Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 4 L 459/08
Rechtsgebiete: LSA-GO


Vorschriften:

LSA-GO § 6 Abs. 2 S. 2
LSA-GO § 51
1. Das Straßengesetz des Landes Sachsen-Anhalt enthält weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Widmungsfiktion, die zur Folge hat, dass alle der Öffentlichkeit zugänglichen Verkehrsanlagen als gewidmet gelten.

2. Bei der Bekanntmachungsvorschrift in einer Hauptsatzung, wonach die gesetzlich erforderlichen Bekanntmachungen, insbesondere von Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen sowie deren Änderungen, soweit nicht anders vorgeschrieben, in einem Amtsblatt erfolgen und in Eilfällen vorab in der Lokalausgabe einer Tageszeitung, handelt es sich nicht um eine unzulässige Alternativregelung.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, die Eckgrundstücksregelung in der anzuwendenden Straßenausbaubeitragssatzung sei deswegen nicht einschlägig, weil es sich bei dem an dem streitigen Grundstück vorbeilaufenden Wirtschaftweg nicht um eine öffentliche Straße handele.

Soweit die Kläger davon ausgehen, dass das Straßengesetz des Landes Sachsen-Anhalt - StrG LSA - eine "Widmungsfiktion stillschweigend voraussetzt", was unmittelbar zur Folge habe, dass alle der Öffentlichkeit zugänglichen Verkehrsanlagen als gewidmet gelten würden, ist dem nicht zu folgen. Eine solche Widmungsfiktion enthält das Straßengesetz weder ausdrücklich noch stillschweigend (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12. Januar 2000 - A 1 S 85/99 -, zit. nach JURIS). Aus der von den Klägerin zitierten Literaturstelle (Sauthoff, LKV 1998, 472, 473) ergibt sich nichts anderes, weil die dort angeführte Fallgestaltung einer "tatsächlich öffentlichen Straße" aus einer Sondervorschrift des Sächsischen Straßengesetzes abgeleitet und ausdrücklich erklärt wird, in den übrigen neuen Bundesländern sei dieser Aspekt grundsätzlich nicht maßgebend.

Eine von den Klägern unterstellte Widmungsfiktion im Straßengesetz wäre zudem nicht mit § 4 Abs. 3 Satz 2 StrG LSA in Übereinstimmung zu bringen. Danach wird vermutet, dass es sich bei einer Straße nicht um eine Gemeindestraße oder eine sonstige öffentliche Straße handelt, wenn - wie hier - die Straße in dem Bestandsverzeichnis der Gemeinde nicht oder nicht mehr ausgewiesen ist.

Nicht mit Erfolg können sich die Kläger darauf berufen, der Wirtschaftsweg sei unmittelbar vor der Wiedervereinigung ein der Öffentlichkeit zugänglicher Weg gewesen, so dass die Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 3 StrG LSA bzw. § 51 Abs. 4 StrG LSA anwendbar sei.

Dass eine Öffentlichkeit des Weges nach der Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 (GBl. DDR I, S. 377 ff.) nicht vorlag, hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt, ohne dass die Kläger dies bestritten haben. Aber auch nach der Verordnung über die öffentlichen Straßen vom 22. August 1974 (GBl. DDR I, S. 515 ff.) war der Weg nicht öffentlich. Für die Öffentlichkeit einer Straße nach dieser Verordnung war es ebenfalls nicht ausreichend, dass faktisch eine Nutzung zu Verkehrszwecken stattfand (vgl. dazu im Einzelnen OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 14. August 2007 - 4 L 400/06 -, zit. nach JURIS). Dass nach Inkrafttreten dieser Verordnung eine Freigabe für den öffentlichen Verkehr durch den zuständigen Rechtsträger oder eine von ihm dazu beauftragte Stelle stattfand, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Eine rechtliche Befugnis von Nichtanliegern zur Nutzung des Weges reicht für die Annahme einer - ausdrücklichen oder konkludenten - Freigabe nicht aus, ebenso wenig, dass der Weg als Zuwegung für "insgesamt mehr als 50 Grundstücke" diente.

2. Bei der Bekanntmachungsvorschrift in § 15 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt A-Stadt vom 6. Oktober 1994 i.d.F. der 10. Änderungssatzung vom 14. November 2001 - HS 1994 - handelte es sich auch nicht um eine unzulässige Alternativregelung.

Nach § 15 Abs. 1 HS 1994 erfolgten die gesetzlich erforderlichen Bekanntmachungen, insbesondere von Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen sowie deren Änderungen, soweit nicht anders vorgeschrieben, im "Amtsblatt der Stadt A-Stadt"; in Eilfällen vorab in der Lokalausgabe der "Mitteldeutschen Zeitung".

Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der Veröffentlichungsmöglichkeit in der Tageszeitung um eine zusätzliche Zugänglichmachung des Satzungstextes handelte, welche die Bekanntmachung im Amtsblatt nicht entbehrlich machte oder deren Rechtswirkung vorwegnahm. Es ergibt sich schon aus dem Begriff "vorab" in hinreichender Weise, dass die Bekanntmachung im Amtsblatt durch die Veröffentlichung in der Tageszeitung gerade nicht ersetzt werden, sondern eine Vorabinformation der Bürger erreicht werden sollte. Demgegenüber würde nach der Systematik des § 15 Abs. 1 HS 1994 die von den Klägern vertretene Auslegung zu einem nicht auflösbaren Widerspruch führen. Denn dann wäre ungeklärt, mit welcher der beiden Veröffentlichungen die gesetzliche Bekanntmachung erreicht würde. Den Klägern ist zwar zuzustimmen, dass mit der Veröffentlichungsmöglichkeit in der Tageszeitung - was in der Vorschrift ebenfalls ausdrücklich angesprochen wird - eilbedürftige Fälle erfasst werden sollen. Allerdings folgt daraus nicht, dass eine solche Regelung nur dann Sinn macht, wenn schon durch die Veröffentlichung in der Tageszeitung die Rechtswirkung einer Bekanntmachung herbeigeführt wird. Auch wenn erst die Veröffentlichung im Amtsblatt als Bekanntmachung i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 2 GO LSA anzusehen ist, hat in Eilfällen auch eine noch keine Rechtswirkungen auslösende Vorabinformation durchaus ihre Berechtigung. Dadurch wird es den davon Betroffenen ermöglicht, sich schon vor dem Inkrafttreten der Rechtsnorm über die zukünftige Rechtslage zu informieren und ihr Verhalten gegebenenfalls auch ohne rechtliche Verpflichtung entsprechend einzurichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück