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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: OVG 11 B 9.06
Rechtsgebiete: KG, AKostG


Vorschriften:

KG § 1
KG § 5
KG § 6
KG § 25
AKostG § 1
AKostG § 7
AKostG § 10
AKostG § 14
AKostG § 19
Eine konsularische Hilfe i.S.d § 5 Abs. 1 Satz 1 KG auslösende Notlage muss nicht zwingend finanzieller Natur sein.
OVG 11 B 9.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel, die ehrenamtliche Richterin Grafen und den ehrenamtlichen Richter Chrapary für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. April 2006 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Kosten ihrer Befreiung aus Geiselhaft.

Im Jahr 2003 unternahm die Klägerin eine mehrmonatige Reise nach Südamerika, in deren Verlauf sie auch Kolumbien besuchte. Anfang September 2003 brach sie mit einer insgesamt achtköpfigen Gruppe unterschiedlicher Nationalität zu einer Trekkingtour in die historische Ruinenstadt "Ciudad Perdida" in der Sierra Nevada Santa Marta im Nordwesten Kolumbiens auf. Am 12. September 2003 wurde die Gruppe von der ELN (Ejército de Liberacion Nacional - Nationale Befreiungsarmee), der zweitgrößten Rebellengruppe Kolumbiens, entführt und in den Dschungel verschleppt. Die Klägerin wurde schließlich am 23. November 2003 zusammen mit einer spanischen Geisel freigelassen, nachdem die Hauptforderung der ELN, nämlich die Untersuchung behaupteter Menschenrechtsverletzungen sowie der Lebensverhältnisse in nordkolumbianischen Bergdörfern durch eine unabhängige Kommission - die so genannte Verifikationskommission - erfüllt worden war. Der Freilassung der Klägerin waren intensive Bemühungen des Auswärtigen Amtes und der Deutschen Botschaft Bogotá, der Vertretungen der Heimatstaaten der weiteren Geiseln, kolumbianischer Behörden, der Vereinten Nationen, des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) sowie von Menschenrechtsorganisationen und kirchlichen Kreisen vorausgegangen. Die genauen Modalitäten der Freilassung wurden letztlich zwischen einem seinerzeit in Bogotá in Haft befindlichen Führer der ELN und kirchlichen Vermittlern sowie Vertretern des IKRK ausgehandelt. Im Zuge dieser Verhandlungen hatte sich ergeben, dass die ELN die Abholung der beiden Geiseln durch einen zivilen Hubschrauber zur Bedingung für die Freilassung machte. Darüber hinaus hatte die ELN darauf bestanden, dass eine Delegation, der u.a. Vertreter der Verifikationskommission angehören sollten, mit dem zivilen Hubschrauber zum Übergabeort gebracht werden sollte. Nachdem das IKRK durch die deutsche und die spanische Botschaft die Zusagen zur jeweils anteiligen Kostenübernahme erhalten hatte, charterte es den Hubschrauber. Dieser kehrte nach der Übergabe der beiden Geiseln am Abend des 24. November 2003 über Valledupar, wo er betankt wurde und die Mitglieder der dort tagenden Verifikationskommission abgesetzt wurden, nach Bogotá zurück. Am nächsten Tag trat die Klägerin den Rückflug nach Deutschland an, für den keine zusätzlichen Kosten anfielen, weil ihr Rückflugticket aus Kulanzgründen umgebucht wurde.

Die Hubschrauberkosten wurden je zur Hälfte von der Beklagten und spanischen Behörden getragen. Der auf die Beklagte entfallende Anteil betrug 12.640,05 Euro. Am 22. Januar 2004 informierte die Beklagte die Klägerin telefonisch über den geplanten Erlass eines Kostenbescheides. Nach dem hierüber gefertigten Vermerk habe sich die Klägerin einverstanden gezeigt, zumindest nicht ausdrücklich widersprochen. Sie habe auf Verdienstausfall und Schulden von ca. ... € hingewiesen und geäußert, den Betrag wahrscheinlich nicht sofort zahlen zu können. Daraufhin nahm die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 23. Januar 2004 auf Auslagenersatz in Höhe von 12.640,05 Euro in Anspruch, den sie auf §§ 5 Abs. 5, 25 des Konsulargesetzes - KG - i. V. m. §§ 1, 7, 10 des Auslandskostengesetzes - AKostG - stützte. In Heft 7/2004 veröffentlichte die Zeitschrift "Der Stern" über die Entführung einen Bericht, an dem die Klägerin gegen Vergütung mitgewirkt hatte.

Das Verwaltungsgericht hat der von der Klägerin am 26. Februar 2004 erhobenen Klage durch Urteil vom 4. April 2006 stattgegeben und den Bescheid vom 23. Januar 2004 aufgehoben. Diesem fehle bereits eine gesetzliche Grundlage, so dass es keiner Entscheidung bedürfe, ob er mangels ordnungsgemäßer Anhörung gemäß § 28 VwVfG auch formell rechtswidrig sei. Die Beklagte könne ihren Bescheid nicht auf § 5 Abs. 5 Satz 1 Konsulargesetz - KG - stützen, wonach der Empfänger einer Hilfeleistung zum Ersatz der Auslagen verpflichtet sei. Es fehle bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, weil die Beklagte gegenüber der Klägerin keine Hilfe nach § 5 Abs. 1 bis 4 KG erbracht habe. § 5 KG vermittele als Sollvorschrift ausschließlich Ansprüche auf "soziale" Hilfeleistungen in - akuter, vorübergehender - wirtschaftlicher Not und erfasse dementsprechend auch in der Bestimmung über den Ersatz der Auslagen - § 5 Abs. 5 Satz 1 KG - allein diejenigen Zahlungen bzw. Sachleistungen, die der Beseitigung eines finanziellen Engpasses dienten. Dies folge sowohl aus Wortlaut und Regelungszusammenhang der Norm wie auch aus deren Entstehungsgeschichte. Bei der Klägerin habe keine wirtschaftliche Notlage vorgelegen, sondern eine Gefahrenlage für Leib und Leben durch politisch motiviertes, strafbares Handeln Dritter. Der von den Entführern ausdrücklich geforderte Hubschraubereinsatz habe ebenso wie die Einrichtung der Verifikationskommission selbst zu den "politischen" Gegenleistungen für die Befreiung der Klägerin gehört und sei Teil der Befreiungsaktion gewesen, die an sich dem kolumbianischen Staat oblegen habe. Auf Vorschriften des Auslandskostengesetzes könne der angefochtene Bescheid ebenfalls nicht gestützt werden. Diese setzten eine Amtshandlung nach §§ 1 bis 17 KG voraus, an der es hier fehle. Die Bewältigung einer Entführung von Deutschen im Ausland, zumal wenn diese politisch motiviert sei, stelle sich als eine ebenso heikle wie komplexe Aufgabe dar. Mit den konsularischen Aufgaben, die zumeist alltägliche Vorkommnisse beträfen und von dem einzelnen Konsularbeamten oder dem Botschafter ohne große Schwierigkeiten in alleiniger Zuständigkeit "vor Ort" und ohne diplomatische Abstimmung mit dem Gastland erledigt werden könnten, habe ein solcher Krisenfall kaum etwas gemein. Die Unanwendbarkeit des Konsulargesetzes bedeute allerdings weder, dass die Beklagte in Entführungsfällen der vorliegenden Art zu einer Hilfegewährung nicht berechtigt und verpflichtet wäre, noch, dass sie nach erfolgter Hilfe keinerlei rechtliche Möglichkeiten besäße, Auslagenersatz zu fordern. Dass die Bundesrepublik Deutschland ihren Staatsangehörigen in existentiellen Notlagen wie einer politisch motivierten Entführung im Ausland grundsätzlich Schutz gewähren müsse, folge unmittelbar aus der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG enthaltenen staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit. Solange eine ausdrückliche spezialgesetzliche Kostenerstattungsregelung fehle, sei es grundsätzlich denkbar, dass der Staat vom Hilfeempfänger für kostenverursachende Hilfemaßnahmen nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) Ersatz verlange. Insoweit fehle aber jedenfalls eine Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheides.

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte u.a. geltend: Rechtsgrundlage für die Rückforderung der im Wege der konsularischen Hilfeleistung gewährten Auslagen sei § 5 Abs. 5 KG i.V.m. §§ 7, 10 AKostG. § 5 KG könne nicht auf Fälle der sozialen Hilfeleistung begrenzt werden. Die Vorschrift nehme keine Differenzierung hinsichtlich der Art der Notlage vor. Selbst wenn ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet wäre, ergäbe sich eine Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der fraglichen Auslagen aus §§ 1, 25 KG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1 Abs. 1 AKostG. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass in komplexen Situationen wie etwa Entführungsfällen oder den in § 6 Abs. 1 KG geregelten Konstellationen Tätigkeiten der Zentrale des Auswärtigen Amtes und Amtshandlungen der Vorort tätigen Konsularbeamten zumeist Hand in Hand gingen und keine unterschiedliche rechtliche Einordnung zuließen. Entscheidend sei nicht, wo über die Vornahme der Hilfeleistung entschieden, sondern wo die Hilfeleistung tatsächlich erbracht worden sei. Die Beklagte habe das ihr bei der Rückforderung der gewährten Auslagen eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sei gewahrt. Die Beklagte habe von den Entführungsopfern stets in voller Höhe die Kosten aller Maßnahmen zurückgefordert, die den Betroffenen unmittelbar und konkret zugute gekommen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. April 2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht im Übrigen geltend: Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig. Eine telefonische "Anhörung" kurz nach der Befreiung, als sie noch "angeschlagen" gewesen sei, und ohne ihr Gelegenheit zum Nachdenken zu geben, genüge den Anforderungen des § 28 VwVfG nicht. Die Geiselhaft sei mit erheblichen körperlichen und vor allem psychischen Strapazen verbunden gewesen, die noch fortwirkten. Der geforderte Kostenersatz belaste sie finanziell in unzumutbarer Weise. Auch deshalb sei auf Kostenersatz zu verzichten. Ferner liege ein Gleichheitsverstoß vor, weil die Beklagte in früheren Fällen nur sehr viel geringere Summen gefordert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Streitakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Band 4 bis 7) Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen, weil der angefochtene Kostenbescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 23. Januar 2004 findet seine gesetzliche Grundlage in §§ 5 Abs. 5 Satz 1, 25 KG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 10 ff. AKostG.

Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 KG sollen die Konsularbeamten Deutschen, die in ihrem Konsularbezirk hilfsbedürftig sind, die erforderliche Hilfe leisten, wenn die Notlage auf andere Weise nicht behoben werden kann. Der Empfänger ist nach § 5 Abs. 5 S. 1 KG zum Ersatz der Auslagen verpflichtet.

A. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ersatzpflicht nach § 5 Abs. 5 S. 1 KG sind erfüllt. Die Klägerin ist Empfängerin konsularischer Hilfe nach § 5 Abs. 1 S. 1 KG geworden. Sie ist als deutsche Staatsangehörige im Konsularbezirk der deutschen Auslandsvertretung in Kolumbien hilfsbedürftig geworden. Ihre Hilfsbedürftigkeit bestand darin, dass sie sich in der Gewalt ihrer Entführer befand. Die Hilfe war erforderlich, weil die Entführer die Freilassung der Klägerin und der spanischen Geisel von der Abholung durch einen privaten Hubschrauber abhängig gemacht hatten. Die Notlage der Klägerin ließ sich auch nicht auf eine andere Weise beheben, weil das IKRK mitgeteilt hatte, dass es den Hubschrauber zwar chartern, aber nicht die dadurch entstehenden Kosten tragen könne, die Kostenübernahme durch Dritte nicht in Betracht kam und die Klägerin selbst schon aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage war, gegenüber dem IKRK die spätere Begleichung der Kosten zuzusichern.

1. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 5 Abs. 1 S. 1 KG im Sinne einer fürsorgerechtlichen Vorschrift allein dazu bestimmt sei, wirtschaftliche Notlagen zu beheben. Wenngleich konsularischer Hilfe nach § 5 KG in einer Vielzahl von Fällen die Aufgabe zukommen mag, einen im Konsularbezirk plötzlich eingetretenen vorübergehenden finanziellen Engpass von deutschen Staatsangehörigen zu überwinden, beschränkt sich der Anwendungsbereich der Norm nicht hierauf. Vielmehr hat § 5 Abs. 1 KG einen weiter reichenden Anwendungsbereich und ermöglicht es, Deutschen, die im Konsularbezirk in unterschiedlich geartete Notlagen geraten sind, Hilfe zu gewähren. Der Vorschrift hat die Funktion, die in § 1 KG allgemein formulierte konsularische Aufgabe der Beistandsgewährung zu konkretisieren und dabei einer gegebenenfalls aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden staatlichen Schutzpflicht Rechnung zu tragen.

a) Der Wortlaut von § 5 Abs. 1 S. 1 KG rechtfertigt nicht die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einengung des Anwendungsbereich der Vorschrift auf finanzielle Engpässe. Er fordert lediglich eine Notlage des hilfsbedürftigen Deutschen, die eine Hilfeleistung der Konsularbeamten erforderlich macht. Zu Ursprung und Art der Notlage äußert sich die allgemein gehaltene Formulierung des § 5 Abs. 1 S. 1 KG nicht.

§ 5 Abs. 3 S. 1 KG, wonach sich Art, Form und Maß der Hilfe nach den besonderen Verhältnissen im Empfängerstaat unter Berücksichtigung der notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden Deutschen richten, zwingt ebenfalls nicht dazu, den Begriff der Hilfsbedürftigkeit auf wirtschaftliche Notlagen zu beschränken. Mit dieser Vorschrift soll lediglich sichergestellt werden, dass der Hilfesuchende nicht durch eine zu knappe Bemessung der Hilfeleistung unter den für Deutsche im Empfangsstaat noch angemessenen Lebensstandard hinunter gedrückt wird (vgl. Begr. RegE KG, BT-Drs. 7/131, S. 20). Zwar wird die Hilfe oftmals darin bestehen, dass dem Betroffenen durch die Gewährung von Geld oder Sachleistungen über eine augenblickliche finanzielle Notlage hinweggeholfen wird, wie in dem Beispielsfall eines Auslandsurlaubers, dem Ausweispapiere, Scheckkarten und sämtliches Bargeld gestohlen wurden. In anderen Fällen wird jedoch eine Hingabe von Geld oder Sachwerten nicht genügen, sondern eine persönliche Betreuung des Hilfesuchenden notwendig sein. Diese kann u.a. darin bestehen, dass der Konsularbeamte den Hilfesuchenden berät, ihm die Möglichkeit gibt, mit seinen Angehörigen Kontakt aufzunehmen und für ihn Tätigkeiten übernimmt, die dieser nicht oder nur schwer selbst ausüben kann, wie etwa die Vermittlung eines Arztes, der Aufnahme in einem Krankenhaus oder einer Rückreisemöglichkeit (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, § 5 KG, Rdnr. 3.2.1). Ferner kann gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 KG die Hilfe auch in der Gewährung von Rechtsschutz bestehen. Dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Kosten eines Rechtsbeistands übernommen werden; vielmehr kann Rechtsschutz auch durch Handlungen des Konsularbeamten selbst gewährt werden. So kommt beispielsweise eine persönliche Vorsprache und Vermittlung des Konsularbeamten bei der örtlichen Polizeibehörde, einer anderen Amtsstelle oder bei einem Gericht im Konsularbezirk in Betracht. Auch ist denkbar, dass der Konsularbeamte bei dieser Gelegenheit dolmetscht oder beispielsweise den gegen einen Deutschen geführten Strafprozess beobachtet (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, § 5 KG, Rdnr. 3.6 - 3.6.5).

Auch der Gebrauch des Begriffs der Hilfe in § 6 Abs. 1 S. 1 KG spricht gegen die Auffassung, dass § 5 Abs. 1 S. 1 KG lediglich die Überwindung vorübergehender wirtschaftlicher Notlagen ermöglichen will. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 KG sollen die Konsularbeamten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um den Geschädigten oder den Bedrohten, soweit sie Deutsche sind, Hilfe und Schutz zu gewähren, wenn im Konsularbezirk Naturkatastrophen, kriegerische oder revolutionäre Verwicklungen oder vergleichbare Ereignisse, die der Bevölkerung oder Teilen von ihnen Schaden zufügen, eintreten oder einzutreten drohen. Die danach erforderlichen Maßnahmen können sehr verschiedenartig sein und zum Beispiel in der Gewährung von Obdach, Speisungen, aber auch der Eröffnung von Möglichkeiten zum Verlassen des Landes oder des betroffenen Gebietes (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Konsulargesetz, BT-Drs. 7/131, S. 21), oder etwa der Unterrichtung der Angehörigen sowie gegebenenfalls der Sicherstellung der notwendigen ärztlichen Behandlung bestehen. Solche in Katastrophenfällen typischen Hilfeleistungen dienen gerade nicht nur der Überwindung vorübergehender wirtschaftlicher Notlagen und lassen sich im Übrigen auch nicht durchweg als Gewährung von Schutz subsumieren. Wird der Begriff der Hilfe in § 6 Abs. 1 S. 1 KG aber in einem Sinne gebraucht, der über soziale Hilfeleistungen deutlich hinausgeht, so liegt es nahe, denselben Begriff in § 5 Abs. 1 S. 1 KG im gleichen Sinne zu verstehen, zumal die Hilfe in Katastrophenfällen nach § 6 KG ebenso wie die nach § 5 KG erbrachte Hilfeleistung an Einzelne Ausfluss der allgemeinen konsularischen Schutz- und Beistandspflicht des § 1 KG (vgl. Hoffmann, a.a.O., § 6 KG, Rdnr. 1.1) und, soweit es um die Abwehr von Gesundheits- oder Lebensgefahren geht, der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Satz 2 GG ist.

b) Die Entstehungsgeschichte des § 5 KG zwingt ebenfalls nicht zu einem engen, auf die Überwindung sozialer Notlagen beschränkten Verständnis des Begriffs der Hilfe.

aa) § 5 KG ersetzte § 26 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln vom 8. November 1867 (Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, S. 137), der unter anderem bestimmte, dass hilfsbedürftigen Bundesangehörigen die Mittel zur Milderung augenblicklicher Not zu gewähren seien. Diese Norm wurde schon in der Begründung des ersten Entwurfs eines Konsulargesetzes (BR-Drs. 404/64, S. 25) als eine in der Praxis nicht mehr hinreichende Rechtsgrundlage für die zahlreichen und vielfältigen Unterstützungsfälle angesehen, die täglich an die deutschen Auslandsvertretungen herangetragen wurden. Zu dem § 5 Abs. 1 Satz 1 KG im Wesentlichen entsprechenden § 17 Abs. 1 Satz 1 KG der Entwurfsfassung von 1964 heißt es in der Begründung, die Norm bilde nunmehr die gesetzliche Grundlage in allen Fällen, in denen ein Deutscher sich in irgendeiner Notlage an die Auslandsvertretung um Hilfe wende. Auch das spricht für ein weites Verständnis der Vorschrift im Sinne einer (nicht auf wirtschaftliche Notlagen beschränkten) Gewährung vorübergehender Hilfen in Einzelfällen.

bb) Zwar kam der Neufassung auch die Funktion zu, die Konkurrenz zwischen der konsularischen Hilfe und der Gewährung von Sozialhilfe an Deutsche im Ausland zu regeln. Denn mit dem Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes vom 30. Juni 1961 (BGBl. I S. 815) existierte nunmehr eine weitere, die Notlage von Deutschen im Ausland betreffende Bestimmung. § 119 BSHG regelte die Gewährung von Sozialhilfe an Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten und im Ausland der Hilfe bedurften. Da die Gewährung von Sozialhilfe nach dem BSHG prinzipiell nachrangig war, wäre § 119 BSHG neben § 26 Konsulargesetz alter Fassung nicht zur Anwendung gelangt. Diese Anspruchskonkurrenz hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 6 KG dahin gelöst, dass Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz rückwirkend zu gewähren ist, wenn die Notlage des Hilfeempfängers mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland länger als zwei Monate andauert. In diesem Fall wurden die bereits erbrachten Leistungen der Konsularbeamten nachträglich umgewandelt in Vorschusszahlungen auf die nach dem Bundessozialhilfegesetz zu gewährenden Leistungen (vgl. Begr. RegE KG, BT-Drs. 7/131, S. 21). Um die Konkurrenz von konsularischer Hilfe und Sozialhilfe möglichst eindeutig zu regeln, wurde auf eine Übernahme des auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffs der "augenblicklichen" Not verzichtet und § 5 KG terminologisch und systematisch § 119 BSHG angepasst (Begr. RegE KG, a.a.O., S. 18 ff.).

Dies rechtfertigt es allerdings nicht, § 5 KG insgesamt als Regelung einer öffentlich-rechtlichen Sozialleistung anzusehen. Konsularische Hilfe und Sozialhilfe stellen nämlich keine in jeder Hinsicht vergleichbaren Leistungen dar, die einander lediglich in zeitlicher Hinsicht ergänzen würden. Zum einen tritt eine Konkurrenzsituation zwischen Konsularhilfe und Sozialhilfe überhaupt nur auf, soweit hilfsbedürftige Deutsche ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben (vgl. bereits Begründung des Entwurfs von 1964, BR-Drs. 404/64, S. 26, 27). Darüber hinaus begründet § 24 Abs. 1 SGB XII die Gewährung von Sozialhilfe an Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ohnehin nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn ihnen eine Rückkehr ins Inland aus bestimmten, im Einzelnen aufgezählten Gründen nicht möglich ist. Anderenfalls ist der Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland darauf angewiesen, nach Deutschland zurückzukehren und sich in das hier geltende System des Sozialhilferechts einzugliedern. Ist ihm diese Rückkehr aus eigenen Mitteln nicht möglich, kann hierfür wiederum konsularische Hilfe gewährt werden (§ 5 Abs. 4, Abs. 6 S. 2 KG). Zum anderen unterscheidet sich die Gewährung konsularischer Hilfe, auch wenn sie lediglich der Überwindung eines finanziellen Engpasses dient, schon aufgrund der in § 5 Abs. 5 KG vorgesehenen Erstattungspflicht von den regulären Sozialhilfeleistungen, die grundsätzlich als nicht rückzahlpflichtige öffentliche Hilfeleistung und nur ausnahmsweise nach § 38 SGB XII als Darlehen gewährt wird.

