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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: 9 A 4187/01
Rechtsgebiete: KAG NRW, GO NRW, VO PR Nr. 30/53, LSP


Vorschriften:

KAG NRW § 6 Abs. 2
GO NRW § 75 Abs. 2
VO PR Nr. 30/53 § 2 Abs. 4
LSP Nr. 19
LSP Nr. 38
LSP Nr. 43
Überträgt die Stadt ihr Anlagevermögen zum Restwert des Wiederbeschaffungszeitwertes auf eine Objektgesellschaft und lässt sie die Entsorgung durch eine Betriebsführungsgesellschaft, an der sie beteiligt ist, durchführen, die ihrerseits zur Erfüllung ihrer Aufgabe von der Objektgesellschaft das Anlagevermögen pachtet, darf das Pachtentgelt, das sich im Wesentlichen aus Abschreibungen auf der Basis des Kaufpreises sowie Zinsen in Höhe von 7 % auf den Restwert des ursprünglichen Anschaffungspreises bei der Stadt zusammensetzt, in voller Höhe in das Betriebsführungsentgelt einfließen und das so ermittelte Betriebsführungsentgelt uneingeschränkt in der Gebührenkalkulation der Stadt angesetzt werden.

Es besteht keine Verpflichtung der Stadt, von der Betriebsführungsgesellschaft zu verlangen, im Vertragsverhältnis zu einem Drittunternehmer auf der Anwendung der LSP zu bestehen, falls sie im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung eine solche in Anspruch nimmt (hier: Pacht des Anlagevermögens von der Objektgesellschaft).

Verkauft die Stadt ihr Anlagevermögen zum Restwert auf der Basis des Wiederbeschaffungszeitwertes, ist der Kaufpreis auch dann nicht als Einnahme in die Gebührenkalkulation einzustellen, wenn für die Wiederbeschaffung abgegangener Güter vertraglich eine Drittgesellschaft zuständig ist.


Tatbestand:

Der Kläger wandte sich gegen die Heranziehung zu Entwässerungsgebühren für die Jahre 1998 und 1999.

Bis einschließich 1997 hatte die Stadt die im Stadtgebiet anfallenden Abwässer in eigener Rechtsträgerschaft beseitigt. Zum 1.1.1998 wurde die Abwasserbeseitigung neu strukturiert. Seither wurde die Abwasserbeseitigung durch die Stadtwerke AG (SWE) durchgeführt. Die SWE stand im Jahre 1998 zu 100 % in städtischem Eigentum, ab dem 1.1.1999 befand sie sich noch zu 51 % im Eigentum der Stadt und zu 49 % im Eigentum privater Hände.

Die SWE gründete als alleinige Gesellschafterin die Entwässerung GmbH (EEG) als Objektgesellschaft. Letzterer übertrug die Stadt das zur Durchführung der Entwässerung bislang eingesetzte Anlagevermögen, welches im Wesentlichen aus dem Kanalnetz und den Sonderbauwerken bestand. Als der Stadt zustehender Übertragungswert wurde vertraglich der Restwert des Wiederbeschaffungszeitwertes festgelegt.

Die EEG verpachtete ihrerseits die Anlagen an die SWE. Sie erhielt dafür ein Pachtentgelt, das im Wesentlichen nach den Abschreibungen und den kalkulatorischen Zinsen ermittelt wurde. Abgeschrieben wurde dabei das bei der EEG in die Bilanz eingestellte Vermögen nach dem Restwert vom Wiederbeschaffungszeitwert. Die kalkulatorischen Zinsen wurden auf der Basis des für die Stadt als Voreigentümerin ermittelten Anschaffungsrestwertes ermittelt. Zinsmindernd wurde dabei u.a. das durch die Stadt zur Verfügung gestellte Eigenkapital (Abzugskapital) angesetzt. Die Verzinsung erfolgte zu einem Zinsfuß von 7 %.

Aufgrund eines Entsorgungsvertrages führte die SWE mit den von der EEG gepachteten Anlagen die Abwasserbeseitigung durch. Nach dem Vertrag erstattete die Stadt der SWE die zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung anfallenden Selbstkosten im Sinne der jeweils geltenden Vorschriften als Entgelt. Ein Gewinn- und Unternehmerwagniszuschlag sollte zunächst für die Dauer von drei Geschäftsjahren von der SWE nicht erhoben werden.

