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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: 7 U 18/05
Rechtsgebiete: BGB, RBerG, ZPO, HWiG, VerbrKG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 172
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 171 f.
BGB § 181
RBerG § 1
ZPO § 256 Abs. 1
HWiG § 1
HWiG § 1 Abs. 2 Nr. 3
VerbrKG § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Aktenzeichen: 7 U 18/05

Verkündet am: 28. November 2005

wegen Fondsbeteiligung; Feststellung

hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Burger und den Richter am Landgericht Dr. Kaiser auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 v.H. leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger, die 1992/93 ein sog. Steuersparmodell mit Beitritt zu einer Immobilienfonds-GdbR abgeschlossen hatten, begehren gegenüber der Fondsgesellschaft die Feststellung, nicht deren Gesellschafter zu sein. Nach Klageabweisung durch das Landgericht verfolgen sie dieses Anliegen mit der Berufung weiter. Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob die von den Klägern zur Herbeiführung des Fondsbeitritts erteilte Vollmacht wegen Verstoß gegen das RBerG nichtig und ob der Beitritt aufgrund Rechtsscheinhaftung dennoch wirksam war.

Die in L... wohnhaften Kläger sind miteinander verheiratet, mittlerweile 57 (Ehemann) bzw. 45 Jahre alt. Ihre Berufe haben sie 1992 mit Dreher bzw. Lehrerin angegeben.

Ende 1992 wurden die Kläger von einer Anlagevermittlerin Dr. M... dazu geworben, dem Immobilienfonds Einkaufszentrum G... GdbR mit Sitz in L... beizutreten, unter Übernahme einer Kapitalbeteiligung in Höhe von 30 TDM. Zweck der GdbR war der Erwerb eines Einkaufszentrums in dem etwa 50 km südwestlich von L... gelegenen Ort G..., und dessen Verwaltung und Vermietung; die Immobilie wurde zu dieser Zeit gerade errichtet. Die Kläger machen geltend, die Anwerbung sei in einer sog. Haustürsituation geschehen und wollen auch hieraus die Unwirksamkeit ihrer Fondsbeteiligung ableiten.

Durch not. Urkunde vom 7.12.1992 (Bl. 12 ff. d.A.) beauftragten die Kläger eine Firma H... & K... Steuerberatungs GmbH, für sie als Treuhänder den Beitritt durchzuführen; angeschlossen war eine umfassende Vollmacht, insbesondere auch zur Vermittlung der erforderlichen Finanzierung und Eingehung der damit verbundenen Verpflichtungen. Die Treuhänderin verfügte nicht über eine Erlaubnis nach dem RBerG. Die Kläger machen geltend, Treuhandvertrag und Vollmacht seien daher aufgrund § 134 BGB, § 1 RBerG nichtig.

Durch not. Urkunde vom 29.4.1993 (Bl. 47 ff. d.A.) erklärte der RA K.......... als Vertreter der von den Klägern beauftragten Treuhänderin gegenüber der Vertreterin der Fondsgesellschaft den Beitritt u.a. der Kläger. Wie das Landgericht aufgrund einer zur Urkunde getroffenen Feststellung des Notars (Bl. 59 d.A.) und einer von diesem gegenüber dem Gericht auf Anforderung gegebenen Auskunft (Bl. 109 d.A.) festgestellt hat, lag der Treuhandauftrag der Kläger bei der Beurkundung des Beitritts in Ausfertigung vor. Hiergegen werden in 2. Instanz auch von den Klägern Einwände nicht mehr erhoben.

Die Einlage der Kläger wurde erbracht durch eine Zahlung der finanzierenden Bank, mit der die Treuhänderin namens der Kläger einen Darlehensvertrag abgeschlossen hatte. Die von den Klägern später angestrengte Klage gegen die Bank auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags blieb auch beim Senat ohne Erfolg (Urteil vom 7. März 2005, 7 U 23/04, gegen das die Kläger Revision eingelegt haben).

Die Kläger erhielten nach ihrem Beitritt Ausschüttungen der Fondsgesellschaft, nahmen aus ihrer Beteiligung herrührende Steuervorteile in Anspruch, erhielten Mitteilungen der Gesellschaft und hatten zumindest Gelegenheit, sonstige Mitgliedsrechte wahrzunehmen. Die Parteien streiten auch darum, ob damit die Gesellschaftsbeteiligung der Kläger in Vollzug gesetzt worden ist und ob diese daher allenfalls durch Kündigung - mit Wirkung für die Zukunft - gelöst werden konnte.

