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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 19.09.2003
Aktenzeichen: 5 UF 200/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 323
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
Die Befristung der Anschlussberufung durch Art. 2 des ZPO-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 ändert nichts an der Befugnis, auch nach Fristablauf aufgrund eingetretener tatsächlicher Veränderungen statt der Erhebung einer selbständigen Abänderungsklage in einem noch laufenden Berufungsverfahren einen höheren Unterhaltsanspruch geltend zu machen.

Ein erweitertes Unterhaltsverlangen kann indes nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 323 ZPO geltend gemacht werden.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 5 UF 200/02

In der Familiensache

wegen nachehelichen Unterhalts (abgetrennte Folgesache),

hier: Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann sowie die Richter am Oberlandesgericht Geisert und Kratz

ohne mündliche Verhandlung am 19. September 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Gegenvorstellung der Antragstellerin vom 9. Juli 2003 wird der Senatsbeschluss vom 16. Juni 2003 teilweise geändert:

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Anschlussberufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Speyer vom 4. November 2002 zu den Bedingungen des Senatsbeschlusses vom 29. April 2003 Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 630,00 Euro monatlich ab Juli 2003 geltend machen will.

Auch insoweit wird ihr antragsgemäß Rechtsanwalt .................. zur Vertretung im Berufungsverfahren beigeordnet.

Der weitergehende Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Der Senat hält an der in den Beschlüssen vom 16. Juni und 11. Juli 2003 vertretenen Auffassung, wonach die beabsichtigte Anschlussberufung der Antragstellerin wegen Ablaufs der Frist zur Einlegung des Anschlussrechtsmittels unzulässig sei, nicht mehr fest.

Die Befristung der Anschlussberufung durch Art. 2 des ZPO-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ändert nichts an der Befugnis, aufgrund eingetretener tatsächlicher Veränderungen statt der Erhebung einer selbständigen Abänderungsklage in einem noch laufenden Berufungsverfahren einen höheren Unterhaltsanspruch geltend zu machen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO 23. Aufl., vor § 621 e, Rdnr. 12; zur Problemstellung umfassend: Born, FamRZ 2003, 1245 f). Hierfür spricht sowohl die Prozesswirtschaftlichkeit als auch der Gesichtspunkt, dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen vermindert wird.

Der Bundesgerichtshof hat eine Befugnis des Unterhaltsgläubigers zur Einlegung einer Anschlussberufung in dem Fall bejaht, dass ein Kläger mit einem Teil seines Rentenanspruchs rechtskräftig abgewiesen worden war und nach einer auf die Revision des Gegners erfolgten Zurückverweisung der Sache im Wege der Anschlussberufung einen Anspruch auf eine erhöhte Rente beim Berufungsgericht geltend gemacht hatte (BGH LM, § 323 ZPO Nr. 4; zur Befugnis des Berufungsklägers zur Erweiterung seines Berufungsantrags bei einer ihn betreffenden entsprechenden Fallkonstellation: BGH FamRZ 1985, 691; OLG Koblenz, FamRZ 1988, 302). Maßgebend hierfür war, dass der jeweilige Rechtsmittelantrag an die Stelle einer selbständigen Abänderungsklage treten konnte.

Mit der Neuregelung zur Befristung der Anschlussberufung wird vom Gesetzgeber eine Beschleunigung und Konzentration des Berufungsverfahrens bezweckt. Dies steht nach Auffassung des Senats einer Anwendung dieser BGH-Rechtsprechung auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht entgegen. Neben dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit spricht hierfür auch, dass vor Abschluss des Berufungsverfahrens eine Abänderungsklage nicht zulässig erhoben werden kann und die veränderten Tatsachen in getrennten Verfahren mehrfach - zur Verteidigung gegen die Berufung, später zur Begründung des Erhöhungsverlangens - mit der Gefahr des Widerspruchs beurteilt werden müssten.

Da nach Ablauf der Anschlussberufungsbegründungsfrist die teilweise Abweisung des Unterhaltsantrags in Rechtskraft erwachsen ist, kann ein erweitertes Unterhaltsverlangen nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 323 ZPO geltend gemacht werden (BGH aaO).

Vorliegend kommt mithin eine PKH-Bewilligung für die Antragstellerin nicht schon für den Unterhaltszeitraum ab Februar 2003, sondern frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2003 (vgl. § 323 Abs. 3 ZPO) in Betracht.

Aufgrund der maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse kommt ein höherer Unterhaltsanspruch als die erstinstanzlich zugesprochenen 567,00 Euro monatlich erst ab Juni 2003 in Betracht. Für diesen Monat erreicht er jedoch nicht die Wesentlichkeitsgrenze des § 323 Abs. 1 ZPO. Diese wird erst für den Unterhaltszeitraum ab Juli 2003 überschritten, allerdings nicht in der von der Antragstellerin errechneten Höhe.

Ende der Entscheidung

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