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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 16.07.2009
Aktenzeichen: OVG 11 N 50.07
Rechtsgebiete: VwGO, LWaldG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124a
VwGO § 124a Abs. 4 Satz 1
VwGO § 124a Abs. 4 Satz 4
LWaldG § 2 Abs. 1
LWaldG § 2 Abs. 2 Nr. 1
LWaldG § 8 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 11 N 50.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel am 16. Juli 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. Juni 2007 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens tragen die Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger sind Eigentümer zweier 1688 m² und 1454 m² großer, aneinander grenzender Flurstücke in der Gemarkung Schönwalde. Ihren Antrag, die Umwandlung dieser Flurstücke von Wald in Bauland zu genehmigen, lehnte das Amt für Forstwirtschaft Alt Ruppin, dessen Aufgaben durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (GVBl. I 2008, S. 367) auf den Beklagten übergegangen sind, durch Bescheid vom 16. Juli 2003, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26. September 2003 ab. Die daraufhin erhobene Klage mit dem Begehren, den Beklagten zur Erteilung der Waldumwandlungsgenehmigung für das gesamte Grundstück, hilfsweise für - nicht benannte - Teilflächen, zu verpflichten, hat das Verwaltungsgericht im Wege schriftlicher Entscheidung durch Urteil vom 26. Juni 2007 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Es bestehen schon Zweifel an seiner Zulässigkeit, jedenfalls ist er nicht begründet. Die Kläger benennen keine Zulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO. Soweit ihrem Rechtsbehelfsvorbringen die Geltendmachung ernstlicher Zweifel gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu entnehmen ist, rechtfertigt es nicht die Zulassung der Berufung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten angegriffen wird und im Ergebnis eine gegenteilige als die angegriffene Entscheidung ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164). Dabei ist die Überprüfung auf die von dem Zulassungsantragsteller geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu beschränken. Das entspricht dem fristgebundenen Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO. Die sich daraus ergebende Beschränkung betrifft nicht nur die gemäß § 124 Abs. 2 VwGO geltend gemachten, dort im Einzelnen bezeichneten Gründe, sondern beschränkt die Prüfung im Zulassungsverfahren grundsätzlich auf die vom Zulassungsantragsteller fristgerecht vorgetragene inhaltliche Begründung (ständige Senatsrechtsprechung, u.a. Beschluss vom 24. Februar 2009 - OVG 11 N 39.08, n.v.).

1. Die der Begründung des Zulassungsantrags vorangestellte pauschale Bezugnahme der Kläger auf ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten wird den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Berufungszulassungsgrundes, die eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils beinhalten, nicht gerecht. Darlegen des Zulassungsgrundes bedeutet dessen Benennung, Erläuterung und Substantiierung in näherer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Februar 2009, a.a.O.).

2. Soweit die Kläger auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils eingehen, machen sie im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht habe einen Anspruch auf Erteilung einer Waldumwandlungsgenehmigung verneint, weil die im Rahmen von § 8 Abs. 2 LWaldG vorzunehmende Abwägung zu Gunsten der Interessen der Allgemeinheit ausfalle. Voraussetzung dieser Abwägung sei u.a., dass es sich bei der streitbefangenen Fläche um Wald im Sinne von § 2 Abs. 1 LWaldG handele, was das Verwaltungsgericht aufgrund des Ortstermins vom 28. September 2006 aufgrund der Größe der bestockten Grundfläche sowie insbesondere des Kronenschlusses der Bäume angenommen habe. Diese Voraussetzung sei jedoch zwischenzeitlich entfallen. Durch einen Sturm am 26. Juni 2007 sei ein Baum auf dem Grundstück der Kläger umgestürzt. Die daraufhin vorgenommene Überprüfung habe dazu geführt, dass acht weitere Bäume mit Zustimmung des Ordnungsamtes gefällt worden seien. Bei diesen Bäumen handele es sich um Buchen mit Durchmessern von 60-130 cm und Höhen zwischen 17 und 36 m. Das führe dazu, dass aufgrund des - mittig liegenden - Wegfalls des Kronenschlusses in einer Größe von ca. 300-350 m² der flächenhafte Eindruck eines Waldgebiets und damit die Waldeigenschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 LWaldG nicht mehr gegeben sei. Damit seien die Voraussetzungen, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe, hinfällig geworden.

Mit diesem Einwand verkennen die Kläger bereits, dass die Annahme der Waldeigenschaft ihres Grundstücks nicht nur der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, sondern auch ihrem eigenen Waldumwandlungsantrag zu Grunde liegt. Sollte es sich bei der streitgegenständlichen Fläche nicht (mehr) um Wald handeln, würde es für die Verpflichtungsklage am Rechtschutzbedürfnis fehlen, weil für eine Genehmigung zur Umwandlung von Wald in Bauland kein Raum mehr wäre.

Hiervon abgesehen spricht auch wenig dafür, dass die von den Klägern geschilderten Ereignisse die Waldeigenschaft der streitgegenständlichen Fläche hätten entfallen lassen. Denn angesichts des Umstandes, dass die Gesamtfläche von mehr als 3100 m², auf die sich der Antrag auf Genehmigung der Waldumwandlung bezieht, vom Verwaltungsgericht als Wald angesehen worden ist, was die Kläger bezogen auf die Tatsachengrundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht angreifen, kann die Beseitigung des Kronenschlusses auf einer Teilfläche von ca. 300-350 m² nicht dazu führen, dass die Waldeigenschaft der Gesamtfläche nunmehr zu verneinen wäre. Vielmehr wäre hierdurch allenfalls eine verlichtete Teilfläche entstanden, die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 LWaldG ebenfalls als Wald gilt. Derartig kleine verlichtete Flächen führen nicht zu einem Verlust der Schutzfunktionen des Waldes und unterliegen im Übrigen der natürlichen Verjüngung (vgl. § 11 Abs. 1 LWaldG). Insoweit weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Beseitigung von neun Bäumen lediglich die oberste Schicht des Ökosystems Wald betrifft, so dass darunter befindliche jüngere Forstpflanzen heranwachsen und schließlich die entstandenen Lücken füllen werden.

3. Die Ausführungen der Kläger zu dem von ihnen angekündigten Hilfsantrag, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihnen dem Grunde nach Entschädigungsleistungen zuzusprechen, deren Höhe noch in einem gesonderten Verfahren festzustellen seien, können die Zulassung der Berufung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil ein solches Begehren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist. Klageänderungen und -Erweiterungen sind im Berufungszulassungsverfahren nicht zulässig. Klageänderungen in der Berufungsinstanz setzen jedoch eine zulässige Berufung voraus; daran fehlt es, solange nicht feststeht, ob es überhaupt zu einem Berufungsverfahren kommen wird. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens nach § 124a VwGO als eines Zwischenverfahrens kann daher allein der Streitgegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung sein; nur hierzu können Zulassungsgründe dargelegt und geprüft werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. Dezember 2005 - 7 ZB 05.2645 -, BayVBl. 2006, 470, zitiert nach Juris, dort Rn. 5, m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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