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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 10.11.2009
Aktenzeichen: OVG 11 N 30.07
Rechtsgebiete: BImSchG, VwGO


Vorschriften:

BImSchG § 5 Abs. 3
BImSchG § 17
VwGO § 124
VwGO § 124a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 11 N 30.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel und den Richter am Oberverwaltungsgericht Schmialek am 10. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. März 2007 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 156.720 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin wurde mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Fa. N_____(Gemeinschuldnerin) am 1. Mai 2001 zur Insolvenzverwalterin bestellt. Der Betrieb der von der Gemeinschuldnerin betriebenen Anlage zur Kompostierung und Lagerung von Abfällen war von dieser bereits im März 2001 eingestellt worden.

Mit Ordnungsverfügung vom 12. Februar 2002 verpflichtete das Amt für Immissionsschutz (AfI), dessen Aufgaben mit § 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Errichtung des Landesamtes für Arbeitsschutz und zur Auflösung der Ämter für Soziales und Versorgung sowie der Ämter für Immissionsschutz (vom 24. Mai 2004, GVBl. I S. 186, 191) auf den Beklagten übergegangen sind, die Klägerin gem. § 17 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 BImschG, die nach der Betriebseinstellung auf dem ehemaligen Betriebsgelände zurückgebliebenen Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2002 zurückgewiesen.

Auf die Klage der Klägerin vom 22. August 2002 hob das Verwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der vom Beklagten herangezogenen Ermächtigungsgrundlage lägen nicht vor, da die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Betreiberin einer genehmigungsbedürftigen Anlage i.S.d. § 5 Abs. 3 BImSchG gewesen sei. Der Betrieb der Anlage sei vor der Bestellung der Klägerin zur Insolvenzverwalterin bereits eingestellt gewesen und aus der Pflicht zur Inbesitznahme gem. § 148 InsO ergebe sich auch keine fiktive Betreiberstellung, die es erlaube, der Klägerin die Pflichten aus § 5 Abs. 3 BImSchG aufzuerlegen. Nach der Abgrenzung der Rechtskreise des Insolvenzrechts und der öffentlichen-rechtlichen Gefahrenabwehr durch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 23. September 2004 - 7 C 22.03 -, z.B. BVerwGE 122, 75 ff.) fehle es an einer Rechtsgrundlage für das Einrücken der Klägerin in die Betreiberstellung der Gemeinschuldnerin. Zum einen sei die Pflicht des Anlagenbetreibers zur Abfallverwertung bzw. -entsorgung bei Betriebseinstellung eine Verhaltensverantwortlichkeit, die an den Vorgang der Betriebseinstellung anknüpfe und nur denjenigen treffen könne, der diesen Vorgang handelnd bewirke. Zum anderen sei Gegenstand der Inbesitznahme durch den Insolvenzverwalter im Fall einer Einstellung des Betriebes vor Insolvenzeröffnung kein Betrieb, hinsichtlich dessen noch Betreiberpflichten denkbar seien, sondern lediglich eine Mehrzahl von Einzelgegenständen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Beklagte insbesondere geltend, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden, da die vom Verwaltungsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht rechtfertige und § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG eine Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters begründe. Zudem habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht geprüft, ob die Verfügung auf eine andere Ermächtigungsgrundlage - hier konkret § 21 Abs. 1 Krw-/AbfG i.V.m. § 11 Krw-/AbfG - hätte gestützt werden können. Mit Blick auf seine ständige Praxis, Insolvenzverwalter für die Entsorgung von aus dem Anlagenbetrieb von Gemeinschuldnern herrührenden Abfällen in Anspruch zu nehmen, komme der Sache zudem grundsätzliche Bedeutung zu. II.