Die gegen die Heranziehung zu Entwässerungsgebühren gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Auf die zugelassene Berufung des Beklagten wurde das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die angefochtenen Bescheide beruhen auf wirksamen Rechtsgrundlagen. Insbesondere genügen die für die Veranlagungsjahre 1998 und 1999 festgesetzten Abgabensätze in der jeweils maßgeblichen Entwässerungsabgabensatzung den rechtlichen Vorgaben. Die danach bestimmten Gebührensätze für die Schmutz- und Niederschlagswassereinleitungen verstoßen nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW.

...

Die in die Gebührenbedarfsberechnungen eingestellten Fremdkosten sind nach Art und Höhe nicht zu beanstanden (dazu I.). Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot wird ebenso wenig dadurch begründet, dass der für die Veräußerung des Anlagevermögens erzielte Erlös, soweit er über dem Anschaffungsrestwert liegt, nicht als Einnahme in die Kalkulation eingeflossen ist (dazu II.).

I. Das in die Gebührenbedarfsberechnungen eingestellte Betriebsführungsentgelt, welches die Stadt an die SWE zu zahlen hatte, unterliegt keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen und durch Gebühren zu deckenden Kosten gehören kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auch "Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen" (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Berücksichtigungsfähig sind danach auch Fremdleistungsentgelte, die auf vertraglichen Zahlungsverpflichtungen der Kommune gegenüber solchen juristischen Personen bestehen, an denen sie beteiligt ist, selbst wenn es sich um eine deutliche Mehrheitsbeteiligung handelt. Da die an das Unternehmen zu zahlenden Fremdleistungsentgelte tatsächliche Kosten darstellen, kommt es bei deren Einstellung in die Gebührenkalkulation in der Regel weder zu Kostenüberdeckungen noch gar zur Erschließung illegaler Finanzquellen. Eine Einschränkung gilt nur mit Blick darauf, dass es sich um vertragsgemäße, betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung letztlich nicht zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip führt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.12.1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, 175, 176.

Gemessen daran durfte das von der Stadt an die SWE zu zahlende Betriebsführungsentgelt für die Entwässerungsleistungen grundsätzlich in die Gebührenbedarfsberechnungen einbezogen werden.

Auch die Höhe des in die Kalkulation eingestellten Betriebsführungsentgeltes ist nicht zu beanstanden. Es ist zutreffend gemäß § 6 des Entsorgungsvertrages für die öffentliche Abwasserbeseitigung in der Stadt zwischen der Stadt und der SWE berechnet. Dass darin auch Mehrwertsteueranteile enthalten sind, ist rechtlich einwandfrei, weil es sich um Kosten des Fremdleisters aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung handelt. Das Entgelt entspricht insgesamt dem Grundsatz der Betriebsnotwendigkeit und seine Umlage führt nicht zu dem Äquivalenzprinzip widerstreitenden Folgen für den Gebührenzahler.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Entsorgungsvertrages erstattet die Stadt der SWE die zur Erfüllung ihrer durch den Vertrag übernommenen Verpflichtungen anfallenden Selbstkosten im Sinne der jeweils geltenden Vorschriften. Bei diesen Vorschriften handelte es sich im streitigen Zeitraum um die VO PR Nr. 30/53 in der Fassung vom 13.6.1989, BGBl. I, S. 1094, in Verbindung mit den als Anlagen hierzu aufgestellten LSP. Da es sich bei den von der SWE erbrachten Leistungen im Rahmen der öffentlichen Abwasserbeseitigung nicht um marktgängige Leistungen handelt, durfte die SWE von der Stadt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 3 und 4 der VO PR Nr. 30/53 ein Betriebsführungsentgelt in der Höhe von Selbstkostenerstattungspreisen - wie vertraglich festgelegt - fordern.

