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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: 8 U 60/07
Rechtsgebiete: ZVG, ZPO


Vorschriften:

ZVG § 10
ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3
ZVG § 115
ZPO § 878
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 8 U 60/07

Verkündet am: 27. November 2007

In dem Rechtsstreit

wegen vorrangiger Befriedigung in einem Verteilungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Schunck und die Richterin am Oberlandesgericht Jahn-Kakuk auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Vizepräsidenten des Landgerichts Zweibrücken als Einzelrichter der 1. Zivilkammer vom 2. März 2007 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten mit einer Widerspruchsklage nach §§ 115 ZVG, 878 ZPO um die vorrangige Befriedigung angemeldeter Forderungen in dem Zwangsversteigerungsverfahren K 54/05 Amtsgericht L....

Wegen des in erster Instanz unterbreiteten Sachvortrages und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 156 - 159 d. A.).

Der Vizepräsident des Landgerichts Zweibrücken hat als Einzelrichter der 1. Zivilkammer der Klage mit Urteil vom 2. März 2007 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Gebührenforderungen des Beklagten seien nicht vor dem Anspruch der Klägerin aus Rangklasse 4 des § 10 ZVG zu befriedigen, weil sie nicht der Rangklasse 3 zuzuordnen seien. Sie bildeten keine öffentliche Last des zur Versteigerung anstehenden Grundbesitzes.

Ob eine Abgabenverpflichtung die Eigenschaft als öffentliche Grundstückslast habe, beurteile sich nach der gesetzlichen Regelung, auf der die Verpflichtung beruhe. Öffentliche Abgaben seien Grundstückslasten, wenn sie in dem für die Abgabe maßgebenden Bundes- oder Landesgesetz als öffentliche Last bezeichnet seien oder aus der gesetzlichen Regelung eindeutig hervorgehe, dass nicht nur eine persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch eine dingliche Haftung des Grundstücks bestehe. Expressis verbis seien die Müllgebühren vorliegend nicht als öffentliche Last gekennzeichnet worden. Daher komme es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, ob aus der gesetzlichen Regelung i.V.m. den Satzungsbestimmungen auch ohne diese Kennzeichnung deutlich hervorgehe, dass die Abgabenschuld auf dem Grundstück laste und nicht nur eine persönliche Haftung des Gebührenschuldners, sondern auch eine dingliche Haftung des Grundstücks bestehe. Eine solche Grundstücksbezogenheit könne nicht allein aus dem Anschluss- und Benutzungszwang abgeleitet werden. Bereits die Einschränkung unter § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen im Landkreis Kaiserslautern (Abfallsatzung) vom 30. Oktober 1996 in der Fassung vom 1. Januar 2003 (Bl. 121 ff. d. A.), wonach nur Eigentümer bewohnter oder zum Aufenthalt von Personen bestimmter Grundstücke zum Anschluss verpflichtet sind, lasse erkennen, dass nicht vorrangig auf die Existenz des Grundbesitzes an sich, sondern auf dessen konkrete Nutzung abgestellt werde. Auch die Bemessung der Gebührenhöhe sei personenabhängig, wie sich aus der vorgelegten Aufstellung der Jahresgebühr für Restabfalltonnen (Bl. 87 d. A.) ergebe. Ferner stelle die Untergliederung in Gebühren mit Eigenkompostierung und solche ohne Eigenkompostierung eine personenbezogene Komponente dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 159 ff. d. A.).

Der Beklagte hat gegen das ihm am 8. März 2007 zugestellte Urteil mit einem am 10. April 2007 (Dienstag nach Ostern) beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 4. Mai 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er macht geltend:

Die Rechtsauffassung des Landgerichts, wonach bereits die Einschränkung unter § 7 Abs. 1 Satz 1 der Abfallsatzung gegen eine Grundstücksbezogenheit spreche, sei unzutreffend. Der Zusatz "bewohnter oder zum Aufenthalt von Personen bestimmter Grundstücke" diene nur der Abgrenzung der dem Anschlusszwang unterliegenden Grundstücke, insbesondere zu landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, auf denen gelegentlich auch Abfall anfallen könne. Auch die Regelung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 der Abfallsatzung, wonach "unbebaute Grundstücke dem Anschlusszwang unterliegen, wenn auf ihnen nicht nur gelegentlich Abfälle anfallen", mache deutlich, dass die Abfallgebühr grundstücksbezogen sei. Auch anhand der in der Abfallsatzung genannten Gebührenschuldner lasse sich die dingliche Haftung des Grundstücks herleiten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 2. März 2007 - Az.: 1 O 152/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen u.a. geltend, dass die Satzung des Beklagten bezüglich der Forderungsberechnung nahezu ausschließlich auf personenbezogene Kriterien abstelle. Maßgebend könne nicht der Gesichtspunkt des Bestehens des Anschluss- und Benutzungszwangs sein, da es auch in diesem Fall der Gemeinde freistehe, die Durchführung der Abfallentsorgung privatrechtlich zu organisieren, so dass noch nicht einmal eine öffentlich-rechtliche Forderung entstehen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Das in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstande Rechtsmittel des Beklagten führt in der Sache nicht zu dem erstrebten Erfolg.

