muss sich, zumal bei schwierigen und umfangreichen Hauptprozessen auf eine summarische Überprüfung beschränken. Lediglich offensichtlich nutzlose Beweisanträge können zurückgewiesen werden (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1998, 933; Musielak/Huber aaO Rdnr. 13 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist.
Zwar entsprechen die in Angriff genommenen Arbeiten der Antragsgegnerin ihrer im Pachtvertrag übernommenen Verpflichtung, das Hotel bei Pachtende wieder in einen "vertragsgemäßen Zustand" zu versetzen. Das bedeutet aber nicht, dass die Antragstellerin sich in jedem Fall bis zum vereinbarten Rückgabetermin am 17. Oktober 2005 gedulden muss, bevor sie einen Antrag auf Beweiserhebung über den Zustand der Pachtsache stellen kann. Da die Antragstellerin der Antragsgegnerin vor Beginn der Arbeiten mitgeteilt hat, dass sie an der Durchführung solcher Arbeiten kein Interesse mehr habe, weil sie das Hotel nach den Vorstellungen des Nachpächters renovieren und teilweise umbauen wolle, sind die Renovierungstätigkeiten der Antragsgegnerin möglicherweise ganz oder teilweise sinnlos. Deshalb könnte an die Stelle des vertraglich vereinbarten Renovierungsanspruchs ein Anspruch der Antragstellerin auf einen Ausgleich in Geld getreten sein (vgl. BGH NJW 2002, 2383; Z 77, 301). Die Frage, ob die Klägerin einen solchen Anspruch vorliegend wird geltend machen können und ob es deshalb (auch) auf den gegenwärtigen Zustand des Hotels ankommt, ist schwierig und kann nicht im Beweissicherungsverfahren geklärt werden. Die dem Verfahren zu Grunde liegende Situation lässt es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen, dass es für die Antragstellerin auch von Bedeutung sein könnte, den momentanen Zustand der Pachtsache festzustellen.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters vom 1. August 2005 ist indes unbegründet. Der Einzelrichter hat zu Recht in Nr. I. 1. bis 9. jeweils b), aa) eine weitergehende Beweisaufnahme abgelehnt, weil es sich insoweit um Rechtsfragen handelt, die nicht Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens sein können (vgl. Musielak/Huber aaO, § 485 Rdnr. 10). Die Frage, ob die Antragsgegnerin die Renovierungsarbeiten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ... und "in angemessenen und gebotenen Zeiträumen" durchgeführt hat, beinhalten rechtliche Wertungen, jedoch keine Tatsachen.
Richtig hat der Einzelrichter auch die weitergehenden Anträge in Nrn. 4, 8, 6, 9 bis 16 und 19 ganz bzw. teilweise zurückgewiesen, weil es sich um unzulässige Ausforschungsanträge handelt. Die Antragstellerin hat insoweit keine konkreten Beanstandungen vorgetragen, sondern begehrt nur pauschal den ordnungsgemäßen Zustand des Hotels festzustellen, was unzulässig ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes entspricht dem von der Antragstellerin angegebenen Interesse an der begehrten Beweiserhebung.
Ende der Entscheidung
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