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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 04.02.2008
Aktenzeichen: 7 U 15/07
Rechtsgebiete: BinSchG, HGB, ZPO, ADSp


Vorschriften:

BinSchG § 26
HGB §§ 425 ff.
ZPO § 529
ZPO § 531
ADSp § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 7 U 15/07 Verkündet am: 4. Februar 2008 In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatzes aus Transportvertrag hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Burger sowie den Richter am Landgericht Dr. Schelp auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2007 für Recht erkannt:

Tenor: I. Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das Schlussurteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 12. Dezember 2006, Az.: HK.O 93/05, wird kostenfällig zurückgewiesen. II. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin und Widerbeklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und Widerklägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und Widerbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 v. H. leistet. III. Die Revision wird zugelassen. Gründe: I. Die Parteien streiten noch um im Wege der Widerklage von Beklagtenseite geltend gemachte Schadensersatzansprüche aus einem Transportvertrag. Dieser hatte zum Inhalt die Beförderung von Leercontainern durch die Klägerin von Rotterdam nach Germersheim auf einem Binnenschiff. Geschuldet war nur der Transport, nicht jedoch die Verladung selbst einschließlich der Verkranung. Streitgegenstand der Klage waren die Vergütungsansprüche der Klägerin. Zwischen den Parteien gelten - dies ist zumindest in zweiter Instanz unstreitig - die "Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp)". Von den durch die Klägerin beförderten Leercontainern wiesen sieben Container bei Ablieferung zum Teil schwerwiegende Beschädigungen auf. Nach dem von Klägerseite eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen G... sind diese Schäden darauf zurückzuführen, dass sich die lediglich mit einem Nylonseil zugebundenen Türen der Container (einen Spalt oder auch ganz) geöffnet haben und dass beim Anheben - dies betrifft sechs der sieben Container - bzw. beim Absetzen - dies betrifft den siebten Container - jeweils eine der Türhälften an einem Widerstand hängen geblieben ist. Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage Ersatz der ihr entstandenen Aufwendungen zur Beseitigung der Schäden an den Containern. Diese beziffert sie auf 12 785,32 €. Sie hat hierzu vorgetragen, die Klägerin hafte wegen der an den Containern eingetretenen Schäden auf Schadensersatz. Die Beschädigungen seien während des Transports der Container durch die Klägerin entstanden. Sie könnten nur beim Entladen des Binnenschiffes entstanden sein. Nur dort seien sie dergestalt verstaut gewesen, dass sie beim Anheben auf Widerstände hätten stoßen können. Außerdem ergebe sich aus den "Equipment Interchange Receipts", dass die streitgegenständlichen Container beim Verladen noch unbeschädigt gewesen seien. Dafür spreche auch, dass der Schiffsführer der Klägerin nach dem Verladen in Rotterdam keinerlei Beschädigungen festgestellt und gemeldet habe. Soweit die Klägerin diesbezüglich einwende, die gesamte Schiffsmannschaft sei während des Verladevorgangs von Bord gegangen und abwesend gewesen, sei ein solches Verhalten einer Crew unüblich. Die Klägerin hat vorgetragen, die Beschädigungen seien nicht beim Entladen des Binnenschiffes erfolgt, sondern außerhalb ihres, der Klägerin Verantwortungsbereichs, nämlich, wenn sie nicht schon der Beklagten selbst durch deren Containerverleiher beschädigt ausgeliefert worden seien, beim Verladen in das Binnenschiff im Hafen von Rotterdam. Der Schiffsführer habe eventuell dabei vorhandene Beschädigungen nicht feststellen und reklamieren können, da er zum Zeitpunkt des Verladens nicht vor Ort gewesen sei.