Durch Schreiben an die Fondsgesellschaft vom 14.7.2004 (Bl. 19 d.A.) ließen die Kläger auf den ihrer Meinung nach gegebenen Verstoß gegen das RBerG hinweisen und baten um Bestätigung, nicht Gesellschafter geworden zu sein. Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 6.8.2004 (Bl. 21 d.A.) zurück und verwies auf das Vorliegen einer Ausfertigung bei Abschluss des Beitrittsvertrags. Die Kläger beharrten demgegenüber auf ihrem Standpunkt (Schreiben vom 13.8.2004, Bl. 22 d.A.). In der Klageschrift vom 31.8.2004 ließen die Kläger ausführen, sie begehrten die Feststellung, nicht Gesellschafter der Beklagten geworden zu sein. Im erstinstanzl. Schriftsatz vom 1.11.2004 heißt es schließlich (S. 13, Bl. 93):

"Zudem wird ausdrücklich die Kündigung der Gesellschaft erklärt, da die Kläger nicht wirksam vertreten wurden. ..."

Die Beklagte trägt vor, soweit diesen Erklärungen der Kläger überhaupt eine Kündigung zu entnehmen sei, wäre diese jedenfalls als verfristet anzusehen.

Durch das angefochtene Urteil vom 9. Dezember 2004 (Bl. 116 ff. d.A.) hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen. Trotz der Nichtigkeit von Treuhandvertrag und Vollmacht greife zu Lasten der Kläger die Rechtsscheinhaftung nach § 172 BGB ein, nachdem bei Beurkundung des Fondsbeitritts eine notarielle Ausfertigung der Urkunde vorgelegen habe. Die Nichtigkeit der Vollmacht sei nach Maßgabe der bis zum damaligen Zeitpunkt zu dieser Frage ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht offenkundig gewesen. Auch Einschränkungen im Hinblick auf den Schutzzweck des RBerG seien nicht anzunehmen. Anhaltspunkte für eine Beteiligung der Beklagten selbst an unerlaubter Rechtsbesorgung bestünden nicht. Ob den Klägern ggf. ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehe, brauche nicht entschieden werden. Nach der Klageschrift gehe es ihnen nur um die Feststellung, nie Gesellschafter geworden zu sein; ein späteres Ausscheiden infolge Kündigung werde auch nicht hilfsweise geltend gemacht. Zu einer Haustürsituation hätten die Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso der Überrumpelungseffekt noch bei Abschluss des Treuhandvertrags angedauert haben solle; zudem seien die Kläger durch den Notar belehrt worden.

Die Kläger beantragen nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass sie nicht Gesellschafter der Beklagten seien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, wonach der Fondsbeitritt der Kläger kraft Rechtsscheinhaftung wirksam war. Wegen den zu dieser Frage bestehenden Divergenzen zwischen der Rechtsprechung verschiedener Senate des Bundesgerichtshofes wird aber die Revision zugelassen.

2. Wie das Erstgericht (Urteil S. 5, Bl. 120 d.A.) bejaht auch der Senat ein Feststellungsinteresse der Kläger im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO und damit die Zulässigkeit der Klage.

3. Ein Widerrufsrecht nach dem HWiG steht den Klägern nicht zur Seite. Auf die Frage, ob bei der Anwerbung durch die Vermittlerin Dr. M... eine Haustürsituation im Sinne von § 1 HWiG gegeben war, kommt es dabei nicht an. Bereits der Treuhandvertrag wurde notariell beurkundet und unterliegt daher gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG nicht dem Widerruf nach dem HWiG (vgl. nur BGH NJW 2004, 839, 841). Gleiches gilt für den Fondsbeitritt der Kläger, der ebenfalls vor dem Notar erklärt worden ist. Zudem käme es nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. nur BGH NJW 2005, 664, 668) hier nicht auf die Haustürsituation in der Person des Vertretenen bei der Vollmachtserteilung an, sondern auf die Haustürsituation in der Person des Vertreters bei Vertragsabschluss; eine solche lag hier aber offensichtlich nicht vor.

4. Im Ergebnis zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Erstgericht angenommen (Bl. 120 d.A.; Urteil S. 5), dass der zwischen den Klägern und der H... & K... Steuerberatungs GmbH geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag wegen der Weite und des Umfangs der eingeräumten Befugnisse und mangels einer entsprechenden Erlaubnis gegen das RBerG verstößt und daher nichtig ist, wobei dies auch die beigefügte Vollmacht erfasst.

Die Einwände, die hierzu von der Beklagten erhoben worden sind, greifen nicht durch: Die von ihr hervorgehobene Tatsache, dass bei der Beurkundung des Fondsbeitritts für die Treuhänderin mit dem Rechtsanwalt K... eine Person gehandelt hat, die selbst über eine Erlaubnis im Sinne des RBerG verfügte, ändert nichts an dem durch die Treuhänderin verwirklichten Verstoß gegen das RBerG (BGH NJW 2005, 1488). Die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.7.2004 zur Auslegung des RBerG (BVerfG NJW 2004, 2662, 2663) steht nicht im Widerspruch zu der auch vom Landgericht vertretenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach wird lediglich in Frage gestellt, ob die unentgeltliche Rechtsbesorgung durch einen berufserfahrenen Juristen den Begriff der Geschäftsmäßigkeit im Sinne des RBerG erfüllen könne. Ein solcher Fall kommt hier offensichtlich nicht in Betracht, nachdem - wie unstreitig - der Rechtsanwalt K... keineswegs unentgeltlich handelte, sondern in offensichtlicher Gewinnerzielungsabsicht eine Vielzahl derartiger Beurkundungen durchführte.

5. Die Unwirksamkeit von Treuhandvertrag und Vollmacht schlägt aber nicht unmittelbar auf den von der Treuhänderin vollzogenen Fondsbeitritt durch. Der Bundesgerichtshof (NJW-RR 2003, 1203, 1205; ergänzend NJW 2004, 62, 63; NJW 2001, 3774, 3775) hat hierzu in Abgrenzung zu den sog. Unfallhelfer-Fällen angenommen, dass der Verstoß des Rechtsbesorgers grundsätzlich keine Nichtigkeit der Verträge nach sich zieht, die von ihm als Vertreter abgeschlossen worden sind; daher sei der zur Finanzierung abgeschlossene Darlehensvertrag bei derartigen Steuersparmodellen nicht als Beteiligung an einer unerlaubten Rechtsbesorgung anzusehen.

Dies gilt - nach einer vom Erstgericht zutreffend zugrunde gelegten Entscheidung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2005, 820, 824) - auch für das Erwerbsgeschäft, das der Treuhänder zur Verwirklichung der steuersparenden Kapitalanlage abschließt. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall handelte es sich dabei um den Kauf einer Eigentumswohnung; für den Beitritt zu einem Immobilienfonds, um den es hier geht, kann nichts anderes gelten.

Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hat zur Begründung seiner Auffassung folgendes ausgeführt:

"Der Initiator eines Steuersparmodells sucht zwar den Geschäftsbesorger aus und trägt durch das Konzept dazu bei, dass dieser unerlaubt fremde Rechtsangelegenheiten besorgt. Daraus aber die Nichtigkeit auch des von ihm abgeschlossenen Kaufvertrags abzuleiten, verfehlt den Zweck des Verbots unerlaubter Rechtsbesorgung. Das Rechtsberatungsgesetz verbietet Erwerbsmodelle der von der Verkäuferin entwickelten Art nicht. Es soll auch keine bestimmte inhaltliche Ausrichtung der in einem solchen Modell in der Person des Geschäftsbesorgers angelegten Rechtsbesorgung bewirken oder verhindern und auch nicht verhindern, dass der Auftraggeber bestimmte Verträge in seinem Namen durch einen Geschäftsbesorger abschließen lässt. Das Rechtsberatungsgesetz beschränkt sich vielmehr darauf sicherzustellen, dass die in einem Erwerbsmodell der von der Verkäuferin entwickelten Art vorgesehene Funktion des Geschäftsbesorgers nur von Personen wahrgenommen wird, die die dazu notwendige Rechtsbesorgungserlaubnis haben. Angesichts dieses beschränkten Zwecks des Rechtsbesorgungsverbots kann eine Teilnahme des Initiators eines solchen Modells an der unerlaubten Rechtsbesorgung des Geschäftsbesorgers nur angenommen werden, wenn er über die Auswahl des Geschäftsbesorgers und die Abwicklung des Modells hinaus eine unerlaubte Rechtsbesorgung rechtlich oder wirtschaftlich fördert. Dafür ist hier nichts vorgetragen. Der Kaufvertrag beschränkt sich mit einer Ausnahme auf den kaufvertragstypischen Leistungsaustausch. ..."

