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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 22.07.2008
Aktenzeichen: OVG 10 S 2.08
Rechtsgebiete: BauGB, LHO, VwGO, EBG, StrReinG


Vorschriften:

BauGB § 123 Abs. 1
BauGB § 131 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 133 Abs. 1
BauGB § 133 Abs. 2
BauGB § 134 Abs. 1
BauGB § 134 Abs. 1 Satz 1
LHO § 3 Abs. 2
LHO § 64 Abs. 2
LHO § 64 Abs. 4
VwGO § 146 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 147
EBG § 5 Abs. 1
EBG § 5 Abs. 1 Nr. 1
EBG § 5 Abs. 2
EBG § 5 Abs. 3
EBG § 5 Abs. 4
EBG § 5 Abs. 5
EBG § 5 Abs. 6
EBG § 5 Abs. 7
EBG § 5 Abs. 8
EBG § 5 Abs. 8 Satz 1
EBG § 5 Abs. 9
EBG § 5 Abs. 9 Nr. 1
EBG § 8
EBG § 21
StrReinG § 5 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 10 S 2.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 10. Senat durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Krüger und die Richterinnen am Oberverwaltungsgericht Gaube und von Lampe am 22.07.2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 49.442,24 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen für die (nach der insoweit nicht angegriffenen Würdigung des Verwaltungsgerichts) am 13. Februar 2003 i.S.d. § 133 Abs. 2 BauGB endgültig und rechtmäßig hergestellte M_____ in B_____. Die Antragstellerin ist eine von dem Antragsgegner zur Vermarktung von Grundstücken gegründete GmbH und Co.KG. Zu diesem Zweck übertrug ihr der Antragsgegner u.a. die im Grundbuch von R_____unter verschiedenen laufenden Nummern eingetragenen Flurstücke 491, 495 und 498, die Gegenstand der Heranziehung sind. Die Grundbucheintragung datiert vom 11. Juni 2003.

Nach dem zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner am 9. November 2000 geschlossenen notariellen "Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag" steht das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen, im Namen der Antragstellerin, jedoch auf Risiko und für Rechnung des Antragsgegners zu verwertenden Grundstücken dem Antragsgegner zu (§ 5 Abs. 2). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 und 4 LHO bedarf die Veräußerung von Grundstücken der Zustimmung der - im Übrigen als Treugeber auch zur Anweisung von Grundstücksübertragungen befugten (§§ 8 Abs. 1 i.V.m. 5 Abs. 3 Satz 2) - Senatsverwaltung für Finanzen, welche zuvor die Entscheidung des Abgeordnetenhauses einzuholen hat (§ 7 Abs. 5). Die Antragstellerin hat nach § 6 Abs. 2 einen "Anspruch auf Erstattung aller Aufwendungen, welche ihr in ordnungsgemäßer Erfüllung dieses Vertrages entstehen..." und ist nach § 6 Abs. 3 verpflichtet, "alles, was sie in Ausführung dieses Vertrages erhalten hat", an den Antragsgegner abzuführen. Die "Einnahmen und Ausgaben gemäß den vorstehenden Absätzen" sind nach § 6 Abs. 4 jährlich abzurechnen; "nur" der sich aus der Abrechnung ergebende Saldo ist von der Antragsstellerin an den Antragsgegner abzuführen bzw. von dem Antragsgegner auszugleichen. - Unter dem 8. August 2001 wurde eine "Zusatzvereinbarung" zu dem vorgenannten Vertrag geschlossen. Hiernach soll die Übereignung von dem Antragsgegner gehörenden Grundstücken auf die Antragstellerin erschließungsbeitragsfrei sein, soweit "Erschließungsanlagen oder Teileinrichtungen bis zum 31. Dezember 2000 im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts endgültig hergestellt waren und dafür andere Grundstücke veranlagt worden sind." "Hiervon" sollten "Rechte Berlins wegen Beiträgen zu anderen Erschließungsanlagen ... unberührt" bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den von dem Antragsgegner, vertreten durch das Bezirksamt R_____, erlassenen Erschließungsbeitragsbescheid vom 4. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2006, geändert durch Bescheid vom 24. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2007 anzuordnen, abgelehnt. Zur Begründung hat es (u.a.) ausgeführt, dass die Antragstellerin als im Grundbuch eingetragene Eigentümerin der Flurstücke persönlich beitragspflichtig sei. Da § 134 Abs. 1 (Satz 1) BauGB im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit auf den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer abstelle, komme es nicht darauf an, dass nach § 5 Abs. 2 Satz 1 des Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrages das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Grundstücken weiterhin dem Antragsgegner zustehen solle. Bei der formellen Betrachtung (nur) anhand des Grundbuchs müsse zudem der (zivilrechtliche) Erstattungsanspruch des § 6 Abs. 2 des Vertrages selbst dann außer Betracht bleiben, wenn er auch Erschließungsbeiträge umfasse. Im Übrigen spreche die Zusatzvereinbarung vom 8. August 2001 dafür, dass die Antragstellerin auch nach dem Verständnis der Vertragsparteien dem Grunde nach erschließungsbeitragspflichtig sei. Schließlich sei die Höhe des geltend gemachten Erschließungsbeitrages nicht zu beanstanden.

Mit der gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobenen Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, dass sie nicht zur Zahlung des Erschließungsbeitrages hätte herangezogen werden dürfen, jedenfalls aber der Beitrag nicht in der festgesetzten Höhe entstanden sei.

II.

Die nach §§ 146 Abs. 1 und 4, 147 VwGO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 1. Alt. VwGO) vorgebrachten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.

1. Auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens unterliegt es keinen ernstlichen d. h. überwiegenden Zweifeln (i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), dass der Antragsgegner die Antragstellerin als grundbuchmäßige Eigentümerin von ihr nach Maßgabe des Vertrages vom 9. November 2000 übertragenen Grundstücken zu Erschließungsbeiträgen heranziehen kann.

a) Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin für die bürgerlich-rechtlich und damit - von der hier nicht einschlägigen Ausnahme abgesehen - auch erschließungsbeitragsrechtlich jeweils als gesonderte Grundstücke anzusehenden (s. zum erschließungsbeitragsrechtlichen Grundstücksbegriff: BVerwG, Urteil vom 16. September 1998 - 8 C 8.97 -, juris, unter Hinweis auf die std. Rspr; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 17 RN 5 ff) Flurstücke 491, 495 und 498 persönlich beitragspflichtig ist (§ 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

Nach dem bereits von dem Verwaltungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 1979 - IV C 25.76 - (juris) stellt § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB "aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit auf den (im Grundbuch eingetragenen) Eigentümer, nicht aber auf den Begriff des ,wirtschaftlichen Eigentümers' ab". Unter Zugrundelegung dieses Urteils ist die Beitragspflicht in der Person der Antragstellerin entstanden, da sie im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides i.d.F. des Änderungsbescheides im Grundbuch als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen war. Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin greifen im Ergebnis nicht durch.