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, denn die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Der vom Beklagten geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Derartige Zweifel bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 f.) und nicht nur die Begründung der angefochtenen Entscheidung oder nur einzelne Elemente dieser Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004, Buchholz 310 § 124 Nr. 33). Wegen des fristgebundenen Darlegungserfordernisses des § 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO ist die Überprüfung dabei auf die vom Zulassungsantragsteller geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu beschränken. Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere, jeweils selbständig tragende Gründe gestützt, müssen die Darlegungsanforderungen hinsichtlich jedes einzelnen tragenden Entscheidungsgrundes erfüllt sein.

a) Die danach allein maßgeblichen Darlegungen in der Antragsbegründung begründen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG im konkreten Fall nicht vorlägen, da die Klägerin wegen der bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Einstellung des Betriebs der Gemeinschuldnerin nicht Betreiberin einer genehmigungsbedürftigen Anlage gewesen sei und sich aus der Pflicht zur Inbesitznahme gemäß § 148 Abs. 1 InsO deshalb nichts anderes ergebe, weil die Pflicht des Anlagenbetreibers zur Abfallverwertung bzw. -entsorgung bei Betriebseinstellung keine Zustands-, sondern eine Verhaltensverantwortung sei, die nicht an das Vorhandensein von Abfällen, sondern an den handelnd bewirkten Vorgang der Betriebseinstellung anknüpfe.

Zwar trifft es zu, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner vom Verwaltungsgericht herangezogenen, zu § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG ergangenen Entscheidung vom 23. September 2004 (- 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 ff., hier zitiert nach Juris) hierüber nicht entschieden, sondern es lediglich als "fragwürdig" bezeichnet hat, ob schon die Inbesitznahme als solche für die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters ausreicht, wenn die für die Heranziehung maßgebliche Ordnungspflicht "wie in § 5 und § 22 des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG - an die Stellung als Betreiber einer Anlage" anknüpfe. Ernstliche Zweifel an der vom Verwaltungsgericht getroffenen Einordnung der sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG ergebenden Pflicht als eine Verhaltensverantwortlichkeit ergeben sich daraus jedoch ebenso wenig wie aus den vom Antragsgegner weiter angeführten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 4. Mai 2005 - 22 B 99.2208 ,22 B 99.2209 -, NVwZ-RR 2006,537 ff., hier zitiert nach Juris) und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 1. Juni 2006 - 8 A 4495/04 -, UPR 2006 ,456 ff., hier zitiert nach Juris). Auch in diesen Entscheidungen wurde die Frage, ob allein mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter eine Ordnungspflicht aus § 5 Abs. 3 BImSchG entsteht, mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen. Allein der Umstand, dass diese Frage in der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sowie in weiteren obergerichtlichen Entscheidungen noch nicht abschließend geklärt worden ist, ist indes nicht geeignet, ernstliche Zweifel am Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Solche Zweifel ergeben sich auch aus dem weiteren Zulassungsvorbringen des Antragsgegners nicht. Soweit dieser meint, dass die Änderung des § 5 Abs. 3 BImSchG die Betreiberstellung als Voraussetzung für die Inanspruchnahme eher in den Hintergrund gestellt habe, da der einleitende Satzteil nicht mehr laute: "Der Betreiber hat sicherzustellen, dass ..." (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG i.d.F. v. 14. Mai 1990, BGBl I, S. 880), sondern: "Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass ..." (§ 5 Abs. 3 BImSchG i.d.F. der Änderung durch Art. 3 des Bodenschutzgesetzes v. 17. März 1998, BGBl I, S. 502), überzeugt dies nicht (ebenso bereits Beschluss des Senats v. 17. April 2007 - 11 S 54.06 -, zit. nach juris, Rn 11). Die dortigen - ausdrücklich an die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung der Anlage anknüpfenden - Pflichten richten sich ungeachtet der geänderten Formulierung des einleitenden Satzteils des § 5 Abs. 3 BImSchG und ebenso wie - insoweit wohl unstreitig - die in Absatz 1 geregelten Pflichten schon ausweislich der unverändert gebliebenen amtlichen Überschrift des § 5 BImSchG an "Betreiber" genehmigungsbedürftiger Anlagen. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts anderes. Nach der Begründung der Änderung (vgl. BR-Drucks. 702/96, S. 149 f.) bezweckte diese eine präzisierende, den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 BImSchG von dem des Bundesbodenschutzgesetzes abgrenzende Klarstellung. Dafür, dass damit zugleich eine Erweiterung des Adressatenkreises dieser Pflichten auf andere als Anlagenbetreiber beabsichtigt gewesen sein könnte, finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte.

Der Hinweis des Antragsgegners, dass der Gesetzgeber in vergleichbaren, der Gefahrenabwehr dienenden Vorschriften wie § 4 Abs. 3 BBodSchG und § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG zur Begründung der Verantwortlichkeit jeweils sowohl eine "verhaltensbezogene Komponente" als auch "eine Regelung zum Zustand von Sachen" aufgenommen habe, trifft zwar insoweit zu, als sich in beiden Regelungen Tatbestände, die die Verantwortlichkeit an ein Verhalten knüpfen (etwa mit dem "Verursacher" i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG und dem "Erzeuger" i.S.d. § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG), neben anderen finden, die die Verantwortlichkeit für den Zustand einer Sache voraussetzen ("Grundstückseigentümer", "Inhaber der tatsächlichen Gewalt" in § 4 Abs. 3 BBodSchG; "Besitzer" in § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG). Daraus kann indes nicht etwa gefolgert werden, dass auch dann, wenn - wie in § 5 Abs. 3 BImSchG - eine solche Benennung verschiedener und aus jeweils verschiedenen Gründen Ordnungspflichtiger nicht erfolgt ist, ohne weiteres die Inanspruchnahme sowohl bei einem bestimmten Verhalten als auch bei einer Verantwortung für einen bestimmten Zustand ermöglicht werden sollte. Maßgeblich ist vielmehr allein, woran die gesetzlich geregelte Ordnungspflicht konkret anknüpft.

So hat das Bundesverwaltungsgericht mit dem - nach allen vom Beklagten zitierten Entscheidungen ergangenen - Urteil vom 31. August 2006 (- 7 C 3.06 -, zit. nach juris, Rn 12 ff.) aufgrund einer Auslegung der maßgeblichen Vorschrift entschieden, dass die sich aus § 36 Abs. 2 Krw-/AbfG (in der Fassung v. 27. September 1994, BGBl. I S. 2705, i.F.: a.F.) ergebenden, sich an den "Inhaber einer Deponie" richtenden Pflichten allein den Betreiber der Deponie treffen. Nur dieser sei tatsächlich und rechtlich in der Lage, den Betrieb entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu führen, und die Verantwortlichkeit des letzten Betreibers für die Erfüllung der Nachsorgepflichten beruhe darauf, dass der Gesetzgeber die Pflichten des Betreibers nicht mit der Einstellung des Betriebes enden lasse. Der Betreiber setze durch die Bekundung der Stilllegung oder die faktische Stilllegung die Ursache dafür, dass die Pflicht zur Nachsorge entstehe. Da die Nachsorgepflichten an seine Betriebsführung anknüpften, stellten sie sich aus ordnungsrechtlicher Sicht als Verhaltenshaftung des Betreibers dar. Die Übernahme der Sachherrschaft sowie der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis allein mache den Gesamtvollstreckungsverwalter nicht zum Betreiber, da sie den in § 36 Abs. 2 Krw-/AbfG a.F. vorausgesetzten Bezug zur Betriebsführung nicht habe. Die Zustandshaftung des Eigentümers oder Inhabers der tatsächlichen Gewalt rechtfertige eine ordnungsrechtliche Inanspruchnahme nur dann, wenn das maßgebliche Ordnungsrecht bereits an die Verantwortlichkeit für den aktuellen Zustand der Sache anknüpfe, was auf die Nachsorgepflicht des Deponieinhabers nicht zutreffe. Mit dem weiteren Urteil vom 17. Dezember 2007 (- 7 C 40.07 -, zit. nach juris, zu § 58 BBergG) hat das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung fortgeführt und entschieden, dass auch die Verantwortlichkeit des Unternehmers bzw. des gesetzlichen Vertreters gem. § 58 Abs. 1 Nr. 1 BBergG der Verhaltenshaftung des allgemeinen Ordnungsrechts vergleichbar sei, da sie an eine unternehmerische Betätigung und nicht an die tatsächliche Sachherrschaft oder Verfügungsbefugnis über Grundstücke und Anlagen anknüpfe.

