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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 21.10.2003
Aktenzeichen: 5 UF 211/02
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1375 Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 2
Zur Berücksichtigung von zur Sicherheit abgetretenen Anwartschaften aus einer privaten Rentenversicherung beim Versorgungsausgleich.

Soweit die Forderung, die abgesichert werden soll, bereits beim Zugewinnausgleich das Vermögen mindernd berücksichtigt worden ist, bleibt die Sicherungsabtretung beim Versorgungsausgleich unbeachtlich. Andernfalls würde die beim Zugewinn in Anrechnung gebrachte Schuld des einen Ehegatten noch einmal - also doppelt - berücksichtigt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 5 UF 211/02

In der Familiensache

betreffend die Regelung des Versorgungsausgleichs (abgetrennte Folgesache) der geschiedenen Eheleute

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll auf die befristete Beschwerde des Antragstellers vom 18. Dezember 2002, eingegangen und zugleich begründet am 19. Dezember 2002, gegen den ihm am 3. Dezember 2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kusel vom 20. November 2002 nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten

ohne mündliche Verhandlung am 21. Oktober 2003

beschlossen:

Tenor:

I. Das durch Beschluss des Senats vom 9. April 2003 ausgesetzte Verfahren wird wieder aufgenommen.

II. Die befristete Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 765,48 EUR festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die befristete Beschwerde des Antragstellers ist gemäß den §§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthaft und begegnet verfahrensrechtlich keinen Bedenken.

Das Beschwerdeverfahren war mit Rücksicht auf die seit 1. Januar 2003 nicht mehr anwendbare Barwertverordnung (vgl. BGH, FamRZ 2001,1695) durch Senatsbeschluss vom 9. April 2003 ausgesetzt worden. Die Bundesregierung hat mit Zustimmung des Bundesrats am 26. Mai 2003 die zweite Verordnung zur Änderung der Barwertverordnung (BGBl. I. S. 728) rückwirkend zum 1. Januar 2003 erlassen. Mit Rücksicht hierauf war das Verfahren wieder aufzunehmen.

Auch bei Anwendung der neuen Barwertverordnung erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Beide Eheleute haben während der Ehezeit (1. August 1968 bis 31. Januar 1996) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben: Der Antragsteller in Höhe von monatlich 1 425,46 DM, die Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 321,94 DM. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in der Ehezeit ein Anrecht auf Leistungen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse - der weiter Beteiligten zu 2) - gemäß deren Auskunft vom 14. Juli 2002 in Höhe von monatlich 3,22 DM erlangt. Die Kirchliche Zusatzversorgungskasse hat hierbei die angeblich nicht dynamische unverfallbare Anwartschaft von monatlich 17,24 DM unter Anwendung der - früher geltenden - Barwertverordnung dynamisiert und eine monatliche dynamische Rentenanwartschaft von 3,22 DM errechnet. Bei der Bayern Versicherung besteht des Weiteren ein Rentenversicherungsvertrag des Antragstellers als Versicherungsnehmer und versicherte Person. Nach deren Auskunft beläuft sich das auf die Ehezeit entfallende Deckungskapital auf 53 644,00 DM. Nach Ziffer 2. des Geschäftsplanes findet eine Realteilung insoweit nicht statt, wenn das Deckungskapital durch Abtretung belastet ist. Mit Abtretungsvertrag vom 25. April 2000 hat der Antragsteller die Rechte und Ansprüche aus dieser Versicherung für den Todesfall in voller Höhe, für den Erlebensfall in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 24 375,00 DM an die Kreissparkasse ... abgetreten.

Das Familiengericht hat das bei der Bayern Versicherung erworbene ehezeitliche Deckungskapital in eine monatliche dynamische Anwartschaft von 252,73 DM umgerechnet und den Versorgungsausgleich sodann gestaffelt wie folgt durchgeführt:

Monatliche Anwartschaften des Antragstellers von insgesamt 1 678,19 DM (1 425,46 DM + 252,73 DM), solche der Antragsgegnerin von insgesamt 325,16 DM (321,94 DM + 3,22 DM). Die nach § 1587 a Abs. 1 BGB der Antragsgegnerin zustehende Hälfte des Wertunterschiedes berechnet sich mit 676,52 DM (1 676.T9 DM ./. 325,16 DM = 1 353,03 DM x 1/2 = 676,52 DM).