Diese Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, ergeben auch im vorliegenden Fall, dass der Beitrittsvertrag nicht unmittelbar nichtig war. Die von den Klägern hervorgehobene Tatsache, dass sich die Treuhänderin in dieser Weise beim Vertrieb einer Vielzahl gleichartiger Fondsbeteiligungen betätigt hat, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Dies ändert nämlich nichts daran, dass im Mittelpunkt auch dieser Tätigkeit der auf den Absatz des Kapitalanlage-Modells gerichtete Leistungsaustausch und nicht die Durchführung einer unerlaubten Rechtsbesorgung steht.

Aus diesen Gründen macht die Beteiligung der Treuhänderin an der Planung und Verwirklichung dieser und ähnlicher Steuersparmodelle den so zustande gekommenen Fondsbeitritt auch nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB. Dies hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) wie folgt begründet:

"Der Kaufvertrag ist auch nicht sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Revision leitet die Sittenwidrigkeit daraus ab, dass die Geschäftsbesorgerin das Erwerbsmodell der Verkäuferin konzipiert, jedenfalls daran mitgewirkt und ihre Mitwirkung als Geschäftsbesorger deshalb eine interessengerechte Vertretung des Klägers von vornherein nicht gewährleistet habe. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Zwar würde die Mitwirkung der Geschäfts­besorgerin an der Erarbeitung der Konzeption für das Erwerbsmodell der Verkäuferin deren Interesse an dem Gelingen des Projekts begründen. Das allein rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Geschäftsbesorgerin werde - konzeptionswidrig - ihre vertraglichen Pflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag verletzen und den Anleger nicht interessegerecht vertreten. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.5.1988 (NJW 1989, 26, 27) ableiten. Dort war ein Vertrag zu beurteilen, bei dessen Abschluss der eine Teil wusste, dass der Vertreter des anderen Teils mit dem Abschluss des Vertrags seine Vertretungsmacht überschritt. Die Annahme der Sittenwidrigkeit gründete auf der konkret eingetretenen Treulosigkeit des Vertreters und deren Ausnutzung durch den anderen Teil. Solche Umstände hat der Kläger hier aber nicht vorgetragen. Die S-GmbH [Geschäftsbesorgerin] hat ihre Vollmacht nicht überschritten. Sie hat den Erwerb so durchgeführt, wie es der Kläger [Anleger] ihr in seinem Vermittlungsauftrag (...) unter Berücksichtigung des darin in Bezug genommenen Prospekts (...) angetragen hat. Sittenwidrig war ein solcher Geschäftsbesorgungsvertrag nicht."

Auch diese Ausführungen, denen ebenfalls beigetreten wird, sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen.

6. Zutreffend geht das Landgericht weiter davon aus, dass die Treuhänderin bei der Erklärung des Fondsbeitritts wegen der Nichtigkeit der ihr erteilten Vollmacht aber als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt hat und sich daher wirksame vertragliche Verpflichtungen der Kläger nur nach den Grundsätzen der sog. Rechtsscheinhaftung ergeben konnten. Im Ergebnis hat das Erstgericht dabei den Fondsbeitritt trotz der Nichtigkeit der Vollmacht und wegen des - jedenfalls in 2. Instanz nicht mehr streitigen - Vorliegens einer notariellen Ausfertigung für wirksam gehalten, weil zu Lasten der Kläger die Rechtsscheinhaftung nach §§ 171 f. BGB eingreife.

Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des XI. Senats des Bundesgerichtshofes (vgl. etwa BGH NJW 2004, 2745, 2746), der sich auch der Senat in ständiger Entscheidungspraxis angeschlossen hatte. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte hiergegen in zwei Urteilen vom 14. Juni 2004 Bedenken geäußert, soweit es um den kreditfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds mit einheitlicher Vertriebsorganisation geht; die Annahme einer Rechtsscheinhaftung werde in solchen Fällen dem Umstand nicht gerecht, dass der Beitritt zur Fondsgesellschaft und der diesen Beitritt finanzierende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKG bildeten. Der Treuhänder sei dabei keine Vertrauensperson des Anlegers, sondern Teil dieser Vertriebsorganisation. Die Bank könne daher nicht wie ein gutgläubiger Dritter behandelt werden Diese Erwägungen waren allerdings für die Entscheidung der dem II. Zivilsenat unterbreiteten Fälle nicht ausschlaggebend, weil ohnehin die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Rechtsscheinsvollmacht nicht erfüllt waren (BGH NJW 2004, 2736, 2737 und WM 2004, 1536, 1538).

