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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 10.10.2002
Aktenzeichen: 1 A 4064/01
Rechtsgebiete: SZG, BeamtVG, BDO
Vorschriften:
SZG § 1 Abs. 1 Nr. 4 | |
SZG § 4 Abs. 1 | |
SZG § 4 Abs. 2 | |
SZG § 4 Abs. 3 | |
SZG § 5 Abs. 1 Nr. 2 | |
BeamtVG § 2 Abs. 1 | |
BeamtVG § 2 Abs. 2 | |
BDO § 77 |
2. Zur Frage der Rückzahlung als Brutto- oder Nettobetrag.
Tatbestand:
Während des Verlaufs eines Disziplinarverfahrens mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst wurde der Beamte zur Ruhe gesetzt. Er erhielt als Versorgungsempfänger Ruhegehalt sowie für den Monat Dezember eine jährliche Sonderzuwendung in gesetzlicher Höhe. Ende Januar des Folgejahres wurde seine Entfernung aus dem Dienst mit der Maßgabe der Aberkennung seines Ruhegehaltes (§ 117 Abs. 7 Halbs. 1 BDO) rechtskräftig und ein Unterhaltsbeitrag nach § 77 BDO bewilligt. Die Rückforderung der jährlichen Sonderzuwendung war auf § 4 Abs. 3 SZG gestützt, weil die Behörde davon ausgegangen war, dass der Unterhaltsbeitrag nach § 77 BDO nicht zu den Versorgungsbezügen i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 SZG zählt. Diese Auffassung wurde im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens vom OVG bestätigt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen insoweit nicht, als mit ihnen die Frage berührt ist, ob der Kläger zu dem von § 4 Abs. 3 SZG erfassten Personenkreis zählt (1.). Sie sind jedenfalls insoweit schon nicht hinreichend dargelegt, soweit die Frage in Streit steht, ob der Kläger die für 1997 erhaltene jährliche Sonderzuwendung einschließlich gezahlter Steuern (also in Höhe des Bruttobetrages) oder abzüglich der abgeführten Steuern (also in Höhe des Nettobetrages) zurückzuzahlen hat (2.).
1. Die von dem Kläger (zum Teil sinngemäß) aufgeworfenen Fragen,
a) ob ein ehemaliger Beamter, der im Dezember des einen Jahres und Januar des Folgejahres Ruhegehalt, ab Februar einschließlich März des Folgejahres einen Unterhaltsbeitrag nach § 77 BDO erhielt, Anspruch auf die jährliche Sonderzuwendung hat,
b) ob der Anspruch auf Sonderzuwendung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SZG voraussetzt, dass der am 31.3.des Folgejahres dem Beamten zustehende Versorgungsbezug seiner Art und Rechtsgrundlage nach derselbe ist wie der im Monat Dezember zustehende Versorgungsbezug,
und die auf diese Fragen bezogenen Ausführungen zu den ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils sowie der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung, weil die Rechtsfrage unter a) sich ohne weitere Schwierigkeiten aus dem Gesetz beantworten lässt und sich dieser Antwort entsprechend die Frage unter b) nicht mehr als entscheidungserheblich stellt, weil der Kläger am 31.3.1998 nicht Empfänger von Versorgungsbezügen war.
Die Voraussetzungen für den Erhalt und das Behaltendürfen der jährlichen Sonderzuwendung sind für Versorgungsempfänger in den §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 4 Abs. 1 und Abs. 2 SZG geregelt. Von den Fallgestaltungen, die das Gesetz erfasst, ist hier lediglich von Belang diejenige, die den Empfänger eines Unterhaltsbeitrags (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 5. Alternative SZG) betrifft. Denn der Kläger war bis einschließlich Januar 1998 unstreitig Versorgungsempfänger im Sinne des Gesetzes, weil er bis dahin ein Ruhegehalt bezog (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative SZG), so dass auf ihn die §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SZG insoweit ohne weiteres zutrafen, wonach - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - Voraussetzung des Anspruchs auf die Zuwendung für die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 SZG genannten Berechtigten ist, dass ihnen für den Monat Dezember laufende Versorgungsbezüge zustehen. Fraglich ist hiernach - entsprechend der unter 1. a) aufgeworfenen Frage - nur, ob die Ansprüche auf Versorgungsbezüge mindestens bis 31.3.des folgenden Jahres bestehen blieben, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SZG. Denn die Rückzahlungspflicht nach § 4 Abs. 3 SZG knüpft an das Fehlen gerade dieser Anspruchsvoraussetzung an.
