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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 15.09.2006
Aktenzeichen: OVG 11 S 57.06
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BImSchG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 80a Abs. 2
VwGO § 80a Abs. 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 3 Abs. 2
BauGB § 6 Abs. 1
BauGB § 6 Abs. 4 Satz 1
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 15
BauGB § 15 Abs. 3
BauGB § 15 Abs. 3 Satz 1
BauGB § 15 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 3
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 36 Abs. 1
BauGB § 36 Abs. 1 Satz 2
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG § 10
BImSchG § 10 Abs. 6a Satz 1
BImSchG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 S 57.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterinnen am Oberverwaltungsgericht Apel und Dr. Bumke am 15. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. Juli 2006 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. Oktober 2005 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 14. Februar 2006 wird mit Wirkung vom Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner wiederhergestellt.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Antragstellerin 1/2 und der Antragsgegner und die Beigeladene jeweils 1/4.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 125.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) allein maßgeblichen Beschwerdevortrages im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Inhaltlicher Maßstab der hier gemäß § 80a Abs. 2 und 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffenden gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren ist eine umfassende Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse der Antragstellerin einerseits und das öffentliche Interesse sowie das Interesse des durch den Verwaltungsakt begünstigten Dritten an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Diese Abwägung hat der Gesetzgeber zunächst dahin vorgenommen, dass Widerspruch und Klage im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich aufschiebende Wirkung entfalten (§ 80 Abs. 1 VwGO), diese aber entfällt, wenn die Behörde - wie hier - die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnet hat. Das Gericht prüft mithin im Falle einer solchen Anordnung, ob die Behörde zu Recht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung höher gewichtet hat als das private Interesse des Adressaten, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von einer Vollziehung des Verwaltungsakts verschont zu bleiben. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes Bedeutung; allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als bei Gewichtung des Sofortvollzugsinteresses in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 - 4 B 31/98 -, NJW 1998, S. 3513; vgl. auch BVerfG <Vorprüfungsausschuss>, Beschluss vom 11. Februar 1982 - 2 BvR 77/82 -, NVwZ 1982, 241; BVerfG, Beschluss vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 -, DVBl. 1995, 1297 f.).

Davon ausgehend erweist sich die Beschwerde der Antragstellerin als begründet. Denn diese stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Zurückstellungsbescheid des Antragsgegners vom 13. Oktober 2005 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 14. Februar 2006 offensichtlich rechtmäßig sei, mit durchaus beachtlichen Argumenten in Frage. Angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Falles ist eine hinreichend verlässliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners im hiesigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zwar nicht möglich (1.). Bei der unabhängig davon anzustellenden Abwägung überwiegt jedoch das Interesse der Antragstellerin, vor der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der Zurückstellungsanordnung von deren weiterer Umsetzung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse bzw. das Interesses der Beigeladenen an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Zurückstellungsanordnung (2.).

1. Auf der Grundlage der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung muss die Rechtmäßigkeit des Zurückstellungsbescheides des Antragsgegners in der Fassung des Abänderungsbescheides als offen angesehen werden.

a. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 3 BauGB in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren angesichts der von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung insoweit angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Reichweite der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG (Beschluss vom 17. Dezember 2002 - 7 B 119.02, zit. nach juris, Rn 6 f.) nicht als offensichtlich rechtmäßig angesehen werden. Eine ausdrückliche, etwa dem § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber in § 15 BauGB nicht getroffen. Die in § 15 Abs. 3 BauGB enthaltene Formulierung, "in einem Verwaltungsverfahren", auf die sich das Verwaltungsgericht Bayreuth (Urteil vom 2. März 2006 - B 2 K 05.1035 -, zit. nach juris) stützt, betrifft nur die Kenntniserlangung durch die nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB antragsbefugte Gemeinde, begründet aber keine Erstreckung dieser Vorschrift auf andere Verfahren. Soweit das Verwaltungsgericht darauf verweist, dass gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens, in welchem eine Zurückstellung von Baugesuchen zulässig ist", vom immissionsschutzrechtlichen Verfahren vollumfänglich mit umfasst werde, und dass in der Rechtsprechung auch für Veränderungssperren anerkannt sei, dass sie in immissionsschutzrechtlichen Verfahren beachtet werden müssen, überzeugt dies nicht. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG knüpft die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an das Vorliegen der sich aus anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften - wie dem Bauplanungsrecht - ergebenden materiellen Voraussetzungen. Um eine solche materielle Voraussetzung handelt es sich bei der Veränderungssperre gem. § 14 Abs. 1 BauGB, die ein befristetes baurechtliches Verbot begründet und damit einen materiellrechtlichen Versagungsgrund darstellt. Demgegenüber wird mit der Zurückstellung gem. § 15 Abs. 3 BauGB keine Sachentscheidung über den Bauantrag getroffen, sondern die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens bis zum Ablauf einer bestimmten Frist aufgeschoben. Ihre Wirkungen sind nur verfahrensrechtlicher Art (vgl. dazu z.B. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. München 2006, § 15 Rn 1; Grauvogel, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Stand der Kommentierung: 30. Lfg. April 1996, § 15 Rn 21; Bielenberg/Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand 77. Erg.lfg 2005, § 15 Rn 1). In der hier maßgeblichen Hinsicht stellt § 15 Abs. 3 BauGB danach kein minus, sondern ein aliud gegenüber der Veränderungssperre dar.

Dass der Zweck des § 15 Abs. 3 BauGB seine Anwendbarkeit auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu begründen vermag, erscheint angesichts der von der Antragstellerin für ihre Auffassung angeführten - vor Inkrafttreten des erst 2004 eingefügten § 15 Abs. 3 BauGB ergangenen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, ausweislich derer die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG auch das den erfassten behördlichen Entscheidungen zugrunde liegende Verwaltungsverfahren erfasse und das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren "ausschließlich nach der für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltenden Verfahrensbestimmung des § 10 BImSchG und der auf der Grundlage des Abs. 10 dieser Vorschrift erlassenen 9. BImSchV durchzuführen" sei, nicht eindeutig, denn das Bundesverwaltungsgericht hat mit Blick auf die mit der immissionsschutzrechtlichen Konzentrationswirkung bezweckte Verfahrensvereinfachung auch für eine analoge Anwendung verdrängter Regelungen grundsätzlich keinen Raum gesehen. Soweit demgegenüber in der Kommentarliteratur zu § 15 Abs. 3 BauGB (so z.B. - ohne weitere Begründung - Berkemann, in: Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004, Bonn 2005, § 15 Rn 39; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 77. Erg.lfg 2005, § 15 Rn 71h, für eine analoge Anwendung: Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. München 2006, § 15 Rn 4; Grauvogel, in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, Stand der Kommentierung: 30. Lfg. April 1996, § 15 Rn 26) sowie von Teilen der Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Februar 2005 - 7 B 10012/05 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom17. März 2006 - 8 B 1920/05 -, beide zit. nach Juris) die Auffassung vertreten wird, dass die Zurückstellung eines Baugesuchs nach der Zielsetzung des § 15 BauGB auch im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zulässig sei, geschieht dies überwiegend ohne nähere Begründung und ohne Auseinandersetzung mit der von der Antragstellerin für ihre gegenteilige Auffassung angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O., juris Rn 6). Die damit aufgezeigte Frage, ob die besondere Bedeutung der Zurückstellung gem. § 15 Abs. 3 BauGB als Instrument zur Sicherung der Konzentrationsplanung mittels Flächennutzungsplans in der Planungshoheit der Gemeinden dessen Anwendbarkeit im immissionsschutzrechtlichen Verfahren begründet oder ob die detaillierten immissionsschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften keine Regelungsdefizite erkennen lassen, die durch die Heranziehung sekundären, verdrängten Verfahrensrechts ausgeglichen werden müssten, bedarf danach jedenfalls einer genaueren Prüfung, als sie im Rahmen des hiesigen Eilrechtsschutzverfahrens möglich ist.

b. Soweit die Antragstellerin rügt, das Verwaltungsgericht habe es zu Unrecht dahinstehen lassen, ob der Aufstellungsbeschluss der Beigeladenen vom 21. April 2004 bereits Hinweise darauf enthalte, dass mit ihm die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollten, da sich dieses Ziel jedenfalls aus dem bisherigen Planungsverfahren ergebe, bedarf es ebenfalls der näheren Prüfung in einem Hauptsacheverfahren, ob dies den Anforderungen des § 15 Abs. 3 BauGB noch genügt.