c) Auch das aus § 6 Abs. 2 S. 1 KG hergeleitete gesetzessystematische Argument des Verwaltungsgerichts rechtfertigt nicht die von ihm angenommene enge Auslegung des § 5 Abs. 1 KG. Dessen Annahme, dass es der Regelung einer entsprechenden Anwendung von § 5 Abs. 5 KG in § 6 Abs. 2 S. 1 KG nicht bedurft hätte, wenn es sich bei der Hilfe nach § 6 KG um einen Unterfall das § 5 KG handeln würde, vernachlässigt nämlich, dass § 5 KG und § 6 KG schon im Hinblick auf die Anzahl der von der jeweiligen Notlage betroffenen Menschen unterschiedliche, einander ergänzende Regelungen darstellen.

d) Schließlich spricht für eine weite Auslegung des Begriffs der konsularischen Hilfe im Sinne von § 5 KG wesentlich, dass hiermit die in § 1 KG allgemein beschriebene konsularische Aufgabe, Deutschen sowie inländischen juristischen Personen nach pflichtgemäßem Ermessen Rat und Beistand zu gewähren, konkretisiert wird. Schon in der Gesetzesbegründung zu § 1 KG wird betont, dass der Auslandsbeamte bei der Gewährung von Rat und Beistand auf die verschiedensten Umstände Rücksicht zu nehmen hat und ihm hierzu in allen Fällen der notwendige Spielraum verbleiben muss (BT-Drs. 7/131, S. 12). Auch würde eine nicht zu erklärende Regelungslücke auftreten, wenn § 6 KG, der ebenfalls der Konkretisierung der allgemeinen Beistandspflicht des § 1 KG dient, in Katastrophenfällen, von denen eine Vielzahl von Menschen betroffen wird, unbeschränkt "die erforderlichen Maßnahmen" vorsieht, in einer vergleichbaren Notsituation, von der nur einzelne Menschen betroffen werden, die in § 5 KG geregelte Hilfeleistung aber auf die Überwindung finanzieller Engpässe beschränkt wäre. Zu denken ist insoweit etwa an Such- und Bergungsaktionen im Ausland verunglückter oder vermisster Deutscher, deren Kosten der Bundeshaushaltsplan in Kapitel 0502 Titel 68601 zudem ausdrücklich erfasst (abgedruckt bei Hoffmann, Konsularrecht, Vorbemerkung zu § 5 KG, Anm. 1.2 und 1.5).

2. Im Übrigen dürfte eine Hilfeleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 KG im Fall der Klägerin auch dann zu bejahen sein, wenn diese Vorschrift lediglich auf die Überwindung (vorübergehender) wirtschaftlicher Notlagen zugeschnitten wäre. Denn die von der deutschen Botschaft in Bogotá nach Rücksprache mit dem Auswärtigen Amt gegenüber dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes erklärte Bereitschaft, die Hälfte der Kosten des Hubschraubereinsatzes zu übernehmen, war der Sache nach eine auch der Klägerin zugute gekommene wirtschaftliche Hilfe. Wäre die Klägerin in der Lage gewesen, gegenüber dem IKRK eine entsprechende Erklärung abzugeben, wäre dieses mutmaßlich ebenso bereit gewesen, den Hubschraubereinsatz zu organisieren. Die nach außen durch die Auslandsvertretung erbrachte Hilfeleistung bestand insoweit nicht in dem hier in Rede stehenden Teil der Rettungsaktion, nämlich der Abholung der Klägerin und der weiteren Geisel mittels des Hubschraubers, sondern vielmehr in der Bereitschaft, diesen Teil der Rettungsaktion mitzufinanzieren.

3. Auch die weiteren vom Verwaltungsgericht herausgehobenen Besonderheiten des Falls stehen einer Qualifizierung der Kostenübernahmeerklärung als konsularischer Hilfe nicht entgegen.

a) Es kommt nicht darauf an, ob der von der Beklagten mitfinanzierte private Hubschraubereinsatz selbst zu den "politischen" Gegenleistungen für die Freilassung der Klägerin zählte und damit Teil einer an sich dem kolumbianischen Staat obliegenden "Befreiungsaktion" war. All dies würde nämlich nichts daran ändern, dass die anteilige Kostenübernahmeerklärung der Beklagten gegenüber dem IKRK unmittelbar zu Gunsten der Klägerin wirkte und allein der Beendigung ihrer Notlage galt. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Hubschraubereinsatz gleichzeitig dem Transport der Delegation diente, deren Anwesenheit bei der Übergabe von den Entführern verlangt worden war. Gerade weil die Entführer dies gefordert hatten, handelte es sich um eine notwendige Maßnahme, um die Notlage der Klägerin zu beenden.

b) Der Annahme einer konsularischen Tätigkeit lässt sich ferner nicht entgegenhalten, dass bei der Organisation der Befreiung der Klägerin neben den Angehörigen der Auslandsvertretung maßgebend die Zentrale des Auswärtigen Amtes mitgewirkt hat. Gemäß § 2 des Gesetzes über den auswärtigen Dienst - GAD - sind die Auslandsvertretungen und das Auswärtige Amt Teile einer einheitlichen Bundesbehörde. Dabei bedarf es keiner weiteren Erläuterung, dass die Auslandsvertretungen, zumal wenn es um den Einsatz nicht unerheblicher Haushaltsmittel geht, gegenüber der Zentrale des Auswärtigen Amtes weisungsgebunden sind und mit dieser organisatorisch zusammenwirken. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass beispielsweise die Organisation der Hilfe in Katastrophenfällen nach § 6 KG regelmäßig eine komplexe Aufgabe darstellt, die ohne eine maßgebliche Beteiligung der Zentrale des Auswärtigen Amtes allein durch die Auslandsvertretung nicht zu leisten ist. Bei der Gewährung von Hilfe nach § 6 KG kann es aber ebenfalls nicht in Zweifel stehen, dass es sich um eine konsularische Tätigkeit handelt.

