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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 30.11.2004
Aktenzeichen: 1 A 333/03
Rechtsgebiete: BremVwVG, BremWasserG
Vorschriften:
BremVwVG § 11 Abs. 1 | |
BremVwVG § 11 Abs. 2 | |
BremVwVG § 19 Abs. 3 | |
BremWasserG § 64 Abs. 2 |
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil
OVG: 1 A 333/03
Verkündet am 30.11.2004
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy sowie die ehrenamtlichen Richter F. Mix und W. Schröter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2004 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 8. Kammer - vom 19.03.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von den Beklagten die Erstattung der Kosten verlangen kann, die durch die Beseitigung einer Boden- und Grundwasserverunreinigung entstanden sind (Euro 76.195,28).
1.
Die Beklagten sind als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eigentümer des in Bremerhaven gelegenen Grundstücks Gemarkung Wulsdorf Flur 63 Flurstück 18/11, das mit den Häusern Dieselstraße und Weißenstein bebaut ist.
Am 21.09.1993 wurde die Wasserbehörde der Klägerin darüber informiert, dass aus einer unterirdischen Ölleitung, die auf dem Grundstück verlief, Heizöl ausgelaufen sei. Das Grundstück, das zu diesem Zeitpunkt bereits im Eigentum der Beklagten stand, liegt in der Wasserschutzzone III A des Wasserwerks Wulsdorf. Die Schutzzone II mit den Brunnenanlagen ist etwa 500 m entfernt.
Unverzüglich eingeleitete erste Ermittlungen ergaben, dass mit dem Eintrag von ca. 4000 l Heizöl in das Erdreich gerechnet werden müsse.
Mit Verfügung vom 29.09.1993 gab die Wasserbehörde der Fa. K. Schwerlast GmbH (Fa. K.), die das Grundstück seinerzeit gepachtet hatte, als Betreiberin der schadhaften Anlage auf, verschiedene Maßnahmen zur weiteren Gefahrerforschung und zur ersten Gefahrenabwehr durchzuführen (Sondierbohrungen, Leerpumpen eines Betonschachts etc.). Mit den Arbeiten sei bis zum 30.09.1993 zu beginnen. Komme die Fa. K. der Aufforderung nicht nach, würden die Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt. Die Wasserbehörde ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an, weil wegen der Nähe zum Wasserwerk Wulsdorf ein unverzügliches Handeln geboten sei.
Gesellschafter der Fa. K. waren seinerzeit der Beklagte zu 1. - Gesellschaftsanteil von 50.000,00 DM -, die Beklagte zu 2. - Gesellschaftsanteil von 100.000,00 DM - und die Beklagte zu 3. - Gesellschaftsanteil von 100.000,00 DM -.
Da die Fa. K. die Aufforderung nicht befolgte, setzte die Wasserbehörde am 04.10.1993 die Ersatzvornahme fest und veranlasste die Durchführung der in der Gebotsverfügung bezeichneten Maßnahmen. Unter anderem wurde durch Einschaltung von Sachverständigen Schadensort und -umfang näher ermittelt sowie ein Konzept zur Sanierung von Boden und Grundwasser entwickelt.
Mit Verfügung vom 26.10.1993 gab die Wasserbehörde der Fa. K. auf, verschiedene Maßnahmen zur Beseitigung des Grundwasserschadens und zur Bodensanierung durchzuführen (Bodenaustausch, hydraulische Sanierung, Entsorgung etc.). Die Maßnahmen entsprachen den von den Gutachtern unterbreiteten Vorschlägen. Mit den Arbeiten sei bis zum 03.11.1993 zu beginnen. Falls dies nicht geschehe, würden sie im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt werden. Die Wasserbehörde ordnete auch in diesem Fall die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Nur durch ein unverzügliches Handeln könne eine Vergrößerung des Schadens und eine Gefährdung der öffentlichen Trinkwasserversorgung verhindert werden.