Dem gegenüber hat aber der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in verschiedenen aktuellen Entscheidungen an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und diese unter Zurückweisung der Einwände bekräftigt. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 VerbrKG über das verbundene Geschäft, in der von Vertretung keine Rede ist, sei für die Rechtsscheinhaftung rechtlich ohne Bedeutung; diese bestimme sich vielmehr ausschließlich nach §§ 171 ff. BGB und nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht. Auch setzten die §§ 171 ff. BGB kein irgendwie geartetes Vertrauensverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem voraus, sondern knüpften ausschließlich an die Vorlage der Vollmachtsurkunde und an den guten Glauben des Vertragspartners an. Ein Konflikt zwischen den Interessen des Vertreters und des Vertretenen rechtfertige anerkanntermaßen die Anwendung des § 181 BGB nicht; der Schutz des Vertretenen werde vielmehr im Einzelfall nur unter den besonderen Voraussetzungen des Missbrauchs der Vertretungsmacht gewährleistet. Dies setze aber konkrete Feststellungen zu kollusiven Absprachen zwischen Bank, Initiator des Anlagemodells und Treuhänder zum Nachteil des Erwerbers voraus; ohne diese könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, die Bank wisse, dass der Treuhänder Teil einer den Erwerber benachteiligenden einheitlichen Vertriebsorganisation sei (BGH NJW 2005, 664, 666f.; 668, 669; s.a. NJW 2005, 1190 f. und Urteil vom 14.12.04, XI ZR 142/03, Umdruck S. 12 f.).

Ebenso hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seiner auch vom Landgericht zugrunde gelegten Entscheidung (NJW 2005, 820, 824) eine Rechtsscheinhaftung nach §§ 171 f. BGB gegenüber dem Initiator seines Steuersparmodells bejaht:Organisation und Vertrieb einer Immobilienanlage könnten zwar dazu führen, dass der mit der vorgelegten Vollmacht gesetzte Rechtsschein dem Anleger gegenüber den Beteiligten des Anlagemodells nicht mehr zuzurechnen sei. Eine solche Einschränkung der gesetzlichen Zurechnung des Rechtsscheins einer wirksamen Vollmachtsurkunde sei aber dann nicht gerechtfertigt, wenn der Anleger durch einen Notar über Bedeutung und Tragweite der Vollmacht besonders belehrt worden sei. Dann gehe er das mit dem Rechtsschein einer Vollmacht verbundene Risiko auch gegenüber den Beteiligten eines Anlagemodells ein.

Dem schließt sich auch der Senat an und macht sich die dazu vom XI. und V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes angestellten Erwägungen zu Eigen. Dessen o.a. Entscheidungen betreffen allerdings nur den steuersparenden Erwerb von Grund­stücken bzw. Eigentumswohnungen (BGH XI. Zivilsenat, NJW 2005, 664 und 668 sowie Urteil vom 14.12.04; sowie V. Zivilsenat, NJW 2005, 820, 824), oder aber den Abschluss eines Darlehensvertrags zur Finanzierung einer Fondsbeteiligung, bei dem die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKG nicht festgestellt werden konnten (BGH XI. Zivilsenat, NJW 2005, 1190).

Hier dagegen handelt sich um die Beteiligung an der Fonds-Gesellschaft selbst. Die Erwägungen, die den XI. und V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes zur Annahme einer Rechtsscheinhaftung in den von ihnen entschiedenen Fallgestaltungen veranlasst haben, treffen aber auch für einen solchen Sachverhalt zu. Insbesondere ergibt der hier abgeschlossene Treuhandvertrag ausdrücklich, dass die Kläger durch den Notar über den Umfang und die rechtliche Tragweite, auch der Vollmacht, belehrt worden sind.

