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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: OVG 1 N 85.08
Rechtsgebiete: VwGO, StVG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 a Abs. 4
StVG § 4 Abs. 3 S. 2
Im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren ist eine (erneute) Prüfung der Frage, ob der Betroffene die punkterelevanten Verkehrsverstöße begangen hat, durch die Bindung an rechtskräftiger Entscheidungen über die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG ausgeschlossen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 1 N 85.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath am 28. November 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Juli 2008 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, über den mit dem Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter entscheidet, hat keinen Erfolg.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der gegen den Kläger mit Bescheid vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2008 verfügte, auf § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 3 StVG gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktesystem bestätigt und die Klage abgewiesen. Den Vortrag des Klägers, er sei für die bis April 2006 begangenen Ordnungswidrigkeiten überwiegend nicht verantwortlich, diese seien ihm von seinem damaligen Arbeitgeber "untergeschoben" worden, hat es für unglaubhaft und rechtlich nicht erheblich gehalten.

Das gegen dieses Urteil gerichtete Zulassungsbegehren bezeichnet bereits keinen Zulassungsgrund ausdrücklich, auf den es sich berufen möchte. Es genügt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Nach dieser Vorschrift sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, fristgebunden darzulegen, d.h. der Antragsteller muss sich auf mindestens einen der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe berufen und unter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil erläutern, warum dieser Grund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt als selbständige Zulässigkeitsvoraussetzung eine aus sich selbst heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene Darstellung, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf Grund einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzt. Die Darlegungspflicht dient dazu, dem Oberverwaltungsgericht eine zügige und geordnete Prüfung zu ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht; es soll nicht dem Gericht überlassen bleiben, den Gehalt nicht entsprechend strukturiert, sondern in der Art einer Berufungsbegründung vorgetragener Einwände gegen das angefochtene Urteil eigenständig darauf zu untersuchen, ob und gegebenenfalls welchem Zulassungsgrund sich das Vorbringen zuordnen lässt (ständige Senatsrechtsprechung, etwa Beschluss vom 21. Februar 2006 - OVG 1 N 90.05 - m.w.N.).

Soweit der Kläger zusammenfassend meint, das Urteil sei "wegen inhaltlicher Fehler und einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung unrichtig" und "deswegen sowie zur Fortbildung des Rechts in der Frage der Überprüfbarkeit bereits bestandskräftiger Entscheidungen im Verfahren auf Entzug der Fahrerlaubnis aufzuheben", so liegen die damit der Sache nach einschlägigen Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor. Der Kläger verkennt mit der Weiterverfolgung seines bisherigen Vorbringens, er habe nicht alle der Fahrerlaubnisentziehung zugrunde liegenden Verstöße selbst begangen, dass im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren eine Prüfung der Frage, ob der Betroffene die punkterelevanten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen hat, durch die Bestimmung des § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG in der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung ausgeschlossen ist. Die von ihm für eine solche Nachprüfbarkeit herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 54.92 - NJW 1995, 70) bezieht sich - wie der Kläger selbst erkennt - auf die frühere Fassung des § 2 a Abs. 2 Nr. 1 StVG. Die Vorschrift ist indessen mit Wirkung vom 1. Januar 1999 ebenfalls dahin geändert worden (Art. 1 Nr. 3 a des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 24. April 1998, BGBl. I S. 747), dass die Fahrerlaubnisbehörde an rechtskräftige Entscheidungen über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit uneingeschränkt gebunden ist, so dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts insoweit überholt ist. Danach wird die Begründung des Urteils, das Vorbringen des Klägers sei rechtlich nicht erheblich, durch das Zulassungsvorbringen nicht schlüssig in Frage gestellt; auf die Beanstandung der Würdigung des klägerischen Vorbringens durch das Verwaltungsgericht als unglaubhaft kann die Zulassung des Rechtsmittels danach - unabhängig von deren Gehalt - nicht gestützt werden, weil damit ohne Einfluss auf das Entscheidungsergebnis nur eine der beiden selbständig tragenden Begründungen in Frage gestellt würde. Eine grundsätzlich klärungsbedürftige Fragestellung wirft die entscheidungserhebliche Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 StVG nicht auf. Dass die Bindungswirkung der Fahrerlaubnisbehörde an rechtskräftige Strafurteile und Bußgeldbescheide uneingeschränkt ist, ergibt sich aus dem Gesetz selbst. Die aus dieser Bindung resultierende Beschränkung des verwaltungsgerichtlichen Prüfprogramms folgt aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht der durch die Gesetzesmaterialien belegten Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 13/6914, S. 69; BR-Drs. 821/96, S. 52, 71). Dieses auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Normverständnis entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (zuletzt etwa BayVGH, Beschlüsse vom 15. September 2008 - 11 Cs 08.2398 - zitiert n, juris, Rn. 16, und vom 11. Juli 2008 - 11 Cs 08.1572 - zit. n. juris, Rn. 10; ferner OVG NW, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 - NZV 2006, 224; Nds. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2003 - 12 ME 810/02 - NJW 2003, 1472; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 1999 - 3 Bs 250/99 - NZV 2000, 269), auch des erkennenden Senats (Beschluss vom 13. März 2008 - OVG 1 S 41.08 - Beschlussabdruck S. 4 f.). Mit alledem setzt sich die Begründung des Zulassungsantrages nicht auseinander; es ist daher nichts erkennbar, was grundsätzlich noch in verallgemeinerungsfähiger Weise klärungsbedürftig sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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