Das Erstgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z.... Mit dem angefochtenen Schlussurteil hat es die Widerklage abgewiesen. Die Beklagte habe nicht nachweisen können, dass die Beschädigungen an den Containern im Verantwortungsbereich der Klägerin erfolgt seien. Die Vernehmung des Zeugen Z... habe lediglich ergeben, dass die Container das Betriebsgelände der Containerverleihfirma C... in ordnungsgemäßem Zustand verlassen hätten, darüber hinaus jedoch auch, dass die Container weder nach der Entladung vom Speditionsfahrzeug am Schiffsverladeplatz noch nach der Stapelung noch auch nach der Verkranung auf das Binnenschiff nochmals kontrolliert worden seien und dass die Binnenschiffsführer eine eigenständige Kontrolle üblicherweise auch nicht vornähmen. Selbst wenn nach den einschlägigen Regelungen der ADSp entsprechende Kontrollpflichten des Spediteurs bestünden, führe dies nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern allenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Auftraggebers gegen den Frachtführer zum Ersatz der diesem hierdurch entstandenen Schäden. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie den vollen Widerklageantrag aus erster Instanz weiterverfolgt. Sie vertieft im Wesentlichen den erstinstanzlich bereits gehaltenen Vortrag. Darüber hinaus macht sie - dies ist neuer, allerdings unbestritten gebliebener Vortrag - geltend, dass sie, wenn die Klägerin sie unverzüglich davon in Kenntnis gesetzt hätte, dass sieben Container teilweise schwer beschädigt an Bord gekommen seien, sogleich Weisung gegeben hätte, diese Container zu entladen und ihr darüber hinaus die Möglichkeit offengestanden hätte, von Anfang an eine Haftung gegenüber ihrem Auftraggeber zurückzuweisen und gegebenenfalls Ansprüche gegen den Verantwortlichen geltend zu machen. Im Übrigen vertieft sie ihre Ausführungen zu einer angeblichen Umkehr der Beweislast im Hinblick auf das Vorhandensein der streitgegenständlichen Beschädigungen bereits bei Verladung. Die Beklagte beantragt, das Schlussurteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 12. Dezember 2006 - HK.O 93/05 - abzuändern und die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 12 785,32 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2005 zu zahlen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen der Prozessakte verwiesen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO). II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zutreffend ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass der Beklagten gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus § 26 BinSchG, §§ 425 ff. HGB nicht zusteht. Der Beklagten ist der Nachweis, dass die streitgegenständlichen Container im Verantwortungsbereich der Klägerin beschädigt worden sind, nicht gelungen. Ebenfalls zutreffend ist das Erstgericht insoweit davon ausgegangen, dass die Beklagte für den von ihr geschilderten Geschehensablauf - Beschädigung der streitgegenständlichen Container beim Entladen vom Binnenschiff - die volle Darlegungs- und Beweislast trägt. Soweit die Beklagte mit der Berufung anführt, sie habe nachgewiesen, dass die streitgegenständlichen Container in unbeschädigtem Zustand auf das Binnenschiff verladen worden seien, ist dies nicht richtig. Zwar hat der Zeuge Z... - wovon auch das Erstgericht ausgegangen ist - nachvollziehbar dargelegt, dass die Container das Lager der Containerverleihfirma C... unbeschädigt verlassen haben müssen. Mehr lässt sich auch nicht aus den von der Beklagten zu den Akten gereichten, offensichtlich von der Firma C... ausgestellten und von der Klägerin nicht gegengezeichneten "Equipment Interchange Receipts" hinsichtlich der streitgegenständlichen Container herleiten. Dies führt jedoch gerade nicht zwingend zu dem von der Beklagten gezogenen Schluss, die Container seien auch unbeschädigt auf das Binnenschiff und damit in den Verantwortungsbereich der Klägerin gelangt. Die Container können nämlich grundsätzlich sowohl beim Transport zur Verladestelle, als auch noch beim - unstreitig von der Klägerin nicht geschuldeten - Verladen auf das Binnenschiff beschädigt worden sein. Insbesondere auf letztere Möglichkeit hat sich die Klägerin auch der Beklagten gegenüber ausdrücklich berufen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin selbst eingeholten Gutachten der Sachverständigen G... zur Schadensursache. In dem Gutachten ist in erster Linie ausgeführt, dass sechs der sieben streitgegenständlichen Container jedenfalls beim Anheben beschädigt worden sein müssen, nicht jedoch, worauf die Beklagte abstellen will, dass dies zwangsläufig beim "Löschen", also beim Entladen der Container vom Binnenschiff geschehen sein müsse. Dies wird vielmehr lediglich beispielhaft als Möglichkeit in dem Gutachten angeführt. Demgegenüber ist es ohne weiteres vorstellbar, dass die streitgegenständlichen Container auch beim Verladen auf das Binnenschiff angehoben und dabei beschädigt worden sind. Dies ergibt sich bereits aus dem insoweit unstreitigen Sachvortrag der Beklagten selbst, weiterhin aber auch aus den Erläuterungen des Zeugen Z.... Danach sind die streitgegenständlichen Container vor dem Verladen auf das Binnenschiff von dem durch die Verleihfirma C... beauftragten Transportunternehmen am Verladeplatz abgeladen und gestapelt worden. Schon dabei kann es zu einem Anheben der Container gekommen sein. Spätestens bei der "Verkranung" auf das Binnenschiff müssen sie jedenfalls denknotwendigerweise (nochmals) angehoben worden sein. Nachdem ebenfalls unstreitig ist, dass die Türen der streitgegenständlichen Container nicht