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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 21.01.2003
Aktenzeichen: 12 A 5371/00
Rechtsgebiete: VwGO, AsylbLG
Vorschriften:
VwGO § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 | |
VwGO § 79 Abs. 2 | |
VwGO § 79 Abs. 2 Satz 2 | |
VwGO § 124 a | |
VwGO § 124 Abs. 2 | |
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2 | |
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3 | |
AsylbLG § 2 a.F. |
Tatbestand:
Die Kläger begehrten vom Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe die Gewährung von Leistungen nach dem Asybewerberleistungsgesetz für die Zeit vom 7.8.1995 bis 30.6.1996. Der Beklagte lehnte den Antrag ab und wies auch den dagegen eingelegten Widerspruch der Kläger durch Widerspruchsbescheid vom 21.6.1996 zurück. Mit der Klage machten die Kläger u.a. geltend, der Beklagte sei für den Erlass des Widerspruchsbescheides nicht zuständig, weil es sich bei der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht um eine Selbstverwaltungsaufgabe handele. Die Kläger beantragten, 1. den Widerspruchsbescheid aufzuheben, 2. den Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 7.8.1995 bis 30.6.1996 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu bewilligen. Das VG wies die Klage ab. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, dessen Prüfung sich nach § 124 a VwGO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (VwGO a.F.) und § 124 Abs. 2 VwGO richtet (vgl. § 194 Abs. 1 VwGO i.d.F. von Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess - BGBl. 2001 I S. 3987 -), ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob das Zulassungsvorbringen der Kläger den an die Darlegung der Zulassungsgründe gestellten Anforderungen (§ 124 Abs. 1 Satz 4 VwGO a.F.) entspricht. Es rechtfertigt jedenfalls nicht die Zulassung der Berufung aus den von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründen.
Das Zulassungsvorbringen zeigt weder besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO noch eine ihr zukommende grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die von den Klägern als rechtlich besonders schwierig und grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, ob die Gemeinden bei der ihnen übertragenen Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes in einer Selbstverwaltungsangelegenheit handeln und deshalb der Beklagte nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO für den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21.6.1996 zuständig war, ist für den Ausgang des Rechtsstreits nicht erheblich (zu dem Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit bei den Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.7.1992 - 6 B 43.92 -, DVBl 1993, 49; OVG NRW, Beschluss vom 14.4.1997 - 11 B 484/97 - NVwZ 1997, 1004). Dabei kann es offen bleiben, ob das Begehren der Kläger - wie es das VG aufgefasst hat - "insgesamt" auf die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes gem. § 2 AsylbLG a.F. gerichtet ist, oder die Kläger entsprechend ihrem ausdrücklichen erstinstanzlichen Klageantrag zu 1. - etwa in Form der sog. Stufenklage, vgl. zur Zulässigkeit der "uneigentlichen Anspruchshäufung": VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.7.1984 - 5 S 1850/83 -, NVwZ 1985, 351; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl. 2000, § 44 Rdnr. 1; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 44 Rdnr. 1 - zunächst die Aufhebung des Widerspruchsbescheides verfolgen, oder ob ihr Begehren nach ihrem Vorbringen in der Zulassungsschrift im zweitinstanzlichen Verfahren etwa nur noch auf die Aufhebung des Widerspruchsbescheides gerichtet ist. Sollte das Begehren der Kläger als allein auf die Gewährung der erstrebten Leistungen gerichtet aufzufassen sein, käme es auf die von ihnen aufgeworfene Frage nicht an, weil im Rahmen der dann als statthaft anzusehenden Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) der etwaigen Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheides wegen fehlender Zuständigkeit des Beklagten keine Bedeutung zukäme (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 6.2.1986 - 5 C 23.85 -, FEVS 35, 309; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.2.1996 - 6 S 60/93 -, juris). Sollten die Kläger zunächst oder nur noch die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides verfolgen, stünde der Entscheidungserheblichkeit der von ihnen bezeichneten Frage entgegen, dass die Klage bereits nicht zulässig wäre. Zwar kann ein Widerspruchsbescheid nach § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er unter Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift zustande gekommen ist und auf dieser Verletzung beruht (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 11.10.1984 - 5 C 144/83 -, BVerwGE 70, 69 = FEVS 34, 89; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.2.1996, a.a.O.). Für eine gesonderte Anfechtung des Widerspruchsbescheides fehlte es indessen an einem Rechtsschutzbedürfnis der Kläger. Zweck des § 79 Abs. 2 VwGO ist nicht allein, ein objektiv einwandfreies Verfahren der Widerspruchsbehörde zu garantieren. Die Vorschrift dient vielmehr in erster Linie der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bei der Verfolgung des betreffenden materiellrechtlichen Begehrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.10.1980 - 6 C 39.80 -, BVerwGE 61, 45). Hiervon ausgehend besteht für die isolierte Anfechtung eines Widerspruchsbescheides auf der Grundlage des § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO - abgesehen etwa von dem hier nicht vorliegenden Fall eines groben Verfahrensfehlers - nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Widerspruchsentscheidung ohne den gerügten Verfahrensfehler für den Betroffenen günstiger ausgefallen wäre bzw. ausfallen würde. Hierfür genügt die bloße Hoffnung auf eine günstigere Entscheidung nicht. Vielmehr ist ein schützenswertes Interesse des Betroffenen an der isolierten Aufhebung des Widerspruchsbescheides nur dann anzuerkennen, wenn die Widerspruchsbehörde über einen Ermessens- oder einen eigenen Beurteilungsspielraum verfügt. Denn bei gebundenen Entscheidungen ohne Beurteilungsspielraum zu Gunsten der Behörde kann die im Widerspruchbescheid getroffene Entscheidung auf dem begangenen Verfahrensfehler nicht beruhen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.1.1999 - 8 B 266.98 -, NVwZ 1999, 641). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Bei der Entscheidung, ob die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG a.F. für die Gewährung von Leistungen in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes vorliegen, besteht nämlich kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum.
Ende der Entscheidung
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