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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: 21 A 2222/03
Rechtsgebiete: 4. BImSchV, BImSchG, BetrSichV


Vorschriften:

4. BImSchV § 1 Abs. 6
4. BImSchV Nr. 9.35 des Anhangs
BImSchG § 4 Abs. 1
BetrSichV § 13
Anlagen zur Lagerung giftiger Stoffe i.S.v. Nr. 9.35 des Anhangs zur 4. BImSchV, deren ausschließlicher Zweck darin besteht, Stoffe zum Zweck der Verwendung in einer Forschungseinrichtung im Sinne von § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV zu lagern (hier: wissenschaftliches Hauptlabor eines Großunternehmens der Chemischen Industrie), bedürfen ihrerseits gemäß § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Tatbestand:

Die Klägerin, Betreiberin eines ausgedehnten Chemieparks, verlangte vom beklagten Staatlichen Amt für Arbeitsschutz die Erteilung einer Erlaubnis nach § 13 BetrSichV für Errichtung und Betrieb eines Präparatelagers, in dem die in ihrem wissenschaftlichen Hauptlabor (WHL) für Forschungszwecke benötigten Chemikalien zentral gelagert werden sollten. Der Beklagte lehnte den - nach seinerzeitiger Rechtslage noch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF) - gerichteten Antrag ab, weil das Lager nach Nr. 9.35 des Anhangs zur 4. BImSchV einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bedürfe, die gemäß § 13 BImSchG die beantragte Erlaubnis umfasse und für deren Erteilung er nicht zuständig sei; § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV, der für Anlagen, soweit sie der Forschung im Labormaßstab dienen, eine Freistellung von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht vorsieht, sei nicht einschlägig. Das VG wies die Verpflichtungsklage ab. Die vom VG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung führte zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten.

Gründe:

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erteilung der von der C. AG mit Schreiben vom 30.5.2000 beantragten Erlaubnis für das Lagern von insgesamt 30 t brennbarer Chemikalien im Präparatelager Q 25.

Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Erlaubnis ist § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Betriebssicherheitsverordnung vom 27.9.2002 (BGBl. I S. 3777) - BetrSichV -, die mit Wirkung zum 1.1.2003 die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten vom 13.12.1996 (BGBl. I S. 1937) - VbF - ersetzt hat. Hiernach bedürfen Montage, Installation und Betrieb von Lageranlagen mit einem Gesamtrauminhalt mehr als von 10.000 l, soweit leicht- oder hochentzündliche Flüssigkeiten gelagert werden, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Diese Voraussetzungen liegen bei dem streitgegenständlichen Präparatelager vor, da hierin bis zu 30 t Chemikalien gelagert werden sollen, zu denen nach den Antragsunterlagen auch leicht- und hochentzündliche Flüssigkeiten (Gefahrenklassen A I und B, vgl. § 3 der VbF einerseits, Nrn. 2.2.3 und 2.2.4 des Anhangs VI zur Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27.6.1967 andererseits) zählen können, ohne dass insofern Mengenbegrenzungen vorgesehen sind.

Die Erteilung der beantragten Erlaubnis durch den Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht deshalb ausgeschlossen, weil Errichtung und Betrieb des Präparatelagers Q 25 mit der von der Klägerin beantragten Kapazität von 30 t (möglicherweise) giftiger Stoffe einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf, die gemäß § 13 BImSchG eine Erlaubnis nach der Betriebssicherheitsverordnung einschlösse.

Zur Rechtswidrigkeit einer nach § 13 BImSchG "verdrängten" Genehmigung vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand April 2004, § 13 BImSchG Rdn. 50.

Das Präparatelager bedarf keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV, da es nach § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV von der Genehmigungspflicht freigestellt ist.

Das Präparatelager fällt wegen seiner Lagerkapazität von 30 t möglicherweise giftiger Stoffe unter Nr. 9.35, Spalte 2, der Anlage zur 4. BImSchV; es dient gewerblichen Zwecken und wird im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung verwendet, sodass die Genehmigungsfreistellung des § 1 Abs. 1 Satz 3 der 4. BImSchV nicht einschlägig ist. All dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig; zu Zweifeln insofern besteht kein Anlass.

Errichtung und Betrieb des Lagers bedürfen gleichwohl keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, weil es nach § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV von einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung freigestellt ist. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift als auch aus dem Sinn der Einfügung dieser Genehmigungsfreistellung in die 4. BImSchV. Keines der vom VG und dem Beklagten gegen eine Anwendung dieser Vorschrift ins Feld geführten Argumente greift durch.

Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV bedürfen keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung "Anlagen, soweit sie der Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeugnisse oder Verfahren im Labor- oder Technikumsmaßstab dienen". Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen bei dem streitgegenständlichen Präparatelager vor.

Dass es sich bei dem Präparatelager um eine Anlage im immissionsschutzrechtlichen Sinne handelt, wird zu Recht von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen. Ebenfalls außer Streit ist es, dass sich das Präparatelager als "klassische Nebeneinrichtung" des Wissenschaftlichen Hauptlabors (WHL) darstellt, indem es - einzig und allein - eine diesem Hauptlabor dienende Funktion erfüllt: Sämtliche Stoffe, die dort gelagert werden, werden dies, um im WHL eingesetzt zu werden oder weil sie aus dem WHL stammen und an ihnen geforscht wird. Schließlich stimmen die Beteiligten auch darin überein, dass das WHL selbst in vollem Umfang eine Einrichtung darstellt, in der Forschung im Labor- oder Technikumsmaßstab im Sinne von § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV betrieben wird. An dieser Zweckbestimmung des WHL ändert es nichts, dass dessen Laboratorien - und demzufolge auch das Präparatelager - seit der Umstrukturierung der C. AG nicht allein dem Geschäftsbereich Analytics der Klägerin zu Forschungszwecken dienen, sondern zum Teil auch an andere Gesellschaften des C. -Konzerns sowie an konzernexterne Unternehmen zur Durchführung von deren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten vermietet werden.

Aus diesen Zusammenhängen - dem alleinigen Forschungszweck des WHL und dem alleinigen Zweck des Präparatelagers, dem WHL als Nebeneinrichtung "zu dienen" - ergibt sich zwangsläufig, dass auch das Präparatelager ganz und ausschließlich der Forschung "dient", indem in ihm die für das WHL bestimmten oder aus dem WHL stammenden Stoffe gelagert werden.

Dem steht nicht entgegen, dass das Präparatelager Forschungszwecken nicht in dem Sinne "unmittelbar" dient, dass in dessen Räumlichkeiten selbst Aktivitäten entfaltet werden, die ohne Weiteres dem Bereich der "Forschung" zuzuordnen sind, wie etwa die Synthese, Analyse oder Beobachtung von chemischen Stoffen, sondern dass es unmittelbar "einzig" dazu dient, derartige Stoffe, die im WHL verwendet werden sollen, zu lagern. Zum Einen ist es bei einer Vielzahl von bei Forschungsaktivitäten benutzten Geräten möglich, einen "unmittelbaren" Zweck zu entdecken, der nicht nur für die Forschung, sondern auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei Produktionsvorgängen, von Nutzen sein kann - wie es beispielsweise "unmittelbarer" Zweck von Heiz- oder Kühlapparaturen ist, Stoffe zu erhitzen oder zu kühlen -; dies rechtfertigt jedoch ersichtlich nicht den Schluss, dass es sich bei solchen Gerätschaften in einem Forschungslabor nicht um Hilfsmittel handelt, die "der Forschung dienen". Warum demgegenüber eine solche Schlussfolgerung bei einer aus dem Labor aus Zweckmäßigkeitsgründen ausgegliederten Lageranlage gezogen werden sollte, ist nicht ersichtlich.

Zum Zweiten vermag der Senat keinen Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass eine Anwendung des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV eine "Unmittelbarkeit" des Dienens zu den in der Vorschrift genannten Zwecken voraussetzt.

Der Vorschrift selbst ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Anlagen, die "unmittelbar" der Forschung dienen, nicht zu entnehmen. Im Gegenteil legt ihr Wortlaut vielmehr eine weite Auslegung nahe. So werden durch § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV nicht etwa "Laboratorien und Technika, die der Forschung dienen", vom Genehmigungserfordernis freigestellt; die Freistellung gilt vielmehr (allen) Anlagen, die der Forschung dienen, allerdings mit der Beschränkung, dass sich die Forschung (etc.) im Labor- und Technikumsmaßstab halten muss. Dass es sich hierbei um eine beabsichtigte Weite des Tatbestandes und nicht etwa um eine verfehlte Formulierung handelt, ergibt sich daraus, dass die Bundesregierung bei der Abfassung der Verordnung einem Änderungsvorschlag des Bundesrates, der eine Beschränkung der Freistellung auf "Laboranlagen" vorgeschlagen hatte, ausdrücklich nicht gefolgt ist und dies damit begründet hat, dieser Vorschlag werde "dem Anliegen zur Förderung der Innovationsprozesse in der Wirtschaft durch eine umweltpolitisch vertretbare Deregulierung nicht gerecht".

Vgl. BR-DS 576/96 vom 26.7.1996.

