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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 14.08.2006
Aktenzeichen: 5 WF 101/06
Rechtsgebiete: ZPO, BSHG
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 120 | |
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 1 | |
BSHG § 88 Abs. 2 Nr. 8 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
In der Familiensache
wegen Ehescheidung und Folgesachen,
hier: Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe,
hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Kratz als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2006, eingegangen am 28. Juli 2006 gegen den Beschluss des Rechtspflegers beim Amtsgericht - Familiengericht - Speyer vom 14. Juli 2006, zugestellt am 19. Juli 2006, ohne mündliche Verhandlung am 14. August 2006
beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Rechtspflegers beim Amtsgericht - Familiengericht - Speyer vom 14. Juli 2006 wird aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens von dem Antragsteller nachehelichen Unterhalt geltend gemacht. In erster Instanz wurde ihr ein monatlicher Unterhalt in Höhe von 285 € durch das Familiengericht zugesprochen. Die in zweiter Instanz alleine anhängige Folgesache Unterhalt endete mit einem am 31. August 2005 vor dem Berufungsgericht geschlossenen Prozessvergleich, in dem sich der berufungsführende Antragsteller zur Abgeltung sämtlicher, nachehelicher Unterhaltsansprüche zur Zahlung von 8.000 €, zahlbar in zwei Teilbeträgen zu je 4.000 €, verpflichtete. Die Kosten des Rechtsstreits wurden gegeneinander aufgehoben. Für das Berufungsverfahren war der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Ehe der Parteien ist seit Mai 2005 rechtskräftig geschieden.
Mit dem angegriffenen Beschluss änderte der Rechtspfleger den Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligenden Beschluss und gab der Antragsgegnerin auf, die auf sie entfallenden Gerichts- und Anwaltskosten aus ihrem - infolge des Prozessvergleichs erhaltenen - Vermögen zu entrichten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie geltend macht, tatsächlich erst 7.000 € erhalten zu haben. Der Abgeltungsbetrag sei aus dem für 36 Monate geschuldeten Unterhalt berechnet worden. Diesen Betrag benötige sie für ihren Lebensunterhalt, weil sie nur über ein monatliches Einkommen in Höhe von 400 € verfüge.
II.
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und in zulässiger Weise, insbesondere rechtzeitig eingelegte, sofortige Beschwerde führt in der Sache zu dem angestrebten Erfolg. Die Voraussetzungen für die Abänderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.
Zwar geht der angegriffene Beschluss im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass eine wesentliche Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse darin liegen kann, dass die klagende Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, eine vergleichsweise Zahlung des Gegners auf den Klageanspruch erhalten hat. Sofern der Vermögenszufluss die maßgebliche Freigrenze der § 115 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG übersteigt, ist er wesentlich und es kommt damit grundsätzlich in Betracht, die von der Prozesskostenhilfe gedeckten Gerichts- und Rechtsanwaltskosten nunmehr nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO gegen die Partei geltend zu machen (OLG Koblenz, OLGR 2004, 670).
Vorstehendes gilt auch, wenn und soweit durch einen Vergleich unterhaltsrechtliche Ansprüche der Partei geregelt wurden. Auch ein aufgelaufener und später in einem Betrag erhaltener Unterhaltsrückstand ist Vermögen im Sinne des § 120 ZPO, welches die Partei zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen hat. Vorliegend hat die Antragsgegnerin bislang einen das Schonvermögen in Höhe von 2.600 € um 4.400 € übersteigenden Betrag tatsächlich erhalten.
Allerdings handelt es sich bei der im Rahmen des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung. Wenn auch der Gesetzgeber durch die Festlegung von Vermögensfreigrenzen (bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe) bereits einen ganz wesentlichen Umstand für die Frage nach der Zumutbarkeit der Tragung der Verfahrenskosten vorgegeben hat, so kommen gleichwohl bei der Änderung bereits bewilligter Prozesskostenhilfe weitere Umstände in Betracht, die bei der Ermessensentscheidung von Bedeutung sind. Insoweit war vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich bei dem erhaltenen Vermögen um eine Unterhaltszahlung handelt, die nur zum Teil aus einem Unterhaltsrückstand resultiert, im Übrigen aber auch den zukünftigen Unterhalt der Antragsgegnerin teilweise sichern soll. Die Antragsgegnerin verfügte in der Vergangenheit nicht über eigene Geldmittel, mit denen ihr notwendiger Unterhaltsbedarf gedeckt war. Ihr wäre ratenfreie Prozesskostenhilfe auch dann zu bewilligen gewesen, wenn der Antragsteller den von ihm geschuldeten Unterhalt rechtzeitig gezahlt hätte, also kein Unterhaltsrückstand aufgelaufen wäre (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1996, 1291). Der über dem Schonbetrag liegende Betrag von 4.400 € reicht angesichts der aktuellen Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin, die 400 € monatlich verdient, gerade einmal aus, um deren notwendigen Unterhaltsbedarf für etwa 1 Jahr zu decken (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 4. Aufl., § 120 Rnr. 17). Von der Antragsgegnerin zu tragende Anwalts- und Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren würden rund 1.100 € betragen, also immerhin rund 1/4 des den Freibetrag übersteigenden Betrages ausmachen. Es liegt auch nahe, dass die vergleichsweise Einigung der Parteien über die Kosten des Verfahrens von der Überlegung mitbestimmt war, dass beiden Parteien Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens hätte der Antragsteller einen größeren Anteil der durch das Berufungsverfahren verursachten Kosten tragen müssen. Unter diesen Umständen ist es nicht angemessen, der Antragsgegnerin nachträglich die im Rahmen der Prozesskostenhilfe übernommenen Kosten aufzuerlegen.
Ende der Entscheidung
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