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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 15.08.2008
Aktenzeichen: OVG 1 N 22.01
Rechtsgebiete: FPersG, VwVfG, VwGO, GVG, OrdZG, OWiG


Vorschriften:

FPersG § 4 Abs. 1
FPersG § 4 Abs. 3
FPersG § 4 Abs. 3 Nr. 1
FPersG § 4 Abs. 3 Satz 1
FPersG § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FPersG § 4 Abs. 4
FPersG § 7 a Abs. 1 Nr. 3
FPersG § 8 Abs. 1 Nr. 2
FPersG § 8 Abs. 1 Nr. 4
FPersG § 8 Abs. 2
FPersG § 9 Abs. 1
VwVfG § 1 Abs. 1
VwVfG § 3
VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 2
VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 4
VwVfG § 3 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 40 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
GVG § 17 a Abs. 5
OrdZG § 24 Nr. 6
OWiG § 37
OWiG § 37 Abs. 1 Nr. 1
OWiG § 37 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2
OWiG § 38
OWiG § 38 Satz 1
OWiG § 38 Satz 2 Alt. 2
OWiG § 39
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 1 N 22.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dahm und den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath am 15. August 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. März 2001 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 4.090,34 Euro (8.000,- DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Das Landesamt für Arbeitsschutz und technische Sicherheit kontrollierte am 15. Oktober 1997 in Berlin, Alexanderplatz, den zum Unternehmen der Klägerin gehörenden Reisebus P_____ und dessen Fahrer H_____. Dem Kontrollbericht zufolge war Herr L_____ bereits sieben Tage unterwegs und war die wöchentliche Ruhezeit nicht eingehalten. Ihm wurde die Weiterfahrt untersagt. Acht Schaublätter des Fahrtenschreibers wurden als Beweismittel eingezogen. Mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 forderte das Landesamt die Klägerin auf, bis zum 14. November 1997 die Personalien der für den Einsatz und die Überwachung der Kraftfahrer sowie Prüfung und Aufbewahrung der Arbeitszeitnachweise verantwortlichen Personen sowie deren Zuständigkeitszeitraum anzugeben. Der Bescheid beruhe auf § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 des zuletzt durch Gesetz vom 18. August 1997 geänderten Fahrpersonalgesetzes. Die nicht fristgerechte Übermittlung der angeforderten Angaben sei gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 Fahrpersonalgesetz ordnungswidrig und könne mit einer Geldbuße bis zu 10.000,- DM geahndet werden.

Die Klägerin kam der Aufforderung nicht nach und begründete dies sinngemäß damit, ihr Geschäftssitz sei in Potsdam und sie unterstehe nur dem Potsdamer Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. Das Berliner Landesamt sei unzuständig und dessen Bescheid sei deshalb nichtig.

Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin, das am 1. Januar 1998 Rechtsnachfolger des bisherigen Landesamtes für Arbeitsschutz und technische Sicherheit geworden war, verstand das Schreiben der Klägerin als Widerspruch, wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 1998 zurück und führte aus: Die örtliche Zuständigkeit des Landes Berlin ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG. Bei der Kontrolle am 15. Oktober 1997 in Berlin Mitte, Alexanderplatz, sei festgestellt worden, dass der Fahrer L_____ eine Fahrt unter Nichtbeachtung der Wochenruhezeit habe durchführen sollen. Ihm sei daher die Fortsetzung der Fahrt untersagt worden. Die demgemäß zuständige Aufsichtsbehörde habe zu Recht die notwendigen Auskünfte verlangt, um die Einhaltung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr zu überwachen.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. März 2001 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Beklagte habe die betreffenden Auskünfte gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 des Fahrpersonalgesetzes vom 19. Februar 1987 zu Recht von der Klägerin verlangt. Dazu gehöre insbesondere die zwischen den Beteiligten allein streitige Auskunft, wer den bei der Ordnungswidrigkeit festgestellten Fahrer als verantwortlicher Disponent zu seiner Tätigkeit eingesetzt habe. Für die Aufsichtsmaßnahme sei neben der Potsdamer Aufsichtsbehörde auch der Beklagte örtlich zuständig, weil die Klägerin mit dem Einsatz ihres Busses in Berlin ihre Tätigkeit im Bezirk der Berliner Behörde ausgeübt habe (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) und die Berliner Behörde zuerst mit der Sache befasst worden sei (§ 3 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit sei insofern der Ort, an dem die Tätigkeiten tatsächlich stattfänden, auf die sich die in Frage stehende Verwaltungshandlung beziehe. Für sämtliche Auskünfte im Zusammenhang mit dem konkreten Vorfall sei damit der Beklagte örtlich zuständig, unter Anderem auch zum Zwecke der Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens gegen die verantwortlichen Mitarbeiter der Klägerin. Ein Zeugnisverweigerungsrecht führe nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, sondern berühre allenfalls dessen Durchsetzbarkeit mit Zwangsmitteln wie Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. Da die Geschäftsführerin der Klägerin in einem Erörterungstermin klargestellt habe, dass sie bereit sei, gegenüber der Potsdamer Aufsichtsbehörde den verantwortlichen Disponenten zu benennen, habe die Klägerin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein schutzwürdiges Interesse, sich diejenige Kontrollbehörde auszusuchen, von der sie die am wenigsten einschneidenden Maßnahmen erhoffe. Vielmehr sei es geboten, eine Firma, die schwerpunktmäßig in Berlin tätig sei, gerade an diesem Betriebsort besonders streng zu überwachen, nachdem hier ihrer Rechtsvorgängerin, der H_____, wegen zahlreicher Verstöße gegen die Sozialvorschriften die Konzession entzogen worden sei.

Gegen dieses ihr am 20. März 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. April 2001 die Zulassung der Berufung beantragt. Die sehr ausführliche Begründung macht im Wesentlichen geltend:

Das angefochtene Urteil leide an mehreren Verfahrensmängeln, auf denen es beruhe. Es enthalte eine Vielzahl von Fehlern in der Tatsachenfeststellung sowie der Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Dadurch sei die gerichtliche Aufklärungspflicht verletzt worden. Die H_____ sei nur ein beauftragter Dienstleister, der Verwaltungsaufgaben für die Klägerin erledige, habe jedoch sonst mit ihr nichts zu tun. Etwaige Ordnungswidrigkeiten der H_____ könnten daher nicht der Klägerin angelastet werden. Seit dem 1. Oktober 1994 arbeite die Klägerin mit dieser Firma auch nicht mehr zusammen. Seit diesem Zeitpunkt habe die Klägerin einen eigenen Disponenten, der in Potsdam tätig sei. In Berlin, F_____ habe die Klägerin nur in der Zeit vom 1. Juli 1994 bis einschließlich 31. Oktober 1996 eine Niederlassung unterhalten.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Firma H_____ sei eine Vorläufergesellschaft der Klägerin, treffe nicht zu. Die Klägerin sei von neuen Gesellschaftern im Jahre 1990 gegründet worden und habe keine Rechtsvorgängerin. Es sei unzulässig, Vorfälle aus dem Jahre 1983, die mit der Geschäftsführerin der Klägerin und der Klägerin selbst in keinerlei Beziehung ständen, jetzt mit ihr in Zusammenhang zu bringen und die Entscheidung hierauf zu stützen. Sowohl der Verkauf von Reisen als auch die Disposition erfolge in dem Büro der Klägerin in Potsdam. Für die Disposition sei Herr R_____ verantwortlich. Die Schaublätter der Fahrtenschreiber würden in Potsdam aufbewahrt und dort auch firmenintern kontrolliert. Hierfür sei Herr M_____ zuständig. Die Klägerin sei international und nicht - wie das Verwaltungsgericht annehme - schwerpunktmäßig in Berlin tätig. Das Verwaltungsgericht habe sich bei seiner Entscheidung augenscheinlich stärker mit der Vergangenheit und der Geschichte der Firma H_____ beschäftigt als mit dem streitgegenständlichen Bescheid.

Der richtige Sachverhalt hätte sich dem Gericht durch eine Einsichtnahme in die Handelsregisterauszüge der Firma H_____ und der Firma E_____ sowie in das Bundeszentralregister aufdrängen müssen. Die fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung stelle einen Verfahrensmangel dar. Hätte das Gericht den richtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, so hätte dies zu einer positiven Entscheidung für die Klägerin geführt. Das Gericht wäre dann von der örtlichen Zuständigkeit der Brandenburger Behörde ausgegangen. Hierzu hätte das Verwaltungsgericht den im Schriftsatz vom 16. Oktober 1998 gestellten Beweisantrag berücksichtigen müssen, Herrn J_____ über das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in Potsdam als Zeugen zu vernehmen. Herr J_____ habe erklärt, dass vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheit und technische Sicherheit Berlin an seine Dienstbehörde im Jahre 1997 allein 239 Anzeigen mit der Begründung abgegeben worden seien, dass Fahrer in Berlin eine Ordnungswidrigkeit begangen hätten, deren Betrieb ihren Sitz im Bundesland Brandenburg habe. Das Amt in Brandenburg sei jeweils gebeten worden, die Ermittlungen vor Ort zu führen. Indem die Berliner Behörde einen Bescheid an die Klägerin gerichtet habe, habe sie sich in Widerspruch zu ihrer sonst geübten Praxis gesetzt.

Die Berufung sei auch wegen der Befangenheit des Richters M_____ und des damit verbundenen Verfahrensmangels zuzulassen. Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich aus den Unterstellungen und aus der falschen Darstellung der Tatsachen im Urteil. Der Richter M_____ habe die Klägerin bei der Sachverhaltsaufklärung nicht beteiligt, so dass sie hierzu im erstinstanzlichen Verfahren nicht habe Stellung nehmen können. Dieses Verhalten verletze das Recht auf rechtliches Gehör und rechtfertige die Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit. Grob falsch seien insbesondere die Behauptungen, die Klägerin sei schwerpunktmäßig in Berlin tätig und ihrer Rechtsvorgängerin sei die Konzession wegen zahlreicher Verstöße gegen Sozialvorschriften entzogen worden. Falsch sei auch die Unterstellung, die Klägerin ziele darauf, der Zuständigkeit der Berliner Aufsichtsbehörde zu entgehen. Der Richter habe es versäumt, die gegen ihn bestehenden Ablehnungsgründe anzuzeigen und die Verfahrensbeteiligten zu der Selbstanzeige zu hören. In der Verletzung der Selbstanzeigepflicht und des Anhörungsrechts liege ein Verfahrensmangel, der mit der Zulassung der Berufung angreifbar sei. Für das "Beruhen" im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO reiche es aus, dass ein Richter an der Entscheidung mitgewirkt habe, welcher nach seiner pflichtgemäßen Selbstanzeige wegen Befangenheit hätte abgelehnt werden müssen.

An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beständen darüber hinaus ernstliche Zweifel. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die örtliche Zuständigkeit des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheit und technische Sicherheit Berlin angenommen. Die Verpflichtungen nach § 4 Abs. 3 des Fahrpersonalgesetzes beständen nur gegenüber der örtlich zuständigen Behörde. Dies sei nur das Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik Potsdam, denn die Klägerin unterhalte in Berlin keine Niederlassung und kein Büro. Sie übe mit dem Einsatz ihrer Busse in Berlin nicht eine Tätigkeit im Bezirk der Berliner Behörde aus, vielmehr sei mit "Betrieb" eines Unternehmens der aktive Vorgang im Sinne eines Betreibens gemeint. Dies sei der Ort, an dem sich die Verwaltung befinde. Da sich die organisatorische und technische Einheit der Klägerin in Potsdam befinde, sei die örtliche Zuständigkeit des Beklagten nicht gegeben. Der einzelne fahrende Bus sei keine Betriebsstätte. In Berlin Mitte, Alexanderplatz, habe der Beklagte am 15. Oktober 1997 Auskünfte nur von dem kontrollierten Kraftfahrer L_____ einholen und entsprechende Unterlagen herausverlangen dürfen. Für die mit dem streitgegenständlichen Bescheid begehrten Auskünfte sei der Beklagte jedoch nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG nicht zuständig gewesen, da es am erforderlichen Anlass gefehlt habe. Anlass sei hier nur die Kontrolle des Busfahrers und nicht die Kontrolle der Geschäftsführer der Klägerin bzw. ihres Disponenten gewesen. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten habe sich nur auf die den Fahrer betreffenden Angaben beschränkt. Der Fahrer habe jedoch die erforderlichen Angaben bereits bei seiner Kontrolle am 15. Oktober 1997 gemacht. Gegen andere Kraftfahrer, den Disponenten oder die Geschäftsführerin bestehe nicht einmal der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit. Die Planung der Einsätze, die Überwachung der Kraftfahrer sowie die Prüfung und Aufbewahrung der Arbeitszeitnachweise fänden ausschließlich in der Betriebsstätte in Potsdam statt. Folglich sei für eventuelle Ordnungswidrigkeiten weiterer Fahrer, des Disponenten und der Geschäftsführerin der Klägerin die Brandenburger Behörde zuständig gewesen. Ein Fall der Mehrfachzuständigkeit nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwVfG sei nicht gegeben.

