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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: OVG 1 B 19.05
Rechtsgebiete: VersG
Vorschriften:
VersG § 15 | |
VersG § 15 Abs. 1 |
OVG 1 B 19.05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 1. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Monjé, den Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler und die Richterin am Verwaltungsgericht Fischer-Krüger sowie die ehrenamtliche Richterin Mau und den ehrenamtlichen Richter Swiniarski
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begeht die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer versammlungsrechtlichen Auflage.
Er meldete am 18. November 2002 bei dem Beklagten für den 21. Dezember 2002 eine Versammlung unter freiem Himmel mit dem Demonstrationsthema "Schickt Schönbohm in die Wüste" an. Hintergrund und Anlass der geplanten Versammlung war ein beabsichtigter Protest gegen ein Verbot einer Demonstration von etwa 1000 Rechtsradikalen am 16. November 2002 (Volkstrauertag) auf dem Soldatenfriedhof in Halbe. Als Hilfsmittel für die angemeldete Versammlung von voraussichtlich 200 bis 400 Personen mit einer Wegstrecke durch die Potsdamer Innenstadt kündigte der Kläger u.a. zwei Lautsprecherwagen, Handmegaphone, Fahnen, Transparente, Plakattragetafeln und gegebenenfalls Handzettel an. Nach einem vom Kläger nicht wahrgenommenen Termin für ein Kooperationsgespräch erließ der Beklagte am 16. Dezember 2002 eine versammlungsrechtliche Verfügung, in der neben einer geänderten Wegstrecke weitere Auflagen zum Betrieb der Lautsprecheranlage und zum erwarteten Erscheinungsbild der angemeldeten Versammlung enthalten waren. Satz 3 der Auflage Nr. 3 enthielt das vom Kläger im vorliegenden Verfahren allein noch angegriffene Verbot, die das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" betraf. Mit den Auflagen in Nr. 3 der Verfügung sollte nach deren Begründung im Bescheid sicher gestellt werden, dass zum Ausschluss einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine Demonstration in der Form eines Aufmarsches mit paramilitärischen oder sonst wie einschüchternden Begleitumständen und einem an den Nationalsozialismus erinnernden Gepräge stattfinden konnte.
Mit seiner Klage hat der Kläger u. a. die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage Nr. 3 Satz 3 der versammlungsrechtlichen Verfügung vom 16. Dezember 2002 erstrebt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 19. April 2005 insoweit abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Verbot, während der Versammlung Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" zu rufen, erweise sich als formell und materiell rechtmäßig. Das Versammlungsgesetz ermächtige zum Erlass entsprechender Auflagen, wenn bei Durchführung der Versammlung die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet sei. Durch das zu erwartende Skandieren der Wortfolge "Nationaler Widerstand" habe eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung bestanden. Eine solcher Gefahr habe sich allerdings nicht aus dem möglicherweise rechtsextremistischen, aber nicht strafbaren Inhalt der Parole ergeben. Die untersagte Wortfolge habe sich im konkreten Zusammenhang inhaltlich nicht als Meinungsäußerung dargestellt, sondern als eine Modalität des Auftretens der Versammlungsteilnehmer innerhalb der Versammlung. Als solche -und im Zusammenspiel mit weiteren, ebenfalls durch Auflagen untersagten Begleitumständen zum äußeren Erscheinungsbild des Aufzugs- gebe sie der Versammlung eine aggressives, einschüchterndes Gepräge, das einen paramilitärischen Einschlag vermittle und an den Nationalsozialismus in all seinen Erscheinungsformen erinnere.
Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Das Urteil des Verwaltungsgerichts verkenne, dass er durch die versammlungsrechtliche Auflage in seinen Grundrechten aus Art. 5 und 8 GG verletzt worden sei. Schon das Rufen der Worte "Nationaler Widerstand" stelle eine Meinungskundgabe dar, denn diese könnten sprachlich als verkürzter Imperativ mit der Aufforderung verstanden werden, "Nationalen Widerstand" zu leisten. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die im Plural gefasste Auflage nicht verständig gewürdigt; durch den Plural sei klar, dass jede denkbare Parole mit dieser Wortfolge gemeint sei. Jede Äußerung mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" dem Schutz freier Meinungsäußerung zu entziehen, sei schlicht abwegig. Auch mit dem angemeldeten Versammlungsthema nicht in Zusammenhang stehende Meinungsbekundungen der Versammlungsteilnehmer stellten eine durch Art. 5 GG geschützte Meinung dar.
Die Auflage sei auch nicht zum Schutz einer Gefahr für die öffentliche Ordnung erforderlich gewesen. Aus der untersagten Parole sei kein die Öffentlichkeit einschüchternder militärischer Charakter der Versammlung ableitbar. Da der Umzug sich den übrigen Auflagen zufolge nicht in Reihen, Blöcken, Zügen oder ähnlichen Formationen und auch nicht im Marschschritt habe fortbewegen sollen, sei allein durch das Rufen der untersagten Parole eine Beunruhigung der Öffentlichkeit nicht zu befürchten gewesen. Nicht mehr aktuell sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die NPD und die Freien Nationalen würden unter der Bezeichnung "Nationaler Widerstand" zusammenarbeiten. Die frühere Zusammenarbeit habe im Dezember 2002 nicht mehr bestanden. Die Wortfolge "Nationaler Widerstand" erinnere auch nicht an die vom Nationalsozialismus durchgeführte Bekämpfung politischer Gegner. Dieser Begriff sei vom Nationalsozialismus zu keiner Zeit verwandt worden. Vielmehr werde der Begriff "Widerstand" in der breiten Bevölkerung allgemein mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus verbunden.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. April 2005 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 insoweit rechtswidrig war, als das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" verboten worden war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung. Die "Wortspielereien" der Berufungsschrift könnten nicht von dem eigentlichen Sinn und Zweck der Verwendung der in Rede stehenden Wortfolge ablenken. Vor dem Hintergrund der Person des Anmelders und seiner Anhängerschaft sei eindeutig erkennbar, dass es bei der konkreten Wortwahl ganz bewusst darum gegangen sei, eine geistige Verbindung zum nationalsozialistischen Gedankengut herzustellen. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht erkannt, dass das Skandieren von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" durch diesen konkreten Teilnehmerkreis zwangsläufig Erinnerungen an die Zeit nationalsozialistischer Machtausübung wachrufe. Erfolge dieses Skandieren dann auch noch zeitgleich und lauthals durch eine Teilnehmerzahl in der Größenordnung von 200 bis 400 Personen, so entstehe zudem eine aggressiv-kämpferische Atmosphäre, die einschüchternd wirke. Daran ändere auch das Einhalten der anderen Auflagen nichts. Der Exkurs des Klägers in die Geschichte über die Verwendung der strittigen Wortfolge liege neben den heutigen Anschauungen der Gesellschaft. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass es sich bei diesen Worten nicht um eine Meinungskundgabe gehandelt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat ohne den zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladenen, aber nicht vertretenen Kläger entscheiden konnte (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) zu Recht abgewiesen. Die angefochtene Auflage in der versammlungsrechtlichen Verfügung war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten aus Art. 5 Abs.1 und Art. 8 Abs.1 GG.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht zunächst auf der Grundlage der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles davon ausgegangen, dass mit der umstrittenen Auflage Nr. 3 Satz 3 im Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 keine Meinungsäußerung untersagt worden ist. Denn die vom Beklagten verbotene Wortkombination stellte nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlass des Bescheides weder objektiv noch nach Vorstellung des Klägers eine Meinungsäußerung dar. Unter dem Begriff Meinung, der grundsätzlich weit zu verstehen ist, fallen Ansichten, Auffassungen, Überzeugungen, Wertungen, Urteile, Einschätzungen sowie Stellungnahmen zu allen möglichen sachlichen Gegenständen und Personen. Entscheidend ist das Element der "Stellung-nahme, des Dafürhaltens oder Meinens" im Rahmen einer geistigen Auseinan-dersetzung oder einer sonstigen sozialen Kommunikation (vgl. Wendt: in von Münch/Kunig (Hrsg.), Kommentar zum GG, 5. Aufl., München 2000, Art. 5 Rn. 8 und 12 jeweils m.w.N.). Daran fehlte es hier. Der Senat folgt dem Verwaltungs-gericht in dessen Einschätzung, dass es sich bei der verbotenen Wortfolge "Nationaler Widerstand" nicht