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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.04.2009
Aktenzeichen: 1 B 1833/08
Rechtsgebiete: GG, BLV
Vorschriften:
GG Art. 33 Abs. 2 | |
BLV a. F. § 40 Abs. 1 Satz 1 |
Im Zweifel hat der im Auswahlverfahren unterlegene Bewerber als Antragsteller in einem Konkurrentenstreitverfahren darzutun, dass und weshalb ein an Art. 33 Abs. 2 GG orientierter Vergleich nicht möglich und/oder tatsächlich nicht erfolgt ist.
Tatbestand:
Die Antragstellerin erstrebte einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, im Rahmen einer Beförderungsrunde im Ministerium M die Beigeladenen zu 1. und 3. nach A 16 zu befördern und eine außertarifliche Höhergruppierung des Beigeladenen zu 2. nach E 15 ü vorzunehmen, die Antragstellerin hingegen hierbei unberücksichtigt zu lassen. Die Antragsgegnerin hatte ihren bei der Auswahlentscheidung vorgenommenen Leistungsvergleich allein auf Anlassbeurteilungen gestützt, die sie Ende 2007 erstellt hatte und die sich sämtlich auf einen Zeitraum vom 1.7.2006 bis zum 30.6.2007 bezogen; bei einem insgesamt sieben Notenstufen vorsehenden Beurteilungssystem war der Antragstellerin als Gesamtnote insoweit die dritthöchste Note zuerkannt worden, während die Beigeladenen jeweils die zweithöchste Note erzielt hatten. Die Antragstellerin machte zur Begründung ihrer Rechtsbehauptung, ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch die getroffene Auswahlentscheidung verletzt worden, neben weiteren, gegen die ihr erteilte Anlassbeurteilung vom 18.12.2007 gerichteten, auch den Gegenstand eines erstinstanzlichen Klageverfahrens bildenden Angriffen insbesondere geltend, die im Ministerium M jahrelang geübte Praxis, entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1 BLV a. F. keine Regelbeurteilungen zu erstellen und den Beförderungsentscheidungen erst aus diesem Anlass gefertigte Anlassbeurteilungen zugrunde zu legen, sei rechtswidrig. Ferner rügte sie sinngemäß, der in den maßgeblichen Anlassbeurteilungen zugrunde gelegte einjährige Beurteilungszeitraum sei zu kurz bemessen. Das VG gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hatte Erfolg.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.
Der im Verfahren erster Instanz sinngemäß gestellte Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Beförderung der Beigeladenen zu 1. und 3. nach A 16 bzw. eine außertarifliche Höhergruppierung des Beigeladenen zu 2. nach E 15 ü vorzunehmen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin um Beförderung nach A 16 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden ist, ist nicht begründet.
Die für die Abänderung maßgeblichen Beschwerdegründe der Antragsgegnerin (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) erschüttern die vom VG zur Begründung seiner stattgebenden Entscheidung geäußerte Rechtsauffassung durchgreifend. Der Senat teilt die tragenden Erwägungen zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung nicht. Die Entscheidung des VG erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest in Ergebnis richtig. Der angefochtene Beschluss unterliegt deshalb der Abänderung.
Das VG hat seine Annahme, die getroffene Auswahlentscheidung sei materiell rechtswidrig, tragend allein auf die Erwägung gestützt, die dieser Entscheidung zugrunde gelegte Anlassbeurteilung der Antragstellerin vom 18.12.2007 lasse keinen Beurteilungszeitraum erkennen; dies verhindere eine rechtliche Klärung der Frage, ob ein Beurteilungsbeitrag des Ministerialdirektors a. D. G. einzuholen gewesen wäre, welcher bis zum 22.9.2006 zuständig zur Beurteilung der Antragstellerin gewesen sei. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Zwar trifft es zu, dass die dienstliche Beurteilung, die die Antragsgegnerin aus Anlass der Bewerbung der Antragstellerin eingeholt hat, keine ausdrückliche Angabe dazu enthält, welcher Beurteilungszeitraum zugrunde gelegt worden ist. Das Fehlen einer solchen Angabe im Kopf oder im Text einer Anlassbeurteilung ist aber nicht als solches im Rechtssinne schädlich; namentlich kann hieraus für sich genommen in aller Regel noch nicht auf einen zu Lasten des nicht ausgewählten Mitbewerbers durchgreifenden Beurteilungsfehler geschlossen werden. Die Gerichte müssen vielmehr auch sämtliche sonst in Betracht kommenden einschlägigen Anhaltspunkte prüfen (und ggf. ermitteln) sowie berücksichtigen, aus denen der von dem Beurteiler bzw. den Beurteilern zugrunde gelegte Beurteilungszeitraum näher bestimmt werden kann.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6.2.2009 - 1 B 1821/08 -, juris.
Diese Prüfung führt hier zu der Feststellung, dass sich die für die Antragstellerin und für die übrigen Bewerber gefertigten Anlassbeurteilungen sämtlich auf den Zeitraum vom 1.7.2006 bis zum 30.6.2007 beziehen. Zwar kann der Beginn des Beurteilungszeitraumes hier nicht durch Anknüpfung an die Endzeitpunkte von vorhergehenden Regel- oder Anlassbeurteilungen ermittelt werden, weil Regelbeurteilungen fehlen, die jeweils letzten Anlassbeurteilungen der Beigeladenen zu 1. bis 3. sowie der Antragstellerin aus unterschiedlichen Jahren stammen und eine individuelle (unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit problematische) Anknüpfung an die jeweilige Vorbeurteilung nicht erfolgt ist. Bereits die das Beurteilungsverfahren selbst betreffenden Unterlagen vermitteln aber ein klares Bild (wird ausgeführt).
War der maßgebliche Beurteilungszeitraum hier nach alledem ohne weiteres eindeutig zu ermitteln, so trifft zwangsläufig auch die weitere, gerade auf dem Fehlen eines feststehenden Beurteilungszeitraumes basierende Annahme des VG nicht zu, es könne rechtlich nicht geklärt werden, ob entsprechend dem Antragsvorbringen ein Beurteilungsbeitrag des Ministerialdirektors a. D. G. einzuholen gewesen wäre.
Die Entscheidung des VG, dem Antrag der Antragstellerin stattzugeben, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest in Ergebnis richtig. Vielmehr ist der im Beschwerdeverfahren von der Antragstellerin weitergeführte erstinstanzliche Antrag unbegründet. Denn die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund, aber (im Ergebnis) keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
Ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Die Antragstellerin hat nämlich nicht glaubhaft gemacht, dass die getroffene Auswahlentscheidung sie unter sonstigen Prüfungsgesichtspunkten in ihrem Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung verletzt. Maßstab für die erforderliche umfassende Prüfung der Auswahlentscheidung ist (auch gegenüber dem Beigeladenen zu 2.) Art. 33 Abs. 2 GG (wird ausgeführt). Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt daher die Möglichkeit des unterlegenen Bewerbers, in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreie Auswahl verletzt worden ist. Der betroffene Bewerber kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen. Der Fehler kann daher sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des betroffenen Bewerbers selbst als auch in derjenigen des erfolgreich konkurrierenden Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen. Den für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Leistungsvergleich der Bewerber hat der Dienstherr nach ständiger Rechtsprechung insbesondere auch des BVerfG regelmäßig anhand aussagekräftiger, also hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.9.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167 ff. (168), vom 5.9.2007 - 2 BvR 1855/07 -, NVwZ-RR 2008, 433 ff. (434), sowie vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, ZBR 2008, 164 ff. (165); vgl. ferner etwa OVG NRW, Beschluss vom 16.2.2009 - 1 B 1918/08 -, juris.
Gemessen an diesen Maßstäben enthält die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin, die diese maßgeblich auf die in den aktuellen Anlassbeurteilungen im Verhältnis zu den Beigeladenen um eine Notenstufe schlechtere Beurteilung der Antragstellerin gestützt hat, keine das Begehren der Antragstellerin stützenden Rechtsfehler. Die gegen die Beurteilungspraxis, das Beurteilungsverfahren und speziell gegen die Beurteilung der Antragstellerin gerichteten Rügen greifen nicht durch.
Der Umstand, dass die Antragstellerin ihre aus Anlass der beabsichtigten Beförderungen erstellte dienstliche Beurteilung mit Widerspruch und Klage angegriffen hat, führt nicht schon per se dazu, dass der Inhalt dieser Beurteilung im Konkurrentenstreitverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von vornherein unberücksichtigt bleiben muss. Allerdings hat sich das Gericht im Rahmen des Eilverfahrens mit den die dienstliche Beurteilung betreffenden Angriffen in der Sache auseinanderzusetzen, folglich insoweit die Beurteilung inzident und nicht nur summarisch auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. In diesem Zusammenhang sind entsprechend dieselben Grundsätze zu beachten, welche in dem unmittelbar um die Beurteilung geführten Streit Geltung beanspruchen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, wobei es dem gleichsteht, wenn - wie hier mit der Dienstvereinbarung zwischen dem Ministerium M und dem Personalrat im Ministerium M zum Beurteilungsverfahren (Übergangsregelungen) aus dem Jahr 2003 (im folgenden: Dienstvereinbarung) geschehen - solches im Rahmen einer Dienstvereinbarung geregelt wird, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen.
Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 11.12.2008 - 2 A 7.07 -, juris, und vom 21.3.2007 - 2 C 2.06 -, DÖD 2007, 281, jeweils m. w. N., sowie OVG NRW, Urteil vom 29.9.2005 - 1 A 4240/03 -, RiA 2006, 79.
Hiervon ausgehend lassen die von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren und in dem gegen ihre Anlassbeurteilung gerichteten Klageverfahren vor dem VG gegen die Rechtmäßigkeit (auch) ihrer Beurteilung vorgebrachten Einwendungen einen für die Auswahlentscheidung relevanten Rechtsfehler nicht hervortreten.
Die Rüge der Antragstellerin, das Auswahlverfahren leide bereits daran, dass die Dienstvereinbarung, auf deren Grundlage die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Anlassbeurteilungen gefertigt worden sind, und die auf dieser Dienstvereinbarung beruhende Beurteilungspraxis gegen § 40 Abs. 1 BLV (in der bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5.2.2009, BGBl. I S. 160, geltenden Fassung) verstießen, greift im Ergebnis nicht durch.
Allerdings trifft die (nicht tragende) Feststellung des VG zu, dass die in der Dienstvereinbarung allein vorgesehene Beurteilung der Beamtinnen und Beamten aus besonderem Anlass und der damit einhergehende, mittlerweile langjährige Verzicht auf Regelbeurteilungen objektiv-rechtlich gegen § 40 Abs. 1 Satz 1 BLV a. F. verstoßen (vgl. nunmehr entsprechend § 48 Abs. 1 BLV in der seit dem 14.2.2009 geltenden aktuellen Fassung). Nach der zuerst genannten Regelung waren Eignung und Leistung der Beamtin oder des Beamten nämlich mindestens alle fünf Jahre oder (zusätzlich) dann zu beurteilen, wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erforderten. Dieses damit vorliegende normative Gebot, die Beamtinnen und Beamten alle fünf Jahre oder in kürzeren Zeitabständen regelmäßig zu beurteilen, vgl. insoweit Lemhöfer, in: Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand: April 2008, §§ 40/41 Rn. 8, 11, welches die Antragsgegnerin trotz ihrer Bindung an Recht und Gesetz erstaunlicherweise seit Jahren ignoriert, konnte zwar nach § 40 Abs. 2 BLV a. F. dadurch durchbrochen werden, dass die obersten Dienstbehörden Ausnahmen von der regelmäßigen Beurteilung zulassen konnten, zu den insoweit in Betracht kommenden Fallgruppen vgl. Lemhöfer, a. a. O., §§ 40/41 Rn. 9; die insoweit getroffene Regelung wollte aber ersichtlich nicht ermöglichen, den Ausnahme- zum Regel- oder gar einzigen Anwendungsfall umzugestalten. Die Rechtslage hat sich unter der Geltung der seit dem 14.2.2009 gültigen BLV - soweit hier von Interesse - nicht maßgeblich geändert. Denn auch nach § 48 Abs. 1 BLV sind die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamtin oder des Beamten "regelmäßig" (nunmehr allerdings "alle drei Jahre") oder wenn es die dienstlichen oder persönlichen Verhältnisse erfordern zu beurteilen; Ausnahmen von der regelmäßigen Beurteilung können (nur) zugelassen werden, wenn eine dienstliche Beurteilung nicht zweckmäßig ist (§ 48 Abs. 2 Satz 1 BLV), was insbesondere während der laufbahnrechtlichen Probezeit und in herausgehobenen Führungsfunktionen der Fall ist (§ 48 Abs. 2 Satz 2 BLV).