Davon ausgehend vermag das Zulassungsvorbringen des Beklagten keine ernstlichen Zweifel daran zu begründen, dass es sich auch bei den durch § 5 Abs. 3 BImSchG aufgegebenen Nachsorgepflichten - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - um eine den letzten Betreiber treffende Verhaltenshaftung handelt. Denn schon nach dem Wortlaut der Norm setzt auch § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG nicht etwa nur das Vorhandensein von dem Anlagenbetrieb zuzuordnenden Abfällen als solches voraus. Gerade nach der vom Beklagten selbst zitierten Änderung des Wortlauts verpflichtet § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG dazu, genehmigungsbedürftige Anlagen "so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen", dass Abfälle auch nach einer Betriebseinstellung ordnungsgemäß verwertet oder beseitigt werden können. Anknüpfungspunkt der Nachsorgepflichten ist danach nicht etwa das Vorhandensein von Abfällen oder der Zustand des Betriebsgeländes nach der Stilllegung, sondern die Pflicht des Betreibers zu einer in allen Phasen von der Errichtung bis zur Stilllegung des Betriebes ordnungsgemäßen Betriebsführung, die das mit § 5 Abs. 1 BImSchG angestrebte hohe Schutzniveau für die Umwelt auch nach einer Betriebseinstellung gewährleistet (i.d.S. etwa BT-Drucks. 11/4909, S. 28). Ebenso wie der Inhaber einer Deponie nach dem vom Bundesverwaltungsgericht (a.a.O., Rn 12) beschriebenen Regelungskonzept des Keislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes hat auch der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bereits während der Betriebsphase für die Zeit danach Vorsorge zu treffen, etwa Verunreinigungen aufgrund des laufenden Betriebes zu vermeiden, und er setzt durch die Bekundung der Stilllegungsabsicht (gem. § 15 Abs. 3 BImSchG) oder durch die faktische Stilllegung die Ursache dafür, dass die Pflichten zur Nachsorge entstehen (vgl. Kotulla, in: Kotulla, BImSchG, § 5 Rn 124 ff. m.w.N.; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. I, § 5 BImSchG Rn 210, 218). Auch die vom Bundesverwaltungsgericht (a.a.O. Rn 13) als weiteres Indiz für eine untrennbare Verknüpfung der Nachsorgepflicht "mit dem Betreiber der Deponie" hervorgehobene Möglichkeit der Heranziehung dieses Betreibers zur Leistung einer Sicherheit für die Nachsorge findet sich für § 5 Abs. 3 BImSchG entsprechend, denn soweit eine solche Sicherheitsleistung im Bundesimmissionsschutzgesetz überhaupt vorgesehen ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 4a BImSchG "zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 ... bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1"), kann diese bereits mit der Genehmigung oder während des laufenden Betriebes vom Betreiber gefordert werden. Knüpfen die sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Nachsorgepflichten des Betreibers einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage danach aber in vergleichbarer Weise an die Betriebsführung an wie die in § 36 Abs. 2 Krw-/AbfG a.F. geregelten Pflichten des Inhabers einer Deponie, so lassen sich auch die vom Bundesverwaltungsgericht in der dazu ergangenen Entscheidung dargelegten Schlussfolgerungen auf die Verantwortlichkeit nach § 5 Abs. 3 BImSchG übertragen.