Für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kraftfahrer L_____ sei es nicht erforderlich, dass die Klägerin einen verantwortlichen Disponenten für den Fahrer benenne. Soweit ein Ermittlungsverfahren gegen den Disponenten bzw. die Geschäftsführerin der Klägerin eingeleitet werden solle, betreffe dies ausschließlich den Betrieb der Klägerin und falle damit nicht in die örtliche Zuständigkeit des Beklagten. Der Beklagte verhalte sich hier im Widerspruch zu seiner sonst geübten Praxis, lediglich Anzeigen an die Brandenburger Behörde zu übermitteln, dass ein Fahrer in Berlin eine Ordnungswidrigkeit begangen habe, dessen Betrieb seinen Sitz in Brandenburg habe. Die örtliche Zuständigkeit des Amtes für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik in Potsdam habe der Beklagte nie in Frage gestellt.

Überdies habe das Verwaltungsgericht das Zeugnisverweigerungsrecht der Geschäftsführerin der Klägerin nicht beachtet. Nach § 4 Abs. 4 des Fahrpersonalgesetzes könne der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Im vorliegenden Fall bestehe die Gefahr, dass die Geschäftsführerin der Klägerin wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Fahrpersonalgesetz belangt werde, weshalb sie nicht auskunftspflichtig sei.

Das angefochtene Urteil sei ferner auf ein nicht mehr geltendes Gesetz, das Fahrpersonalgesetz von 1987 gestützt. Maßgeblich sei jedoch das Fahrpersonalgesetz vom 18. August 1997.

Schließlich sei die Berufung zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO habe. Allgemein klärungsbedürftig sei die Rechtsfrage, ob die Behörde eines Landes, in welchem die Ordnungswidrigkeit eines Busfahrers festgestellt worden sei, auch Auskünfte betreffend den gesamten Betrieb eines Unternehmens, welches sich in einem anderen Bundesland befinde, einholen dürfe.

II.

Der Zulassungsantrag dürfte bereits unzulässig sein, da das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin entfallen sein dürfte. Sie hat nämlich auf S. 6 ihres Schriftsatzes vom 19. April 2001 (Bl. 135 GA) angegeben, für die Disposition sei Herr R_____ verantwortlich und für die Kontrolle und Aufbewahrung der Schaublätter der Fahrtenschreiber sei Herr M_____ zuständig. Damit sind wesentliche Teile der mit dem angefochtenen Bescheid erforderten Auskunft erfüllt. Es fehlen lediglich Vorname, Ort und Datum der Geburt sowie Wohnanschrift der betreffenden Personen, ferner deren Zuständigkeitszeiträume. Ob diese teilweise Nichterfüllung des Auskunftsverlangens noch ausreicht, um ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin anzuerkennen, kann indessen aus den nachstehenden Gründen offen bleiben.