Die Fa. K. kam der Aufforderung nicht nach, worauf die Wasserbehörde nach Festsetzung der Ersatzvornahme am 10.11.1993 deren Durchführung veranlasste. Am 23.11.1993 gab eine Fachfirma einen Kostenvoranschlag ab, am 30.11.1993 wurde diese Firma mit der Sanierung von Boden und Grundwasser beauftragt. Insgesamt wurden 47 Tonnen ölverunreinigten Bodens ausgehoben und entsorgt, bis Juli 1994 wurde die auf dem Grundwasser aufschwimmende Ölphase durch Abpumpen entfernt. Im August 1994 war die Sanierung abgeschlossen. Die Gesamtmenge des wiedergewonnenen Heizöls betrug ca. 3.790 l.
2. Mit Bescheid vom 08.03.1994 setzte die Wasserbehörde wegen der im Bescheid vom 29.09.1993 genannten Gefahrerforschungsmaßnahmen Kosten i. H. v. DM 13.350,65 gegen die Fa. K. fest. Wegen der vor dem 29.09.1993 durchgeführten ersten Untersuchungsmaßnahmen setzte sie mit Bescheid vom selben Tage Kosten i. H. v. DM 28.373,80 fest.
Am 09.11.1994 setzte die Wasserbehörde gegen die Fa. Kran- und Geräte-Verleih GmbH (Fa. ), in die die Fa. K. inzwischen unter Verlegung des Sitzes nach Wollwitz/Sachsen- Anhalt umfirmiert worden war, wegen der im Bescheid vom 26.10.1993 genannten Sanierungsmaßnahmen Kosten i. H. v. DM 135.674,36 fest.
Rechtsbehelfe wurden gegen die Kostenfestsetzungsbescheide nicht eingelegt.
Ein 1995 wegen dieser Forderungen gegen die Fa. eingeleitetes Verwaltungszwangsverfahren blieb erfolglos. Mit Beschluss vom 25.08.1997 lehnte das Amtsgericht Halle-Saalkreis die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Fa. mangels Masse ab.
3. Mit gleichlautenden Bescheiden vom 11.09.2000 zog die Klägerin die drei Beklagten zu den Kosten der ersten Untersuchungsmaßnahmen i. H. v. jeweils DM 28.373,80 heran. Die Behörde habe seinerzeit unter den Voraussetzungen des Sofortvollzugs nach § 11 Abs. 2 BremVwVG gehandelt. Die Inanspruchnahme erfolge aufgrund der Zustandsverantwortlichkeit, die die Beklagten als Eigentümer des kontaminierten Grundstücks treffe.
Für die weiteren Maßnahmen der Gefahrenerforschung und -beseitigung setzte die Klägerin mit Bescheiden vom 12.09.2000 Kosten i. H. v. DM 149.025,01 gegen die drei Beklagten fest (135.674,36 und 13.350,65). Hinsichtlich dieser Kosten fehle es zwar gegenüber den Beklagten an einer Grundverfügung mit Androhung der Ersatzvornahme, der Behörde stehe aber ein Erstattungsanspruch wegen ungerechtfertigter Vermögensverschiebung zu.
Der Senator für Bau und Umwelt wies die Widersprüche der Beklagten, mit denen in erster Linie Verjährung geltend gemacht wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2001 als unbegründet zurück.
Die Beklagten erhoben Klage (Az.: 8 K 1642/01). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, die am 10.12.2002 durchgeführt wurde, hob die Klägerin nach einem rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts die Bescheide vom 12.09.2000 (Kostenbetrag DM 149.025,01) auf. Die Kammer sah insoweit einen Erstattungsanspruch zwar als gegeben an, auch sei die Forderung nicht verjährt. Allerdings dürfe dieser Anspruch nicht im Wege eines Leistungsbescheids geltend gemacht werden. In Betracht komme nur die Leistungsklage.
Wegen der Bescheide vom 11.09.2000 (Kostenbetrag DM 28.373,80) wies das Verwaltungsgericht die Klage der Beklagten ab. Hinsichtlich dieser Kosten sei das Fehlen einer gegen die Beklagten ergangenen Grundverfügung unschädlich, weil seinerzeit die Voraussetzungen eines Sofortvollzugs nach § 11 Abs. 2 BremVwVG vorgelegen hätten.