Soweit in die im Betriebsführungsentgelt der SWE enthaltenen Selbstkosten das von dieser an die EEG zu erstattende Pachtentgelt eingegangen ist, unterliegt dies weder dem Grunde nach noch mit Blick auf die Höhe des Pachtentgelts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Pachtentgelt stellt sich für die SWE als ein Teil ihrer Selbstkosten dar, die im Rahmen der Entwässerungsleistungen anfallen. Dieses Pachtentgelt, welches im Wesentlichen die auf Seiten der EEG für die zur Zurverfügungstellung des Anlagevermögens ermittelten kalkulatorischen Kosten beinhaltet, entspricht den zwischen der EEG und der SWE im Pachtvertrag getroffenen Vereinbarungen, wonach das Entgelt alle der EEG entstehenden Kosten umfasst, die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der von einem beauftragten Dritten zu beachtenden kommunalabgabenrechtlichen Prinzipien ansatzfähig sind. Das Pachtentgelt verstößt weder gegen Vorschriften des Preisrechts noch führt es unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Umgehung etwaiger Beschränkungen bzw. aus sonstigen Gründen zur Einstellung von mehr als betriebsnotwendigen Kosten. 1. Entgegen der Auffassung des VG brauchte sich die EEG im Rahmen des Pachtentgelts nicht auf eine Abschreibung nach dem zuvor für die Stadt als Voreigentümerin festgestellten (historischen) Anschaffungsrestwert unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge und kalkulatorische Zinsen zu einem Zinsfuß von 6,5 % zu beschränken. Die Ermittlung der kalkulatorischen Kosten durch die EEG unterlag nicht den Vorschriften im Abschnitt K. der LSP. Insbesondere sind Nr. 38 LSP und Nr. 43 Abs. 2 LSP in Verbindung mit der Verordnung PR Nr. 4/72 über die Bemessung des kalkulatorischen Zinssatzes vom 17.4.1972 (Bundesanzeiger Nr. 78) nicht einschlägig. Zwar gelten gemäß Nr. 19 Abs. 2 LSP bei Zulieferungen nicht marktgängiger Leistungen aus eigenen Vorbetrieben als Einstandspreise die vom Vorbetrieb nach den LSP ermittelten Selbstkosten bzw. Selbstkostenpreise. Bei der EEG handelt es sich jedoch im Verhältnis zur SWE nicht um einen Vorbetrieb im Sinne der genannten Vorschrift. Ein derartiger Vorbetrieb ist nur dann gegeben, wenn eine eigenständige organisatorische Wirtschaftseinheit vorhanden ist, die gesellschaftsrechtlich unselbständig ist. Dementsprechend sind rechtlich selbständige Betriebe, die als Konzernmitglieder für ein anderes Konzernunternehmen Vorleistungen erbringen - wie hier die EEG im Verhältnis zur SWE - nicht als Vorbetriebe im Sinne von Nr. 19 LSP einzustufen, vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 7. Aufl. 2001 Nr. 19 LSP, Rdnr. 4, weshalb die von ihnen ermittelten Preise nicht den Vorgaben der LSP unterliegen. Die Zurverfügungstellung des Anlagekapitals (hier: der Entwässerungseinrichtungen) durch die EEG an die SWE stellt sich vielmehr im Sinne des Preisrechts als sogenannte mittelbare Leistung zu einem öffentlichen Auftrag im Sinne von § 2 Abs. 4 Nr. 1 VO PR Nr. 30/53 dar. Nach der genannten Vorschrift ist das Preisrecht bei mittelbaren Auftragsverhältnissen nur auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers und bei vorheriger Kenntnis des Verlangens bzw. späterer Zustimmung seitens des mittelbaren Auftragnehmers anzuwenden. Gemessen daran liegen die Voraussetzungen für eine Anwendung des Preisrechts auf die Ermittlung des von der EEG verlangten Pachtentgeltes nicht vor, denn es fehlt an einem darauf gerichteten Verlangen des Auftraggebers, der Stadt.

2. Für die Stadt als öffentlicher Auftraggeber bestand auch keine Verpflichtung zu verlangen, dass auf die Berechnung des Pachtentgeltes bzw. die Ermittlung der darin im Wesentlichen enthaltenen kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen) das Preisrecht Anwendung findet. Eine solche Verpflichtung folgt weder aus kommunal- bzw. gebührenrechtlichen Prinzipien noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben zur Verhinderung eines Rechtsmissbrauchs.

a) Aus dem in § 75 Abs. 2 GO NRW enthaltenen Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit für die kommunale Haushaltsführung lässt sich eine Pflicht der Stadt, die Anwendung der LSP bei der Ermittlung des Pachtentgeltes zu verlangen, nicht herleiten. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit soll regelmäßig solche Maßnahmen verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbar sind. Eine gerichtliche Überprüfung beschränkt sich deshalb auf die Untersuchung, ob einschlägige Haushaltsansätze einen sachlich nicht mehr vertretbaren Verbrauch öffentlicher Mittel erkennen lassen.

