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Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: 1 S 444/08
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO
Vorschriften:
VwGO 106 | |
VwGO 166 | |
ZPO § 114 |
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss
OVG: 1 S 444/08
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Göbel und Prof. Alexy sowie die Richterin Feldhusen am 28.10.2008 beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen - 4. Kammer - vom 28.07.2008 wird aufgehoben.
Den Klägern wird Prozesskostenhilfe für den Abschluss des Vergleichs über die Erteilung von deutschen Passersatzpapieren bewilligt; ihnen wird Rechtsanwalt S. zur Vertretung beigeordnet.
Gründe:
I.
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens war die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an die Kläger. Auf Empfehlung des Verwaltungsgerichts schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2008 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG verpflichtete. Zugleich wurde in den Vergleich aufgenommen, dass die Beklagte den Klägern Passersatzerpapiere aussstelle. Die Kosten des Verfahrens des Verfahrens trugen die Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 mit Ausnahme der Kosten, die "aus Anlass des überschießenden Vergleichswertes (Erteilung von Ersatzpapieren) entstehen"; diese Kosten trugen die Kläger. Mit Beschluss vom gleichen Tage wurde den Klägern Prozesskostenhilfe für die auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gerichteten Klagen bewilligt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss des Vergleichs betreffend die Erteilung von deutschen Passersatzpaieren wurde mit einem weiteren Beschluss vom gleichen Tage abgelehnt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Kläger.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, den Klägern Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss des Vergleichs zu bewilligen. Auch insoweit hatte die beabsichtige Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg und war nicht mutwillig (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
1.
Prozesskostenhilfe kann grundsätzlich auch für den Teil eines Vergleichs bewilligt werden, der nicht Gegenstand der ursprünglichen Rechtsverfolgung war (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, Rn 25 zu §119). Soweit ein - im Verhältnis zum Begehren, das mit der Klage verfolgt wurde - zusätzlicher Gegenstand in den Vergleich einbezogen wird, wird auch insoweit ein Recht verfolgt. Das ergibt sich schon daraus, dass dieser zusätzliche Gegenstand dem Streit der Beteiligten entzogen und ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) geschaffen wird.
2.
Entgegen der Auffassung lag eine beabsichtigte Rechtsverfolgung vor. Es kommt nicht darauf an, ob eine solche Rechtsverfolgung schon vor der mündlichen Verhandlung stattgefunden hat. Entscheidend ist allein, dass sie in der mündlichen Verhandlung beabsichtigt wurde. Die Rechtsverfolgung war auch noch beabsichtigt, als der Prozesskostenhilfeantrag gestellt wurde, denn nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist er nicht nach dem Abschluss des Vergleichs, sondern "im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss" gestellt worden.
3.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten sind nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, danach zu beurteilen, wie ein Klageverfahren ausgegangen wäre, wenn es nicht zu dem Vergleich gekommen wäre. Für die Erfolgsaussichten reicht es schon aus, dass der Gegner zum Abschluss eines Vergleichs bereit ist (Zöller-Philippi, a.a.O., Rn 18 zu § 114). Das war hier der Fall.
4.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung war auch nicht mutwillig. Zwar hatte die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten in einem Telefonat mit der Berichterstatterin am 24.07.2008 erklärt, die Erteilung von Ersatzpapieren werde "wohl" erfolgen. Auch in der mündlichen Verhandlung war - so muss das Vorbringen beider Beteiligten in der Beschwerdeinstanz verstanden werden - von Anfang an nicht mehr streitig, dass Passersatzpapiere ausgestellt werden sollten; der anfängliche Dissens war vielmehr auf die Frage beschränkt, ob solche Papiere nur für die Eltern (Kläger zu 5. und 6.) ausgestellt und die Kinder (Kläger zu 1. bis 4.) dort aufgenommen oder ob Papiere für jeweils alle Kläger ausgestellt werden sollten. Das spricht dafür, dass es einer Einbeziehung der Ausstellung von Passersatzpapieren in den Vergleich nicht bedurft hätte und verständige Kläger sich mit der - eventuell ins Protokoll aufzunehmenden - Erklärung der Beklagten zufrieden gegeben hätten, sie werde die Papiere ausstellen. Gleichwohl hat das Verwaltungsgericht hier empfohlen, die Ausstellung von Passersatzpapieren in den Vergleich aufzunehmen. Welche Gründe das Verwaltungsgericht veranlasst haben, ein solches - unnötige Kosten verursachendes - Vorgehen zu empfehlen, lässt sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen, kann aber auch dahingestellt bleiben. Eine Rechtsverfolgung ist nämlich dann nicht mehr mutwillig, wenn sie auf einer ausdrücklichen Empfehlung des Gerichts beruht.
Die Entscheidung über die Beiordnung des Rechtsanwalts folgt aus § 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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