4. Am 14.01.2003 hat die Klägerin gegen die Beklagten Leistungsklage auf Zahlung von Euro 76.195,28 (= 149.025,01 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung erhoben. Ihr stünde wegen der Kosten der zwischen Oktober 1993 und August 1994 durchgeführten Maßnahme ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zu.
Die Beklagten sind der Leistungsklage entgegengetreten. Ihre Inanspruchnahme sei ermessensfehlerhaft. Denn den Schaden verursacht habe, wie bereits im vorangegangenen Gerichtsverfahren von ihr geltend gemacht worden sei, ein damaliger Mitarbeiter der Fa. K. , der Beigeladene. Der Beigeladene sei seinerzeit Mieter eines auf dem Grundstück stehenden Hauses gewesen und habe durch unsachgemäßes Hantieren an dem Ölzuführungsrohr im Keller des Hauses sowie sorgfaltswidrig durchgeführte Erdarbeiten die Leckage herbeigeführt. Nach anerkannten Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts sei zunächst der Verhaltensverantwortliche heranzuziehen, hier also der Beigeladene, bevor auf die Zustandsverantwortlichen zurückgegriffen werde. Im übrigen werde die Einrede der Verjährung erhoben. Zur Anwendung komme die vierjährige Verjährungsfrist des § 27 BremGebBeitrG. In jedem Fall seien die Ansprüche aber verwirkt. Denn nach Ablauf eines derart langen Zeitraums, wie er im vorliegenden Fall verstrichen sei, hätten die Beklagten nicht mehr mit einer Heranziehung rechnen müssen.
Der Beigeladene hat schriftsätzlich erklärt, dass er seinerzeit zwar ein Rohr zugestopft habe, weil aus ihm ein starker Ölgeruch durch den Keller gezogen sei. Herr K. , den er auf die Angelegenheit angesprochen habe, habe zuvor auf seine Meldung nicht reagiert. Erdarbeiten im Freien habe er nicht durchgeführt. Vielmehr sei bei der Freilegung der Heizölleitung festgestellt worden, dass die Versorgung viel zu tief unter der Erde gelegen habe.
Das Verwaltungsgericht Bremen - 8. Kammer - hat die Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2003 als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an die Klägerin 76.195,28 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2003 zu zahlen. Die Klägerin könne ihr Zahlungsverlangen auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen. Ein derartiger Erstattungsanspruch sei gegeben, wenn Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht worden seien. Hier hätten die Beklagten ohne rechtlichen Grund eine Leistung erhalten, indem ihr durch die Kontamination deutlich wertgemindertes Grundstück durch die Klägerin wieder in seinen früheren Zustand zurückversetzt worden sei. Der Erstattungsanspruch der Klägerin sei weder verjährt noch verwirkt.
Das OVG hat auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 19.08.2003 die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen. Die Beklagten haben die Berufung fristgemäß wie folgt begründet:
Ein Erstattungsanspruch lasse sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf stützen, dass das Grundstück durch die Bodensanierung eine wirtschaftliche Aufwertung erfahren habe. Mit dieser Begründung werde die Frage der Kostentragung unzulässigerweise von der gefahrenabwehrrechtlichen Verantwortlichkeit gelöst. Die bei Vorliegen einer Störermehrheit zu treffende Auswahlentscheidung, die eine Ermessensentscheidung darstelle und sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren habe, gerate bei dieser Betrachtungsweise aus dem Blick. Stattdessen könne unter Berufung auf einen vermeintlichen Erstattungsanspruch stets sogleich auf die Eigentümer zurückgegriffen werden. Das könne nicht richtig sein. Der vorliegende Fall, bei dem sich die Inanspruchnahme des Verhaltensverantwortlichen, d. h. des Beigeladenen, geradezu aufdränge, verdeutliche die Unhaltbarkeit des vom Verwaltungsgericht gewählten Ansatzes. Sie hielten im übrigen daran fest, dass Verwirkung eingetreten sei. Sie hätten mit dem Ölunfall selbst nichts zu tun und hätten darauf vertrauen dürfen, dass die Angelegenheit für sie erledigt sei, nachdem sie jahrelang nichts von der Klägerin gehört hätten. Außerdem wäre ein etwaiger öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auch verjährt, weil die kurzen Verjährungsfristen des öffentlichen Rechts gelten würden.