Angesichts dieser Entstehungsgeschichte liegt die Annahme fern, eine dem abgelehnten Änderungsvorschlag des Bundesrates gleichkommende Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift durch ein - zudem nicht in den Text der Vorschrift aufgenommenes - Tatbestandsmerkmal einer "Unmittelbarkeit" des Dienens zu Forschungszwecken könnte dem Willen des Verordnungsgebers entsprechen.

Auch der vom Verordnungsgeber verwendete Begriff des "Dienens" legt keine enge Auslegung der Freistellungsvorschrift nahe. So wird es etwa als Definitionsmerkmal einer Nebeneinrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage angesehen, dass diese "im Verhältnis zur Haupteinrichtung dienende und insoweit untergeordnete Funktion" hat -

vgl. BVerwG, Urteil vom 6.7.1984 - 7 C 71.82 -, BVerwGE 69, 351 (355); Jarass, BImSchG, 5. Aufl. 2002, § 4 Rdn. 54 -

und dieser Zusammenhang dahingehend beschrieben, dass Nebeneinrichtungen "im Hinblick auf den primär verfolgten Betriebszweck keinen in einem engeren technischen Sinn notwendigen Verfahrensschritt zum Gegenstand haben, aber doch auf diesen Zweck hin ausgerichtet sind".

So BVerwG, ebenda.

Mit dieser Begriffsbestimmung eines immissionsschutzrechtlich relevanten "Dienens" ist die Annahme einer irgendwie gearteten "Unmittelbarkeit" zwischen der Funktion der Nebeneinrichtung und dem "primär verfolgten Betriebszweck" nicht zu vereinbaren. Da davon auszugehen ist, dass dem Verordnungsgeber dieses Begriffsverständnis in Literatur und Rechtsprechung bei Einfügung des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV im Jahre 1996 bekannt war, hätte es nahegelegen, es deutlich zu machen, wenn er dieser Vorschrift einen hiervon erheblich differierenden und deutlich engeren Begriff des "Dienens" hätte zugrundelegen wollen.

Auch der Sinn der Freistellungsregelung spricht gegen die vom VG vorgenommene einschränkende Auslegung des Begriffs des "Dienens" zu Forschungszwecken: Der "Sicherung des 'Standorts Bundesrepublik Deutschland'" -

so die Zielsetzung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren, BT-DS 13/3996 vom 6.3.1996 -

durch die Genehmigungsfreistellung "insbesondere [von] Anlagen zur Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Erzeugnisse oder Verfahren" zum Zweck "einer beschleunigten Durchführung von Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen" -

so die Zielsetzung der Änderung der 4. BImSchV, vgl. BR-DS 576/96 -

sowie dem von der Bundesregierung hiermit verfolgten "Anliegen zur Förderung der Innovationsprozesse in der Wirtschaft durch eine umweltpolitisch vertretbare Deregulierung" -

BR-DS 576/96 vom 26.7.1996 -

wäre wenig gedient, wenn zwar ein Forschungslaboratorium von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung freigestellt wird, wenn aber eine Anlage zur Lagerung der Substanzen, auf die dieses Laboratorium für seine Arbeit angewiesen ist, nach wie vor einer solchen Genehmigung bedürfte. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass Forschungsarbeiten mit und an möglicherweise gefährlichen Chemikalien nach Einschätzung des Senats im Einzelfall durchaus ein größeres Gefährdungspotential bergen können, als dies bei deren schlichter Aufbewahrung in einer für eine sichere Lagerung speziell ausgerüsteten Anlage der Fall ist, sodass auch von daher eine enge Fassung der Freistellungsregelung und ein Ausschluss von Lageranlagen von der Privilegierung nicht geboten ist.

Ein einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV ist auch nicht deshalb angezeigt, weil die Freistellungsvorschrift bei dem hier zugrundegelegten Verständnis einen unvertretbar weiten Anwendungsbereich erlangte. Der Verordnungsgeber hat den Anwendungsbereich der Freistellung dadurch begrenzt, dass - erstens - Forschungsaktivitäten (etc.) nur privilegiert werden sollen, solange sie sich im "Labor- und Technikumsmaßstab" halten, und dass - zweitens - die betreffenden Anlagen nur genehmigungsfrei sind, soweit sie dieser Forschung dienen. Es ist nicht Aufgabe der Behörden oder Gerichte, diesen vom zuständigen Normgeber zum Zweck des Ausgleichs der beteiligten Interessen bestimmten Bereich (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsfreier Forschungstätigkeit der Wirtschaft auf der Grundlage eigener Wertungen zu korrigieren.