verriegelt, sondern teilweise geöffnet gewesen sind und dieses Offenstehen der Türen zu den späteren Beschädigungen geführt hat, ist es durchaus vorstellbar, dass das von den Sachverständigen G... in ihrem Gutachten beschriebene Hängenbleiben dieser Türen bereits vor dem oder beim Verladen der Container auf das Binnenschiff stattgefunden hat, etwa indem die Container sich gegenseitig verkeilt haben. Grundsätzlich hat die Beklagte als Anspruchstellerin zu beweisen, dass sie das Frachtgut unbeschädigt in die Obhut des Frachtführers gegeben hat (Bracker in: Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN-Kaufrecht, 7. Aufl. 2007, § 525, Rdnr. 14; BGH, Urteil vom 4. Mai 2005, Az.: I ZR 235/02 - NJW-RR 2005, 1557, m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist im vorliegenden Fall auch nicht von einer Beweislastumkehr zu Lasten der Klägerin auszugehen. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang auf obergerichtlichte Rechtsprechung berufen will, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. So hat etwa das OLG Hamm (Urteil vom 30. März 1998, Az.: 18 U 179/97 - TranspR 198, 463) zwar eine Beweislastumkehr zu Lasten des Transportunternehmers deshalb angenommen, weil eine Pflicht des Frachtführers nach Treu und Glauben bestehe, bei Übernahme das Vorhandensein der Fracht zu prüfen. Dies ergab sich jedoch dort aus den besonderen Umständen des Einzelfalles, die - anders als im vorliegenden Fall - tatsächlich für einen eklatanten Verstoß des Spediteurs gegen ihm obliegende Sorgfaltspflichten sprachen. So lagerten dort die zu befördernden Pakete als Teil einer größeren zu befördernden Containerladung nach Übergabe an den Spediteur über Nacht in einem unverschlossenen und unbewachten Container, was die Annahme eines Verlusts aufgrund dieser Umstände im Verantwortungsbereich des Spediteurs nahe legte. In der weiter zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 11. Juni 2003, Az. 3 U 222/02 - TranspR 2003, 308) wird zwar im Zusammenhang mit einem Transportschaden die Ansicht vertreten, den Frachtführer treffe eine Erkundigungspflicht beim Unterfrachtführer, was den Zustand des übernommenen Frachtgutes anginge und daraus resultiere eine entsprechende Erklärungspflicht im Prozess. Diese Auffassung wird jedoch nicht weiter begründet und insbesondere auch nicht anhand gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen belegt. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Feststellung um ein obiter dictum, da das OLG Stuttgart seine Entscheidung in erster Linie auf die Verspätungsregelungen in §§ 529, 531 ZPO stützt. Eine Beweislastumkehr lässt sich auch nicht aus Ziff. 25.2 und 25.3 i.V.m. Ziff. 7.1.1 der - zumindest in zweiter Instanz unstreitig auf die Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien anzuwendenden "Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp)" - herleiten. Zwar wird gemäß Ziff. 25.2 Satz 2 ADSp vermutet, dass der Schaden auf derjenigen Beförderungsstrecke eingetreten ist, für die der Spediteur eine vorbehaltslose Quittung nicht vorlegt und ist der Spediteur gemäß Ziff. 25.3 ADSp verpflichtet, durch Einholung von Auskünften und Beweisen für die Feststellung zu sorgen, wo der geltend gemachte Schaden eingetreten ist, wobei sich die Kontrollpflicht des Spediteurs gemäß Ziff. 7.1.1 ADSp an sogenannten "Schnittstellen" auf die Überprüfung der Packstücke sowohl auf Vollzähligkeit und Identität wie auch auf äußerlich erkennbare Schäden richtet. Diese Pflichten gelten im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht für die Klägerin und Widerbeklagte. Unstreitig lag ihre vertraglich vereinbarte Frachtleistung lediglich darin, die bereits auf einem Binnenschiff verladene Fracht, nämlich Leercontainer, zu befördern. Die Beladung des Binnenschiffes selbst war dagegen gerade nicht vertraglich geschuldete Aufgabe der Klägerin und Widerbeklagten, sondern lag allein im Verantwortungsbereich der Beklagten und Widerklägerin. Eine Schnittstellenkontrolle gemäß § 7 ADSp hätte demgemäß beim Beladen von dieser vorgenommen werden müssen, nicht von der Klägerin. Die entscheidende Schnittstelle in diesem Sinne mit daraus nach Ziff. 7 ADSp resultierenden Kontrollpflichten lag insoweit vor oder beim Beladevorgang noch im Verantwortungsbereich der Beklagten bzw. des von ihr mit der Verladung beauftragten Unternehmens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin nach Übergabe der Container in ihre Obhut ohne weiteres eventuelle Beschädigungen hätte erkennen können. Auch daraus folgt, dass eine Dokumentation demjenigen oblegen hätte, von dem auch der Verladevorgang vertragsgemäß durchgeführt worden ist und der die im Zuge dieses Verladevorgangs entstehenden Schäden ohne weiteres hätte bemerken können und müssen. Angesichts dessen kommt es auf die weitere Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Beklagten im Hinblick auf die an den Containern entstandenen Schäden wegen des Offenstehenlassens der Türen und deren möglicherweise ungenügenden Sicherung lediglich mittels eines Nylonseils nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ZPO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Im Hinblick auf die Vorschrift der Ziff. 25.2 ADSp ist es von erheblicher Bedeutung, ob der Spediteur auch dann zu einer Schnittstellenkontrolle verpflichtet ist, wenn die Verladung seinem Auftraggeber obliegt. Diese Frage ist - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich entschieden.

Beschluss Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 12 785,32 €.

Ende der Entscheidung

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