Zwar trifft es zu, dass dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ein anderer Sachverhalt zugrunde lag: In dem von dem Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war sowohl der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides im Grundbuch eingetragene Eigentümer als auch der - möglicherweise als wirtschaftlicher Eigentümer in Betracht kommende - Grundstückskäufer von der beitragserhebenden Gemeinde rechtlich und wirtschaftlich unabhängig. Demgegenüber sind vorliegend der wirtschaftliche Eigentümer (vgl. die jedenfalls im Steuerrecht geltende Legaldefinition des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) und die beitragserhebende Gemeinde identisch. Auch steht der beitragserhebenden Gemeinde als Treugeber ein Grundstücksübertragungen umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem grundbuchmäßigen Eigentümer zu (§ 8 Abs. 1 des Vertrages vom 9. November 2000) und bedürfen bestimmte Grundstücksveräußerungen ihrer Zustimmung (§ 7 Abs. 5 des Vertrages). Jedoch bedeutet dies nicht, dass der Antragsgegner, insbesondere die Bezirksämter als beitragserhebende Stellen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AZG), die für die Geltendmachung von Erschließungsbeiträgen erforderliche Kenntnis besitzt. Sowohl das Weisungsrecht als auch der Zustimmungsvorbehalt beziehen sich nur auf einzelne Grundstücksveräußerungen. Dass die Antragstellerin verpflichtet ist, den Antragsgegner umfassend und umgehend über alle Grundstücksveräußerungen zu informieren, hat die Antragstellerin nicht einmal ansatzweise dargetan. Gegen einen derartigen Informationsfluss sprechen gerade das vorliegende vorläufige Rechtsschutz- und das entsprechende Klageverfahren. Denn - unbeschadet der Bedeutung der Zusatzvereinbarung vom 8. August 2001 zu dem "Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag" - sind sowohl die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Schreiben des Senatsbaudirektors an das Bezirksamt R_____ vom 10. Oktober 2001) als auch nach die Senatsverwaltung für Finanzen (Schreiben des Staatssekretärs an die Senatsverwaltungen und Bezirksämter vom 7. Februar 2002) der Ansicht, dass die Antragstellerin erschließungsbeitragspflichtig ist, soweit - wie hier - die Voraussetzungen der Zusatzvereinbarung nicht vorliegen. Es kann daher nur angenommen werden, dass insbesondere die nach dem "Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag" der Antragstellerin gegenüber weisungsbefugte Senatsverwaltung für Finanzen von den Verfahren, in denen die Antragstellerin eine ihr und der für Erschließungsbeiträge zuständigen Senatsverwaltung widersprechende Auffassung vertritt, keine Kenntnis hat. Die mithin hier nicht ersichtliche umfassende und sofortige Information des Antragsgegners über jede einzelne Grundstücksveräußerung wäre jedoch erforderlich, damit der Antragsgegner zeitnah nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht Heranziehungsbescheide an die nach § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB persönlich Beitragspflichtigen erlassen kann. Nur so wäre gewährleistet, dass der Antragsgegner dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) sowie seiner Beitragserhebungspflicht (§ 127 Abs. 1 BauGB) nachkommen kann, um die ihm gemäß § 123 Abs. 1 BauGB grds. obliegende Erschließungspflicht kontinuierlich und zügig zu erfüllen (vgl. zu diesem Ziel der Beitragserhebungspflicht Driehaus a.a.O., § 10 RN 2).

Schon angesichts des Vorstehenden kommt dem Einwand der Antragstellerin, dass ihre Heranziehung als grundbuchmäßige Eigentümerin nicht zum Schutz der "späteren endgültigen Erwerber" geboten sei, weil ein Erwerber von gemeindeeigenen Grundstücken ohnehin damit rechnen müsse, Erschließungsbeiträge zu zahlen, kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Zudem spricht die von der Antragstellerin zur Begründung (sinngemäß) angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade dafür, im Rahmen des § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf den grundbuchmäßigen Eigentümer abzustellen. Nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1983 - 8 C 29.82 - und vom 5. Juli 1985 - 8 C 127.83 - (beide zitiert nach juris; s. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 1 L 85.01 -, NVwZ-RR 2002, 772) kann wegen der Regelung des § 133 Abs. 1 BauGB die abstrakte Beitragspflicht für ein gemeindeeigenes (nicht mit einem Erbbaurecht belastetes, vgl. § 134 Abs. 1 Satz 2 BauGB) Grundstück von vornherein nicht entstehen, weil jedenfalls im bundesrechtlich geregelten Erschließungsbeitragsrecht (s. zum Steuer- und Kommunalabgabenrecht BGH, Beschluss vom 18. April 2000 - III ZR 194/99 -, juris) "niemand sein eigener Schuldner sein kann". Mit dieser Rechtsprechung soll verhindert werden, dass bei gemeindeeigenen Grundstücken die Beitragspflicht zunächst für eine logische Sekunde entsteht und sodann durch Konfusion erlischt (Urteil vom 21. Oktober 1983 a.a.O.). Die Gefahr der Konfusion von Forderung und Schuld besteht indes nicht, wenn - wie hier (§§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB) - der grundbuchmäßige Eigentümer gegenüber dem wirtschaftlichen Eigentümer rechtlich selbständig ist. Vielmehr ist es bei rechtlicher Selbständigkeit - auch eines von der Gemeinde "beherrschten" Unternehmens - möglich, dass als Folge der endgültigen Herstellung einer beitragsfähigen Erschließungsanlage kraft Gesetzes zwischen der Gemeinde und dem mit ihr nicht identischen Schuldner ein Rechtsverhältnis mit dem Inhalt einer abstrakten Beitragspflicht entstehen kann. Allein hierauf kommt es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juli 1985 a.a.O. an. Ist aber die Beitragspflicht in Bezug auf ein i.S.d. § 133 Abs. 1 BauGB bebaubares Grundstück entstanden, so gebietet es, wie ausgeführt, sowohl das Landeshaushaltsrecht als auch die Beitragserhebungspflicht der Gemeinde, zügig den Beitrag festzusetzen und anzufordern. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann die Gemeinde daher nicht bis zur Veräußerung des Grundstücks an einen Dritten zuwarten, zumal da ungewiss ist, ob dies vor Ablauf der Erhebungsfrist des § 21 EBG geschieht.

