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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 17.10.2005
Aktenzeichen: 6 WF 178/05
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 2
ZPO § 313 a Abs. 4 Nr. 1
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 623 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 628 Nr. 1
ZPO § 628 Nr. 2
GKG § 66 Abs. 1
GKG § 66 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 6 WF 178/05 In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesache

hier: Erinnerung gegen den Kostenansatz,

hat der 6. Zivilsenat - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth, die Richterin am Oberlandesgericht Euskirchen und den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach auf die Beschwerde der Landeskasse, vertreten durch die Bezirksrevisorin am Landgericht Landau in der Pfalz, gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 19. September 2005

ohne mündliche Verhandlung am 17. Oktober 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 19. September 2005 aufgehoben.

Die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenansatz vom 21. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe der Parteien im Anschluss an den Termin vom 11. Juli 2005 mit Verbundurteil geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich durchgeführt. Die Parteien haben sodann auf Rechtsmittel sowie auf die Darstellung von Tatbestand und Entscheidungsgründen im schriftlichen Urteil verzichtet.

Mit Kostenrechnung vom 21. Juli 2005 hat der Kostenbeamte zwei Gebühren aus dem Gesamtstreitwert angesetzt und eine Ermäßigung nach Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG mit der Begründung abgelehnt, dass nicht das gesamte Verbundverfahren durch ein Urteil ohne Gründe (§ 313 a ZPO) beendet wurde. Demgegenüber hat der Antragsteller im Wege der Erinnerung geltend gemacht, infolge des Rechtsmittelverzichts beider Parteien ermäßige sich die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG.

Der Kostenbeamte hat eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin eingeholt, der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Familiengericht vorgelegt.

Das Familiengericht hat den Kostenansatz aufgehoben und den Kostenbeamten angewiesen, unter Beachtung seiner Rechtsauffassung die Gerichtskosten neu anzusetzen. Zur Begründung ist ausgeführt, aus der Formulierung "gesamtes Verfahren" sei nicht zu schließen, dass der gesamte Entscheidungsverbund keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten müsse. Vielmehr sei die ermäßigte Gebühr nach dem Teilstreitwert für jedes Verfahren des Verbundes anzusetzen, sofern die Voraussetzungen der Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG vorliegen. Die Gebührenermäßigung greife auch dann, wenn nur ein Teil der Folgesachen mit Begründung entschieden werde. Auch der Gesetzesbegründung zu den geänderten Vorschriften des GKG könne nicht entnommen werden, dass die Ehesache nur im Zusammenhang mit allen Folgesachen privilegiert sei. Auch insoweit müsse - beschränkt auf den jeweiligen Streitgegenstand - ein gebührenrechtlicher Anreiz gewährt werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse. Ihrer Ansicht nach sind die Voraussetzungen von Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG nicht gegeben, weil es an einer Erledigung des gesamten Verfahrens im Sinne des § 313 a Abs. 2 ZPO fehle.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsteller schließt sich den Ausführungen des Familiengerichts an.

II.

Die gegen die Aufhebung des Kostenansatzes gerichtete Beschwerde der Landeskasse, über die der Senat gemäß § 568 Satz 2 ZPO in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 GKG statthaft und auch verfahrensrechtlich bedenkenfrei, da das Familiengericht die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat, § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG.

In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Nach Auffassung des Senats sind bei der hier zu beurteilenden Sachlage die Voraussetzungen für eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1311 Kostenverzeichnis zum GKG nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Familiengerichts lässt sich Gegenteiliges weder aus der Begründung des Gesetzgebers zum Kostenmodernisierungsgesetz (KostRMoG) noch aus der früheren Rechtslage herleiten.

