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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 13 B 1192/07
Rechtsgebiete: MPG, MPBetreibV


Vorschriften:

MPG § 28
MPBetreibV § 4
1. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten wird vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird.

2. Die Vermutungsregelung greift nicht ein, wenn die aufbereitende Stelle nicht über die erforderliche Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems durch eine von der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten akkreditierte Stelle verfügt.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Trägerin eines Krankenhauses. Sie lässt elektrophysiologische Katheter zum Einmalgebrauch durch eine von ihr beauftragte Firma aufbereiten. Mit sofort vollziehbarem Bescheid untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Zwangsgeldandrohung die weitere Verwendung der aufbereiteten Katheter. Zur Begründung führte sie aus, die Aufbereitung genüge nicht den Anforderungen des Gesetzes über Medizinprodukte und den Vorschriften der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten.

Hiergegen wendete sich die Antragstellerin erfolglos im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes. Das VG lehnte den Antrag ab. Die Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos.

Gründe:

Nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung ist nicht festzustellen, dass die Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheter zum Einmalgebrauch durch die von der Antragstellerin beauftragte Firma N. GmbH den Anforderungen des Gesetzes über Medizinprodukte - MPG - und den Vorschriften der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten - Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV - genügt, sodass die Antragsgegnerin als zuständige Behörde nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz gemäß § 28 Abs. 1, 2 MPG berechtigt ist, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Patienten, Anwendern und Dritten vor Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen.

Nach § 14 MPG dürfen Medizinprodukte nur nach Maßgabe der auf der Grundlage des § 37 Abs. 5 MPG erlassenen MPBetreibV betrieben, angewendet und in Stand gehalten werden. Sie dürfen nicht betrieben und angewendet werden, wenn sie Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 MPBetreibV darf der Betreiber nur Personen, Betriebe oder Einrichtungen mit der Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Aufbereitung) von Medizinprodukten beauftragen, die die Sachkenntnis, Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe besitzen. Die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung wird nach § 4 Abs. 2 Satz 3 MPBetreibV vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird.

Diese Vermutungsregelung greift vorliegend nicht ein. Die Empfehlungen des RKI und des BfArM werden bei der Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheder zum Einmalgebrauch nicht erfüllt.

Nach den Empfehlungen des RKI und des BfArM (Bundesgesundheitsblatt 2001: 44: 1115) setzt die Aufbereitung kontaminierter Medizinprodukte u.a. ein Qualitätsmanagementsystem voraus, dass eine stets gleichbleibend hohe und nachweisbare Qualität des Aufbereitungsverfahrens gewährleistet. Erfolgt die Aufbereitung durch Dritte, soll das auftragnehmende Unternehmen das Qualitätsmanagementsystem nachweisen (vgl. 1.1 der Empfehlungen). Bei der Aufbereitung von Medizinprodukten mit besonders hohen Anforderungen an die Aufbereitung (kritisch C) sehen die Empfehlungen in Ziffern 1.2.1 und 1.4 als Form der externen Qualitätskontrolle eine Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen durch eine von der zuständigen Behörde (Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik) akkreditierte Stelle vor. Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für Inhaber einer Zertifizierung nach DIN EN 46001 und 46002, nachdem die Übergangszeit von drei Jahren mittlerweile abgelaufen ist (vgl. 1.4 der Empfehlungen) und den Zertifizierungsstellen die Möglichkeit offen stand, den Geltungsbereich ihrer Akkreditierung auf Antrag für den Geltungsbereich "Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung ,kritisch C' " zu erweitern (vgl. 2. der Speziellen Akkreditierungsregelungen für Zertifizierungsstellen für Qualitätsmanagementsysteme, Geltungsbereich DIN EN ISO 13485/DIN EN ISO 13488 für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung "kritisch C").

Bei den von der Firma N. GmbH aufbereiteten elektrophysiologischen Kathedern zum Einmalgebrauch handelt es sich um Medizinprodukte der Risikoklasse "kritisch C". Dies wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt.

