Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.09.2006
Aktenzeichen: OVG 11 S 64.06
Rechtsgebiete: VwGO, WaffG


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 b
WaffG § 45 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 S 64.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann und die Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und Dr. Jobs am 25. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. August 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 18. Oktober 2005 widerrief der Antragsgegner die dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarte und forderte ihn auf, näher bezeichnete Waffen und erlaubnispflichtige Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies nachzuweisen. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2005 zurück. Durch Beschluss vom 9. August 2006 hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller gegen die genannten Bescheide erhobenen Klage wiederherzustellen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde.

Die Beschwerde ist nicht begründet, denn die vom Antragsteller vorgetragenen und gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfenden Gründe rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG die erforderliche Zuverlässigkeit des Antragstellers voraus. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit unter anderem Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden. Dies hat das Verwaltungsgericht für den Antragsteller, aus dessen Wohnung in der Nacht vom 23. zum 24. August 2005 eine unverschlossen abgestellte Jagdwaffe (Bockbüchsflinte) bei einem Einbruch entwendet wurde, im Anschluss an die Begründung der angefochtenen Bescheide bejaht. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt es nicht, hiervon abzuweichen.

Soweit der Antragsteller auf sein bisheriges Vorbringen pauschal Bezug nimmt, genügt dies nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach die Begründung der Beschwerde sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss.

Soweit der Antragsteller geltend macht, das Verwaltungsgericht überspitze "die Anforderungen an einen legalen Waffenbesitzer" sowie das öffentliche Interesse, wenn es seine Entscheidung letztlich damit rechtfertige, dass auch schon eine "äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen" die Unzuverlässigkeitsprognose rechtfertigen könne, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Bereits das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die auch vom Senat geteilte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 26. März 1997 - 1 B 9/97 -, bei Juris) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorschriften des Waffengesetzes darauf abzielen, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dies hat das Verwaltungsgericht bei dem Antragsteller zutreffend verneint. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Antragsteller lediglich ein einziges Mal, nämlich in der Nacht vom 23. zum 24. August 2005, seine Pflichten zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Schusswaffen verletzt hätte, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich gerade dadurch das Risiko verwirklicht hat, vor dem die einschlägigen waffenrechtlichen Vorschriften schützen wollen, nämlich das Risiko, dass die Schusswaffen abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Hier hat der Sorgfaltsverstoß des Antragstellers sogar dazu geführt, dass sich eine oder mehrere kriminelle Person(en) der Waffe bemächtigen konnten.

Für das vom Antragsteller zum Vergleich angeführte Beispiel eines Jägers, der von der morgendlichen Pirsch zurückkehre, vorhabe, mittags nochmals ins Revier zu gehen, und die Jagdwaffe in der Zwischenzeit während seiner Anwesenheit zu Hause unverschlossen aufbewahre, bedarf es keiner Stellungnahme, ob auch hier von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen wäre. Denn selbst wenn man nur auf den Einzelvorfall am 23./24. August 2005 abstellt, unterscheidet sich dieser von den Beispielsfall schon dadurch, dass sich der Antragsteller, der selbst angegeben hatte, in einer sehr unsicheren Gegend zu wohnen, sich, zumal nach Alkoholkonsum, schlafen gelegt hatte. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsteller, der in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hatte, die Waffe "am Abend vorher" im Flur abgestellt zu haben, diese nicht nur unverschlossen sondern auch unbeaufsichtigt gelassen hatte, während er sich am 23. August 2005 nach seinen Angaben von etwa 20.30 Uhr bis 23.30 Uhr in einem Imbiss aufgehalten hatte.

Überdies hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es sei auch aufgrund der polizeilichen Zeugenaussage des Antragstellers vom 24. August 2005 davon überzeugt, dass dieser mehrfach seine Waffe nicht sorgfältig verwahrt habe. Auch die Richtigkeit dieser Annahme wird durch die Beschwerdebegründung nicht erschüttert. Soweit der Antragsteller die Richtigkeit des polizeilichen Vernehmungsprotokolls anzweifelt, vernachlässigt er, dass er am Ende des Protokolls ausdrücklich bestätigt hat, das von ihm selbst gelesene, genehmigte und unterschriebene Protokoll seiner Zeugenvernehmung sei inhaltlich so niedergeschrieben, "wie er es gesagt und gemeint" habe. Darüber hinaus hat der Antragsteller während seiner polizeilichen Vernehmung die Frage, ob es öfter vorgekommen sei, dass er die Waffe im Flur abgestellt und nicht weggeschlossen habe, eindeutig bejaht und dies von sich aus dahingehend erläutert, dass er die Waffe weggeschlossen habe, wenn er Besuch gehabt habe oder wenn er länger "nicht raus gefahren" sei. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht dem Antragsteller nicht vorgehalten, dass seine polizeilich protokollierte Aussage widersprüchlich gewesen sei, sondern vielmehr seine späteren, diese Aussage widerrufenden und relativierenden Angaben. Auch damit setzt sich die Beschwerdebegründung nicht in der gebotenen Weise auseinander.

Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht angesichts der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide sowie der Gefährdung der Öffentlichkeit, die mit dem Waffenbesitz durch unzuverlässige Personen einhergeht, dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers den Vorrang eingeräumt hat. Das hohe Schutzniveau des Waffengesetzes rechtfertigt es im vorliegenden Fall, das Interesse des Antragstellers an der von der Waffenerlaubnis abhängigen Jagdausübung vorläufig zurückzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück