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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: OVG 1 B 16.08
Rechtsgebiete: ABMG, Richtlinie 1999/62/EG, GüKG


Vorschriften:

ABMG § 1
ABMG § 1 Abs. 1
ABMG § 1 Abs. 2 Satz 2
ABMG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ABMG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ABMG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
ABMG § 3
ABMG § 4
ABMG § 8
ABMG § 8 Abs. 1
Richtlinie 1999/62/EG Art. 2 lit. d
GüKG § 1 Abs. 1
GüKG § 2
GüKG § 2 Abs. 1 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 1 B 16.08

Verkündet am 26. März 2009

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Dahm sowie die ehrenamtliche Richterin Graeger und den ehrenamtlichen Richter Höppner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Nacherhebung von Autobahnmaut.

Er befuhr am 30. Juli 2006 die Bundesautobahn A 23 in dem zwischen Horst/Elmshorn und Elmshorn gelegenen Abschnitt mit einem zweiachsigen Lkw des Fabrikats Volvo, amtliches Kennzeichen I_____, ohne zuvor Maut entrichtet zu haben. Nach den Eintragungen der Zulassungsbescheinigung (Fahrzeugschein) hat der Lkw ein zulässiges Gesamtgewicht von 13,6 t und ist ein Blumenverkaufsfahrzeug mit maschineller Kühlung und Ladebordwand. Die vom Kläger eingereichten Fotografien zeigen den Frachtteil mit einem Innenraum, in dem sich rollbare Regale und Stellflächen für Blumen befinden. Der Innenraum kann über die Ladebordwand und durch eine seitliche Tür über eine Treppe betreten werden.

Die mit der nachträglichen Erhebung der Autobahnmaut beauftragte (beliehene) Toll Collect GmbH - Beklagte - wandte sich unter dem 11. September 2006 an den Kläger mit der Bitte, die tatsächlich gefahrene mautpflichtige Strecke, für die er keine Maut entrichtet habe, mitzuteilen und durch Nachweise zu belegen, anderenfalls werde eine Strecke von 500 km zugrunde gelegt. Der Kläger erwiderte, der betreffende Lkw sei als Verkaufsfahrzeug von der Mautpflicht befreit, und verwies auf die Eintragung im Fahrzeugschein sowie auf die Fotografien.

Mit Bescheid vom 4. Januar 2007 zog die Beklagte den Kläger zu einer nachträglich zu entrichtenden Maut in Höhe von 65,00 EUR heran. Für das zweiachsige Fahrzeug der Schadstoffklasse S 1 gelte in der Kategorie C der Mautsatz von 0,13 EUR je Kilometer. Es sei mangels Angaben eine mautpflichtige Strecke von 500 km zugrunde gelegt worden. Von der Maut befreit sei ein Verkaufsfahrzeug nur dann, wenn es mit einer fest montierten Sonderausstattung für Kundenbetreuung versehen sei. Das Fahrzeug des Klägers habe nur Rollcontainer für den Blumentransport, sei aber nicht dauerhaft zu Verkaufszwecken umgestaltet worden.

Der Kläger erhob Widerspruch: Es komme nicht auf eine "Sonderausstattung" an, sondern darauf, wofür das Fahrzeug regelmäßig eingesetzt sei. Dies sei hier der Einsatz zum Verkauf von ersteigerten Blumen. Die Abnehmer würden die Blumenware im Lkw prüfen und kaufen.

Das Bundesamt für Güterverkehr wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2007 zurück und führte zu dem zwischen den Beteiligten streitigen Gesichtspunkt aus: Von der Mautpflicht befreit seien nur Verkaufswagen, die nach ihrer baulichen Gestaltung nicht ausschließlich dazu dienten, Güter auf Straßen zu transportieren. Dementsprechend müsse das Fahrzeug einen Raum haben, der als öffentlich zugängliches Ladengeschäft eingerichtet sei. Eine solche auf Interaktion mit der Öffentlichkeit abzielende Konstruktion habe das Fahrzeug des Klägers nicht. Es fehle eine fest montierte Sonderausstattung zur Kundenbetreuung, die wegen dieses Umbaus dauerhaft eine Nutzung zur Güterbeförderung nicht mehr zulasse und auch für eine Teilnahme am Wettbewerb im Güterkraftverkehr nicht mehr bestimmt und geeignet sei.

Der Kläger hat rechtzeitig Klage erhoben und ausgeführt: Er betreibe einen Blumengroßhandel. Er ersteigere auf den Blumengroßmärkten in den Niederlanden Blumen und Pflanzen, um diese in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen aus seinem Lkw heraus an Blumengeschäfte zu veräußern. Zu dieser beruflichen Tätigkeit nutze er das Fahrzeug als Verkaufsfahrzeug. Er biete seine Waren direkt von der Ladefläche aus an bestimmten Haltepunkten auf seinen Fahrtrouten an. Art und Qualität der Ware würden direkt auf dem Wagen von den potenziellen Käufern geprüft und gekauft. Auch wenn der Innenraum des Lkw optisch nicht einem Ladengeschäft mit Tresen und Registrierkasse gleichkomme, sei er objektiv geeignet, Verkaufsdienstleistungen in der Öffentlichkeit darzubieten. Der deutsche Gesetzgeber verzichte ganz bewusst auf bauartbezogene Ausstattungsvorgaben eines Fahrzeugs und überlasse es dem Halter, die Nutzung zu bestimmen. Die Beklagte sei nicht befugt, diese Vorgaben einzuengen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Urteil vom 8. Februar 2008, dem Kläger zugestellt am 21. Februar 2008, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Nacherhebung von Maut seien §§ 1, 3, 4 und 8 des Autobahnmautgesetzes in Verbindung mit der Mauthöheverordnung. Fehler in der konkreten Mautberechnung seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Fahrzeug des Klägers sei mautpflichtig im Sinne von § 1 Abs. 1 ABMG und Artikel 2 lit. d der Richtlinie 1999/62/EG vom 17. Juni 1999, weil es ausschließlich für den Güterverkehr bestimmt sei und das zulässige Gesamtgewicht mehr als 12 t betrage. Es transportiere Blumen und Pflanzen von niederländischen Großmärkten zu Blumenhändlern im norddeutschen Raum. Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Oktober 1999 - C 193.98 (Pfennigmann) - zufolge sei ein Fahrzeug dann ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt, wenn es aufgrund seiner Merkmale dazu bestimmt sei, regelmäßig und auf Dauer und nicht nur gelegentlich am Wettbewerb im Güterverkehr teilzunehmen. Die Merkmale des Fahrzeugs ergäben sich aus dem Erscheinungsbild. Von anderen zum Gütertransport eingesetzten Fahrzeugen sei insoweit das Fahrzeug des Klägers nicht zu unterscheiden. Die im Innenraum vorhandenen Rollcontainer und -regale seien gerade auch zum sicheren Transport der Blumen und Pflanzen dienlich, um diese vor Beschädigungen zu schützen.

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat der Kläger am 18. März 2008 eingelegt und zugleich begründet. Er wiederholt und vertieft die Begründung seiner Klage und fügt hinzu:

Das Verwaltungsgericht habe § 2 Abs. 1 Nr. 8 GüKG übersehen, wonach Güterkraftverkehr nicht anzunehmen sei, wenn im Rahmen der Gewerbeausübung die erforderliche Beförderung von Betriebseinrichtungen für eigene Zwecke betroffen sei. Das treffe auf den Kläger zu, denn bei dem von ihm ausgeübten Blumengroßhandel befördere er die in Holland erworbenen und in sein Betriebsvermögen übergegangenen Blumen in seinem Betriebsfahrzeug notwendigerweise zum Weiterverkauf nach Norddeutschland. Die Blumen seien während der Fahrt die ihm gehörende Betriebseinrichtung. Er habe als generellen Zweck der Beförderungsart den Erwerb eigener Betriebsmittel gewählt, die er vom Fahrzeug aus wieder verkaufe. Dies habe mit gewerblichem Güterkraftverkehr nichts gemein.

Den Ausführungen des EuGH in Sachen Pfennigmann werde das Verwaltungsgericht nicht gerecht. Der EuGH habe nur entschieden, dass sich die ausschließliche Bestimmung zum Güterkraftverkehr nicht am Einzelfall, sondern an der generellen Zweckbestimmung des Fahrzeugs orientiere. Die generelle Zweckbestimmung habe er aber nicht definiert. Sie könne sich zwar aus der Bauart ergeben, der Unternehmer sei aber berechtigt, sein Fahrzeug unabhängig vom baulichen Zustand einer eigenen generellen Zweckbestimmung, etwa der eines Verkaufsfahrzeuges, zuzuführen. Der Beklagten sei es verwehrt, eigene subjektiv gefärbte Forderungen für den baulichen Zustand eines Fahrzeugs aufzustellen. Für diesen Eingriff in die unternehmerische Freiheit fehle die erforderliche gesetzliche Grundlage. Hätte der Gesetzgeber eine Einengung auf rein objektive Merkmale gewollt, so hätte er dies mit einem entsprechenden Zusatz einfügen können. Er habe dies offensichtlich bewusst unterlassen, um dem unternehmerischen Entscheidungswillen, wie er das Fahrzeug generell einsetzen wolle, Rechnung zu tragen. Bei der Frage des Bestimmtseins (für den Güterkraftverkehr) könne nicht auf die Eignung zurückgegriffen werden, denn Bestimmtsein und Geeignetsein seien nicht identisch. Dass eine Eignung nicht genüge, um eine Bestimmung anzunehmen, habe das Verwaltungsgericht Köln verkannt und dabei ignoriert, dass die behördliche Eintragung als Verkaufsfahrzeug ein weiteres objektives Merkmal sei. Gegenüber einem holländischen Mitbewerber, dem die Beklagte zunächst einen Verstoß gegen die Mautpflicht vorgeworfen habe, habe sie das Verfahren eingestellt, nachdem er den Eintrag "Winkelwagen" (= Verkaufsfahrzeug) in seinen Fahrzeugpapieren vorgewiesen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Februar 2008 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Güterverkehr vom 12. Februar 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt noch aus: Eine vorrangige Berücksichtigung subjektiver Kriterien stände weder im Einklang mit der Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch führe sie zu praktikablen Ergebnissen. Denn unter Verzicht auf objektive Indikatoren und Merkmale könne die Bestimmung eines Kraftfahrzeugs für den Güterkraftverkehr nicht beweissicher festgestellt werden. Die Kriterien, die im Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 28. Oktober 1999 beschrieben worden seien, könnten auch bei § 1 Abs. 1 ABMG herangezogen werden. Der Kläger stehe hinsichtlich des Transports von Blumen im Wettbewerb mit anderen Verkehrsunternehmen, die ebenfalls Blumen transportieren würden. Ob diese Güter anschließend von ihm im Fahrzeug selbst verkauft würden, sei für die wettbewerbliche Konkurrenzsituation hinsichtlich des Transportweges der Güter unbeachtlich. Auf die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 8 GüKG könne er sich nicht berufen. Die beförderten Blumen seien bewegliche Sachen und damit Güter im Sinne des § 1 Abs. 1 GüKG, nicht aber Betriebseinrichtungen. Die von ihm behauptete Ungleichbehandlung mit einem holländischen Mitbewerber liege nicht vor, vielmehr sei auch von der betreffenden Halterin Maut nacherhoben worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in dessen Rechten (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Nacherhebung von Maut ist die zur Zeit der Autobahnbenutzung des Klägers geltende Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3122) des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge - ABMG -). Das Bundesamt für Güterverkehr, das die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes überwacht, zu Kontrollmaßnahmen befugt ist und grundsätzlich die Mautzahlungen in Empfang nimmt (§ 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 ABMG), kann einem Privaten den Betrieb eines Systems zur Erhebung der Maut übertragen und ihn beauftragen, an der Erhebung der Maut mitzuwirken (sog. Betreiber, § 4 Abs. 2 Satz 1 ABMG). Das ist bei der Toll Collect GmbH erfolgt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 ABMG, Bekanntmachung des Bundesamtes für Güterverkehr vom 23. Dezember 2004, Bundesanzeiger 2004, S. 24744). Nach § 8 Abs. 1 ABMG kann die Beklagte als Betreiberin die Maut nachträglich durch Bescheid erheben, wenn sie eine mautpflichtige Bundesautobahnbenutzung feststellt und die geschuldete Maut nicht entrichtet worden war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Allein streitig ist hier, ob das Fahrzeug des Klägers zu den mautpflichtigen Fahrzeugen gehört. Diese Frage beantwortet § 1 Abs. 1 ABMG, wonach die Maut zu entrichten ist für die "Benutzung der Bundesautobahnen mit Fahrzeugen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. EG Nr. L 187 S. 42)". Die damit in Bezug genommene Vorschrift des Artikels 2 lit. d Richtlinie 1999/62/EG definiert als ein solches Fahrzeug "ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 t beträgt". Darunter fällt das Fahrzeug des Klägers mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 13,6 t, da es zur Zeit der Autobahnnutzung ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt war. Das ergibt sich aus Folgendem:

Güterkraftverkehr ist gemäß § 1 Abs. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) - hier in der zuletzt durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1666) geänderten Fassung vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1485) - unter anderem die geschäftsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, die ein höheres zulässiges Gesamtgewicht als 3,5 Tonnen haben. Geschäftsmäßig ist insbesondere die Beförderung für den Betrieb eines Unternehmens als Händler (vgl. nur Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand März 2005, § 1 GüKG, Anm. 8 Abschn. a). Dazu zählt auch die Beförderung von Blumenware, wie sie der Kläger als Großhändler im Rahmen seines Gewerbebetriebes vornimmt. Eine Ausnahme von der Geltung des Güterkraftverkehrsgesetzes gemäß § 2 GüKG liegt nicht vor, insbesondere ist der vom Kläger beanspruchte Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 8 GüKG - Beförderung von Betriebseinrichtungen für eigene Zwecke - nicht erfüllt, weil die Blumenware zum Zweck des alsbaldigen Verkaufs befördert wird, wogegen zur Betriebseinrichtung Gegen-stände gehören, die dem Betrieb dauerhaft von Nutzen sind (vgl. Hein/Eichhoff/ Pukall/Krien, a.a.O. § 2 GüKG, Anm. 8 m.w.N., wonach die Ausnahmevorschrift insbesondere die Einrichtungen eines Schaustellers betrifft).

Für die geschäftsmäßige Beförderung von Gütern - eben Güterkraftverkehr - war das Kraftfahrzeug des Klägers "ausschließlich bestimmt". Die ausschließliche Bestimmung knüpft nach Wortlaut und Sinn der gesetzlichen Definition an das "Kraftfahrzeug", also an einen Gegenstand und dessen objektive Beschaffenheit an. Diese sich der Wahrnehmung erschließenden äußeren Gegebenheiten sind leichter als die innere Zwecksetzung des Halters zu erfassen. Eine solche Anknüpfung entspricht in größerem Maße den praktischen Erfordernissen, denn sie hält den Aufwand der Mauterhebung gering, der andernfalls deren finanziellen Erfolg vermindern könnte. Im Einklang mit diesem Grundgedanken setzt § 1 Abs. 2 Satz 2 ABMG für die Mautbefreiung voraus, dass die Bestimmung von Fahrzeugen für die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ABMG genannten Sonderzwecke "erkennbar" ist, also nicht erst durch Erkundung des Beförderungszweckes im Einzelfall festgestellt werden muss.

Zutreffend hat bereits die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Fahrzeugdefinition, die sich in dem hier anzuwendenden § 1 Abs. 1 ABMG in Verbindung mit Artikel 2 Buchstabe d der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 befindet, schon in der Vorgängerrichtlinie - der Richtlinie 1993/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie über die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten (ABl. L 272 vom 12.11.1993, S. 32) - enthalten war und dass der Europäische Gerichtshof hierzu Kriterien entwickelt hat, die auch im vorliegenden Falle herangezogen werden können. Der Europäische Gerichtshof hat zu derselben Begrifflichkeit auf Grundlage der Richtlinie 1993/89/EWG in der Rechtssache Pfennigmann (C-193/98) durch Urteil vom 28. Oktober 1999 entschieden, dass es für die Frage, ob ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination "ausschließlich" für den Güterkraftverkehr bestimmt ist, auf die generelle Zweckbestimmung des Fahrzeugs unabhängig vom Verwendungszweck im Einzelfall ankommt (s. Wiedergabe bei juris Rn. 38). Es müsse sich um Fahrzeuge handeln, die aufgrund ihrer Merkmale dazu bestimmt seien, regelmäßig und auf Dauer und nicht nur gelegentlich am Wettbewerb im Güterverkehr teilzunehmen (a.a.O., Rn. 32). Diese Sichtweise wird in der bisher vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls zugrunde gelegt (vgl. OVG NW, Beschluss vom 30. Januar 2002 - 9 A 5298/00 - VRS 103, 78).