Davon ausgehend vermag auch das weitere Vorbringen des Beklagten keine ernstlichen Zweifel daran zu begründen, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG im konkreten Fall zu Recht abgelehnt hat. Denn allein die Übernahme der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und der Sachherrschaft über die auch nach Auffassung des Beklagten bereits vor der Insolvenzeröffnung faktisch stillgelegte Anlage kann die Klägerin danach nicht zur richtigen Adressatin der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Nachsorgepflichten gemacht haben. Der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass die Klägerin die - im konkreten Fall schon angesichts der (u.a. durch Stilllegungs- und Beseitigungsanordnungen des Beklagten gekennzeichneten) Gesamtumstände rein theoretische - Möglichkeit gehabt hätte, sich für eine Fortführung des Betriebes zu entscheiden, ändert nichts daran, dass sie dies unstreitig nicht getan hat. Sie hat die Anlage zu keinem Zeitpunkt selbst betrieben und sie hat sie auch nicht selbst stillgelegt. Da es für § 5 Abs. 3 BImSchG, wie dargelegt, nicht allein auf den Zustand nach Betriebseinstellung, sondern - wovon das Verwaltungsgericht hier ausgegangen ist - auf das handelnde Bewirken (mindestens) der Betriebseinstellung ankommt, sind diese tatsächlichen Umstände mit dem vom Beklagten beispielhaft angeführten Fall eines Betreibers, der sich entschließt, seinen Anlagenbetrieb einzustellen, gerade nicht vergleichbar.

Der weitere Einwand des Beklagten, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine Inbesitznahme der aus dem Anlagenbetrieb der Gemeinschuldnerin herrührenden Abfälle abgelehnt habe, verkennt bereits das diesbezügliche - im Übrigen nur als weiterer, die Ablehnung des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG tragender Grund angeführte - Argument des Verwaltungsgerichts. Dieses hat nicht etwa eine Inbesitznahme der aus dem stillgelegten Anlagenbetrieb stammenden Abfälle abgelehnt, sondern vielmehr angenommen, dass Gegenstand der Inbesitznahme durch die Klägerin im konkreten Fall kein "Betrieb" gewesen sei, da sie keine Sachgesamtheit, in der sich eine in Betrieb befindliche Anlage verkörpert habe und hinsichtlich derer noch Betreiberpflichten denkbar seien, sondern - wegen der vorherigen Einstellung des Betriebs durch die Gemeinschuldnerin - lediglich noch eine Mehrzahl von Einzelgegenständen übernommen habe. Unabhängig davon wäre im Fall einer mehrfachen, die Entscheidung selbständig tragenden Begründung für eine Zulassung der Berufung ohnehin kein Raum, wenn - wie hier - bereits der erste vom Verwaltungsgericht angeführte Grund - die fehlende Verwirklichung der die (Verhaltens-)Verantwortlichkeit des Anlagenbetreibers gem. § 5 Abs. 3 BImSchG begründenden Betriebsführung bzw. -stilllegung durch die Klägerin - die Unanwendbarkeit der vom Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlage § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG trägt.

b) Soweit der Beklagte schließlich rügt, das Verwaltungsgericht habe in seinem Urteil nicht geprüft, ob der Beklagte seine Verfügung auch auf andere Ermächtigungsgrundlagen hätte stützen können, trifft dies zwar zu. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils könnte dies jedoch nur dann begründen, wenn die Rechtmäßigkeit der Verfügung auf dieser anderen Grundlage nach den mit der Zulassungsbegründung vorgetragenen rechtlichen und tatsächlichen Umständen schlüssig dargelegt wird. Daran fehlt es hier.

Es kann hier dahinstehen, ob die Klägerin aufgrund ihrer Pflicht zur Inbesitznahme der Massegegenstände gemäß § 148 Abs. 1 InsO die tatsächliche Sachherrschaft über die auf dem Betriebsgrundstück der Gesamtschuldnerin verbliebenen Abfälle erlangt hat und damit auch gem. § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG ordnungspflichtige Abfallbesitzerin i.S.d. § 3 Abs. 6 Krw-/AbfG geworden sein könnte, und ob eine Freigabe nach dem bisherigen Verfahrensstand ordnungsgemäß erklärt wurde.