Der Zulassungsantrag ist jedenfalls unbegründet. Für dieses Ergebnis bedarf es keiner näheren Untersuchung, ob der Beklagte gegenüber der Klägerin präventiv - unter Inanspruchnahme verwaltungsrechtlicher Aufsichtsbefugnisse - oder repressiv - im Rahmen seiner Zuständigkeit zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten - tätig geworden ist. Die damit verbundene Rechtswegfrage hatte der Senat gemäß § 17 a Abs. 5 GVG nicht zu prüfen, nachdem die Vorinstanz die Anfechtungsklage für zulässig erachtet und damit auch den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO uneingeschränkt bejaht hat. Die Bindungswirkung dieser Entscheidung für das Rechtmittelgericht bewirkt zugleich, dass der Senat das Vorbringen auch unter dem Gesichtpunkt zu würdigen hat, dass ein im Schwerpunkt repressiver Charakter der angefochtenen Maßnahme zu bejahen wäre. Auch unter Berücksichtigung dessen liegen die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Maßgebliche Rechtsgrundlage des Auskunftsverlangens vom 24. Oktober 1997 in der Fassung vom 7. April 1998 ist das Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen - Fahrpersonalgesetz - in der zuletzt durch Gesetz vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2075) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 640). Das Fahrpersonalgesetz in dieser - am 26. August 1997 in Kraft getretenen (Art. 7 des Änderungsgesetzes vom 18. August 1997) - Fassung hat der Beklagte ausweislich der Bescheidbegründung angewendet. Die falsche Bezeichnung auf Seite 4 des angefochtenen Urteils, die die Klägerin rügt, ist rechtlich unerheblich. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Fahrpersonalgesetz sind sowohl der Unternehmer wie auch der Fahrzeughalter verpflichtet, der zuständigen Behörde innerhalb einer von ihr festzusetzenden Frist die Auskünfte, die zur Ausführung der in Abs. 1 genannten Vorschriften erforderlich sind, wahrheitsgemäß und vollständig zu erteilen. Zu den in Abs. 1 genannten Vorschriften gehört neben anderen sogenannten Sozialvorschriften des Straßenverkehrs die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, die wöchentliche Ruhezeiten anordnet. Gegen diese Verordnung ist - wie die Arbeitszeitkontrolle am 15. Oktober 1997 ergeben hat - verstoßen worden. Das folgt aus dem Kontrollbericht sowie aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 15. Oktober 1997 über die Untersagung der Weiterfahrt, die Sicherstellung der Schaublätter und die Hinterlegung des Führerscheins zur Fahrgastbeförderung. Die Klägerin, die die Halterin des betreffenden Reisebusses ist, bestreitet dies nicht. Im Falle eines Verstoßes gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 kommt gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Fahrpersonalgesetz die Ahndung mit einer Geldbuße in Betracht.

Für die Aufklärung und Ahndung solcher Verstöße war zurzeit des Bescheiderlasses - zumindest auch - eine Behörde des Beklagten, nämlich das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin, zuständig. Nach der bundesrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 Fahrpersonalgesetz obliegt die Aufsicht über die Ausführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und Nr. 3821/85, des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals - AETR -sowie dieses Gesetzes den von den Landesregierungen bestimmten Behörden. In Berlin ist die Zuständigkeit nicht von der Landesregierung, sondern - verfassungsrechtlich unbedenklich - vom Landesgesetzgeber festgelegt worden: Danach gehört zu den Ordnungsaufgaben des Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit die Durchführung der Sozialvorschriften der EG im Straßenverkehr und des AETR (§ 24 Nr. 6 des Gesetzes über die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden - OrdZG - vom 19. Juli 1994 [GVBl. S. 241], zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. November 1997 [GVBl. S. 596]). Zur "Durchführung" der Sozialvorschriften gehört die Kontrolle ihrer Einhaltung, die Abwendung von Gefahren der Nichteinhaltung und die Ahndung von Verstößen, wofür die Klägerin mit der Fahrt ihres Reisebusses im Land Berlin Anlass gegeben hat. Der Beklagte konnte sich mit seinem an die Klägerin gerichteten Auskunftsverlangen gemäß § 4 Abs. 3 Fahrpersonalgesetz unabhängig vom Sitz der Klägerin auf diese Zuständigkeit stützen.

