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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 22.05.2002
Aktenzeichen: 6 UF 185/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 233 | |
ZPO § 85 Abs. 2 |
2. Es ist dann durch organisatorische Maßnahmen, wie etwa eine Wiedervorlage zur Kontrolle des Eingangs der gewährten Fristverlängerung oder zur Rückfrage bei Gericht, sicherzustellen, dass die tatsächlich gewährte Frist rechtzeitig bekannt und im Fristenkalender endgültig notiert wird.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 6 UF 185/01
In der Familiensache
wegen Ehescheidung, hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,
hat der 6. Zivilsenat - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth und die Richterinnen am Oberlandesgericht Euskirchen und Schlachter
ohne mündliche Verhandlung am 22. Mai 2002
beschlossen:
Tenor:
I. Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner hat gegen das erstinstanzliche Urteil, durch welches seine Ehe geschieden wird, fristgerecht am 13. Dezember 2001 Berufung eingelegt. Auf seinen Antrag, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern, hat der Vorsitzende des Senats die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 14. Januar 2002 bis 4. Februar 2002 verlängert. Bis zu diesem Termin ist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen. Mit Beschluss vom 5. Februar 2002, dem Antragsgegner zugestellt am 8. Februar 2002, hat der Senat die Berufung des Antragsgegners als unzulässig verworfen.
Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2002 begehrt der Antragsgegner Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung trägt er vor:
Die Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 14. Januar 2002, mit der die Berufungsbegründungsfrist nicht entsprechend seinem Antrag um einen Monat (also bis 14. Februar 2002), sondern nur bis 4. Februar 2002 verlängert worden sei, sei in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten nicht eingegangen. Von der kürzeren Frist und deren Ablauf habe er erst durch den Verwerfungsbeschluss Kenntnis erlangt. Bis zu diesem Zeitpunkt sei dem Prozessbevollmächtigten eine derartige Fristabkürzung bei einer erstmaligen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist weder durch den erkennenden Senat noch durch einen anderen Senat bekannt geworden. In der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten bestehe zwar die allgemeine Weisung, nach der Fristverlängerungen nur dann in den Fristenkalender eingeschrieben werden dürften, wenn die Verfügung des Gerichts vorliege. Um jedoch der Möglichkeit vorzubeugen, dass eine derartige Frist nach Stellung eines Verlängerungsantrags in Vergessenheit gerate, werde gleichzeitig mit Stellung des Verlängerungsantrages das Ende der beantragten Frist nebst Vorfrist bereits mit Bleistift im Kalender notiert. Nach Eingang der Verlängerungsverfügung werde dann der Fristablauf nebst Vorfrist mit rotem Filzstift eingetragen. Im vorliegenden Fall habe dieses "Frühwarnsystem" nicht funktioniert, weil von dem hiermit durch die Büroleiterin beauftragten Auszubildenden die erste Fristeintragung nach Stellung des Verlängerungsantrages nicht mit Bleistift, sondern gleich mit rotem Filzstift erfolgt sei. Deshalb sei es nicht aufgefallen, dass die Verlängerungsverfügung nicht eingegangen sei.
II.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, in zulässiger Form und Frist gestellt, führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.
Gemäß § 233 ZPO kann Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten; das Verschulden des Prozessvertreters steht dem Parteiverschulden gleich, § 85 Abs. 2 ZPO (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdnr. 16).