Vgl. Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblattkommentar, Stand Januar 2004, § 75 Anm. IV (m.w.N.). Unabhängig von der Frage, in welchem Maße sich der Schuldner kommunaler Benutzungsgebühren gegenüber der Gemeinde auf § 75 Abs. 2 GO NRW berufen kann, lässt sich ein Verstoß der Stadt gegen die vorstehend umschriebenen Grundsätze nicht feststellen. Gemessen auch an den einer Gemeinde im Rahmen einer Privatisierung zustehenden Gestaltungsspielräumen - insbesondere bei Vertragsgestaltungen - widerspricht es nicht den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens und ist es auch sachlich nicht unvertretbar, eine vertragliche Regelung hinzunehmen, wonach in ein Fremdentgelt Kosten einfließen, die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der von einem Beauftragten Dritten zu beachtenden kommunalabgabenrechtlichen Prinzipien zu berechnen sind.

b) Für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung der Vorschriften des Preisrechts durch die gewählte Privatisierungskonstruktion besteht kein Grund. Denn über das Pachtentgelt bzw. das Betriebsführungsentgelt sind insgesamt an kalkulatorischen Kosten in die Gebührenbedarfsberechnungen keine höheren Kosten eingestellt worden, als sie ohne die Privatisierung der Entwässerung durch die Stadt selbst zulässigerweise hätten eingestellt werden können:

aa) An Abschreibungen sind als (Fremd-)Kosten mittelbar in die Kalkulationen nach Art und Höhe nur solche eingeflossen, die in die Kalkulationen hätten eingestellt werden können, wenn die Stadt Eigentümerin des Anlagevermögens geblieben wäre und die entsprechende Abschreibung selbst vorgenommen hätte. Die Abschreibungen hat die EEG von dem Betrag vorgenommen, der als Kaufpreis für das Anlagevermögen vertraglich vereinbart war. Dieser Betrag stellte sich für die EEG als Anschaffungswert dar; aus Sicht der Stadt als Verkäuferin handelte es sich bei diesem Preis um den Restwert auf der Basis des Wiederbeschaffungszeitwertes des Anlagevermögens. In gebührenrechtlicher Hinsicht ist die Berechnung der Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten - auch in Verbindung mit dem Ansatz kalkulatorischer Nominalzinsen auf der Basis von Anschaffungsrestwerten - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, zulässig. Die so ermittelten kalkulatorischen Kosten stellen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähige Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW dar.

Vgl. die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Urteil vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, m.w.N.; Urteil vom 19.5.1998 - 9 A 5709/97 -, NWVBl 1998, 484, Urteil vom 1.9.1999 - 9 A 3342/98 -, NWVBl. 2000, 135, unter Bezugnahme auf das in der seinerzeit aktuellen 19. Auflage erschienene betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263, 1266, sowie Beschluss vom 22.8.2003 - 9 A 4766/99 -.

Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend, dass in den Veranlagungszeiträumen (1998 und 1999) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben - allein hierauf und nicht auf solche der öffentlichen Hand kommt es an, vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -, a.a.O. - bei einer kalkulatorischen Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten Abschreibungen nur noch auf Anschaffungswertbasis berechnet werden dürften, ist nicht ersichtlich.

Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (94 f.).

bb) Auch die in die Gebührenkalkulationen über das von der SWE an die EEG zu zahlende Pachtentgelt eingeflossenen kalkulatorischen Zinsen entsprechen nach Art und Höhe dem, was bei einem Verbleib des Anlagevermögens im Eigentum der Stadt hätte angesetzt werden können. Die EEG hat die kalkulatorischen Zinsen auf der Basis des historischen Anschaffungsrestwertes des Anlagevermögens, also dem Wert, zu dem die Stadt das Anlagevermögen ursprünglich erworben hatte, abzüglich abgeschriebener Teile und des anteiligen Abzugskapitals berechnet. Die Übertragung des Anlagevermögens von der Stadt auf die EEG hat damit den der Verzinsung zugrunde zu legenden Wert nicht erhöht.

Auch der Zinssatz von 7 %, den die EEG bei der Ermittlung ihrer kalkulatorischen Zinsen zugrundegelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Er hätte von der Stadt in gleicher Höhe angesetzt werden dürfen. Nach der bereits erwähnten ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Nominalverzinsung vom Anschaffungsrestwert auch in Kombination mit einer Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert zulässig. Ferner können für die Bestimmung des Zinssatzes nicht die in der jeweiligen Gebührenperiode am Kapitalmarkt herrschenden Verhältnisse, sondern nur langfristige Durchschnittsverhältnisse maßgebend sein. Denn es handelt sich um einen kalkulatorischen Zins, der sich auf den gesamten Restbuchwert, mithin auf Anlagegüter unterschiedlichsten Alters bezieht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -, a.a.O.