c) Weiterhin würde es der Qualifizierung der in Rede stehenden Kostenübernahmeerklärung der Beklagten als konsularische Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn diese aufgrund der Komplexität des Gesamtvorgangs gleichzeitig, wie das Verwaltungsgericht dies angenommen hat, "Implikationen" diplomatischen Schutzes aufweisen würde. Die Gewährung diplomatischen Schutzes ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der deutsche Staat die Interessen seiner Staatsangehörigen gegenüber einem anderen Staat geltend macht. Abgesehen davon, dass eine solche Tätigkeit jedenfalls nicht im Zentrum der Bemühungen der Beklagten um die Freilassung der Klägerin gestanden haben dürfte, schließt das Konsulargesetz es gerade nicht aus, dass die Konsularbeamten gegenüber den staatlichen Stellen des Gastlandes die Interessen deutscher Staatsangehöriger vertreten. Das folgt bereits aus § 1 KG, wonach die Konsularbeamten unter anderem dazu berufen sind, bei der Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Empfangsstaat mitzuwirken.

d) Auch lässt sich der Einordnung der Kostenübernahmeerklärung als konsularische Handlung nicht entgegenhalten, dass die mit ihr ermöglichte Befreiungsaktion auf dem Territorium eines fremden Staates stattfand, dessen Billigung bedurfte und sich insoweit von den vollständig oder weitgehend im Botschaftsgebäude zu vollziehenden konsularischen Alltagsgeschäften unterschied. Dass konsularische Handlungen auch außerhalb des Botschaftsgeländes vorgenommen werden können, ergibt sich mittelbar schon aus § 4 KG, der bestimmt, dass die Konsularbeamten bei ihrer Amtstätigkeit die Schranken zu berücksichtigen haben, die sich aus dem in ihrem Konsularbezirk geltenden Recht ergeben.

e) Schließlich greift der vom Verwaltungsgericht gezogene Vergleich mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 46, 160, 165 - Fall Schleyer) vorliegend nicht. Das Argument, es handele sich um einen Bereich des Unnormierbaren, trifft den vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil der Begriff der erforderlichen Hilfe in § 5 Abs. 1 KG ohnehin offen formuliert ist und für Straftäter, wie die Entführer der Klägerin, von vornherein nicht zu einer Berechenbarkeit konsularischen Handelns des deutschen Staats führt.

B. Die angeführten Ermächtigungsgrundlagen tragen den angegriffenen Bescheid auch auf Rechtsfolgenseite.

1. Aus § 5 Abs. 5 S. 1 KG ergibt sich, dass die Klägerin dem Grunde nach materiell-rechtlich verpflichtet ist, den von der Beklagten verauslagten Teil der Kosten des Hubschraubereinsatzes zu erstatten.

Es kann dahinstehen, ob § 5 Abs. 5 KG gleichzeitig eine gesetzliche Grundlage bildet, um den Auslagenersatzanspruch durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Dem Wortlaut der Vorschrift ist eine solche Ermächtigung nicht zu entnehmen. Er regelt lediglich die materiell-rechtliche Erstattungspflicht, besagt aber nichts darüber, auf welchem Wege ein entsprechender Anspruch geltend zu machen und gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen ist. Der Gesetzesbegründung ist allerdings zu entnehmen, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Forderung handelt. Während sich die Hingabe der Geldmittel nach der bis dahin bestehenden Praxis in den Formen der Darlehensgewährung vollzogen hatte, der Anspruch auf Rückzahlung also als privatrechtliche Forderung aufgefasst worden war, sollte sie in Zukunft dem hoheitsrechtlichen Charakter der Hilfegewährung entsprechend als Forderung des öffentlichen Rechts behandelt werden. Dies habe erhebliche praktische Vorteile, denn es erleichtere die Formalitäten bei der Gewährung der Hilfe, und für die gegebenenfalls notwendige Beitreibung der Forderung auf Rückzahlung stehe dann der Weg des Verwaltungszwangsverfahrens zur Verfügung (BT-Drs. 7/131, S. 20). Der Hinweis auf die Möglichkeit der Verwaltungsvollstreckung des Ersatzanspruchs könnte darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber gleichzeitig davon ausgegangen ist, die Forderung könne durch Verwaltungsakt, also durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden. Denn gemäß § 3 Abs. 2 c lit. a des bei Erlass des Konsulargesetzes vom 1. September 1974 bereits in Kraft befindlichen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Bundes gehört der Erlass eines Leistungsbescheides, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist, zu den Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen.

2. Die Befugnis zum Erlass eines Kostenbescheides (VA-Befugnis) ergibt sich aber jedenfalls aus § 25 KG i.V.m. §§ 1, 7, 14 AKostG. Gemäß § 25 KG werden für konsularische Amtshandlungen Kosten (Gebühren und Auslagen) nach besonderer gesetzlicher Regelung erhoben. Dass Auslandskosten durch Verwaltungsakt erhoben werden, folgt jedenfalls aus § 14 AKostG, wonach die Kosten von Amts wegen festgesetzt werden (vgl. von Dreising, Verwaltungskostengesetz, 1971, § 22, Anm. 1).

Gemäß § 1 Abs. 1 AKostG werden für Amtshandlungen nach §§ 1 bis 17 KG von den Auslandsvertretungen und den Honorarkonsularbeamten Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Hieran anknüpfend regelt § 7 Abs. 1 AKostG, dass Auslagen der Auslandsvertretungen und der Honorarkonsularbeamten, die im Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 1 AKostG genannten Amtshandlungen entstehen, zu erstatten sind.

a) Bei den in Rede stehenden Kosten handelt es sich um Auslagen im Sinne von § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AKostG. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass diese Vorschriften auch Auslagen im Sinne von § 5 Abs. 5 KG erfassen. Zu § 7 Abs. 1 AKostG heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs, die allgemeine Auslagenerstattungspflicht im Ausland habe ihren Grund darin, dass der Tätigkeitsbereich der Auslandsvertretungen zu vielfältig sei, um die einzelnen möglichen Auslagenarten enumerativ zu nennen. Insbesondere die Tätigkeiten, die aus den §§ 5 bis 7 KG (Hilfeleistungen an Einzelne, in Katastrophenfällen und für Gefangene) anfallen können, zählten hierzu (BT-Drs. 8/176, S. 8,9; vgl. auch Bericht des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen, BT-Drs. 8/1160). Der Senat teilt deshalb nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 5 Abs. 5 KG einen anderen Auslagenbegriff als das Auslandskostengesetz verwende, weil als Hilfeleistung verstandene Auslagen Teil der eigentlichen Sachentscheidung seien, so dass sich die Ersatzpflicht nicht noch zusätzlich - "konkurrierend" mit § 5 Abs. 5 KG - nach §§ 7, 13 AKostG richte (vgl. VG Berlin, Urteil vom 20. April 2005 - VG 14 A 230.00 -).

b) Wie bereits dargelegt worden ist, fehlt es auch nicht an einer Amtshandlung der Auslandsvertretung im Sinne von § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AKostG. Die Bereitschaft der Beklagten, die Kosten des Hubschraubereinsatzes anteilig zu übernehmen, geht zwar auf eine Entscheidung der Zentrale des Auswärtigen Amtes zurück, wurde aber unstreitig von der deutsche Botschaft in Bogotá gegenüber dem IKRK erklärt. Folglich handelt es sich bei der Zustimmung der Zentrale um einen behördeninternen Vorbereitungsakt, wohingegen die Erklärung der Auslandsvertretung Außenwirkung entfaltet und als Hilfeleistung nach § 5 Abs. 1 S. 1 KG im Konsularbezirk gewirkt hat. Amtshandlungen des Auswärtigen Amtes im Sinne von § 7 Abs. 2 AKostG sind solche, die unmittelbare Außenwirkung entfalten, was hier nicht der Fall war.

c) Der Anwendung des § 7 Abs. 1 AKostG steht auch nicht entgegen, dass nach § 1 Abs. 1 AKostG die Kosten von den Auslandsvertretungen erhoben werden, während der angefochtene Bescheid durch das Auswärtige Amt erlassen wurde. Denn § 1 Abs. 1 AKostG enthält keine Zuständigkeitsbestimmung, sondern regelt, wie bereits seiner Überschrift zu entnehmen ist, lediglich den Anwendungsbereich des Gesetzes. Dies zeigt auch der Vergleich mit § 1 Abs. 2 AKostG. Gegenstand der beiden Absätze ist lediglich die Unterscheidung zwischen den Kosten für die Amtshandlungen der Auslandsvertretungen nach §§ 1 bis 17 KG einerseits und den Amtshandlungen des Auswärtigen Amtes andererseits. Gläubiger der Kosten beider gem. § 2 GAD eine einheitliche Bundesbehörde bildender Stellen ist gem. § 12 Abs. 1 AKostG die Bundesrepublik Deutschland.

3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht wegen der Höhe des geltend gemachten Auslagenersatzes zu beanstanden.

a) Der Beklagten sind die genannten Auslagen in voller Höhe entstanden. Sie wären auch nicht teilweise zu vermeiden gewesen, wenn die Klägerin den Hubschrauber bereits in Valledupar verlassen hätte, denn der in Bogotá gecharterte Hubschrauber hatte ohnehin zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren. Vielmehr wären der Klägerin durch den zusätzlichen Inlandsflug, den sie privat hätte organisieren müssen, weitere Kosten entstanden.

b) Anders als § 6 Abs. 2 KG, stellt § 5 Abs. 5 KG die Geltendmachung des Auslagenersatzes nicht in das behördliche Ermessen. Zwar können gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 AKostG der Bundesminister des Auswärtigen, die Leiter der Auslandsvertretungen und die Honorarkonsularbeamten nach Lage des Einzelfalles von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise absehen, wenn sich der Kostenschuldner in einer wirtschaftlichen Notlage befindet oder die Kosten für eine wegen einer Notlage erforderlich gewordenen Amtshandlung eine besondere Härte darstellt. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

aa) Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in einer wirtschaftlichen Notlage befand, die der Beklagten gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AKostG hätte Anlass geben können, auf die Kostenforderung ganz oder teilweise zu verzichten. Die Klägerin verfügte über geregeltes Arbeitseinkommen. Sie hat in ihrer Klagebegründung selbst vorgetragen, als angestellte ........... zu arbeiten und ....... ein monatliches Nettogehalt von .... €, zu erzielen. Hinzu kommt, dass die Klägerin für ein Interview mit einer Illustrierten, in dem sie über die Zeit ihrer Geiselhaft berichtete, ein ..... Honorar erhalten hat, mit dem sie jedenfalls einen ....... Teil der Forderung hätte erfüllen können. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Geltendmachung der Forderung für die Klägerin zu einer Existenzgefährdung hätte führen können. Während ihrer telefonischen Anhörung am 22. Januar 2004 hatte sie zwar angegeben, zurzeit Schulden von circa .... € zu haben, gleichwohl insoweit aber lediglich geäußert, sie werde das Geld wahrscheinlich nicht sofort zahlen können. In Anbetracht dessen ist es nicht zu beanstanden, die Klägerin für den Fall, dass die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten verbunden sein sollte, darauf zu verweisen, gegebenenfalls gemäß § 19 AKostG i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 1 BHO eine Stundung der Forderung oder eine ratenweise Tilgung zu beantragen.