Die Auffassung der Klägerin, sie unterstehe wegen ihres Potsdamer Geschäftssitzes nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht der Berliner Aufsichtsbehörde, geht fehl. Es spricht schon einiges dafür, dass es wegen der soeben erörterten speziellen Vorschriften des § 4 Abs. 1 und 3 Fahrpersonalgesetz und § 24 Nr. 6 OrdZG nicht auf die allgemeinen Regeln des gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG Berlin auch für die Berliner Behörden geltenden Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes ankommt. Aber selbst bei Zugrundelegung des § 3 VwVfG beständen keine ernstlichen Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit des betreffenden Berliner Landesamtes. Denn nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens beziehen, diejenige Behörde zuständig, in deren Bezirk das Unternehmen betrieben wird. Anknüpfungspunkt ist - in Abgrenzung zum Sitz - das Betreiben des Unternehmens, also tatsächlich stattfindende Tätigkeiten oder Arbeitsvorgänge (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 3 Rn. 21, 22; Meyer in: Knack, VwVfG, 8. Aufl. 2004, § 3 Rn. 15; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 19; Ziekow, VwVfG, 1. Aufl. 2006, § 3 Rn. 16, jeweils m.w.N.). Ein Beförderungsunternehmen wird nicht nur am Geschäftssitz, sondern auf allen Beförderungsstrecken betrieben, sodass der Beklagte auch nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG zuständig war und die weitere Zuständigkeitsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG (Zuständigkeit der Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt) nicht erörtert werden muss.

Mit Blick auf den Verstoß gegen das Gebot einer wöchentlichen Ruhezeit kam die Verhängung einer Geldbuße gegen die Klägerin in Betracht, weil sie als Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass die vorgeschriebenen Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten eingehalten werden (vgl. schon § 7 a Abs. 1 Nr. 3 b und Abs. 2 des Fahrpersonalgesetzes i. d. F. vom 19. Februar 1987). Zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten erklärt § 9 Abs. 1 Fahrpersonalgesetz zusätzlich die in den §§ 37 und 38 des Gesetzes über die Ordnungswidrigkeiten - OWiG - bestimmten Verwaltungsbehörden für zuständig. Nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG ist für die Verfolgung und Ahndung diejenige Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die Ordnungswidrigkeit entdeckt worden ist. Das war hier am 15. Oktober 1997 in Berlin, Alexanderplatz, der Fall. Daraus folgt die Zuständigkeit der Berliner Behörde. Allerdings begründet auch der Ort des Begehens die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde (§ 37 Abs. 1 Nr.1 Alt. 1 OWiG), sodass insofern, als der Sorgfaltsverstoß auch am Geschäftssitz des Unternehmens begangen war, die Potsdamer Behörde zuständig war. Damit entfällt jedoch nicht die Zuständigkeit der Berliner Behörde. Denn bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten - hier mutmaßlich des Fahrers und der Klägerin -, die einzeln nach § 37 OWiG zur Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden gehören würden, ist nach § 38 Satz 1 OWiG jede dieser Verwaltungsbehörden zuständig. § 38 Satz 2 Alt. 2 OWiG stellt klar, dass zwischen mehreren Ordnungswidrigkeiten unter Anderem dann ein Zusammenhang besteht, wenn hinsichtlich derselben Tat - Nichtbeachtung des Ruhezeitgebotes - mehrere Personen einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werden. Aus alledem ergibt sich, dass für die Verfolgung der mutmaßlich von der Klägerin (bzw. von ihren vertretungsberechtigten Organen oder Beauftragten, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 OWiG) begangenen Ordnungswidrigkeiten jedenfalls auch die Berliner Aufsichtsbehörde zuständig war. Das Auskunftsverlangen war Teil der Verfolgung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens nicht durch ein Zeugnisverweigerungsrecht in Frage gestellt. Freilich kann nach § 4 Abs. 4 Fahrpersonalgesetz der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Die bloße Bekanntgabe der Personalien und Zuständigkeitszeiträume ihrer Mitarbeiter erscheint indessen für die Klägerin - übrigens auch für ihre Mitarbeiter - noch nicht geeignet, eine Verfolgungsgefahr zu begründen, da ein Schuldvorwurf die Feststellung weiterer Tatsachen voraussetzen würde. Deren Aufklärung wäre Gegenstand eines möglicherweise nachfolgenden Ordnungswidrigkeitenverfahrens gewesen. Auf eine Verfolgungsgefahr hat die Klägerin ihren Widerspruch gegen das Auskunftsverlangen denn auch nicht gestützt.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die sich im Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung bedarf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328). Die von der Klägerin gestellte Frage, ob die Behörde eines Landes, in welchem die Ordnungswidrigkeit eines Busfahrers festgestellt worden ist, auch Auskünfte betreffend den gesamten Betrieb eines Unternehmens, welches sich in einem anderen Bundesland befindet, einholen darf, würde sich in einem Berufungsverfahren jedoch nicht stellen, weil sich das streitige Auskunftsverlangen nicht auf den gesamten Betrieb der Klägerin, sondern nur auf die Mitteilung von Personalien und Zuständigkeitszeiträumen bezieht. Dass das hier streitige Auskunftsverlangen rechtens ist, ist überdies vorstehend anhand der Gesetzeslage bereits ausgeführt.