Gem. § 15 Abs. 3 BauGB ist die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn "die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, [...] mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird.".

Welche Anforderungen sich daraus für den Planaufstellungsbeschluss ergeben, kann bisher noch nicht als hinreichend geklärt angesehen werden. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen (OVG Sachsen, Urteil vom 11. November 2005 - 1 D 23/03 -, NJ 2006, 123; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. August 2003 - 1 A 11186/02 -, von der Antragstellerin auszugsweise zitiert) konkretisieren - soweit ersichtlich - die sich aus der notwendigen "Anstoßfunktion" ergebenden inhaltlichen Anforderungen nicht mit Blick auf die Bekanntmachung eines Aufstellungsbeschlusses, sondern mit Blick auf - an § 3 Abs. 2 BauGB zu messende - Offenlegungsbekanntmachungen, und in der einschlägigen baurechtlichen Kommentarliteratur wird diese Frage durchaus unterschiedlich beurteilt. So meint Berkemann (in: Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004, Bonn 2005, § 15 Rn 15, 19 f.), dass bereits in der Beschussfassung textlich zu erkennen sein müsse, dass im künftigen Flächennutzungsplan Darstellungen enthalten sein sollen, die geeignet seien, die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auszulösen, und dass der Aufstellungsbeschluss ein "Mindestmaß dessen erkennen lassen [müsse], was Inhalt der zu erwartenden Darstellung im Flächennutzungsplan sein soll". Lemmel (in: Schlichter/Driehaus, Berliner Kommentar zum BauGB, Loseblattsammlung, Std. Juli 2005, § 15 Rn 18) geht davon aus, dass der erforderliche Mindestinhalt an inhaltlicher Bestimmtheit der Planung sich daraus ergebe, dass die Planung dem Ziel der Erreichung der Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB diene (ähnlich auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. München 2006, § 15 Rn 20); unklar bleibt, ob seiner Auffassung nach der Aufstellungsbeschluss selbst bereits eine entsprechende Zielstellung erkennen lassen muss (dagegen wohl Söfker/Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn 32, die meinen, dass die Ziele der Planung nicht zwingend im Aufstellungsbeschluss enthalten sein müssen, sondern es ausreicht, dass sie mindestens in den Beschlussvorlagen bzw. in Sitzungsniederschriften vom beschließenden Gemeindeorgan zustimmend zur Kenntnis genommen worden sind). Stock (in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 77. Erg.lfg 2005, § 15 Rn 71g) hält schließlich inhaltliche Aussagen zu der Richtung der Planung im Zusammenhang mit dem Planaufstellungsbeschluss nicht für erforderlich und meint, es reiche aus, wenn diese erst zur Entscheidung über einen Zurückstellungsantrag vorlägen und nachgewiesen werden müssten (Stock, a.a.O. § 15 Rn 71g; § 14 Rn 35). Er hält es jedoch ebenfalls für erforderlich, dass das zuständige Gemeindeorgan die inhaltlichen Ziele der Flächennutzungsplanung - d.h. mindestens das Ziel, Flächen im Außenbereich für wenigstens eine der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 aufgezählten Vorhabenarten darzustellen, um sie an anderen Stellen im Außenbereich auszuschließen (a.a.O. Rn 71j) - durch Beschluss konkretisiert haben muss.