bb) Die Geltendmachung der Kosten führt für die Klägerin auch nicht zu einer besonderen Härte im Sinne der zweiten Alternative von § 10 Abs. 1 AKostG. Insbesondere ist es nicht unangemessen, die Klägerin anstelle der Allgemeinheit mit den in Rede stehenden Kosten zu belasten. Zum einen war die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten gegenüber dem IKRK für die Klägerin von kaum zu überschätzendem Wert, denn sie hat im Ergebnis ihre Freilassung aus der Geiselhaft ermöglicht und sich damit für die Klägerin möglicherweise sogar lebensrettend ausgewirkt. Zum anderen haben die Bemühungen der Beklagten, die Freilassung der Klägerin zu erreichen, ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Kostenaufstellungen für die Beklagte zu Gesamtkosten in Höhe von circa 39.000 € geführt, mit denen die Klägerin im Endeffekt nur zu einem verhältnismäßig geringen Teil belastet wird. Schließlich kann bei der Würdigung der Frage, ob die Kostenerhebung sich für die Klägerin als besondere Härte darstellt, nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin die Trekkingtour in Kolumbien ungeachtet für sie erkennbarer Gefahren unternommen hat und damit ein vermeidbares Risiko eingegangen ist.

cc) Im Übrigen hat die Beklagte die wirtschaftliche Situation der Klägerin ebenso wie die die Belastungen, denen sie während und infolge der Geiselnahme ausgesetzt gewesen ist, im angefochtenen Bescheid berücksichtigt und hätte damit - bei Annahme der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 AKostG - ihr Ermessen jedenfalls rechtsfehlerfrei ausgeübt, zumal der weit überwiegende Teil der ihr im Zuge ihrer Bemühungen um die Freilassung der Klägerin entstandenen Kosten außer Ansatz geblieben ist.

c) Die Heranziehung der Klägerin zur Erstattung der in Rede stehenden Auslagen verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Abgesehen davon, dass ein solcher Verstoß überhaupt nur insoweit in Betracht kommen würde, wie die Entscheidung über die Kostenerhebung im Ermessen der Beklagten steht, hat diese nachvollziehbar dargelegt, auch in anderen Geiselfällen jeweils diejenigen Kosten erstattet verlangt zu haben, die den freigelassenen Geiseln unmittelbar zugute gekommen waren. Die Umstände von Entführungsfällen, der Umfang der erforderlichen Bemühungen der Beklagten zur Freilassung der Betroffenen und damit einhergehend die Höhe der bezifferbaren, individuell zurechenbaren Kosten sind aber naturgemäß höchst unterschiedlich.

4. Schließlich leidet der angefochtene Bescheid nicht an einem durchgreifenden Anhörungsmangel. § 28 Abs. 1 VwVfG fordert vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies ist hier in der Form eines Telefonats geschehen. § 28 VwVfG schreibt für die Anhörung keine besondere Form vor; sie kann u.a. auch fernmündlich vorgenommen werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 28, Rdnr. 39). Der Klägerin ist am 22. Januar 2004 fernmündlich mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, sie durch Leistungsbescheid in Höhe der anteiligen Kosten von 12.640,05 € für die Anmietung des Hubschraubers in Anspruch zu nehmen. Nach dem über dieses Telefonat gefertigten Vermerk, an dessen inhaltlicher Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, habe sie sich einverstanden gezeigt, zumindest nicht ausdrücklich widersprochen und lediglich geltend gemacht, Verdienstausfall erlitten und Schulden von ca. ... € zu haben, weshalb sie das Geld wahrscheinlich nicht sofort zahlen könne. Damit hat die Klägerin die ihr eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme sogleich wahrgenommen. Sie hat weder eine ergänzende Stellungnahme angekündigt noch auch nur eine weitere Äußerungsfrist erbeten. Schließlich hat die Beklagte das telefonisch geäußerte Vorbringen der Klägerin inhaltlich zur Kenntnis genommen und gewürdigt. In der Staatsekretärsvorlage vom 12. Januar 2004, mit der auf das Erfordernis der Anhörung hingewiesen wurde, heißt es ausdrücklich, der im Entwurf vorliegende Bescheid würde gegebenenfalls im Lichte der Anhörung zur rechtmäßigen Ausübung des Ermessens modifiziert und im Falle einer wesentlichen Änderung erneut vorgelegt. Letzteres ist auf der Grundlage des Ergebnisses der telefonischen Anhörung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden.

Im Übrigen wäre ein etwaiger Anhörungsmangel gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, weil der Beklagten bei der Geltendmachung der streitigen Auslagen kein Ermessen zustand. Er wäre hiervon abgesehen auch geheilt worden. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG kann die Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Die Klägerin hatte während des erst- und auch noch während des zweitinstanzlichen Verwaltungsstreitverfahrens ausreichend Gelegenheit, zum angefochtenen Bescheid Stellung zu nehmen und hat hiervon auch wiederholt Gebrauch gemacht. Die Beklagte ist auf die Stellungnahmen der Klägerin jeweils inhaltlich eingegangen und hat ihre Ermessensausübung der Sache nach nicht nur als rechtsfehlerfrei, sondern auch als richtig verteidigt.

Die Kostenentscheidung ist nach § 154 Abs. 1 VwGO für beide Rechtszüge zu Lasten der Klägerin zu treffen. Das Urteil ist wegen der Kosten gemäß § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, um die bislang fehlende und für weitere Fälle bedeutsame höchstrichterliche Klärung zu erreichen, ob die Vorschriften des Konsulargesetzes i.V.m. denen des Auslandskostengesetzes es der Beklagten ermöglichen, in den Fällen einer Entführung Deutscher im Ausland die für die Befreiung aus der Geiselhaft aufgewendete Auslagen durch Leistungsbescheid geltend zu machen.

Ende der Entscheidung

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