Das Landgericht hat der Widerspruchsklage (§§ 115 ZVG; 878 ZPO) zu Recht stattgegeben, da der vorläufige Teilungsplan des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - Landstuhl vom 8. Mai 2006 (Bl. 10 ff. d. A.) unrichtig ist und der Klägerin im Verhältnis zum Beklagten eine relativ bessere Berechtigung an dem Erlös zusteht, weil die vom Beklagten angemeldeten Abfallentsorgungsgebühren nicht zu den Rangklasse III. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG gehören.

Der Senat folgt den der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen des Landgerichts und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 160 - 162 d. A.). Das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine abweichende Entscheidung zu dessen Gunsten. Ergänzend ist mit Blick darauf auszuführen:

Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung zutreffend den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt, wonach eine Abgabenverpflichtung zu den öffentlichen Grundstückslasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG gehört, wenn sich diese Eigenschaft aus der rechtlichen Ausgestaltung der Zahlungspflicht und aus ihrer Beziehung zum Grundstück eindeutig ergibt. Zweifel in dieser Hinsicht schließen eine Berücksichtigung der Zahlungspflicht als öffentliche Last aus (BGH NJW 1989, 107 ff., 108; BGH Rpfl 1981, 349 ff.). So liegen die Dinge hier.

Grundlage der vom Beklagten geltend gemachten Forderung ist gemäß den zu den Akten gereichten Gebührenbescheiden (Bl. 65 ff. d. A.) die Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung vom 30. Oktober 1996 und 1. Januar 2003 (Bl. 39 ff. d. A.). Darin ist eine dingliche Haftung jedenfalls nicht mit der von der Rechtsprechung geforderten Eindeutigkeit geregelt. Gebührenschuldner ist gemäß der grundlegenden Regelung in § 3 Abs. 1 der Satzung, wer die Abfallentsorgungseinrichtung nutzt. Zahlungspflichtig ist gemäß dieser allgemein formulierten Eingangsregelung derjenige, der die Dienstleistung der öffentlichen Hand in Anspruch nimmt. Der Anknüpfungspunkt ist sonach im Grundsatz personenbezogen, weil er auf den Erzeuger des zu entsorgenden Abfalls zielt, der diesen dann unter Nutzung der Einrichtung des Beklagten beseitigt. In den folgenden Absätzen des § 3 wird sodann definiert, wer im Einzelnen Nutzer ist. Hierzu zählen neben den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke Mieter, Pächter, Betreiber von Unternehmen u.a.. Zur Zahlung eines Entgelts für die Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung des Beklagten können sonach auch Nutzer herangezogen werden, die nicht Grundstückseigentümer sind, mithin ausschließlich persönlich haften. Aufgrund der in § 3 der Satzung getroffenen Regelungen zur Gebührenschuld kann ein als Eigentümer in Anspruch genommener Gebührenschuldner demgemäß nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass bei ihm eine Heranziehung zur Gebührenzahlung auf den Vorteilen für das Grundstück beruht und auch die dingliche Haftung umfasst. Dass die u.a. zu den Nutzern zählenden Eigentümer gemäß § 7 Abs. 1 der Abfallsatzung (Bl. 121 d. A.) grundsätzlich dem Anschlusszwang unterliegen, kann mit Blick auf die Ausgestaltung der Zahlungspflicht keinen ausreichenden Bezug zu dem Grundstück herstellen, der es rechtfertigen könnte, die Abgabenverpflichtung als eine aus dem Grundstück zu entrichtende Leistung anzusehen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip umso mehr, als der Beklagte die volle Haftung der Miteigentumsanteile des Schuldners für die gesamten Müllgebühren geltend macht, obwohl die betroffenen Miteigentumsanteile nur relativ geringfügig sind (27,218/1000 bzw. 20,425/1000), so dass die hierauf bezogenen Vorteile auch nur begrenzt sind (vgl. BGH Rpfl 1981, 349 f., 350). Die sonach verbleibenden Zweifel hinsichtlich der Einstufung als dingliche Belastung schließen eine Berücksichtigung der Zahlungspflicht als öffentliche Last aus (BGH aaO.).

Demgemäß führt das Rechtsmittel des Beklagten nicht zu dem erstrebten Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass bei der Entscheidung des Rechtsstreits primär kommunales Abgabenrecht auszulegen war (§ 545 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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