Mit ihrem übrigen Vorbringen macht die Antragstellerin geltend, dass der Antragsgegner _____(im Rahmen des § 5 Abs. 3 StrReinG bzw. bei der Aufstellung des Landeshaushalts) die der Antragstellerin übertragenen Grundstücke als erschließungsbeitragsfreie landeseigene Grundstücke behandele. Dieses tatsächliche Verhalten des Antragsgegners ist jedoch für die rechtlich gebotene Auslegung des § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB ohne Belang.

Nach alledem ist es überwiegend wahrscheinlich, dass in Übereinstimmung mit dem regelmäßig nicht nur im Erschließungsbeitragsrecht, sondern auch im Baurecht geltenden (BVerwG, Urteil vom 16. September 1998 a.a.O.) bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB selbst dann nicht auf den wirtschaftlichen, sondern auf den grundbuchmäßigen Eigentümer abstellt, wenn dieser als rechtlich selbständiger Treuhänder vormals gemeindeeigene Grundstücke auf Risiko und für Rechnung der Gemeinde verwaltet.

b) Die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung steht bei summarischer Prüfung der Geltendmachung der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstandenen Beitragspflicht der Antragstellerin nicht entgegen.

Es spricht bereits viel dafür, dass sich die Antragstellerin durch Abschluss der Zusatzvereinbarung vom 8. August 2001 jeglicher Einrede der unzulässigen Rechtsausübung begeben hat, soweit es, wie hier, um Erschließungsbeiträge für die Herstellung "anderer Erschließungsanlagen" i.S.d. Satzes 2 der Zusatzvereinbarung geht. Denn aus der Gegenüberstellung von Satz 1 und Satz 2 der Zusatzvereinbarung ergibt sich der klare Wille der Vertragsparteien, dass die Antragstellerin ausschließlich für die in Satz 1 aufgeführten Erschließungsanlagen keine Zahlungspflicht treffen soll, sie im Übrigen wie jeder andere Anlieger herangezogen werden kann. Die Antragstellerin verhält sich selbst widersprüchlich, wenn sie einerseits mit der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung ihre Zahlungspflicht für die unter Satz 2 fallenden Erschließungsanlagen anerkennt und andererseits bei Geltendmachung eines entsprechenden Erschließungsbeitrages die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung erhebt.

Unabhängig davon begründet § 6 Abs. 2 des "Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrages" keine Pflicht des Antragsgegners zur alsbaldigen Rückzahlung (Einrede dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est) des Erschließungsbeitrages. Dies gilt selbst dann, wenn Erschließungsbeiträge als "Aufwendungen" im Sinne dieser Vertragsbestimmung anzusehen sein sollten. Denn der "Erstattungsanspruch" des § 6 Abs. 2 steht der Antragstellerin nicht mit Entstehen ihrer Beitragspflicht zu; auch kann er nicht selbständig der Erschließungsbeitragsforderung entgegengesetzt werden. Vielmehr geht nach § 6 Abs. 4 Satz 1 des Vertrages ein solcher "Erstattungsanspruch" in der jährlichen Gesamtsaldierung auf, wobei nach Satz 2 dieser Regelung Zahlungspflichten des Antragsgegners nur bestehen, wenn die Ausgaben der Antragstellerin ihre Einnahmen übersteigen. Die Annahme eines gesonderten Anspruchs auf Erstattung des Erschließungsbeitrages stünde mithin als vorgezogene Teilsaldierung in klarem Widerspruch zu § 6 Abs. 4 des Vertrages.