Die aufgeworfene Frage beantwortet sich zu Lasten des Klägers aus dem Gesetz. Die Ansprüche auf Versorgungsbezüge sind mit Ablauf des Januar 1998 entfallen, nachdem ihm das Ruhegehalt rechtskräftig aberkannt worden war. An die Stelle des Ruhegehaltes ist kein anderer Anspruch auf Versorgungsbezüge i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SZG getreten. Insbesondere handelt es sich bei dem Unterhaltsbeitrag nach § 77 BDO nicht um Versorgungsbezüge im Sinne jener Vorschrift. Mit dem in § 4 Abs. 2 Nr. 1 5. Alternative SZG erwähnten Unterhaltsbeitrag, der ausdrücklich zu den Versorgungsbezügen i.S.d. § 4 Abs. 1 SZG zählt, ist nicht (auch) der von § 77 BDO vorgesehene Unterhaltsbeitrag gemeint. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass das Gesetz über die jährliche Sonderzuwendung genau zu unterscheiden weiß zwischen dem von § 4 Abs. 2 Nr. 1 5. Alternative SZG gemeinten Unterhaltsbeitrag im Sinne des Versorgungsrechts (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative BeamtVG) und dem Unterhaltsbeitrag nach der Bundesdisziplinarordnung. Während der Unterhaltsbeitrag i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 1 5. Alternative SZG auch im Dezember des Vorjahres und Januar bis März des Folgejahres anspruchsbegründend wirkt, schließt der Unterhaltsbeitrag nach der Bundesdisziplinarordnung schon für Dezember bereits den Erhalt der jährlichen Sonderzuwendung aus (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SZG). Auf die Verhältnisse Januar bis März des Folgejahres kann es in diesem Zusammenhang dementsprechend nicht ankommen. Der § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 SZG stellt indes entscheidend für die Frage des Behaltendürfens der jährlichen Sonderzuwendung darauf ab, ob bis mindestens Ende März des folgenden Jahres Versorgungsbezüge gewährt worden sind. Schon von daher gibt die Sonderregelung in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SZG nichts für die Auslegung von § 4 Abs. 2 Nr. 1 5. Alternative SZG zugunsten des Klägers her. Wohl aber lässt sich aus dem Ausschlussgrund "Unterhaltsbeitrag nach der Bundesdisziplinarordnung" herleiten, dass eine derartige Leistung im gegebenen Zusammenhang erst recht nicht anspruchsbegründend wirken kann.
Dasselbe Ergebnis folgt ferner aus der die Systematik des Gesetzes betreffenden Erwägung, dass das Gesetz über die jährliche Sonderzuwendung mit der jährlichen Sonderzuwendung - auch - Versorgungsbezüge regelt (§ 2 Abs. 2 BeamtVG) und die gesetzliche Vergünstigung für Empfänger von Versorgungsbezügen i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 1 SZG dementsprechend an die in § 2 Abs. 1 BeamtVG enthaltenen Arten der Versorgungsbezüge ebenso selektiv wie ausschließend anknüpft: Versorgungsempfänger, die andere als die in § 4 Abs. 2 SZG aufgeführten Versorgungsbezüge erhalten, gehören nicht zu dem begünstigten Personenkreis des Sonderzuwendungsgesetzes. Auch von daher wäre es völlig unverständlich, die Empfänger eines Unterhaltsbeitrages nach § 77 BDO zu dem Kreis der von § 4 Abs. 2 Nr. 1 SZG Begünstigten zu zählen: Jene Empfänger eines Unterhaltsbeitrags nach § 77 BDO erhalten mit diesem Unterhaltsbeitrag eindeutig keine Versorgung, sondern im Rahmen der dem früheren Dienstverhältnis nachwirkenden Fürsorge eine Überbrückungshilfe u. a. bis zur Auszahlung einer Rente. Dementsprechend verlor ein aus dem Dienst entfernter Beamter wie der Kläger gemäß § 11 Abs. 1 BDO den Anspruch auf Versorgung (vgl. neuerdings § 10 Abs. 1 Satz 2 BDG vom 9.7.2001). Damit unvereinbar wäre, ihn als Versorgungsempfänger zu behandeln, nachdem das Disziplinarurteil wie hier Rechtskraft erlangt hat. Im Einklang damit wird der Unterhaltsbeitrag nach § 77 BDO auch im Schrifttum weder als Ruhegehalt noch als Form der Versorgung betrachtet, auf die der Beamte aus dem Gesichtspunkt der Alimentation einen Anspruch hätte.