3. Schließlich kommt auch eine Zulassung wegen Verfahrensmängeln nicht in Betracht. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO setzt als Zulassungsgrund voraus, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Das ist indessen hier nicht der Fall. Mit dem Vorwurf von Verfahrensmängeln (Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht und daraus folgende unzutreffende Annahmen, insbesondere die H_____ sei eine Vorläufergesellschaft der Klägerin und die Klägerin sei schwerpunktmäßig in Berlin tätig, ferner die Unterlassung des Verwaltungsrichters, die gegen ihn bestehenden Ablehnungsgründe anzuzeigen und die Verfahrensbeteiligten zu der Selbstanzeige zu hören), greift die Klägerin lediglich Ausführungen des Verwaltungsgerichts an, die die Entscheidung nicht tragen ("obiter dicta"). Die angegriffenen Ausführungen kulminieren darin, es sei geboten, eine Firma, die schwerpunktmäßig in Berlin tätig sei, gerade an diesem Betriebsort besonders streng zu überwachen, nachdem hier ihrer Rechtsvorgängerin, der H_____, wegen zahlreicher Verstöße gegen die Sozialvorschriften die Konzession entzogen worden sei. Darauf, wer Rechtsvorgänger der Klägerin war und ob sie schwerpunktmäßig in Berlin tätig ist, kam es indessen - wie vorstehend zu II.1 ausgeführt - für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens nicht an, wie es auch nicht darum ging, ob eine einfache oder besonders strenge Überwachung stattfinden müsse. Deshalb kann die Entscheidung über die Klage nicht auf den von der Klägerin behaupteten Verfahrensmängeln beruhen. Der Vorwurf, der Richter M_____ habe den Sachverhalt aufgeklärt, ohne der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, trifft überdies nicht zu, denn er hat zu den entsprechenden Informationen mit Schreiben vom 8. Juli 1998 (Bl. 30 GA), 8. Oktober 1998 (Bl. 50 GA), 28. Juli 1999 (Bl. 81 GA) und 13. Januar 2000 (Bl. 87 GA) der Klägerin jeweils eine Stellungnahme ermöglicht. Was den Beweisantrag betrifft, Herrn J_____ als Zeugen zu vernehmen, ist dessen Nichtbescheidung im schriftlichen Verfahren ebenfalls nicht entscheidungserheblich, denn seine vorausgesagte Bekundung, das Berliner Amt habe das Potsdamer Amt um Ermittlungen vor Ort gebeten, also die weitere Verfolgung an das Land Brandenburg abgegeben, kann als wahr unterstellt werden, ohne dass sich der Prozessausgang ändern würde. Wie schon ausgeführt, können nach § 9 Abs. 1 Fahrpersonalgesetz i. V. m. § 37 Abs. 1 Nr. 1 OWiG mehrere Behörden nebeneinander für die Verfolgung und Ahndung der betreffenden Ordnungswidrigkeiten zuständig sein. Insofern ist das Berliner Landesamt, ohne an eine Verwaltungspraxis gebunden zu sein, im Rahmen des § 39 OWiG frei in der Entscheidung, die Verfolgung abzugeben oder selbst vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 72 Nr. 1 GKG, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 und 3 GKG a. F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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