Vorbehaltlich näherer Prüfung in der Hauptsache erscheint es danach jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine die beantragte Zurückstellung rechtfertigende Konkretisierung der Ziele der Flächennutzungsplanung der Beigeladenen auch nach Erlass des Aufstellungsbeschlusses noch erfolgen konnte. Zwar dürfte den vom Verwaltungsgericht angeführten Offenlegungsbeschlüssen der Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen vom 14. Dezember 2005 und 11. Januar 2006 insoweit keine maßgebliche Bedeutung mehr zukommen, da sie erst nach Ablauf der sechsmonatigen, hier durch förmliche Beteiligung der Stadt mit Schreiben des Antragsgegners vom 23. Mai 2005 ausgelösten Antragsfrist des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB gefasst worden sein dürften. Denn angesichts der Fristgebundenheit des Zurückstellungsbegehrens dürfte auch eine Berücksichtigung von erst nach Fristablauf gefassten Beschlüssen der Gemeinde nicht mehr in Betracht kommen, da die Gemeinde andernfalls die Möglichkeit hätte, die ihr gesetzte gesetzliche (Ausschluss-)Frist durch Nachbesserung zuvor vorsorglich gestellter, mangels hinreichender Präzisierung der Planungsabsichten zunächst unbegründeter Zurückstellungsanträge zu unterlaufen. Ob und ggf. welche Beschlüsse die Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen hinsichtlich der von dieser selbst als Beleg ihrer Planungsabsichten angeführten Entwürfe des Flächennutzungsplans vom Januar und September 2005 vor Ablauf der Antragsfrist getroffen hat und ob diese eine Zurückstellung ganz oder teilweise rechtfertigen, ist im Rahmen der hier allein möglichen Prüfung nicht eindeutig feststellbar. Allerdings hat die Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen mit dem Beschluss vom 18. August 2005, mit dem die Verwaltung beauftragt wurde, den den verfahrensgegenständlichen Bescheiden zugrunde liegenden Zurückstellungsantrag zu stellen, zur Begründung angeführt, dass im künftigen Flächennutzungsplan Darstellungen - u.a. - zur konkreten Ausdehnung des Windfeldes M_____ III getroffen werden sollen, deren Realisierung durch das Vorhaben der Antragstellerin wesentlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werde. Auf der Grundlage eines Teils der oben dargelegten Auffassungen erscheint es durchaus möglich, dies als hinreichende und noch fristgemäße Konkretisierung der Planungsziele der Beigeladenen zu berücksichtigen.

c. Die übrigen mit der Beschwerde geltend gemachten Einwände vermögen ebenfalls keine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zurückstellungsanordnung zu begründen.

Angesichts der nach der Begründung des vorgenannten Beschlusses jedenfalls auch beabsichtigten Änderungen der Ausdehnung des - im Regionalplan bereits als Konzentrationszone für Windenergieanlagen dargestellten - Windfeldes M_____ III kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine durch § 15 Abs. 3 BauGB allein sicherungsfähige Konzentrationsplanung nicht beabsichtigt oder eine Sicherung nicht mehr erforderlich war. Der Umstand, dass es sich nicht um eine erstmalige, sondern um eine ergänzende, an die durch den Regionalplan vorgegebenen Windeignungsgebiete anknüpfende und die sich daraus ergebenden Bindungen berücksichtigende Konkretisierung handelt, dürfte dem ebenso wenig entgegenstehen wie die der Beigeladenen daneben eröffnete Möglichkeit, zur Sicherung weitergehender Planungsabsichten hinsichtlich Anlagenhöhe und Festsetzung einzelner Standorte auf einen Bebauungsplan und die hierfür einschlägigen Sicherungsmittel zurückzugreifen. Schließlich ist auf der Grundlage der hier allein möglichen Prüfung auch nicht hinreichend sicher feststellbar, dass es sich um eine reine "Verhinderungsplanung" handelt. Zwar ist davon auszugehen, dass eine gemeindliche Konzentrationsplanung durch einen Flächenutzungsplan angesichts der sich aus § 1 Abs. 4 BauGB ergebenden Bindung der Beigeladenen an die Ziele der Raumordnung nur noch in engen Grenzen zulässig sein dürfte. Angesichts der den Gemeinden unter III. Begründungen und Erläuterungen, Begründung und Erläuterung zu Plansatz 1.1 des Regionalplanes Havelland-Fläming - sachlicher Teilplan "Windenergienutzung" - (vom 2. September 2004, bekannt gemacht am 17. Januar 2005, ABl. Brandenburg S. 318) ausdrücklich vorbehaltenen Möglichkeit, durch die Bauleitplanung innerhalb der Eignungsgebiete eine kleinräumige Steuerung durch die Berücksichtigung städtebaulicher, landschaftspflegerischer sowie weiterer örtlicher öffentlicher Belange vorzunehmen, soweit eine Abwägung dieser Belange im Rahmen des Teilplanes noch nicht erfolgen konnte, und angesichts des ausdrücklichen Hinweises, wonach "eine flächenhafte Einschränkung ... im Wege der Abwägung fachlich ausreichend zu begründen" sei, kann eine Beschränkung der im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsgebiete durch eine weitergehende gemeindliche Konzentrationsplanung aber jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig angesehen werden. Ob die Planungen der Beigeladenen den sich aus dem Regionalplan ergebenden Abwägungsanforderungen genügen, dürfte für die Entscheidung über den Zurückstellungsantrag nicht zu prüfen sein (vgl. i.d.S. Berkemann, a.a.O. § 15 Rn 14).

Dass das Verwaltungsgericht dem teilweise erteilten Einvernehmen der Beigeladenen zum Vorhaben der Antragstellerin und einem im Hinblick darauf bei dieser möglicherweise entstandenen Vertrauen keine maßgebliche Bedeutung zugemessen hat, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu beanstanden. Denn § 36 Abs. 1 BauGB enthält weder ein Planungsverbot noch hindert ein bereits erteiltes Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB die Gemeinde, einen Aufstellungsbeschluss mit dem Ziel zu fassen, eine Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu erreichen (vgl. z.B. Berkemann, a.a.O., § 15 Rn 16 m.w.N., Rn 35; ebenso Stock, a.a.O. § 15 Rn 71i). Da es sich bei § 15 Abs. 3 BauGB um eine gebundene Entscheidung handelt, stand dem Antragsgegner diesbezüglich auch kein Ermessen zu.

Der Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe seine - durch Bezugnahme auf die Ausführungen des Antragsgegners begründete - Annahme, die Zurückstellungsfrist sei zutreffend berechnet worden, ohne eigene Prüfung der nicht beigezogenen Genehmigungsvorgänge getroffen und nicht berücksichtigt, dass ein Bescheid des Antragsgegners zur Verlängerung der sich aus § 10 Abs. 6a Satz 1 BImSchG ergebenden Genehmigungsfrist nicht erfolgt sei, vermag die Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner angenommenen Zurückstellungsfrist nicht in Zweifel zu ziehen. Denn die Antragstellerin hat mit der Beschwerde weder die für die in Bezug genommene Fristberechnung des Antragsgegners maßgebliche Feststellung, dass die Antragsunterlagen erst am 23. Mai 2005 für vollständig erklärt worden seien, bestritten, noch substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Antragsunterlagen einschließlich aller für die Prüfung erforderlichen Ergänzungen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG) trotz dieser Feststellung tatsächlich bereits vor diesem Termin vollständig vorgelegen hätten. Aus den in Bezug genommenen Ausführungen in der Klageschrift vom 19. April 2006 ergibt sich insoweit nichts anderes, da auch dort nicht nachvollziehbar dargelegt worden ist, dass es sich bei den nachgeforderten Unterlagen, die für die erst sehr lange nach Eingang des Antrags im Dezember 2004 erfolgte Feststellung der Vollständigkeit durch den Antragsgegner maßgeblich waren, tatsächlich nur um solche gehandelt hat, die einer früheren Anerkennung des Antrags als vollständig nicht entgegengestanden hätten. Da die Entscheidungsfrist des § 10 Abs. 6a Satz 1 BImSchG indes erst zu laufen beginnt, wenn Antrag und Unterlagen vollständig vorliegen (vgl. nur Jarass, BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 10 Rn 42, 117) und die maßgebliche Frist von sieben Monaten bei einer erst am 23. Mai 2005 hergestellten Vollständigkeit der Unterlagen im Zeitpunkt der Zurückstellung noch nicht abgelaufen war, ist eine rechtswidrige, bei der Berechnung der Zurückstellungsfrist ggf. zu berücksichtigende Überschreitung dieser Frist auch ohne deren Verlängerung durch einen diesbezüglichen, hier nicht ergangenen Bescheid nicht feststellbar.