Insoweit hat der Senat in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur: OVG NRW, Urteile vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 - a.a.O., S. 434, und Urteil vom 1.9.1999 - 9 A 5715/98 -, zuletzt für das Veranlagungsjahr 1997, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7.8.2003 - 9 A 4829/99 - und vom 22.8.2003 - 9 A 4766/99 -, als Zinssatz einen Nominalzins bis maximal 8 % gebilligt.

Eine Verpflichtung aus gebührenrechtlicher Sicht, diesen zum Zweck der Gewährleistung einer angemessenen Verzinsung (§ 6 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz KAG) eingeräumten Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose für 1998 bzw. 1999 unter 7 % zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 7 % bewegt sich innerhalb eines eröffneten Prognose- und Ermessensspielraums, der auch dem öffentlichen Träger einer Einrichtung bei der Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes zustünde; insbesondere erweist der angesetzte Zinssatz sich nicht als willkürlich. Angesichts der im Verfahren 9 A 1248/92 erfolgten Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, dass die weitere Zinsentwicklung in den wenigen Jahren bis 1998 bzw. 1999 bei langfristiger Betrachtungsweise noch keinen deutlich niedrigeren Durchschnittszinssatz zur Folge hatte.

II. Die den streitigen Gebührenbescheiden zugrundeliegenden Satzungsbestimmungen über die Gebührensätze sind auch nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot rechtswidrig, weil die Stadt es unterlassen hat, den Veräußerungserlös, den sie beim Verkauf des Anlagevermögens erzielt hat, ganz oder zumindest teilweise als Einnahme in die Gebührenkalkulation einzustellen.

Nach der Rechtsprechung des Senats, an der nach erneuter Überprüfung festgehalten wird, ist eine Veräußerung des Anlagevermögens zum Wiederbeschaffungszeitwert ohne gleichzeitige (teilweise) Einstellung des Erlöses in die Gebührenbedarfsberechnung gebührenrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein in die Gebührenkalkulation als Einnahme einzubeziehender Erlös ist allerdings dann anzunehmen, wenn Anlagevermögen, das bereits vollständig abgeschrieben ist, gleichwohl aber noch einen Nutzungswert besitzt, der veräußernden Kommune Gewinne erbringt. Denn diese Gewinne stellen den Gegenwert für die entgangene (kostenlose) Nutzungsmöglichkeit der Anlagegüter für den Gebührenzahler dar.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.12.1994 - 9 A 2251/93 -, a.a.O.

Die genannten Besonderheiten sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Stadt hat bei der Veräußerung des Anlagevermögens an die EEG keinen Erlös für bereits abgeschriebene Anlagegüter erzielt.

Eine (teilweise) Einstellung des Veräußerungserlöses in die Gebührenkalkulationen als Einnahme ist auch im Übrigen rechtlich nicht geboten. Die Stadt realisiert mit dem Verkauf des Anlagevermögens hier keinen Erlös, der dem Gebührenzahler "zusteht". Bei dem Anlagevermögen handelt es sich nicht um "Kapital" des Gebührenzahlers. Mit den in der Vergangenheit erbrachten Leistungen für Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen hat der Gebührenzahler nur die Folgen des Umstandes ausgeglichen, dass das von der Stadt zuvor bzw. ursprünglich aus Mitteln des allgemeinen Haushalts bereitgestellte Anlagevermögen durch die Nutzung einem Werteverzehr unterlag. Er hat damit nicht gleichsam regelmäßig auch einen Anteil am Anlagevermögen erworben. Bei einer Veräußerung zum Restwert auf der Basis des Wiederbeschaffungszeitwertes realisiert die Stadt nur einen Erlös, der dem Wert des Anlagevermögens, soweit es noch aus Mitteln der Stadt stammt, aktuell entspricht. Deshalb ist es auch unerheblich, dass sie im Rahmen der Veräußerung (einmalig) einen Betrag erhält, den sie für eine Wiederbeschaffung von Anlagegütern nicht benötigt.

Ende der Entscheidung

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