Die vom Antragsgegner vorgebrachten Gründe für die Fristversäumnis rechtfertigen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht. Denn dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ist bei Zugrundelegung des von ihm selbst dargestellten Sachverhaltes ein eigenes persönliches Organisationsverschulden in doppelter Hinsicht anzulasten:
1. Der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners durfte sich schon nicht ohne weitere eigene persönliche Kontrolle darauf verlassen, dass seinem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in vollem Umfange stattgegeben werde. Entgegen der schriftsätzlichen Behauptung des Antragsgegners war dem Prozessbevollmächtigten nämlich auf Grund eines früheren Rundschreibens des Vorsitzenden des erkennenden Senats bekannt, dass die bis dahin großzügige Praxis bei Fristverlängerungen nicht beibehalten werden könne. Dem Prozessbevollmächtigten war bereits im Jahre 2001 in mindestens zwei Fällen eine erstmalige Fristverlängerung zur Berufungsbegründung gewährt worden, die nicht - wie beantragt - einen vollen Monat beinhaltete, sondern lediglich drei Wochen. Es handelt sich hierbei um die Fristverlängerungen vom 18. April 2001, Az.: 6 UF 29/01 und vom 7. Mai 2001, Az.: 6 UF 38/01.
Angesichts dieser dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners nachweislich bekannt gewordenen Praxis des Senats war der Prozessbevollmächtigte auf jeden Fall gehalten, den Eingang der Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag und deren genauen Inhalt persönlich zu prüfen und durch entsprechende organisatorische Maßnahmen in seiner Kanzlei sicherzustellen, dass diese Prüfung auch durchgeführt wird (Zöller/Greger, a.a.O., Rdn. 33, Stichwort: "Fristverlängerung"; BGH NJW-RR 1999, 1663; BGHReport 2002, 246 ff). Unter diesen Umständen ist es nicht ausreichend, zur Kontrolle der zwar beantragten, aber noch nicht gewährten Fristverlängerung lediglich eine Bleistiftnotierung der beantragten Frist nebst Vorfrist vorzusehen. Denn der Prozessbevollmächtigte musste damit rechnen, dass der eigentliche Fristablauf früher als beantragt eintreten werde, und durch zusätzliche organisatorische Maßnahmen, wie etwa eine Wiedervorlage zur Kontrolle des Eingangs der gewährten Fristverlängerung oder zur Rückfrage bei Gericht, sicherstellen, dass die tatsächlich gewährte Frist rechtzeitig bekannt wird und im Fristenkalender endgültig notiert wird (vgl. Musielak/Grandel, Komm. zur ZPO, 3. Aufl., § 233 Rdn.29). Dies ist nicht geschehen, unabhängig davon, ob die Vorfrist und der eigentliche Fristablauf als vorläufig mit Bleistift oder versehentlich schon als endgültig feststehend mit Rotstift eingetragen wurden. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob dem Prozessbevollmächtigten ein eigenes (Organisations)Verschulden auch deshalb angelastet werden kann, weil die Fristeintragung nicht von der Bürovorsteherin, sondern einem hierzu möglicherweise noch nicht ausreichend befähigten oder eingewiesenen Auszubildenden vorgenommen wurde.
2. Hinzu kommt, dass ausweislich des vom Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners dem Senat vorgelegten Fristenkalender die Vorfrist auf den 4. Februar 2002 eingetragen war. An diesem Tag ist die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen. Spätestens bei der Aktenvorlage wegen der Vorfrist konnte der Prozessbevollmächtigte erkennen, dass bis zu diesem Zeitpunkt eine Verfügung des Senatsvorsitzenden mit der von ihm begehrten Fristverlängerung nicht eingegangen war, und musste sich im Hinblick auf die ihm schon von früher her bekannt gewordene restriktive Handhabung des Senats vergewissern, in welchem Umfang seinem Verlängerungsantrag stattgegeben worden war (vgl. BGH Beschlüsse vom 20. August 1998 und vom 28. September 1998, beide BRAK-Mitt. 1998, 269). Hätte er dies getan, hätte er von dem verfügten Fristablauf Kenntnis erhalten und noch am selben Tag die Berufungsbegründung fristgemäß einreichen oder zumindest um eine kurzfristige weitere Verlängerung um ein bis zwei Tage nachsuchen können. Dass er dies nicht getan hat, gereicht ihm ebenfalls zum Verschulden.
Ende der Entscheidung
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