Der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass die Beigeladene ihre Planungen erneut geändert habe und nach dem aktuellen Entwurf der Flächennutzungsplanung jedenfalls zwei der von der Zurückstellung betroffenen Windenergieanlagen nunmehr innerhalb eines vorgesehenen Gebiets zur Konzentration der Windenergienutzung lägen, vermag schließlich auch keine - teilweise - Rechtswidrigkeit der Zurückstellungsentscheidung zu begründen. Da das Planverfahren noch nicht abgeschlossen ist, muss die Gemeinde grundsätzlich die Möglichkeit behalten, die in einem ausgelegten Entwurf enthaltenen Planungen nachträglich nochmals zu ändern. Da auch derartige Änderungen durch die vorherige Realisierung eines mit der Änderung unvereinbaren Vorhabens wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht werden könnten, dürfte das für die Zurückstellung maßgebliche Interesse an der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit grundsätzlich bis zum Abschluss des Planverfahrens fortbestehen (i.d.S. Berkemann, a.a.O. § 15 Rn 42).

2. Die danach unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzustellende Interessenabwägung fällt ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt des Senats zugunsten des Suspensivinteresses der Antragstellerin aus.

Die Antragstellerin hat schon wegen der gem. § 10 Abs. 5 des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG, BGBl. 2004 I, 1918) jährlich sinkenden Mindestvergütungen für Strom aus Windenergieanlagen ein ganz erhebliches wirtschaftliches Interesses an einer schnellstmöglichen Genehmigung und Errichtung der im Bereich des Windfeldes M_____ III geplanten 19 Windkraftanlagen. Sie musste durch die Zurückstellungsanordnung zudem bereits eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens zur Genehmigung der Windkraftanlagen hinnehmen und könnte bei einer Fortsetzung dieses Verfahrens voraussichtlich mit dessen baldigem Abschluss rechnen.

Demgegenüber besteht das (öffentliche) Interesse der Beigeladenen darin, ihre Bauleitplanung abschließen zu können, bevor die jedenfalls überwiegend im Widerspruch zum derzeitigen Entwurf des Flächennutzungsplans stehenden Anlagen der Antragstellerin genehmigt und errichtet werden. Dieses Interesse vermag das Interesse der Antragstellerin an einer umgehenden Fortführung der Genehmigungsverfahren jedenfalls nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens nicht mehr zu überwiegen, denn der Senat hält es für nahezu ausgeschlossen, dass ein Abschluss des Planungsverfahrens durch die Ausschöpfung der bereits am 20. Oktober 2006 und damit in weniger als 6 Wochen endenden Zurückstellungsfrist gelingen wird. Zwar mögen die das Windfeld M_____ III betreffenden Planungen der Beigeladenen ausweislich der vorgelegten Bekanntmachung über die (erneute) Auslegung des Flächennutzungsplanentwurfs vom 7. August 2006 bis 7. September 2006 ein durchaus fortgeschrittenes Stadium erreicht haben. Jedoch rechtfertigt dies noch nicht die Prognose eines im dargelegten Sinne rechtzeitigen Inkrafttretens des vorgesehenen Flächennutzungsplanes. So hatte die Beigeladene in der Begründung ihres Widerspruchs gegen den Zurückstellungsbescheid vom 13. Oktober 2005 ausgehend von einem Auslegungszeitraum vom 16. Januar bis zum 17. Februar 2006 selbst ausgeführt, dass mit dem Abwägungs- und Feststellungsbeschluss erst im April 2006 zu rechnen sei. Zusätzlich bedarf der Flächennutzungsplan nach § 6 Abs. 1 BauGB der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde, die darüber gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB innerhalb von drei Monaten zu entscheiden hat. Sodann ist diese Genehmigung ortsüblich bekannt zu machen; erst mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam (§ 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 BauGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs. 1, § 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -. Für die Höhe des festgesetzten Wertes wird auf die Begründung des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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