In Höhe eines Teilbetrages von 551,76 DM = 282,11 EUR hat das Familiengericht in Nr. 1. des Beschlusses vom 20. November 2002 den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anwartschaften beider Eheleute aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Übertragung monatlicher Rentenanwartschaften in entsprechender Höhe von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf dasjenige der Antragsgegnerin bei demselben Versorgungsträger nach § 1587 b Abs. 1 BGB durchgeführt (1.425,46 DM - 321,94 DM = 1.103,52 DM x % = 551,76 DM = 282,11 EUR). Hiergegen erfolgt kein Beschwerdeangriff.

Den verbleibenden Ausgleich monatlicher Anwartschaften von 124,76 DM (676,52 DM ./. 551,76 DM) hat das Familiengericht in Nr. 2. seiner Entscheidung vom 20. November 2002 zunächst in Höhe eines Teilbetrages von 82,60 DM = 42,23 EUR durch Übertragung entsprechender monatlicher Rentenanwartschaften von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf dasjenige der Antragsgegnerin bei demselben Versorgungsträger nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durchgeführt. Auch hiergegen richtet sich die befristete Beschwerde des Antragstellers nicht.

In Nr. 3. des Beschlusses vom 20. November 2002 hat das Familiengericht sodann den Antragsteller verpflichtet, auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 21,56 EUR durch Beitragszahlung in Höhe von 4 575,66 EUR zu begründen. Diese auf § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG beruhende Entscheidung betrifft den noch auszugleichenden Restbetrag von 124,76 DM ./. 82,60 DM = 42,16 DM = 21,56 EUR.

Die befristete Beschwerde des Antragstellers ist ausdrücklich allein gegen die in Nr. 3. des angefochtenen Beschlusses angeordnete Beitragszahlung in Höhe von 4 575.6&EUR gerichtet. Eine Teilanfechtung der in Nr. 3 des angefochtenen Beschlusses angeordneten Beitragszahlung mit entsprechender für das Beschwerdegericht bindender Beschränkung des Beschwerdegegenstandes ist indes nicht zulässig. Der Beschwerdeführer stützt sein Rechtsmittel darauf, dass entgegen der Auffassung der Erstrichterin Anwartschaften aus der bei der Bayern Versicherung bestehenden privaten Rentenversicherung wegen der bestehenden Abtretung der Rechte und Ansprüche aus dieser Versicherung nicht auszugleichen seien. Das ehezeitliche Deckungskapital bei der Bayern Versicherung hat das Familiengericht zutreffend in dynamische monatliche Anwartschaften von 252,73 DM umgerechnet. Der diesbezügliche Ausgleich betrifft indes den Beschluss des Familiengerichts vom 20. November 2002 in dessen Nrn. 2 und 3. Insoweit - aber auch nur insoweit - erweist sich der Verfahrensgegenstand als unteilbar und hat der Senat als Beschwerdegericht die Erstentscheidung sachlich zu überprüfen.

Im Rahmen dieser eingeschränkten Überprüfung erweist sich die befristete Beschwerde des Antragstellers als unbegründet. Das Familiengericht hat die Anwartschaften aus der privaten Rentenversicherung des Antragstellers bei der Bayern Versicherung zutreffend in den Versorgungsausgleich eingestellt.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Familiengerichts hat der Antragstellerin Rechte und Ansprüche aus dieser privaten Rentenversicherung für den Todesfall in voller Höhe und für den Erlebensfall in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 24 375,00 DM an die Kreissparkasse ... zur Sicherheit abgetreten. Dies ist zwischen den Parteien außer Streit. Bei einer Sicherungsabtretung kann es zweifelhaft sein, ob sie Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich hat. Eine Sicherungsabtretung erfolgt, um dem Gläubiger eine Sicherheit zu verschaffen, falls der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt. Nur wenn es nicht zur Erfüllung kommt, kann der Gläubiger die abgetretene Rentenanwartschaft verwerten. Soweit die Forderung, die abgesichert werden soll, bereits gemäß § 1375 Abs. 1 BGB voll berücksichtigt worden ist, kann die Sicherungsabtretung nicht auch beim Versorgungsausgleich berücksichtigt werden, da andernfalls die bereits im Zugewinn in Anrechnung gebrachte Schuld des einen Ehegatten noch einmal - also doppelt - berücksichtigt würde. Eine Sicherungsabtretung ist insoweit nicht als echte Abtretung zu werten (vgl. Soergel/Winter, BGB, 13. Aufl., § 1587 a Rdnr. 313).