Vgl. Müller-Eising, Paradigmenwechsel im Deutschen Disziplinarrecht, NJW 2001, 3587 ff. (3591 f.); Weiß, GKÖD II K § 77 Rn. 8.
Die Auffassung des Klägers, die Regelung des Ausschlusstatbestands in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SZG sei nur verständlich, wenn die Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich vorlägen, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar. Die in § 4 Abs. 1 und 2 SZG enthaltenen Regelungen betreffen den Anspruch und seine Voraussetzungen im Einzelnen, während § 4 Abs. 3 SZG an das Fehlen einer einzigen Anspruchsvoraussetzung die Rückzahlungspflicht knüpft. Demgegenüber normiert § 5 Abs. 1 SZG die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch erst gar nicht entsteht. Daraus kann kein Schluss auf den Inhalt der Anspruchsvoraussetzungen - hier den Begriff des Unterhaltsbeitrags betreffend - wie oben bereits dargelegt gezogen werden.
Ob der Auffassung des VG gefolgt werden könnte, auf welche sich die weitere vom Kläger unter b) aufgeworfene Frage bezieht, bedarf nach allem keiner Klärung: Die Zulassung der Berufung kommt nur für entscheidungserhebliche Rechtsfragen in Betracht. Dass das VG seine Entscheidung auf eine zweifelhafte Rechtsauffassung gestützt hat, rechtfertigt für sich nicht die Zulassung der Berufung, wenn das gefundene Ergebnis aus dem Gesetz ablesbar zutrifft.
Vgl. Seibert, in Sodan/Ziekow, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, § 124 Rn. 143 ff. (147).
Aus den gleichen Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung und liegen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten vor, die den Ausgang des Rechtsstreits im Berufungsverfahren als zumindest offen erscheinen lassen könnten, soweit die vom Kläger gesehenen Grundsatzfragen angesprochen sind.
2. Soweit die Zulassung sich mit dem Umstand befasst, dass vom Kläger die Sonderzuwendung als Bruttobetrag zurückverlangt worden ist, genügt die Zulassungsschrift nicht den Anforderungen aus § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung an die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des VG, dass dies zu Recht geschehen sei. Denn die Zulassung stellt insoweit nicht - vor allem nicht mit dem Hinweis auf § 12 Abs. 2 BBesG - nachvollziehbar die insoweit vom VG aufgestellten Rechtssätze in Frage: Eine Aufbereitung des Streitstoffs in konkreter Auseinandersetzung mit der vom VG vertretenen Rechtsauffassung im Einzelnen und eine konkrete argumentative Infragestellung der die Entscheidung des VG tragenden Rechtsauffassung wird nicht geleistet. Insbesondere setzt sich der Kläger nicht mit der von dem VG zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteil vom 4.3.1986 - 2 C 33.83 -, Buchholz 238.95 SZG Nr. 17, und auch nicht damit auseinander, dass dementsprechend die allgemeine Rechtsprechung zur Frage der Rückzahlung zuviel erlangter Beträge als Brutto- oder Nettobeträge, zu ihr vgl. BVerwG, Urteile vom 12.5.1966 - II C 197.62 -, BVerwGE 24, 92 ff. (104 f.), und vom 22.9.1966 - VIII C 109.64 -, BVerwGE 25, 97 ff. (101-103), sowie BVerfG, Beschluss vom 11.10.1977 - 2 BvR 407/76 -, BVerfGE 46, 97 ff. (115-119), nicht ohne weiteres Anwendung finden dürfte.
Ende der Entscheidung
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