Der damit dem Beurteilungsverfahren anhaftende Fehler der rechtwidrigen Unterlassung der Abgabe von Regelbeurteilungen in der Vergangenheit und deren deshalb festzustellendes Fehlen bei der Auswahlentscheidung führt indes nicht gleichsam automatisch zu einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin. Ein (Verfahrens-)Fehler schlägt nicht stets, sondern nur dann auf den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Bewerbers durch, wenn er seiner Art nach die Annahme stützt, der von dem Dienstherrn getroffenen Auswahlentscheidung könne eine hinreichende Orientierung an den materiellen Kriterien der Bestenauslese fehlen, und der Bewerber darüber hinaus durch diesen (Verfahrens-)Fehler nachteilig in seiner subjektiven Rechtsstellung betroffen wird.
Ständige Rechtsprechung des OVG NRW seit dem Beschluss vom 8.7.2003 - 1 B 349/03 -, NWVBl. 2005, 183; ebenso (sinngemäß) etwa OVG NRW, Beschluss vom 20.1.2009 - 1 B 1267/08 -, juris, Rn. 8.
Eine solche Feststellung kann vorliegend nicht getroffen werden. Denn die Auswahlentscheidung ist hier auf der Grundlage von - u.a. für die Antragstellerin und für die Beigeladenen vorliegenden - aktuellen Anlassbeurteilungen getroffen worden, die - wie nachfolgend dargelegt wird - eine noch hinreichend tragfähige Grundlage für die gebotene Bewerberauswahl nach Maßgabe des Prinzips der Bestenauslese bieten.
Es ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nicht erkennbar, dass es dem in der Dienstvereinbarung vorgesehenen Beurteilungsverfahren im Ergebnis an der notwendigen Objektivität fehlt oder dass der alleinige Rückgriff auf Anlassbeurteilungen bei Beförderungsentscheidungen die Gefahr in sich birgt, dass bloßer Zufall oder sogar persönliche Zu- und Abneigungen sowie die Durchsetzung politisch gewollter oder gar vorgegebener Beförderungsentscheidungen die Rechte derjenigen Beamtinnen oder Beamten schmälern oder ausschließen, die objektiv für eine Beförderung vorzuziehen sind. Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass Anlassbeurteilungen mit Blick auf die aktuelle Qualifikation generell weniger aussagekräftig wären als Regelbeurteilungen und ihnen deshalb insoweit nicht prinzipiell die gleiche Eignung als Grundlage von Auswahlentscheidungen zukäme.
Vgl. in diesem Sinne schon OVG NRW, Beschluss vom 8.7.2003 - 1 B 349/03 -, a. a. O.
Ferner besteht auch angesichts des Umstandes, dass die Anlassbeurteilungen hier anders als Regelbeurteilungen gerade wegen anstehender Beförderungs- bzw. Höhergruppierungsentscheidungen eingeholt worden sind, keine Vermutung und sind erst recht keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür substantiiert dargelegt oder sonst ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ihr Beurteilungswesen so wie dargestellt geregelt hat und entsprechend dieser Regelung verfährt, um unsachliche, die Bestenauslese missachtende Manipulationen bei der Bewerberauswahl vornehmen zu können. Insoweit hat die Antragsgegnerin im Übrigen in dem die Beurteilung der Antragstellerin betreffenden Klageverfahren zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht am Grundsatz der Bestenauslese orientierte, sondern auf sachwidrigen Erwägungen beruhende Beförderungsentscheidungen ebenso gut unter Heranziehung von "passend geschriebenen" Regelbeurteilungen herbeigeführt werden könnten.
Die sinngemäß erhobene generelle Rüge, der angesetzte Beurteilungszeitraum von einem Jahr sei in rechtswidriger Weise zu kurz bemessen, greift jedenfalls im Ergebnis nicht durch.