Entgegen der Annahme des VG ist auch aus der Qualifizierung des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV als "Ausnahmevorschrift" kein selbständiges Argument für eine Verengung ihres Anwendungsbereichs durch Hinzufügung eines nicht geschriebenen Tatbestandsmerkmals zu gewinnen. Zum Einen existiert kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass Ausnahmevorschriften zwangsläufig eng ausgelegt werden müssten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 27.1.1984 - 8 C 12.83 -, Buchholz 448.0 § 35 WehrPflG Nr. 24 und vom 21.11.1980 - 7 C 4.80 -, BVerwGE 61, 169 (172).

Ob eine restriktive Auslegung einer Ausnahmevorschrift geboten ist, ist vielmehr von weiteren Voraussetzungen abhängig.

BVerfG, Beschluss vom 14.2.1978 - 2 BvR 406/77 -, BVerfGE 47, 239 (250 f.).

Zum Anderen stellt sich vorliegend nicht die Frage, ob die entsprechende Anwendung einer Ausnahmevorschrift über ihren Wortlaut hinaus statthaft ist, die Gegenstand der oben genannten Entscheidungen des BVerwG war, sondern diejenige, ob es geboten ist, eine Fallkonstellation, die - wie aufgezeigt - ohne Weiteres dem Wortlaut einer Ausnahmevorschrift unterfällt, durch Hinzufügung eines - im konkreten Einzelfall nicht einschlägigen - ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen. Für ein solches Vorgehen mag von Fall zu Fall der Sinn der Ausnahmevorschrift sprechen. Dies trifft hier indes, wie oben ausgeführt, nicht zu.

Die vom VG vertretene Auffassung kann auch nicht mit dem Argument gestützt werden, § 4 Abs. 1 BImSchG verbiete im Wege einer "ermächtigungskonformen Auslegung" eine Freistellung vom Genehmigungserfordernis gemäß § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV in Fällen, in denen die betreffende Anlage die in - derselben - 4. BImSchV festgelegten Bagatellschwellen für das Eingreifen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserfordernisses überschreitet.

Vgl. zu einem solchen Ansatz, bezogen auf eine Anlage zur thermischen Behandlung für besonders überwachungsbedürftige Abfälle, das vom VG zitierte Urteil des VGH Bad.-Württ. vom 9.5.2000 - 10 S 1141/99 -, ESVGH 50, 256 (257).

Dem Verordnungsgeber kommt bei der Festlegung des Katalogs genehmigungsbedürftiger Anlagen, die für die Genehmigungspflicht trotz des Wortlauts des § 4 Abs. 1 BImSchG nach allgemeiner Ansicht konstitutive Wirkung entfaltet, ein Entscheidungsspielraum zu.

Vgl. Böhm, in: GK-BImSchG, Stand: Januar 2004, § 4 Rdn. 16; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Januar 2004, § 4 BImSchG, Anm. 17; Jarass, BImSchG, 5. Aufl. 2002, § 4 Rdn. 3; Kutscheid, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand April 2004, § 4 BImSchG Rdnrn. 7, 10.

Das gilt auch für die Festlegung von (Bagatell-)Schwellen, von deren Überschreiten die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht abhängt. Wenn der Verordnungsgeber demnach durch § 4 Abs. 1 BImSchG nicht gehindert ist, solche Schwellen generell zu ändern, also auch anzuheben, ist es nicht nachvollziehbar, warum er gehindert sein sollte, eine Genehmigungsfreiheit bis zur Grenze der Überschreitung des "Labor- bzw. Technikumsmaßstabes" anzuordnen und diese Freistellung aus Gründen der Forschungsförderung auf der Forschung dienende Anlagen zu beschränken. Der aus einer solchen Regelung resultierende "Sicherheitsverlust" ist in jedem Fall geringer als bei einer generellen Anhebung der Genehmigungsschwelle auf dieses - zwar nicht numerisch bestimmte, aber im Einzelfall bestimmbare und im Vergleich etwa zu Produktionseinrichtungen relativ niedrige - Maß, an dem der Verordnungsgeber nach obigen Ausführungen ebenfalls nicht gehindert wäre. Insbesondere fehlt für die Annahme, dass für Lageranlagen für giftige Stoffe die Mengenschwelle für ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungserfordernis zwingend bei 10 t liegen müsste (vgl. Nr. 9.35 Spalte 2 der Anlage zur 4. BImSchV), während ein Schwellenwert von mehr als 30 t bereits nicht mehr von der Regelungsermächtigung in § 4 Abs. 1 BImSchG gedeckt wäre, jede tragfähige Grundlage. Ob für Abfallentsorgungsanlagen wegen deren gesonderter Erwähnung in § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG etwas Anderes gilt, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen.

Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass und aufgrund welcher Umstände der Sinn und Zweck des Bundesimmissionsschutzgesetzes einer Freistellung des hier streitgegenständlichen Präparatelagers vom immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserfordernis entgegenstehen sollte, wie das VG ohne weitere Begründung annimmt. Zwar ist im Lichte des Schutzzwecks des Bundesimmissionsschutzgesetzes jede Ausnahme vom Genehmigungserfordernis für Anlagen mit einem gewissen Gefährdungspotential von Nachteil. Diesem Nachteil stehen jedoch möglicherweise im Einzelfall Vorteile auf anderen Gebieten gegenüber, wie im vorliegenden Fall diejenigen der Wirtschafts- und Forschungsförderung (Stichwort: "Standort Deutschland"). Die Abwägung der Vor- und Nachteile eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserfordernisses in Bezug auf konkrete Anlagenarten hat der Gesetzgeber des Bundesimmissionsschutzgesetzes dem Verordnungsgeber der 4. BImSchV überlassen. Ob es hierfür aus dem Schutzzweck des Bundesimmissionsschutzgesetzes herzuleitende Grenzen gibt, kann hier offen bleiben. Bei der Freistellung von Anlagen, die der Forschung im Labormaßstab dienen, sind solche Grenzen nach der Überzeugung des Senates jedenfalls nicht erreicht.

Die Freistellung des Präparatelagers vom immissionsschutzrechtlichen Genehmigungserfordernis gemäß § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV scheitert auch nicht daran, dass dieses Lager den "Labor- oder Technikumsmaßstab" überschreitet.

Der Vorschrift ist bereits nicht zu entnehmen, dass die zu beurteilende Anlage selbst diesen Maßstab einhalten muss. Erforderlich ist nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV vielmehr, dass die Forschung (etc.), der die fragliche Anlage dient, sich ihrerseits in dem genannten Maßstab abspielt. Das aber ist vorliegend der Fall. Nach übereinstimmender Auffassung aller Verfahrensbeteiligten findet im Wissenschaftlichen Hauptlabor, dem das Präparatelager - ausschließlich - dient, allein Forschung in diesem Maßstab statt. Es besteht, auch auf der Grundlage der Schilderungen der Klägerin zu den Abläufen im WHL, kein Anlass, dies in Frage zu stellen.

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Lagerkapazität des Präparatelagers, mag sie auch für sich genommen bei abstrakter Betrachtung erheblich sein und landläufige Vorstellungen vom Umfang der Forschung dienender Präparatelager übersteigen, den "Labor- und Technikumsmaßstab" im Sinne des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV übersteigt. Festzuhalten ist insoweit, dass der Verordnungsgeber den für die Genehmigungsfreistellung ausschlaggebenden Labor- oder Technikumsmaßstab nicht zahlenmäßig festgelegt hat. Dies verfolgt ersichtlich den Zweck, die Umstände des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigen zu können. Dies führt hier zu der Feststellung, dass das Präparatelager sich im Labormaßstab hält. Nach den einleuchtenden Darlegungen der Klägerin im Verfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung vom 30.4.2004, beruht die Kapazität des Lagers allein auf den Dimensionen des WHL und den zwingend erforderlichen Abläufen der dortigen Forschungsaktivitäten, insbesondere auch dem Umstand, dass dort eine Vielzahl von Stoffproben der verschiedensten Forschungsergebnisse und -gegenstände langfristig aufbewahrt werden müssen. Diesen Angaben ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

Einen Anlass, der Frage nachzugehen, ob die Genehmigungsfreistellung des § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV auch Lageranlagen erfasst, deren Kapazität trotz ihres Dienens ausschließlich zu Forschungszwecken im Einzelfall - aus welchen Gründen auch immer - über das für eine Forschung im Labormaßstab Erforderliche hinausgeht, bietet der vorliegende Fall nicht.

Für die Erteilung der nach alledem für Errichtung und Betrieb des Präparatelagers Q 25 erforderlichen Erlaubnis nach § 13 der BetrSichV sind nach § 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes (ZustVO ArbtG) i.V.m. Anl. Teil I 1.1.3, III 1.1.3 die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz zuständig, im vorliegenden Falle mithin der Beklagte.

Der Beklagte hat auf den gerichtlichen Auflagenbeschluss hin mitgeteilt, die dortige Prüfung habe ergeben, dass der beantragten Erlaubnis nach § 13 BetrSichV keine materiellen Bedenken entgegenstehen. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, diese Bewertung in Zweifel zu ziehen. Demzufolge steht der Klägerin der mit der Klage verfolgte Anspruch zu.



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