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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 17.08.2000
Aktenzeichen: 5 UF 44/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1578
Leitsatz:

Zur Anwendung der Differenzmethode bei nach der Trennung aufgenommener Erwerbstätigkeit:

Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte politische Mandate innegehabt und darüberhinaus neben der Kindesbetreuung und Haushaltsführung die politische Karriere des Unterhaltspflichtigen (Bürgermeister) begleitet und gefördert, prägt dies die ehelichen Lebensverhältnisse mit, ohne dass es darauf ankommt, ob eine Entlohnung gewährt wurde. Ein Beitrag der hilft den politischen Wirkungskreis aufzubauen und neben einer beruflichen Tätigkeit auf Dauer wahrzunehmen geht über die übliche Haushaltsführung hinaus. In einem solchen Falle liegt es nicht völlig außerhalb einer normalen Entwicklung, dass nach der Trennung die nunmehr nicht mehr für diesen Zweck gebrauchten Kapazitäten umgeschichtet und für eine Erwerbstätigkeit eingesetzt werden.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

5 UF 44/00 7 a 100/99 AmtsG -FamG- Frankenthal (Pfalz)

In der Familiensache

wegen nachehelichen Unterhalts,

hier: einstweilige Anordnung,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch die Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, Goldstein und Weisbrodt, ohne mündliche Verhandlung am 17. August 2000

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beklagte wird im Wege einstweiliger Anordnung verurteilt, an die Klägerin ab 11. Juli 2000 monatlichen, monatlich im Voraus zahlbaren Unterhalt (Elementarbedarf) in Höhe von 900 DM zu zahlen.

Im übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

2. Die Kosten im Verfahren der einstweiligen Anordnung gelten für die Kostenentscheidung als Teil der Kosten der Hauptsache.

3. Der Streitwert für das Verfahren über die einstweilige Anordnung wird auf 8551,38 DM (1/2 des gemäß § 17 GKG maßgeblichen Werts: 1.425,23 DM x 6) festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung von Unterhalt ist gemäß § 644 i.V.m. § 620 ff ZPO zulässig und zum Teil begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von Ehegattenunterhalt. Übt ein Ehegatte krankheitsbedingt nur eine Teilerwerbstätigkeit aus, mit der er seinen vollen Unterhalt nicht verdienen kann, so kann er nach §§ 1572 und 1573 I BGB Unterhalt nur bis zur Höhe des durch eine Vollerwerbstätigkeit erzielbaren Mehreinkommens verlangen. Daneben kommt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II BGB in Betracht, wenn sein Eigenverdienst zusammen mit dem Teilanspruch zu seinem vollen Unterhalt nicht ausreicht.

Die Klägerin trifft eine halbschichtige Erwerbsobliegenheit. In weiterem Umfang kann sie krankheitsbedingt nicht arbeiten.

Bei entsprechender Ausweitung ihrer Tätigkeit kann sie errechnet auf der Basis ihres derzeitigen Einkommens rund 1.650 DM brutto verdienen.

Das Einkommen der Klägerin ist eheprägend und im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Die Klägerin hat die Erwerbstätigkeit bereits vor der Scheidung aufgenommen. Allerdings prägen vom Normalverlauf erheblich abweichende Geschehnisse die ehelichen Lebensverhältnisse nicht. Die Einkommensverhältnisse der Parteien haben sich durch die nach der Trennung aufgenommene Erwerbstätigkeit der Klägerin nicht in außergewöhnlicher Weise verändert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die politische Tätigkeit beider ein Schwerpunkt der ehelichen Lebensgemeinschaft war. Die Klägerin hat politische Mandate innegehabt. Darüberhinaus hat sie - das ist unstreitig - neben der Kindesbetreuung und Haushaltsführung die politische Karriere des Beklagten begleitet und gefördert. Hierdurch hat sie die ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt. Sie hat - in diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob eine Entlohnung gewährt wurde - dazu beigetragen, dass der Beklagte seinen politischen Wirkungskreis aufbauen und neben seiner beruflichen Tätigkeit auf Dauer wahrnehmen konnte. Darin liegt ein Aufwand, der über die übliche Haushaltsführung hinausgeht. In einem solchen Falle liegt es nicht völlig außerhalb einer normalen Entwicklung, dass nach der Trennung die nunmehr nicht mehr für diesen Zweck gebrauchten Kapazitäten umgeschichtet und für eine Erwerbstätigkeit eingesetzt werden (vgl. BGH, FamRZ 1982, 892).

Bei der Berechnung des Unterhaltsbetrags lässt der Senat im Verfahren über die einstweilige Anordnung außer Betracht, dass der Beklagte gehalten ist, die Vorteile des begrenzten Realsplittings zu nutzen. Ein Antrag gemäß § 39 a Abs. 2 Satz 3 EStG ist noch nicht gestellt. Im Hauptsacheverfahren kann hierauf noch eingegangen werden.

Der Zahlbetrag errechnet sich aus einem Einkommen des Beklagten von anrechenbaren 3.635,71 DM und einem Einkommen der Klägerin von anrechenbaren 1.272,16 DM. Weil die Klägerin im Hauptsacheverfahren auch Altersvorsorgeunterhalt geltend macht und solcher bei vorläufiger Beurteilung auch geschuldet ist, kann mit der einstweiligen Anordnung nur der nach Abzug des Altersvorsorgeunterhalts geschuldete Elementarunterhalt festgesetzt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 620 g ZPO. Der Wert der einstweiligen Anordnung ist gemäß § 3 ZPO festgesetzt worden.

Anmerkung:

Die Parteien haben sich inzwischen im Hauptsacheverfahren auf der Basis der die einstweilige Anordnung tragenden Auffassung verglichen.

Ende der Entscheidung

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