Die besonderen Vorraussetzungen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht können dagegen nicht festgestellt werden. Die Beklagte war zwar, ebenso wie die Treuhänderin, Teil der von den Initiatoren des Fonds geschaffenen Vertriebsorganisation; durch diese wurden die Gesellschafter angeworben, darunter auch die Kläger. Für ein Fehlverhalten der Beklagten in Richtung auf eine Benachteiligung der Kläger bietet dagegen auch der Klägervortrag keinen Anhaltspunkt. Insbesondere wird daraus nicht ersichtlich, dass es die Beklagte trotz Kenntnis oder vorwerfbarer Unkenntnis hingenommen hätte, dass die Treuhänderin von der Vollmacht in einer Weise Gebrauch gemacht hätte, die dem von ihr übernommenen Auftrag und den damit verbundenen Treupflichten widersprochen hätte.

7. Die Kläger vertreten zudem die Ansicht, eine Rechtsscheinhaftung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Nichtigkeit der Vollmacht für die Beklagte erkennbar gewesen sei (§ 173 BGB). Auch dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Nach der Rechtsprechung des BGH konnten die Beteiligten an einem derartigen Steuersparmodell bis zu einer im Jahr 2000 ergangenen und die Notarhaftung betreffenden Entscheidung dieses Gerichts (NJW 2001, 70) den Verstoß eines solchen umfassenden Treuhandvertrags gegen das RBerG nicht erkennen (BGH NJW-RR 2004, 632, 635; NJW 2003, 1203, 1204 f.); dies gilt auch für eine Fondsgesellschaft wie die Beklagte (vgl. BGH NJW 2003, 1252, 1254). Es kommt nämlich nicht auf die Kenntnis oder Kennenmüssen der den Mangel begründenden Umstände an, sondern auf die Kenntnis des Mangels selbst. Zudem entlastet es den Geschäftsgegner, wenn der Urkunde nicht zu entnehmen ist, dass der Treuhänderin die Erlaubnis zur Rechtsberatung fehlt (BGH NJW-RR 2003, 1205 und zuletzt BGH NJW 2005, 1190, 1191); dies war auch hier nicht der Fall.

Wenn aber auch einem Notar für eine im Dezember 1993 bestehende Unkenntnis kein Vorwurf gemacht werden konnte, weil sich aus den bis dahin ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes hierüber nichts Eindeutiges entnehmen ließ (BGH NJW 2005, 1190, 1191; NJW 2001, 3774, 3775), gilt selbstverständlich auch in dem hier maßgeblichen Zeitraum, dem April 1993, nichts anders (vgl. etwa auch BGH NJW 2005, 820, 823 für Ende 1992).

Entgegen der Auffassung der Kläger lassen sich strengere Maßstäbe auch nicht aus der hier gegebenen Zusammenhang mit der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft ableiten (vgl. BGH BKR 2004, 398, 400 und NJW 2005, 1190, 1191). Trotz der umfangreichen Rechtsprechung zur Abgrenzung der rechtlichen Befugnissen des Steuerberaters ist auch hier zunächst die Vorfrage zu beantworten, ob überhaupt eine im allgemeinen Sinn rechtsberatende Tätigkeit vorliegt; diese Frage stellt sich dabei nicht anders als ohne die Beteiligung eines Steuerberaters.

8. Nach alledem sind die Klägerin durch den von der Treuhänderin erklärten Beitritt zur Beklagten wirksam verpflichtet worden. Auf den Streit der Parteien über die Rechtsfolgen, die bei Unwirksamkeit des Beitritts eintreten würden, kommt es danach nicht mehr an. Unerheblich ist damit insbesondere auch, ob das Landgericht das Klagevorbringen auch hinsichtlich einer möglichen außerordentlichen Kündigung der Kläger (Urteil S. 7, Bl. 122 d.A.) ausgeschöpft hat. Nach obigen Ausführungen könnte sich ein außerordentliches Kündigungsrecht der Kläger weder aus einem Verstoß des Treuhandvertrags gegen das RBerG noch aus dem HWiG ergeben. Sonstige Gesichtspunkte, die zu einer Unwirksamkeit des Beitritts oder aber zu einem Kündigungsrecht führen könnten, werden von den Klägern nicht vorgebracht.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Das Urteil ist nach Maßgabe von §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Der Senat lässt auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zu. Die oben (unter 6.) dargestellte und diesem Berufungsurteil zugrunde liegende Rechtsfrage, ob und inwieweit in Fällen der vorliegenden Art eine Rechtsscheinhaftung zu Lasten des Anlegers eingreifen kann, hat grundsätzliche Bedeutung und bedarf weiterer revisionsgerichtlicher Klärung.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.338,76 € festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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