Dass es bei der hier anzuwendenden Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers auf die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs und nicht auf die konkrete Verwendung nach dem jeweiligen Willen des Halters ankommt, folgt auch aus der späteren Änderung des Gesetzestextes. In § 1 Abs. 1 ABMG in der Fassung vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2967), die der Umsetzung der geänderten Definition in Art. 1 Nr. 1 Buchstabe e der Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. EG Nr. L 157 S. 8) dient, hat der Gesetzgeber die Mautpflicht von denjenigen Kraftfahrzeugen, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind, erstreckt auf Kraftfahrzeuge, die für den Güterkraftverkehr "eingesetzt werden". Zu der Ausweitung der Mautpflicht führt die Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs aus:

"Der modifizierte Gebührentatbestand dient als Korrektiv in Fällen, in welchen Unternehmer Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen einsetzen, die zwar von ihrer Fahrzeug- und Aufbauart als nicht ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt anzusehen sind, gleichwohl aber konkret im Güterkraftverkehr eingesetzt werden. In diesen Fällen kann nunmehr die Maut erhoben werden." (BT-Drs. 16/10388 S. 9).

Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass die ursprüngliche Fassung an das objektive Merkmal der Fahrzeug- und Aufbauart anknüpfte.

Die objektiven Merkmale, die der Lkw des Klägers aufweist, belegen dessen Bestimmung für den Güterkraftverkehr: Sein Frachtraum dient der Beförderung von Handelsware, und diese Bestimmung ist auch "ausschließlich", weil objektive Anhaltspunkte für eine geschäftsfremde, nicht gewerbliche Nutzung fehlen. Zu der beförderungsbezogenen Nutzung gehört auch deren Schlussakt: Soweit der Frachtraum von Kunden des Klägers betreten wird, um Ware auszuwählen, schließt dies hinsichtlich der gekauften Ware die geschäftsmäßige Beförderung zweckentsprechend ab.

Selbst wenn auf den subjektiv vom Kläger verfolgten Zweck abzustellen wäre, dessentwegen er die Autobahn benutzt, verbliebe es bei dem gleichen Ergebnis: Er nutzt die Autobahn und befördert Güter geschäftsmäßig, nämlich im Rahmen seines Blumengroßhandels. Der jeweilige Verkauf am Ende der Strecke bildet lediglich den Endpunkt der Beförderung.

Die Eintragung im Kfz-Zulassungsschein, hier: "Blumenverkaufsfahrzeug mit maschineller Kühlung, T, mit Ladebordwand", ist mautrechtlich ohne Bedeutung, da es wie ausgeführt auf die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs ankommt. Ob es Verkaufsfahrzeuge gibt, die nicht der geschäftsmäßigen Güterbeförderung dienen - auch ein Verkaufsfahrzeug ist immerhin ein Fahrzeug - kann dahinstehen. Nur wenn der Kläger bauartbedingt nach den objektiven Gegebenheiten seines Lkw nicht ausschließlich (Handels-) Güter befördern würde - was etwa auf Werkstattwagen und Ausstellungswagen zuträfe (vgl. VG Köln, Urteil vom 10. Oktober 2008 - 25 K 4983/06 - juris Rn. 32) -, wäre sein Fahrzeug von der Mautpflicht ausgenommen.

Der Hinweis auf den Fall des niederländischen Verkaufswagens führt nicht weiter. Es handelte sich dort um ein Ordnungswidrigkeitenverfahren, das - offenbar wegen geringer Schuld - eingestellt worden ist, während die Maut nacherhoben wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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