Die von der Antragsgegnerin für die Auswahlentscheidung in Ermangelung von Regelbeurteilungen gefertigten und herangezogenen Anlassbeurteilungen haben den Vorzug, aktuell und wegen der einheitlichen Festlegung des Beurteilungszeitraumes zugleich auf der Grundlage größtmöglicher Vergleichbarkeit der erhobenen Daten zustande gekommen zu sein; die hierbei getroffene, nicht etwa aus Sachgründen - etwa der Anknüpfung an vorhergehende Beurteilungen - gebotene Festlegung des Beurteilungszeitraumes gerade auf einen Zeitraum von lediglich einem Jahr ist indes jedenfalls unter den hier vorliegenden (allgemeinen) Rahmenbedingungen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Zwar ist ein Zeitraum von (nur) einem Jahr nicht generell zu kurz bemessen, um daraus für den aktuellen Stand von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung von Beförderungsbewerbern eine noch hinreichend tragfähige Erkenntnisgrundlage zu gewinnen; das gilt etwa bei Einbindung solcher Anlassbeurteilungszeiträume in geschlossene "Beurteilungsketten". Allerdings führt die Wahl eines im Verhältnis zu den üblichen Regelbeurteilungszeiträumen kurzen Beurteilungszeitraums immerhin tendenziell dazu, die Qualifikation des Beamten stärker nur punktuell und weniger in ihrer zeitlichen Entwicklung zu betrachten. Letzteres ist jedoch im Prinzip schon deshalb geboten, weil nur so die (u. U. uneinheitliche) jüngere Leistungsentwicklung des Beamten, welche gegebenenfalls nur über mehrere Jahre ablesbar ist, gerechte Berücksichtigung finden kann. Vorliegend kommt aber insbesondere noch verstärkend hinzu, dass die für die Antragstellerin erstellte Anlassbeurteilung sowie die Anlassbeurteilungen für die Beigeladenen zu 2. und 3., für die bereits Vorbeurteilungen vorhanden sind, nicht unmittelbar an solche Zeiträume anknüpfen, für die bereits Vorbeurteilungen vorhanden sind, und deshalb mangels "Einbettung" in einen größeren, möglichst lückenlosen Beurteilungszusammenhang tendenziell die Gefahr eines Defizits an überprüfbarer Plausibilität der für den aktuellen Zeitraum ausgeworfenen Beurteilungsnoten besteht.
Zu der Frage, ob der Beurteilungszeitraum bei Anlassbeurteilungen an die - hier allerdings nicht vorhandene - letzte Regelbeurteilung anknüpfen muss oder der Anlassbeurteiler einen sachgerechten Zeitraum selbst bestimmen kann, vgl. einerseits Kathke, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: Februar 2009, Teil C, NRW LBG § 104 Rn. 223, und andererseits Zängl, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Band I, Stand: Februar 2009, K vor § 15 Rn. 43.
Ob diese Bedenken tatsächlich durchgreifen, mag hier indes dahinstehen. Denn es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst erkennbar, dass ein etwaiger, in der Wahl eines als zu kurz bewerteten Beurteilungszeitraumes und/oder in der mangelnden Anknüpfung dieses Zeitraumes an denjenigen von Vorbeurteilungen liegender (Verfahrens-)Fehler auf den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin durchgeschlagen haben könnte.
Soweit die Antragstellerin insoweit geltend macht, bereits in der Anlassbeurteilung vom 21.5.2002 mit der Spitzennote bedacht worden zu sein, kommt diesem Umstand keine Aussagekraft für die hier zu beurteilende Auswahlentscheidung (mehr) zu. Mit diesem Hinweis verkennt sie, dass diese Beurteilung noch unter der Geltung eines anderen Beurteilungssystems mit fünf Notenstufen erfolgt ist und dass auch den Beigeladenen (in ihren jeweils innegehabten Ämtern - Beigeladene zu 1.: Regierungsrätin z. A.; Beigeladene zu 3.: Regierungsrätin, Oberregierungsrätin - bzw. auf der auch heute erreichten Stufe: Beigeladener zu 2.) seinerzeit jeweils die Höchstnote zuerkannt worden war. Außerdem lässt die Antragstellerin nahezu unberücksichtigt, dass die für sie bereits nach dem aktuellen Beurteilungssystem gefertigte, von ihr hingenommene Anlassbeurteilung vom 9.7.2003 mit dem auch in der Anlassbeurteilung vom 18.12.2007 lediglich erreichten Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen erheblich, teilweise auch in hervorragender Weise" geendet hat. Die Antragstellerin hat insoweit nicht einmal ansatzweise substantiiert dargelegt, dass sie ihre Leistungen in der seit der Anlassbeurteilung vom 9.7.2003 verstrichenen Zeit (objektivierbar) derart gesteigert hätte, dass ihr nunmehr in Bezug auf die Leistungen in dem einjährigen Beurteilungszeitraum oder auch unter etwa gebotener Mitberücksichtigung des Zeitraumes von Juli 2003 bis zum 30.6.2006 das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen überwiegend in hervorragender Weise" zuzuerkennen sein müsste. Anderes ergibt sich auch nicht unter Mitberücksichtigung ihres Vorbringens, (erst recht) im Falle eines längeren Beurteilungszeitraumes hätte es eines Beurteilungsbeitrages ihres früheren Abteilungsleiters Ministerialdirektor a. D. G. notwendig bedurft. Wie in anderem Zusammenhang noch näher ausgeführt werden wird, hätte die Antragstellerin nämlich auch auf der Grundlage der inzwischen vorliegenden Einschätzung dieses Vorgesetzten kein besseres Gesamturteil als die drittbeste Note verdient gehabt. Da ein "Abfallen" ihrer Leistungen von der Antragstellerin selbst nicht behauptet wird, kann in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, dass sich Ministerialdirektor a. D. G. bisher nur zu dem Beurteilungszeitraum 1.7.2006 bis 22.9.2006 geäußert hat.
Kann sich die Ausdehnung des Beurteilungszeitraums, wie festgestellt, nicht zugunsten der Beurteilung der Antragstellerin auswirken, so kann sich die Wahl eines - unterstellt fehlerhaft zu kurzen - einjährigen Beurteilungszeitraums ohne lückenlose Anknüpfung an Vorbeurteilungen nur dann für die Antragstellerin nachteilig auswirken, wenn dies zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung der Beigeladenen geführt haben könnte. Das ist der Fall, wenn die Zugrundelegung eines längeren Beurteilungszeitraums hinsichtlich auch nur eines Beigeladenen zu einer diesem ungünstigeren Gesamtbewertung hätte führen können. Dafür ist jedoch weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich: Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1., die zuletzt nahezu lückenlos anlassbeurteilt worden ist, fällt indes - im Gegenteil - eine enorm positive, konstante und nicht erst durch die aktuelle Anlassbeurteilung erkennbar gewordene Leistungsentwicklung auf (frühere Höchstnote als Regierungsrätin z. A. 2001, zweithöchste Note als Oberregierungsrätin 2004 und 2006, zweithöchste Note als Regierungsdirektorin 2007). Der Beigeladenen zu 3. war bereits unter dem 5.6.2003 im innegehabten Amt als Regierungsdirektorin die zweithöchste Note zuerkannt worden. Dass schließlich erst jüngst erbrachte Leistungen des Beigeladenen zu 2. die Verbesserung der Gesamtnote in der Anlassbeurteilung vom 26.11.2007 gegenüber der in der Anlassbeurteilung vom 30.6.2003 zuerkannten Gesamtnote um eine Notenstufe ermöglicht haben könnten und bei Berücksichtigung eines längeren Zeitraums ein solcher Notensprung noch nicht gerechtfertigt gewesen sein könnte, ist weder dargelegt noch sonst erkennbar.
Auch die Rügen, die die Antragstellerin speziell in Bezug auf ihre eigene Anlassbeurteilung vom 18.12.2007 erhoben hat, führen nicht auf die Annahme, ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch Zugrundelegung dieser Beurteilung bei der Auswahlentscheidung verletzt worden. Denn die Anlassbeurteilung ist auch insoweit nicht zu beanstanden.
Die auf die Behauptung abzielenden Beanstandungen der Antragstellerin, die Beurteilerin habe die Anlassbeurteilung nicht auf einer umfassenden tatsächlichen Grundlage eigener und (berücksichtigungsfähiger) fremder Kenntnisse von der Arbeit der Antragstellerin erstellt, sind nicht gerechtfertigt.