Denn das damals noch handelnde Amt für Immissionsschutz (i.F. AfI), dessen Aufgaben auf den Beklagten übergegangen sind, hätte seine hier verfahrensgegenständliche Anordnung jedenfalls nur dann auf § 21 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Krw-/AbfG stützten können, wenn es für den Erlass einer solchen abfallrechtlichen Anordnung auch zuständig gewesen wäre. Dies ist hier indes weder nachvollziehbar dargelegt noch ohne weiteres erkennbar. Denn gem. § 1 i.V.m. Ziff. 1.7 und Ziff. 1.23.2 des Anhangs zur Abfall- und Bodenschutzzuständigkeitsverordnung (AbfBodZV, i.d.F. v. 15. November 2000, GVBl. II, S. 387, geändert durch Verordnung v. 11. April 2001, GVBl. II S. 162) war das AfI zwar für die Überwachung der Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen im Sinne des § 41 Abs. 1 und 3 Nr. 1 Krw-/AbfG (mit Ausnahme der Überwachung derjenigen Abfallerzeuger, bei denen lediglich Kleinmengen anfallen) zuständig. Ob die Entsorgungsanordnung jedoch tatsächlich überwachungsbedürftige Abfälle betrifft und welche der auf S. 3 und 4 des Bescheides aufgelisteten und nach der getroffenen Anordnung zu entsorgenden Abfälle dies ggf. sind, ist indes unklar. Ausweislich der dortigen Aufzählung der auf dem Betriebsgelände zurückgebliebenen Abfälle - Schleifschlamm, Biotonne, Boden, Holzspäne, Klärschlamm, Rindenhumus, Siebrückstände, Oberboden, Lehm, Rohtorf, Altholz, Gartenkompost, Hühnermist, Grünschnitt, Altpapier/Altpappe, gemischte Abfälle, Mist, Stubben/Stämme und Baumsubstrat - handelt es sich bei diesen allenfalls teilweise um besonders überwachungsbedürftige Abfälle, und weder der Entsorgungsanordnung selbst noch dem Zulassungsvorbringen ist insoweit eine nachvollziehbare Zuordnung hinreichend bestimmter und identifizierbarer Haufwerke, Mieten oder Teile von solchen zu den besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zu entnehmen. Ob die Entsorgung von Abfällen, die nach der Stilllegung einer Anlage auf dem Betriebsgelände zurückgeblieben sind, von Ziff. 1.7 i.V.m. Ziff. 1.23.7 AbfBodZV erfasst sein könnte, erscheint angesichts der Beschreibung der mit dieser Zuständigkeitsregelung zugeordneten Verwaltungsaufgabe als "abfallrechtliche Überwachung von genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 4 BImschG, in denen Abfälle entsorgt werden (Annahme, Lagerung, unzulässige Ablagerung, Umschlagen, Behandlung und Abgabe)" zumindest unklar und hätte deshalb jedenfalls einer näheren Darlegung bedurft, die indes auch mit der Zulassungsbegründung nicht erfolgt ist.

2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird mit dem Zulassungsvorbringen nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Klärung bedarf (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschuss des Senats vom 3. Januar 2006 - 11 N 42.05 -; OVG Brandenburg, Beschluss vom 10. April 2001 - 4 A 130/00.Z -, FamRZ 2002, 259). Demgemäß fordert die Darlegung dieses Zulassungsgrundes prinzipiell die Formulierung einer konkreten, entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und im obergerichtlichen Verfahren klärungsfähigen Rechts- oder Tatfrage von fallübergreifender Bedeutung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 4. März 2005 - 1 N 72.05 -).