Die Beklagten beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Bremen vom 19.03.2003 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend entschieden, dass ihr ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagten wegen der Kosten zustehe, die durch die Beseitigung der Boden- und Grundwasserverunreinigung auf deren Grundstück entstanden seien. Die Heranziehung des Beigeladenen zu diesen Kosten scheide für sie aus, weil es sehr fraglich sei, ob der Beigeladene überhaupt als Verhaltensverantwortlicher angesehen werden könne. Bei den Maßnahmen, die seinerzeit vor Ort durchgeführt worden seien, hätte sich kein Hinweis für einen eigenen Verursachungsbeitrag des Beigeladenen ergeben. Vielmehr seien deutliche Anhaltspunkte dafür zu Tage getreten, dass die nicht sachgerechte Ausführung eines Schutzrohres, das kein ordnungsgemäßes Gefälle aufgewiesen habe, den Schaden ausgelöst habe. Die Beklagten seien seinerzeit über Art und Umfang der durchgeführten Maßnahmen informiert gewesen.
Die Behördenvorgänge haben vorgelegen. Ihr Inhalt war, soweit in dieser Entscheidung verwertet, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldner die Erstattung der Kosten verlangen, die durch die Beseitigung der Boden- und Grundwasserverunreinigung auf deren Grundstück entstanden sind (Euro 76.195,28).
1. Bei den von der Klägerin zwischen Oktober 1993 und August 1994 veranlassten Maßnahmen handelte es sich um eine Ersatzvornahme i.S.v. § 15 Bremisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz - BremVwVG -. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde Handlungen auf Kosten des Pflichtigen ausführen lassen, wenn dieser seine Verpflichtung, die Handlung selbst vorzunehmen, nicht erfüllt.
Die Klägerin hat die auf dem Grundstück der Beklagten durchgeführten Maßnahmen in diesem Sinne von Anfang an als Ersatzvornahme qualifiziert. Daran lassen die zunächst gegenüber der Fa. K. als Betreiberin der defekten Heizölanlage im Rahmen der Gefahrenerforschung und - beseitigung ergangenen Bescheide sowie die später gegen die Fa. und die Beklagten im Rahmen der Kostentragung ergangenen Bescheide keinen Zweifel.
2. Wird eine Ersatzvornahme durchgeführt, so setzt die Behörde die ihr daraus entstandenen Kosten gegenüber dem Pflichtigen fest (§ 19 Abs. 3 BremVwVG). Anspruchsvoraussetzung ist, dass der durch die Ersatzvornahme ausgeübte Verwaltungszwang rechtmäßig war.
Dieser Ersatzanspruch verdrängt den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl. VGH Mannheim, U. v. 16.08.2002, NJW 2003, S. 1066; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 3. Aufl. 2004, S. 366; Götz, Allgem. Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl. 2001, S. 179; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 424). Soweit eine Mindermeinung für den Fall der rechtswidrigen Ersatzvornahme einen Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch für zulässig hält, kann dem nicht gefolgt werden. Die gesetzlichen Vorschriften über den Kostenersatz bei Ersatzvornahme schließen als spezielle Regelungen ein Ausweichen auf das allgemeine Rechtsinstitut aus.
Unzulässig ist auch ein Rückgriff auf die Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Durchführung der Ersatzvornahme sowie die anschließende Kostentragung sind strikten öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen. Es ist eine lückenlose gesetzliche Regelung vorhanden, die eine Heranziehung der §§ 677 ff. BGB nicht zuläßt (vgl. BGH, U. v. 13.11.2003, NJW 2004, S. 513).
3. Die Ersatzvornahme ist im vorliegenden Fall gegenüber den Beklagten rechtmäßig durchgeführt worden. Sie sind deshalb verpflichtet, die entstandenen Kosten zu ersetzen.
Das Zwangsmittel der Ersatzvornahme darf angewendet werden, wenn der Verwaltungsakt, der mit dem Zwangsmittel durchgesetzt werden soll, entweder unanfechtbar oder sofort vollziehbar ist (§ 11 Abs. 1 S. 2 BremVwVG). Darüber hinaus ist die Ersatzvornahme schriftlich anzudrohen (§ 17 Abs. 1 BremVwVG); die Androhung muss vor der Durchführung der Ersatzvornahme ihrerseits unanfechtbar geworden oder sofort vollziehbar sein (§ 19 Abs. 1 BremVwVG). Unter bestimmten Voraussetzungen darf Verwaltungszwang aber auch ohne vorangehenden Verwaltungsakt angewendet werden. Das ist der Fall, wenn ein sofortiges behördliches Tätigwerden zur Abwehr einer drohenden Gefahr oder zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, geboten ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt (§ 11 Abs. 2 S. 1 BremVwVG, Sofortvollzug).
Gegenüber den Beklagten waren die Voraussetzungen erfüllt, um Verwaltungszwang ohne vorangehenden Verwaltungsakt anzuwenden.
a) Die ca. 4.000 l Heizöl, die aus einer Heizölanlage in das Erdreich ausgetreten waren, begründeten eine dringende Gefahr für die Allgemeinheit. Die Nähe zu einer Einrichtung der Trinkwasserversorgung (Entfernung zur Schutzzone 2 des Wasserwerks Wulsdorf ca. 500 m) machte unverzügliche Untersuchungs- und Gefahrbeseitigungsmaßnahmen erforderlich.
b) Die Behörde handelte, indem sie derartige Maßnahmen einleitete, innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse. Ermächtigungsgrundlagen waren einerseits § 62 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Bremisches Wassergesetz - BremWasserG - (bezogen auf das Grundwasser) und § 10 Abs. 1 S. 1 Bremisches Polizeigesetz - BremPolG - (bezogen auf den Boden). Das Bundes-Bodenschutzgesetz, das ebenfalls Ermächtigungsgrundlagen zur Abwehr einer Bodenverunreinigung enthält, ist erst am 01.03.1999 in Kraft getreten, konnte im vorliegenden Schadensfall also noch nicht zur Anwendung kommen.
c) Die Beklagten waren für die Gefahr als Eigentümer des kontaminierten Grundstücks verantwortlich.
Gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 BremPolG ist der Eigentümer einer Sache für deren Zustand verantwortlich. Die Zustandsverantwortlichkeit stellt eine zulässige Regelung über Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar. Sie rechnet dem Eigentümer die von seinem Grundstück ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit zu. Die Zurechnung beruht auf der Erwägung, dass der Eigentümer in aller Regel auch eine Einwirkungsmöglichkeit auf sein Eigentum hat und er überdies den Nutzen aus der Sache zieht (BVerfG, B. v. 16.02.2000, BVerfGE 102, S. 1).
Die Regelungen des Bremischen Wassergesetzes über die Kostentragung nach gewässeraufsichtlichen Maßnahmen stehen der Inanspruchnahme der Beklagten als Zustandsverantwortliche nicht entgegen. Gemäß § 64 Abs. 2 BremWasserG sind die Kosten der Beseitigung einer Gewässerverunreinigung demjenigen aufzuerlegen, der die Verunreinigung verursacht hat. Diese Vorschrift, die eine spezielle Regelung über die Verhaltensverantwortlichkeit des Verursachers enthält, bestimmt den Kreis der für eine Gewässerverunreinigung Verantwortlichen aber nicht abschließend. Sie kann nicht dahin verstanden werden, dass das allgemeine ordnungsrechtliche Institut der Zustandsverantwortlichkeit in diesen Fällen keine Anwendung mehr findet. Die in § 6 BremPolG getroffene Regelung über die Zustandsverantwortlichkeit ergänzt vielmehr die spezielle wasserrechtliche Vorschrift (so auch für das Hamburgische Wassergesetz OVG Hamburg, U. v. 17.05.2000, NordÖR 2000, S. 361).