Das Vorbringen der Antragstellerin, es sei zu Unrecht unterlassen worden, einen Beurteilungsbeitrag des bis zum 22.9.2006 und damit für einen Teilzeitraum des Beurteilungszeitraums von fast zwölf Wochen zuständigen Abteilungsleiters der Abteilung A, Herrn Ministerialdirektor a. D. G. einzuholen, rechtfertigt die Annahme eines Beurteilungsfehlers ebenso wenig wie der Vortrag, die von der Beurteilerin für diesen Teilzeitraum eingeholten Stellungnahmen des seinerzeitigen unmittelbaren Vorgesetzten der Antragstellerin, des Leiters der Unterabteilung U, Herrn Ministerialdirigenten a. D. V., hätten der Beurteilung wegen dessen Voreingenommenheit nicht zulässigerweise zugrunde gelegt werden dürfen.
Allerdings setzt eine sachgerechte Bewertung der dienstlichen Leistung und des Leistungsvermögens bei dem Beurteilenden eine umfassende Kenntnis der Arbeitsweise und des Fähigkeitsstandes des zu beurteilenden Beamten während des gesamten Beurteilungszeitraums voraus, die gewöhnlich aus unmittelbarem dienstlichen Kontakt erwächst. Soweit der Beurteilende über - zulängliche - eigene Wahrnehmungen und Eindrücke nicht verfügt, weil z. B. - wie hier - der zu beurteilende Beamte ihm für einen Teil des Beurteilungszeitraums noch nicht unterstellt war, kann er sich die notwendigen Kenntnisse aber anderweit, nämlich insbesondere durch Rückgriff auf mündliche oder schriftliche Berichte Dritter verschaffen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - 2 C 13.79 -, ZBR 1981, 197; Lemhöfer, a. a. O., §§ 40/41 Rn. 34 m. w. N. auf die Rechtsprechung des BVerwG; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, Rn. 440 m. w. N.; Kathke, a. a. O., Teil C, NRW LBG § 104 Rn. 332, 334.
Ist - wie vorliegend - nicht durch die Beurteilungsrichtlinien vorgeschrieben, dass ein schriftlicher Bericht bzw. ein Beurteilungsbeitrag einzuholen ist, so steht die Entscheidung des Beurteilers, ob er mündlichen oder schriftlichen Äußerungen den Vorzug gibt oder sich teils auf schriftliche, teils auf mündliche Berichte Dritter stützt, in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
Vgl. Schnellenbach, a. a. O., Rn. 440, m. w. N.
Hiervon ausgehend ist es auch mit Blick auf die Kürze des in Rede stehenden Teilzeitraumes von lediglich zwölf Wochen nicht zu beanstanden, dass die Beurteilerin für diesen Teilzeitraum nicht den in den Ruhestand getretenen früheren Abteilungsleiter um einen deshalb "privaten" (schriftlichen) "Beurteilungsbeitrag" gebeten, sondern insoweit nur auf Stellungnahmen des seinerzeitigen unmittelbaren Vorgesetzten der Antragstellerin, des Leiters der Unterabteilung U, Herrn Ministerialdirigent a. D. V., zurückgegriffen hat. Dass dies geschehen ist, ist durch die ausführliche interne Stellungnahme der Beurteilerin vom 13.2.2008 hinreichend belegt und hat die Antragsstellerin im Übrigen nicht in Abrede gestellt.
Mit Blick darauf, dass es eines Beurteilungsbeitrages des früheren Abteilungsleiters der Abteilung A, Herrn Ministerialdirektors a. D. G., nach dem Vorstehenden nicht bedurfte, kommt es nicht mehr darauf an, ob der außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingereichte, als "Anlassbeurteilung" überschriebene und als Leistungsbewertung bezeichnete, offenbar vom 11.12.2008 stammende Beurteilungsbeitrag dieses früheren Vorgesetzten der Antragstellerin aus prozessualen Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 4 VwGO) in dem vorliegenden Zusammenhang außer Betracht bleiben muss. Lediglich ergänzend sei insoweit allerdings darauf hingewiesen, dass dieser Vorgesetzte, der die Antragstellerin nach ihrer persönlichen Einschätzung früher gerecht und zutreffend beurteilt hat und ihr unvoreingenommen gegenübergetreten ist, mit der Abgabe seiner nach den aktuellen Beurteilungsrichtlinien gefertigten Beurteilung zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen nur geringfügig von der Linie der streitgegenständlichen Beurteilung nach oben abweicht.
Ende der Entscheidung
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