Hier fehlt es bereits an der Formulierung einer derartigen, hinreichend konkreten Rechtsfrage. Der Hinweis des Beklagten darauf, dass er in seiner Vollzugspraxis wiederholt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, unter Begründung entsprechender Masseforderungen die Insolvenzverwalter wegen der ordnungsgemäßen Entsorgung solcher Abfälle in Anspruch zu nehmen, die aus dem Betrieb immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen des jeweiligen Gemeinschuldners herrühren, und die sich daraus allenfalls der Sache nach ergebende Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Insolvenzverwalter zur Entsorgung solcher Abfälle herangezogen werden kann, genügt insoweit nicht. Denn die Voraussetzungen für die ordnungsrechtliche Inanspruchnahme eines Insolvenzverwalters sind in der bereits dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich bereits dahingehend geklärt, dass der Insolvenzverwalter zur Beseitigung einer Störung herangezogen werden kann, wenn er die sich aus der jeweils einschlägigen Rechtsgrundlage ergebenden Voraussetzungen einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit in seiner Person erfüllt. Dies ist etwa bejaht worden für den Fall einer an die - regelmäßig mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergehende - tatsächliche Sachherrschaft über die Massegegenstände anknüpfenden Zustandshaftung und für die Fälle, in denen der Insolvenzverwalter selbst ein die Ordnungspflicht begründendes Verhalten verwirklicht hat; abgelehnt worden ist es für diejenigen Fälle, in denen die Ordnungspflicht an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten des Insolvenzschuldners anknüpft. Ob und ggf. welche dieser Voraussetzungen für eine Heranziehung erfüllt sind, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und keiner weitergehenden grundsätzlichen Klärung zugänglich.

Aber auch wenn hier zugunsten des Beklagten angenommen würde, dass er - trotz der die vorstehende weite Fragestellung nahelegenden Ausführungen unter Ziff. 2 seiner Zulassungsbegründung - tatsächlich (nur) die Frage nach der Zulässigkeit der Heranziehung eines Insolvenzverwalters, der wegen einer bereits vor der Insolvenzeröffnung durch die Gemeinschuldnerin erfolgten Einstellung des Betriebes selbst nicht Betreiber der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage war, gerade gem. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG als grundsätzlich bedeutsam bezeichnen wollte, so fehlt es insoweit jedenfalls an einer hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Frage. Denn mit der pauschalen Bezugnahme des Beklagten auf seine bisherige, jedenfalls nicht erkennbar auf eine derartige Fallkonstellation beschränkten Praxis ist bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, dass diese Rechtsfrage tatsächlich für mehr als absolute Einzelfälle bedeutsam ist. In der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung - soweit diese hier bekannt ist - wurde diese Frage gerade deshalb noch nicht entschieden, weil sie sich angesichts abweichender Fallkonstellationen regelmäßig als nicht entscheidungserheblich erwies. Unabhängig davon dürfte die so formulierte Frage aber auch nicht (mehr) grundsätzlich klärungsbedürftig sein, weil sie sich - wie oben ausgeführt - auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (insoweit zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO: z.B. BVerwG, Beschluss v. 2. September 2009 - 4 BN 16/09 -, zit. nach juris, Rn 7). Denn nach den zu § 36 Abs. 2 Krw-/AbfG a.F. und zu § 58 Abs. 1 BBergG ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2006 (- 7 C 3.06 -, insbes. Rn. 12 f.) und vom 17. Dezember 2007 (- 7 C 40.07 -, insbes. Rn 11) und der sich im Ergebnis der Auslegung des § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden, mit den genannten Vorschriften in wesentlicher Hinsicht vergleichbaren Anknüpfung der dortigen Nachsorgepflichten an die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung einer genehmigungsbedürftigen Anlage und damit an die Betriebsführung, stellt sich auch § 5 Abs. 3 BImSchG aus ordnungsrechtlicher Sicht als Verhaltenshaftung des Betreibers dar, deren Voraussetzungen allein durch die Übernahme der Sachherrschaft sowie der Verwaltung- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht begründet werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Auf die Gründe des Beschlusses (OVG 11 L 26.07) über die Streitwertbeschwerde der Klägerin gegen die Höhe des erstinstanzlich entsprechend festgesetzten Streitwertes wird Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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