d) Die Voraussetzungen des Sofortvollzugs werden nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Behörde gegenüber dem Betreiber der defekten Heizölanlage seinerzeit als Verhaltensverantwortlichen Verwaltungsakte erlassen hatte (Bescheide vom 29.09.1993 betreffend Gefahrerforschung und erste Gefahrenabwehr; Bescheid vom 26.10.1993 betreffend Grundwasser- und Bodensanierung).
Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Sofortvollzugs ist die Behörde nicht gehindert, zunächst einem der Verantwortlichen durch Erlass eines Verwaltungsakts unter Androhung eines Zwangsmittels die Beseitigung der Gefahr aufzugeben. Ob sie diese Vorgehensweise wählt oder sogleich Verwaltungszwang anwendet, liegt in ihrem Ermessen. § 11 Abs. 2 S. 1 BremVwVG räumt der Behörde in dieser Hinsicht einen Entscheidungsspielraum ein. Maßstab für die Ermessensausübung ist dabei neben dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Gibt die Behörde in einer solchen Fallkonstellation einem der Verantwortlichen (auf der Primärebene) die Gefahrbeseitigung auf, bedeutet das deshalb nicht, dass im Rahmen der Kostentragung (auf der Sekundärebene) nur dieser Verantwortliche als Schuldner für die Kosten der Ersatzvornahme in Betracht käme und die übrigen Verantwortlichen als Kostenschuldner ausscheiden würden. Auf der Sekundärebene kommt es gemäß § 19 Abs. 3 BremVwVG allein auf die Pflichtigkeit des in Anspruch Genommenen an, unabhängig davon ob gegen den Betreffenden ein Grundverwaltungsakt mit Androhung des Zwangsmittels ergangen ist oder nicht (vgl. Sailer in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, S. 1062). Der Erstattungsanspruch hängt insoweit davon ab, ob die ohne vorausgehenden Verwaltungsakt durchgeführte Ersatzvornahme gegenüber dem in Anspruch genommenen Pflichtigen rechtmäßig war. Das beurteilt sich nach den in § 11 Abs. 2 S. 1 BremVwVG genannten Maßstäben.
Dabei kann der Umstand, dass die Behörde einem der Verantwortlichen durch Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts zunächst Gelegenheit gibt, die Gefahr selbst zu beseitigen, zwar in tatsächlicher Hinsicht gegen das Vorliegen der für den Sofortvollzug erforderlichen gegenwärtigen Gefahr und gegen die Notwendigkeit eines unverzüglichen Handelns sprechen. Dieser Schluss ist aber nicht zwingend. Im vorliegenden Fall ist er schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Behörde dem Verhaltensverantwortlichen unter Androhung der sofortigen Vollziehung jeweils äußerst knappe Handlungsfristen gesetzt hatte. Am Vorliegen der Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung von Verwaltungszwang kann nach den Umständen des Falles kein Zweifel bestehen.
Gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 BremVwVG ist dem Betroffenen die unmittelbare Anwendung von Verwaltungszwang unverzüglich bekanntzugeben, soweit sie ihm nicht bereits durch die Ausführung bekanntgeworden ist. Auf dem Grundstück der Beklagten sind aus Anlass der Ölverseuchung umfangreiche Arbeiten durchgeführt worden. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Arbeiten den Beklagten nicht verborgen geblieben sind. Der für die Gefahrbeseitigung zuständige Mitarbeiter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht im Übrigen unwidersprochen angegeben, dass zumindest zwei der Beklagten bei den durchgeführten Arbeiten sogar anwesend gewesen seien.