Ebensowenig verhält sich der Antragsgegner widersprüchlich, wenn er gegenüber der Antragstellerin als Grundstückseigentümerin die Erteilung einer Ausnahme nach § 5 Abs. 3 StrReinG mit der Begründung ablehnt, dass im Eigentum des Antragsgegners stehende Grundstücke von der Härtefallregelung nicht erfasst werden. Denn, wie aus den Ausführungen zu vorstehend a) folgt, ist es eine Frage der Auslegung des jeweiligen Gesetzes, ob wirtschaftliches Eigentum des Abgabengläubigers dem grundbuchmäßigen Eigentum gleichzustellen ist. Schließlich können nach Ansicht der Antragstellerin bestehende Widersprüche im Haushaltsplan schon wegen § 3 Abs. 2 LHO gegenüber der Antragstellerin keine Wirkung entfalten.

2. Auch das gegen die Höhe des Erschließungsbeitrags gerichtete Beschwerdevorbringen stellt die Ergebnisrichtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht in Frage.

Dies gilt zunächst hinsichtlich des Ansicht der Antragstellerin, dass der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die Parkflächen zu Unrecht unter Zugrundelegung der nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 d EBG höchstzulässigen Breite der Verkehrsanlage berechnet worden sei, vielmehr gemäß § 5 Abs. 9 Nr. 1 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 EBG die tatsächliche Breite maßgeblich sei. Hiermit wirft die Antragstellerin eine offene Rechtsfrage auf, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 8 Satz 1 EBG ist nicht eindeutig, ob unter den "nach den Absätzen 1 bis 5 maßgebenden Breiten" die höchstzulässige oder die tatsächliche Breite zu verstehen ist. Für die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass es bei der Berechnung der Verkehrsfläche auf die höchstzulässige Breite ankomme, spricht, dass § 5 Abs. 1 bis 7 EBG für die Ermittlung des "beitragsfähigen Umfanges der Verkehrsanlagen" allein Höchstbreiten benennt, während der tatsächliche Umfang der Anlage erst bei der Berechnung des "beitragsfähigen Erschließungsaufwandes" nach § 8 EBG Erwähnung findet. Andererseits könnte nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 8 EBG bereits dieser Absatz regeln, welcher "Erschließungsaufwand ... beitragsfähig" ist, wenn, wie hier, die tatsächliche Breite der Verkehrsanlage hinter der höchstzulässigen Breite zurückbleibt. Denn bei Abstellen auf die Höchstbreite könnte es zu einem von dem Gesetzgeber nicht gewollten unverhältnismäßig hohen Anteil der in § 5 Abs. 9 EBG genannten Teileinrichtungen an der gesamten Verkehrsanlage kommen, und zwar dann, wenn beispielsweise Fahrbahn und Gehweg einer Straße wegen eines atypischen Verkehrsbedürfnisses ungewöhnlich schmal sind.

Ebensowenig begründet der weitere Einwand der Antragstellerin ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides. Entgegen ihrer Ansicht ist es für das Erschlossensein sowohl i.S.d. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB als auch i.S.d. § 133 Abs. 1 BauGB der Gesamtflächen der Flurstücke 495 und 498 ohne Belang, dass der Bebauungsplan XX-55-1 nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten Teilflächen der Grundstücke als Straßenland festsetzt. Denn dieser Bebauungsplan war nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 13. Februar 2003 noch nicht in Kraft. Unerheblich ist, ob der Aufstellungsbeschluss bereits vor dem 13. Februar 2003 gefasst wurde. Denn maßgeblich sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Spätere Änderungen dieser Verhältnisse haben selbst dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit eines Erschließungsbeitragsbescheides, wenn mit ihnen schon im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht zu rechnen war (BVerwG, Beschluss vom 13. März 1995 - 8 B 5.95 -, juris; Driehaus a.a.O., § 19 RN 22).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 GKG; der Senat folgt der Begründung des Verwaltungsgerichts.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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