Für die Aufbereitung dieser Produkte fehlt der Firma N. GmbH die erforderliche Zertifizierung. Eine solche Zertifizierung mit dem Geltungsbereich " ... für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Einstufung "kritisch C" " ist ihr von der E. GmbH nicht erteilt worden. Eine solche konnte die E. GmbH auch nicht erteilen, weil sie zwar über eine Akkreditierung mit dem Geltungsbereich "Zertifizierungsverfahren für Qualitätsmanagementsysteme nach DIN EN ISO 13485:2003 und DIN EN 46003:1999 für aktive Medizinprodukte, nichtaktive Medizinprodukte, In-vitro-Diagnostika und keimarme oder sterile Medizinprodukte", nicht aber über eine erweiterte Akkreditierung mit dem Geltungsbereich "Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung "kritisch" verfügt. Das der Firma N. GmbH im März 2007 ausgestellte Zertifikat für "Production, cleaning, packaging and EO-sterilization" gilt dementsprechend zwar für den von der D. GmbH entsprechend ihrer Akkreditierung zertifizierten Bereich, nicht aber für die nicht zertifizierte Aufbereitung von Medizinprodukten mit der Risikoeinstufung "kritisch C".

Eine ordnungsgemäße Aufbereitung der elektrophysiologischen Katheder zum Einmalgebrauch, für die der Hersteller keine geeigneten validierten Aufbereitungsverfahren entwickelt hat und für die er keine Garantie bei einer erneuten Anwendung übernimmt, vgl. Die Aufbereitung von Medizinprodukten nach dem neuen MPG, DZKF 1/2-2002, S. 14, lässt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht auf andere Weise feststellen. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, dass die ordnungsgemäße Aufbereitung mit geeigneten validierten Verfahren derzeit so durchgeführt wird, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.

Der von der Firma N. GmbH mit der M. GmbH im April 2007 geschlossene Überwachungsvertrag bezüglich eines Qualitätssicherungssystems unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen der RKI-Richtlinien gewährleistet keine nachweisbar ordnungsgemäße Aufbereitung der Medizinprodukte im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV. Der Überwachungsvertrag knüpft ausweislich der Regelungen in §§ 3 Abs. 1, 7, 8, 11 des Vertrages an die Erteilung eines M. Zertifikats an. Ein solches Zertifikat ist aber trotz der Erklärung der Antragstellerin im Juni 2007, die Zertifizierung stehe unmittelbar bevor, bislang nicht vorgelegt worden. Wie und anhand welcher Standards für die Zeit bis zur Erteilung des Zertifikats die ordnungsgemäße Aufbreitung von Medizinprodukten der Risikogruppe "kritisch C" gewährleistet wird, ist weder dem Vertrag noch dem sonstigen Vorbringen der Antragstellerin zu entnehmen. Die mit der Firma N1. geschlossene Vereinbarung, wonach diese für die Firma N. GmbH die mikrobiologischen Untersuchungen durchführt, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer ordnungsgemäßen Aufbereitung mit geeigneten validierten Verfahren. Die Firma N1. verfügt nicht über die Akkreditierung für die Aufbereitung von Medizinprodukten mit der Risikoeinstufung "kritisch C". Auch ist weder dargelegt worden noch sonst wie ersichtlich, wie diese die ordnungsgemäße Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoeinstufung "kritisch C" auf sonstige Weise gewährleistet.

Ausgehend von den besonderen Gefahren, die von nicht ordnungsgemäß aufbereiteten Medizinprodukten der Risikoeinstufung "kritisch C" ausgehen können, führt letztlich auch der Hinweis der Antragstellerin, bislang sei es nicht zu konkreten Gefahren gekommen, nicht dazu, im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen Interessenabwägung zu ihren Gunsten ein überwiegendes Aussetzungsinteresse anzunehmen.

Ende der Entscheidung

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