Ausweislich des von der Bayern Versicherung vorgelegten Abtretungsvertrages vom 25. April 2000 ist die Abtretung zur Sicherung des Anspruchs der Kreissparkasse ... auf Rückzahlung des noch nicht getilgten Nettokreditbetrages gegen den Kreditnehmer aus einem Darlehen vom 25. April 2000 erfolgt. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers gemäß Schriftsätzen vom 28. August 2002 (unter Berücksichtigung eines erkennbaren Schreibversehens) und 16. September 2002 sind die ihn treffenden Verbindlichkeiten gegenüber der Kreissparkasse ..., die durch die Abtretung der Ansprüche aus dem Rentenversicherungsvertrag gesichert werden sollen, beim Zugewinnausgleich in voller Höhe zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt. In der Tat hat das Familiengericht in dem den Zugewinn ausgleichenden Urteil vom 12. Dezember 2001 den Zugewinn des Antragstellers um Belastungen in Höhe von insgesamt 53 299,41 DM bereinigt. Wenn denn aber die abgesicherte Forderung der Kreissparkasse ... bereits bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs Berücksichtigung gefunden hat, steht dies einer Berücksichtigung der Sicherungsabtretung beim Versorgungsausgleich nunmehr - wie oben dargelegt - entgegen.

Das ehezeitliche Deckungskapital der privaten Rentenversicherung bei der Bayern Versicherung beläuft sich unstreitig auf 53 644,00 DM. Der dynamische monatliche Rentenwert errechnet sich wie folgt:

Umrechnungsfaktor Beiträge in EP: 0,0001019084 Entgeltpunkte: 5,4668 aktueller Rentenwert: 46,23 DM dynamisiert: 5,4668 x 46,23: 252,73 DM

Den danach noch offenen Ausgleichsbetrag von 124,76 DM (s.o.: 676,52 DM -551,76 DM) hat das Familiengericht zutreffend zunächst nach §§ 2, 3 b Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VAHRG unter Wahrung der Grenze von 2 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV geregelt. Danach waren weitere monatliche Rentenanwartschaften von 82,60 DM = 42,23 EUR gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG zu übertragen.

Zum Ausgleich des sodann noch offenen restlichen Ausgleichsbetrages von 42,16 DM = 21,56 EUR hat das Familiengericht dem Antragsteller in nicht zu beanstandender Weise nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG aufgegeben, eine Beitragszahlung in Höhe von 4 575,66 EUR zu leisten. Dieser Beitrag errechnet sich wie folgt:

Anwartschaft Monatsrente: 42,16 DM Entgeltpunkte: 42,16/aktueller Rentenwert 46,23 = 0,912 Umrechnungsfaktör EP in Beiträge: 9 812,736 Beitrag: 8949,22 DM 4 575,66 EUR.

Der Antragsteller macht nicht geltend, diese Beitragszahlung nicht leisten zu können oder diese als nicht zumutbar zu empfinden.

Der Antragsteller hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der somit erfolglosen befristeten Beschwerde zu tragen.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat nach § 17 a GKG entsprechend dem Jahresbetrag der auszugleichenden monatlichen Rentenanwartschaften aus der privaten Rentenversicherung festgesetzt (12 x 63,79 EUR = 765,48 EUR).

Hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit einer erfolgten Sicherungsabtretung im Rahmen des Versorgungsausgleichs Bedeutung zukommt, hat die Sache grundsätzliche Bedeutung. Auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung lässt der Senat insoweit die Rechtsbeschwerde zu (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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