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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 22.09.2006
Aktenzeichen: OVG 11 N 62.05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 N 62.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann und die Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und Dr. Jobs am 22. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 24. Februar 2005 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 6.907,92 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin begehrt für das Wirtschaftsjahr 1999 die Gewährung einer Ausgleichszahlung für konjunkturelle Flächenstilllegung. Die darauf gerichtete Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht nach teilweiser Klagerücknahme durch Urteil vom 24. Februar 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe einen Teil der von ihrem Beihilfeantrag umfassten Stilllegungsflächen, die Flurstücke und der Flur der Gemarkung J_____, während des Stilllegungszeitraums nicht hinreichend gepflegt, um sie in einem nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu erhalten. Da die geltend gemachte Fläche die als beihilfefähig verbleibende Fläche um mehr als 20 % übersteige, entfalle der Beihilfeanspruch gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 ganz.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Es ist schon zweifelhaft, ob der Antrag den formellen Darlegungsanforderungen nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Danach sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Dazu gehört, dass zumindest einer der abschließend normierten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO) prinzipiell ausdrücklich benannt wird und dass bezogen auf den jeweiligen Zulassungsgrund substanziiert dargelegt wird, warum er gegeben sein soll. Letzteres ist hier nicht geschehen. Zwar sind eingangs der Begründung des Antrags die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO ausdrücklich bezeichnet worden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welchen der unterschiedliche Darlegungsanforderungen stellenden Zulassungsgründe jeweils die zur Begründung angestellten Erwägungen zugeordnet werden sollen. Das Vorbringen zur Begründung des Zulassungsantrags setzt sich stattdessen nach Art einer bereits zugelassenen Berufung mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Damit ist dem Darlegungserfordernis prinzipiell nicht genügt. Dieses bestimmt als selbständige Zulässigkeitsvoraussetzung den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Es soll dessen Bearbeitungsaufwand vermindern und dadurch das Zulassungsverfahren beschleunigen. Erforderlich ist daher eine qualifizierte, ins Einzelne gehende, spezifisch aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene Darstellung, die sich mit der angefochtenen Entscheidung aufgrund einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzt. Die Antragsbegründung muss dem Oberverwaltungsgericht (in der Regel ohne weitere Ermittlungen) anhand der Ausführungen des Antrags die Prüfung ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt; es ist nicht Sache des Rechtsmittelgerichts, aus einem unstrukturierten Vorbringen selbst heraus zu suchen, was dieser oder jener Zulassungsalternative zuzuordnen sein könnte (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 21. Januar 2005 - OVG 1 N 56.05 -, Beschluss vom 27. März 2002 - OVG 8 SN 6.02 -).

Hiervon abgesehen zeigt das Zulassungsvorbringen weder einen potenziell entscheidungserheblichen Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO auf (1.) noch rechtfertigt es gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (2.).

1. Soweit es die Klägerin als Verfahrensfehler rügt, das Verwaltungsgericht habe keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, fehlt es bereits an Darlegungen, welche konkreten weiteren Ermittlungen das Verwaltungsgericht aus Sicht der Klägerin hätte anstellen sollen. Die von der Klägerin vermisste weitere Sachverhaltsaufklärung musste sich dem Verwaltungsgericht nicht von sich aus aufdrängen. Denn nach der insoweit maßgebenden und im Urteil begründeten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es für den Beihilfeausschluss wesentlich darauf an, dass die Klägerin die Flächen innerhalb des Stilllegungszeitraums unstreitig nur einmal bearbeitet und damit schon nicht die erforderlichen Pflegemaßnahmen ergriffen hatte, um einen zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu erhalten. Das Gericht war nach der auf der sachkundigen Äußerung eines Diplom-Agraringenieurs beruhenden substanziierten Einlassung des Beklagten nicht gehalten, von Amts wegen weitere Beweise zu erheben. Vielmehr wäre es bei dieser Sachlage Aufgabe der Klägerin gewesen, durch förmlichen Beweisantrag eine weitere Sachaufklärung zu beantragen (vgl. zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge [im Revisionszulassungsrecht] BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328, m.w.N.).

Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht zur Kenntnis genommen und auch nicht auf die von ihr eingereichten Fotos zurückgegriffen, fehlt es schon an näheren Darlegungen, gegen welche Verfahrensvorschrift das Verwaltungsgericht verstoßen haben sollte. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich daraus schon deshalb nicht, weil Art. 103 Abs. 1 GG die Gerichte nicht dazu verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich und im Einzelnen zu befassen. Es genügt vielmehr, wenn das Gericht sich mit dem für die Entscheidung erheblichen Kern des Beteiligtenvorbringens in den Entscheidungsgründen auseinandersetzt; im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht ihm unterbreitetes Vorbringen auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133, 145; Beschlüsse des erkennenden Senats vom 17. Mai 2006 - OVG 11 RM 2.06 -, 21. Juli 2006 - OVG 11 RN 2.06 - sowie vom 11. September 2006 - OVG 11 RN 1.06 -, sämtlich nicht veröffentlicht). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil.

2. Soweit die Klägerin geltend macht, die einmalige Bearbeitung der Flächen mittels Grubbern im April 1999 habe genügt, um sie während des mit dem Monat August 1999 endenden Stilllegungszeitraums in einem zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu erhalten, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Derartige Zweifel bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 f.; Senatsbeschluss vom 6. September 2006 - OVG 11 N 101.05 -) und nicht nur die Begründung der angefochtenen Entscheidung oder einzelne Elemente dieser Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004, Buchholz 310 § 124 Nr. 33). Das ist hier nicht der Fall. Der Vortrag der Klägerin begründet keine ernstlichen Zweifel daran, dass der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung begründete und vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Erfahrungssatz, wonach eine einmalige Bodenbearbeitung im April bzw. Mai nicht geeignet sei, die Fläche bis Ende August des jeweiligen Jahres in einem zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu erhalten, auch im konkreten Fall Geltung beanspruchen konnte. Denn der Beklagte stellte bereits bei den Flächenkontrollen am 12. Juli 1999 fest, dass die Klägerin die erforderlichen Pflegemaßnahmen auf ihren Stilllegungsflächen noch nicht durchgeführt habe und beauflagte sie mit Schreiben vom selben Tage, die Pflegearbeiten bis zum 15. August 1999 abzuschließen. Dieses Schreiben bezieht sich pauschal auf alle kontrollierten Stilllegungsflächen. Aus dem Umstand, dass die hier in Rede stehenden Flurstücke in dem Schreiben nicht ausdrücklich erwähnt sind, lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht folgern, dass sie im Rahmen der Flächenkontrollen unbeanstandet geblieben sind. Überdies wurden diese Flurstücke bei den Nachkontrollen am 23. September 1999 erneut beanstandet und vom Beklagten fotografisch dokumentiert. Auch wenn diese Nachkontrollen nach Ablauf des Stilllegungszeitraums stattgefunden haben, spricht nichts dafür, dass der beanstandete Zustand der Flächen ebenfalls erst nach dem 31. August 1999 entstanden sein könnte. Im Übrigen hat auch die Klägerin, wenngleich im hier maßgebenden rechtlichen Zusammenhang verspätet, jedenfalls im September 1999 Anlass gesehen, die Flächen einer erneuten Bearbeitung zu unterziehen.

Ob entsprechend den Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Bodenbearbeitung durch Grubbern wegen einer möglichen Förderung der Bodenerosion grundsätzlich ungeeignet ist, einen zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu gewährleisten, kann dahinstehen; hierauf hat das Verwaltungsgericht für seine Entscheidung nicht abgestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus §§ 72 Nr. 1, 52 Abs. 3, 47 Abs. 3 GKG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 [BGBI I Seite 718]). Der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert von 6.968,09 EUR reduziert sich insoweit, als die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat. Diese teilweise Klagerücknahme bezieht sich auf die Flurstücke und der Flur der Gemarkung M_____ mit einer Größe von 0,0544 bzw. 0,1437, zusammen also 0,1981 ha. Diese Summe ist mit dem Preisausgleich von 311,1116 EUR pro ha zu multiplizieren und ergibt 61,63 EUR. Dieser Betrag ist sodann um den Kürzungsfaktor 0,9763 EUR zu reduzieren, so dass sich ein Betrag von 60,17 EUR ergibt, der von dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert von 6.968,09 EUR abzuziehen ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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