1. Als Ermäßigungstatbestand gemäß Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG kommt hier nur, wovon auch das Familiengericht ausgeht, die Nr. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 2 ZPO in Betracht. Das Amtsgericht hat im Verhandlungstermin vom 11. Juli 2005 ein sog. Stuhlurteil verkündet und die Parteien haben anschließend auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze 34. Aufl. Nr. 1211 KV Rdnr. 9). Allerdings setzt die Ermäßigung danach die Beendigung des gesamten Verfahrens oder einer Folgesache durch ein Urteil, das nach § 313 a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält, voraus. Das ist hier nicht der Fall. Denn bezüglich der Folgesache Versorgungsausgleich enthält das Urteil einen Tatbestand und Entscheidungsgründe. Diese waren auch nicht § 1313 a Abs. 2 ZPO durch den Verzicht der Parteien entbehrlich, weil die Ausnahmevorschrift nach § 313 a Abs. 4 Nr. 1 ZPO lediglich für den Scheidungsausspruch, nicht aber für die Folgesachen gilt, insbesondere nicht für den Versorgungsausgleich, bei dem auch die Versicherungsträger Beteiligte sind (vgl. zu § 313 a Abs. 1 ZPO: OLG Hamm, NJW 1979, 434).

2. Für eine (teilweise) Ermäßigung hinsichtlich des Scheidungsausspruchs unter Berücksichtigung des Teilstreitwerts - wie vom Amtsgericht angenommen - mag es zwar gute Gründe geben. Nach der eindeutigen Regelung des Gesetzes vermögen diese Gründe aber die vom Familiengericht vertretene Ansicht nach geltendem Recht nicht zu stützen.

Zunächst setzt der Wortlaut des Ermäßigungstatbestandes entweder eine Gesamterledigung oder die Beendigung einer Folgesache voraus. Wie sich der Begründung zu den Nrn. 1310 und 1311 des Kostenverzeichnisses (Bundestagsdrucksache 15/1971 Seite 161 f) entnehmen lässt, hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang gesehen, dass eine vollständige Übertragung des Pauschalgebührensystems auf Verbundsachen nicht möglich ist. Dabei hat er allerdings nur darauf abgestellt, dass im Scheidungsverfahren keine gütliche Einigung möglich ist, weil das Scheidungsverlangen nicht der Disposition der Parteien unterliegt. Entsprechendes gilt aber für den hier zu beurteilenden Sachverhalt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des Ermäßigungstatbestands an der gemäß § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO antragsunabhängigen Durchführung des Versorgungsausgleichs scheitert. Auch in diesem Fall ist der gebührenrechtliche Anreiz auf die (weiteren) Folgesachen beschränkt, um - wie in der Begründung des Gesetzgebers ausgeführt - ein Mindestmaß an Gebührengerechtigkeit und Verfahrenssteuerung zu gewährleisten (vgl. auch Meyer, GKG 6. Aufl. KV 1311 Rdn. 93f.). Im Übrigen sind die Verfahren in Ehesachen bereits allgemein dadurch gebührenrechtlich privilegiert, dass der Gebührensatz gegenüber den sonstigen bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten auf 2,0 ermäßigt ist. Sofern jedoch mit der die Scheidung aussprechenden Entscheidung der Versorgungsausgleich durchgeführt wird, entfällt durch die insoweit erforderliche Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe, also durch den damit einhergehenden Arbeits- und Zeitaufwand, die Grundlage für eine (weitere) Ermäßigung auf 0,5 Gebühren. Ob der Ermäßigungstatbestand einschlägig wäre, wenn ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 313 a Abs. 2 ZPO über die Scheidung gemäß § 628 Nr. 1 und 2 ZPO vorweg entschieden wird, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung.

3. Dahinstehen kann schließlich, ob nach der bisherigen kostenrechtlichen Praxis vom GKG a.F. die Urteilsgebühr um 0,5 ermäßigt wurde, wenn in der Ehesache auf Tatbestand und Entscheidungsgründe verzichtet wurde und in der Folgesache Versorgungsausgleich eine begründete Entscheidung zu treffen war. Denn zum einen ist die nunmehr eingeräumte Gebührenermäßigung weitaus höher (Differenz von 1,5 Gebühren), zum anderen ist die Rechtslage allein auf Grund der nunmehr geltenden Neufassung des GKG zu beurteilen, die mit den Nrn. 1310 und 1313 des Kostenverzeichnisses besondere Gebührentatbestände für Ehesachen, Lebenspartnerschaftssachen und Folgesachen enthält.

4. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.

Ende der Entscheidung

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