4. Bei mehreren Verantwortlichen hat die Behörde im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 19 Abs. 3 BremVwVG eine Auswahlentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dass diese Auswahlentscheidung auf die Beklagten als Zustandsverantwortliche gefallen ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat mit Nachdruck versucht, den Betreiber der Heizölanlage - die Fa. K. - als Verhaltensverantwortlichen zu den Kosten heranzuziehen. Dies ist gescheitert. Zu einer Inanspruchnahme des Beigeladenen war die Klägerin nicht verpflichtet, und zwar schon deshalb nicht, weil dessen Verhaltensverantwortlichkeit als ungeklärt angesehen werden muss. Nach den Angaben des bereits genannten Mitarbeiters der Klägerin, der die Untersuchungs- und Gefahrbeseitigungsmaßnahmen seit der Meldung des Ölschadens ortsnah begleitet hat, war der Schaden auf die nicht sachgerechte Ausführung eines Schutzrohres zurückzuführen; für einen Verursachungsbeitrag des Beigeladenen hätten sich seinerzeit keine Anhaltspunkte ergeben. Dass die Klägerin sich auf diese sach- und ortsnah gewonnene Einschätzung stützt, ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagten substantiierte Anhaltspunkte für eine gegenteilige Beurteilung nicht genannt haben. Es ist deshalb nicht fehlerhaft, wenn die Klägerin nunmehr, um ihre Forderung überhaupt noch realisieren zu können, auf diejenigen Kostenschuldner zurückgreift, deren Verantwortlichkeit als gegeben angesehen werden kann.
5. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückeigentümers der Höhe nach begrenzt sein (B. v. 16.02.2000, a.a.O.). Die Entscheidung ist zum Problemkreis der Altlastensanierung ergangen. Ob die Haftungsgrenze auch für den Fall der Bodenkontamination nach einem Ölunfall greift, könnte fraglich sein. Das mag hier aber dahinstehen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der hier geltend gemachte Betrag (Euro 76.195,28) die vom Bundesverfassungsgericht gezogene Grenze - den Verkehrswert des Grundstücks - erreichen würde. Bei dem hier in Rede stehenden Grundstück handelt es sich um ein ca. 18.000 qm großes Gewerbegrundstück.
6. Der Ersatzanspruch nach Ersatzvornahme kann durch Leistungsbescheid durchgesetzt werden; § 19 Abs. 3 BremVwVG enthält hierfür eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage. Das schließt aber unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses nicht aus, dass die Behörde ihren Anspruch auch klageweise geltend macht. Im vorliegenden Fall gilt das um so mehr, als die klageweise Geltendmachung auf einen (sachlich unzutreffenden) rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts im vorangegangenen Verfahren 8 K 1642/01 zurückgeht.
7. Der Ersatzanspruch ist nicht verjährt.
Der Anspruch unterliegt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht der Verjährungsregelung in § 27 Abs. 1 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (Verjährungsfrist von 4 Jahren). Denn es handelt sich um keinen Anspruch, der in diesem Gesetz geregelt ist. Es geht um einen durch spezielles Gesetz geregelten Erstattungsanspruch, der selbständig neben dem Gebühren- und Beitragsrecht steht.
Vielmehr unterliegt der Ersatzanspruch mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in analoger Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschrift in § 195 BGB (vgl. auch Schenke, a.a.O., S. 170, 365). Bis zum 31.12.2001 betrug die Verjährungsfrist danach 30 Jahre. Seit dem 01.01.2002 beträgt sie 3 Jahre. Unabhängig von der Frage einer Unterbrechung der Verjährung durch die im September 2000 ergangenen Leistungsbescheide war der Ersatzanspruch danach im Zeitpunkt seiner Geltendmachung durch die Leistungsklage im Januar 2003 in jedem Fall noch nicht verjährt. Für die vor dem 01.01.2002 entstandenen Ansprüche endet die Verjährungsfrist danach erst am 31.12.2004 (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB).
8. Für eine Verwirkung des Anspruchs ist nichts ersichtlich. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei den Beklagten in irgendeiner Weise das Vertrauen darauf erzeugt haben könnte, von der Kostenforderung verschont zu bleiben.
9. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen anerkannt. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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