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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 08.04.2002
Aktenzeichen: 5 WF 15/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 124 Nr. 4 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 5 WF 15/02
In der Familiensache
wegen Ehescheidung und Folgesachen, hier: Prozesskostenhilfe für die erste Instanz
hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Amtsgericht Heise auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 7. Februar 2002, beim Amtsgericht Speyer eingegangen am 8. Februar 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Speyer vom 1. Februar 2002 ohne mündliche Verhandlung am 8. April 2002
beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Speyer vom 1. Februar 2002 wird geändert:
Dem Antragsteller wird für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe ab Antragstellung (13. Dezember 2001) bewilligt und ihm Rechtsanwältin N..., H..., gemäß deren Einverständnis zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin beigeordnet.
Der Antragsteller hat auf die Prozesskosten keine Raten zu erbringen.
Gründe:
Die dem Antragsteller vom Amtsgericht - Familiengericht - Speyer für seinen Scheidungsantrag vom 4. Juli 1991 bewilligte Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 17. Juli 1992 wegen Nichtzahlung der festgesetzten Raten gemäß § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben. Danach wurde das Scheidungsverfahren bis Mitte 2000 nicht weiter betrieben. Mit Beschluss vom 17. Januar 2001 hat das Familiengericht den Antrag des Antragstellers, ihm erneut Prozesskostenhilfe zu bewilligen, im Hinblick auf die Aufhebungsentscheidung zurückgewiesen.
Im Termin des Familiengerichts vom 13. Dezember 2001 hat der Antragsteller erneut um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Diesen Antrag hat das Familiengericht mit Beschluss vom 1. Februar 2002 zurückgewiesen, da es nicht zu Lasten der Staatskasse gehen dürfe, dass dem Antragsteller wegen verschlechterter wirtschaftlicher Verhältnisse nunmehr keine Ratenzahlungen mehr aufgegeben werden könnten.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 127 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
In Rechtsprechung und Literatur wird keine einheitliche Auffassung zu der Frage vertreten, ob nach dem Entzug von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 4 ZPO eine erneute Bewilligung für das selbe Verfahren ausgeschlossen ist.
Teilweise wird dies mit Hinweis auf den Sanktionscharakter der Vorschrift des § 124 Nr. 4 ZPO vertreten, die andernfalls leerlaufen würde, wenn es der Partei gestattet werde, nach der Aufhebungsentscheidung sofort einen neuen Antrag zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 617; OLG Naumburg OLGR 1997, 72; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 14; Musielak/Fischer, ZPO, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 11). Teilweise wird die vorgenannte Ansicht jedenfalls für den Fall vertreten, dass eine Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse nicht eingetreten ist (OLG Koblenz FamRZ 1996, 1427).
Nach anderer Auffassung schließt eine Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO einen neuen Antrag nicht von vornherein aus. Dabei wird darauf abgestellt, dass eine Aufhebungsentscheidung unbefristet mit einer Beschwerde angreifbar ist und somit nicht in formelle Rechtskraft erwächst (dieses Argument ist durch die Neufassung von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO für die Zeit ab 1. Januar 2002 nicht mehr wie bisher gültig). Einschränkend wird hierzu vertreten, Prozesskostenhilfe könne erst ab dem neuen Antrag bewilligt werden (OLG Köln FamRZ 1998, 1524; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 124 Rdnr. 26) und mit Rücksicht auf die Bestandskraft der Aufhebungsentscheidung nicht für den selben Streitgegenstand (OLG Köln, aaO: nur für die Geltendmachung künftigen Unterhalts). Einer weiteren Auffassung zufolge kommt eine Neubewilligung nur in Betracht, wenn neue Gründe hierfür geltend gemacht werden können (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 124 Rdnr. 30 i.V.m. § 117 Rdnr. 33).
Auch nach Auffassung des Senats lässt sich aus der gesetzlichen Regelung nicht herleiten, dass nach der Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Nichtzahlung der Raten (§ 124 Nr. 4 ZPO) eine Neubewilligung grundsätzlich ausscheidet. Die vom Gesetz vorgesehene Sanktion für die Nichtzahlung der angeordneten Raten ist die Aufhebung der Bewilligung mit der Folge, dass die Kostenbefreiung des § 122 ZPO für die Partei entfällt (vgl. etwa Stein/Jonas/Bork, aaO, § 124 Rdnr. 30). Wenn, wie im vorliegenden Falle, die Aufhebungsentscheidung hingenommen wird (nach neuer Rechtslage auch formell rechtskräftig geworden ist), scheidet eine erneute Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung allerdings aus. Denn in diesem Fall käme die Neubewilligung einer Änderung der Aufhebungsentscheidung gleich, ohne dass hierfür eine sachliche Begründung gegeben wäre.
Anders ist die Rechtslage nach Auffassung des Senats indes zu beurteilen, wenn nunmehr wegen einer Verschlechterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine Ratenzahlung nicht mehr angeordnet werden kann. Andernfalls würde die bedürftige Partei ohne zwingenden Grund gegenüber einer nicht bedürftigen Partei benachteiligt. Dem Umstand, dass einem bei der Erstbewilligung beigeordneten Rechtsanwalt - von der Aufhebungsentscheidung unberührt - die erworbenen Ansprüche gegen die Staatskasse erhalten bleiben (Stein/Jonas/Bork, aaO, § 124 Rdnr. 32), wird ohne Nachteil für die Staatskasse dadurch Rechnung getragen, dass bei erneuter Beiordnung dieses Anwalts die bereits entstandenen Gebührenansprüche für die selbe Angelegenheit nicht erneut entstehen.
Für die Neubewilligung der Prozesskostenhilfe kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Partei bei Einhaltung der früheren Ratenanordnung die entstehenden Prozesskosten hätte abdecken können oder nicht. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, welcher Zeitraum zwischen der Anordnung von Ratenzahlungen und dem Eintritt der Bedürftigkeit liegt. Auf diese - mehr oder weniger zufällige - Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei kann es ebensowenig ankommen wie etwa darauf, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die früher angeordnete Ratenzahlung zu einer Deckung der Prozesskosten geführt hätte.
Einem Missbrauch der Prozesskostenhilfe in diesen Fällen ist dadurch zu begegnen, dass eine mutwillig herbeigeführte PKH-Bedürftigkeit in diesem Sinne (kein einzusetzendes Einkommen oder Vermögen mehr) eine Neubewilligung ausschließt.
Vorliegend sind Anhaltspunkte in dieser Hinsicht - schon mit Rücksicht auf den zwischen Aufhebung und Neuantrag liegenden Zeitraum von ca. neun Jahren - nicht gegeben. Da die dem Antragsteller bei der Erstbewilligung beigeordnete Rechtsanwältin zwischenzeitlich verstorben ist, kann ihm gemäß seiner Wahl nur eine andere Prozessbevollmächtigte beigeordnet werden. Die Aufhebungsentscheidung steht dem nicht entgegen. Die Mehrkosten beruhen nicht darauf, dass der Antragsteller die frühere Ratenanordnung nicht befolgte.
Gemäß § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Ende der Entscheidung
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