um eine vom Antragsteller bzw. den teilnehmenden Demonstranten beabsichtigte Meinungsäußerung im oben genannten Sinne gehandelt hat, die dem Schutz der freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterlegen hätte. Denn diese spezielle Wortkombination diente zum damaligen Zeitpunkt (2002) ersichtlich nicht dazu, eine bestimmte (politische) Meinung während einer Demonstration zu verkünden, sondern der Kennzeich-nung einer rechtsradikalen politischen Bewegung. Nach ihrem damaligem Selbstverständnis bezeichneten deutsche Rechtsextremisten und Neonazis ihre politische Arbeit sowie ihre Gruppierungen und Organisationen als "Nationaler Widerstand". Es handelte es sich bei der streitgegenständlichen Wortfolge also um ein gebräuchliches verbales Erkennungszeichen politisch agierender "Rechtsradikaler" im Sinne einer auf sich selbst bezogenen Definition, mit der sie nach außen hin als Aktionsbündnis auftraten (Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2001, 80 f.; Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1999, 101 f.; vgl. auch Wikipedia - Die freie Enzyklopädie unter http://de.wikipedia.org/wiki/Nationaler_Widerstand). Dass mit der Bezeichnung "Nationaler Widerstand" die politische Zusammenarbeit der NPD und der "Freien Nationalisten" schlagwortartig umschrieben worden war, hat der Kläger in seiner Berufungsschrift selbst eigeräumt. Sein Hinweis in der Berufungsschrift, die untersagte Parole sei im Zeitpunkt der angemeldeten Demonstation für den Beklagten erkennbar nicht mehr aktuell gewesen und habe ihrer reinen Wortbedeutung nach nur als Ausdruck einer Meinungskundgabe verstanden werden können, überzeugt demgegenüber nicht. Denn zum einen hinderte der vom Kläger dargestellte Rückzug der NPD von der Organisation öffentlicher Aufzüge im Herbst des Jahres 2000 die "parteifreien radikalen Kräfte", denen sich der Kläger zugehörig bezeichnet, nicht, ihre politischen Bestrebungen weiterhin mit dem Begriff "Nationaler Widerstand" zu umschreiben. Vor allem aber stand die verbotene Wortfolge in keinem erkennbaren inneren Zusammenhang mit dem Anliegen und dem selbstgewählten Motto der Versammlung. Der Beklagte musste deshalb bei Erlass der versammlungs-rechtlichen Verfügung erwarten, dass -wie bei früheren vom Kläger angemeldeten Aufzügen- von den Versammlungsteilnehmern Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" zur Kennzeichnung ihrer politischen "Bewegung" skandiert werden würden. Dass mit diesen Worten nach dem jetzigen, aus Sicht des Senats verfahrensangepassten Verständnis des Klägers eine Meinung verbreitet werden sollte, war -zumal der Kläger das angebotene Kooperationsgespräch zur Erläuterung seiner Ziele nicht genutzt hatte- bei Erlass des versammlungsrechtlichen Bescheides nicht erkennbar. Dement-sprechend zielte die versammlungsrechtliche Verfügung des Beklagten auch nicht auf ein Verbot einer (rechtsextremistischen) Meinungsäußerung, sondern allein darauf, einen Aufmarsch mit paramilitärischen oder sonst wie einschüchternden Begleitumständen und an den Nationalsozialismus erinnerndem Gepräge zu verhindern.
Ebenfalls zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger auch in seinem Grundrecht aus Art. 8 Abs.1 GG nicht verletzt ist. Für Versammlungen unter freiem Himmel sieht Art. 8 Abs.2 GG die Möglichkeit vor, die Versammlungsfreiheit auf Grund eines Gesetzes zu beschränken. Dies ist auf der Grundlage von § 15 Abs.1 VersG mit der Auflage im Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 in rechtmäßiger Weise geschehen. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass § 15 VersG Beschränkungen der Versammlungsfreiheit, darunter auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung, erlaubt, vorausgesetzt, dass diese sich nicht aus dem Inhalt der Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergeben. So sind etwa Beschränkungen der Versammlungsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die ein aggressives und provokatives, die Bürger einschüchterndes Verhalten der Versammlungsteilnehmer verhindern sollen, durch das eine Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NVwZ-RR, 2000, 554 f., NJW 2001, 2069 [2071]; NJW 2001, 2072 [2074]).
Die gesetzlichen Voraussetzungen von § 15 Abs.1 VersG waren erfüllt. Danach kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird (BVerfGE 69, 315 [352]).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung vor. Die Beschränkung der Versammlungsfreiheit verfolgte allein den Zweck, eine Demonstration mit einschüchternden Begleitumständen zu verhindern. Der angefochtene Teil der Auflage ist deshalb im verwaltungsgerichtlichen Urteil zutreffend auch nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den weiteren Auflagen in Nr. 3 des Bescheides gewürdigt worden. Ob Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" für sich betrachtet eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung dargestellt hätten, mag dahinstehen. Als Teil der weiteren, mit der Klage nicht angegriffenen Auflagen (wie der Untersagung der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" oder ähnlicher Parolen sowie von Äußerungen, die das NS-Regime und seine Organisationen glorifizieren oder verharmlosen; kein Mitführen von Trommeln, Fackeln; kein geschlossenes Marschieren in Blöcken, Zügen, Reihen und im Gleichschritt), die insgesamt ein nationalsozialistisches Gepräge der Versammlung nach Art der Aufmärsche damaliger NS-Verbände verhindern sollten, diente das Verbot der Abwehr unmittelbarer Gefahren für die öffentliche Ordnung. Denn bei dem nach der Person des Anmelders (vgl. Erb in Klärner/Kohlstruck, Moderner Rechtsextremismus in Deutschland, 1. Aufl. 2006, S 142 ff.) und dem Anlass der Versammlung zu erwartenden Teilnehmerkreis der Demonstration war ohne die in Nr. 3 des Bescheides enthaltenen versammlungsrechtlichen Auflagen ein die öffentliche Ordnung gefährdendes Gepräge der Versammlung zu besorgen. Wäre den - nach der Anmeldung des Klägers - 200 bis 400 zu erwartenden Demonstranten des rechtsradikalen Spektrums das durch die Auflagen zu Nr. 3 unterbundene Auftreten einschließlich des Rufens von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" nicht untersagt worden, hätte in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen müssen, dass -potentiell auch durch Gewalt- die Erinnerung an Zeiten des Nationalsozialismus wachgerufen werden sollte. Denn durch das zu erwartende aggressive und kämpferische Rufen bzw. Skandieren von Widerstandsparolen sich fortbewegender, offensichtlich rechtsextremistischer Versammlungsteilnehmer entstünde bei anderen Bürgern, namentlich bei älteren Menschen, Ausländern oder Mitbürgern jüdischen Glaubens, eine einschüchternde Wirkung, durch die sie zwangsläufig an die Schrecken des vergangenen, totalitären Regimes erinnert worden wären. Damit hätte die Versammlung schon ihrem äußeren Erscheinungsbild nach den sozialen und ethischen Anschauungen über die Grundvoraussetzungen eines geordneten menschlichen Zusammenlebens widersprochen (vgl. auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. April 2002 - 3 BS 103/02 - zitiert nach Juris, OVG Münster, NJW 2001, 1441 f., bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 2001- 1 BvQ 10/01 - zitiert nach Juris). Daran hätte auch die konkrete Einbettung der untersagten Parole in einen ganzen Sprachsatz nichts geändert. Zum einen macht es für die akustische Wahrnehmung des Ausrufes keinen Unterschied, ob die Wortfolge "Nationaler Widerstand" mit den Worten "marschieren", "spazieren", "flanieren", "organisieren", "Straße frei", "Platz da" oder ähnlichen Worten kombiniert worden wäre und zum anderen kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die für weite Teile der Bevölkerung unerträgliche Wahrnehmung derartiger Parolen neonazistischer Demonstranten schon für sich bedrohlich oder einschüchternd wirkt. Entscheidend für die Feststellung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Auflage bleibt, dass dieses Verbot nicht seine Verflechtung mit weiteren Verboten zum Schutz vor Gefahren für die öffentliche Ordnung verliert, nur weil die übrigen, das Gepräge der Versammlung bestimmenden Auflagen nicht angefochten worden sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Die rechtliche Beurteilung der Sache hängt ausschlaggebend von der Würdigung der konkreten Einzelfallumstände zum damaligen Zeitpunkt ab und hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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