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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: OVG 11 S 9.07
Rechtsgebiete: BImSchG, BauGB, RL 79/409/EWG, RL 92/43/EWG


Vorschriften:

BImSchG § 6
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BauGB § 36 Abs. 2 S. 3
RL 79/409/EWG Art. 4 Abs. 4
RL 92/43/EWG Art. 6 Abs. 3
RL 92/43/EWG Art. 6 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 11 S 9.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel am 17. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Beigeladene.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beigeladene beabsichtigt die Errichtung von drei Windkraftanlagen auf einer Fläche, die im Sachlichen Teilplan "Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung" des Regionalplans U_____ vom 4. Oktober 2000, rückwirkend zum 29. August 2001 neu beschlossen am 3. März 2004, als Windeignungsgebiet ausgewiesen ist. Das Windeignungsgebiet liegt in dem mit Bekanntmachung des zuständigen Ministers vom 1. Juni 2005 ausgewiesenen Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Obere Havelniederung", Die Auswahl des Gebietes durch Beschluss der Landesregierung vom 6. Juli 2004 erfolgte auf der Grundlage eines Fachkonzepts des Antragsgegners für die Auswahl der geeignetsten Gebiete gem. Art. 4 (1, 2) der Vogelschutz-Richtlinie für eine SPA-Nachmeldung des Landes Brandenburg (Stand 30. Dezember 2003), das wiederum auf der Grundlage der Liste IBA (Important Bird Areas) 2002 erarbeitet wurde.

Nachdem die Antragstellerin ihr gemeindliches Einvernehmen für das Vorhaben der Beigeladenen verweigert hatte, erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen am 4. Februar 2004 unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.

Auf den Antrag der Antragstellerin stellte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Dezember 2004 (7 L 456/04) die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Genehmigung wieder her bzw. ordnete sie hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens an, da der beide Regelungen enthaltende Bescheid in Ansehung der seinerzeit neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Windfarm von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragsgegners und der Beigeladenen blieb erfolglos (Beschluss des erkennenden Senats vom 9. September 2005 - 11 S 14.05 -).

Nachdem der Landesgesetzgeber mit dem zum 1. August 2006 geänderten § 21 LImSchG angeordnet hatte, dass die Entscheidung der seinerzeit unzuständigen Behörde als eine solche des Antragsgegners gelten solle, beantragte die Beigeladene am 1. September 2006 eine Abänderung der vorangegangenen Entscheidung gem. § 80 Abs. 7 VwGO.

Den Abänderungsantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2006 als statthaft, aber unbegründet ab. Der Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin sei nach wie vor begründet. Zwar sei der zuvor bestehende Zuständigkeitsmangel mit Inkrafttreten des § 21 LImSchG geheilt. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens sei indes unzulässig gewesen, weil das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht sichergestellt sei. Die Beigeladene habe ihr Vorhaben noch keiner nach dem Schutzregime der §§ 26 ff. BbgNatSchG erforderlichen vogelschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung unterzogen, obwohl schon bei Genehmigungserteilung ein faktisches Vogelschutzgebiet vorgelegen habe. Die Antragstellerin könne sich auf diesen Mangel auch berufen, da sie als Adressatin eines belastenden kommunalaufsichtlichen Verwaltungsakts selbst unmittelbar und umfassend in ihren Rechten beeinträchtigt sei.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Beschwerde führt die Beigeladene aus, dass die Gemeinde eine Versagung ihres Einvernehmens nur auf eine Verletzung ihrer materiellrechtlichen Planungshoheit stützen könne. Selbst wenn man auf eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit abstelle, so stelle die fehlende vogelschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung keinen sich aus den §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB ergebenden Versagungsgrund dar. Entgegenstehende naturschutzfachliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB habe die Antragstellerin gem. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht geltend machen können, da diese Raumordnungsverfahren abgewogen worden seien. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe noch keine Pflicht zur Erbringung einer vogelschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung nach den erst am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen §§ 26 ff. BbgNatSchG bestanden. Schließlich rechtfertige allein die - bestrittene - Tatsache, dass sich das Eignungsgebiet in einem faktischen Vogelschutzgebiet befinde, nicht die Annahme, dass dem Vorhaben artenschutzrechtliche Belange entgegenstünden.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) allein maßgeblichen Beschwerdevortrages in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Beigeladenen auf Abänderung des vorangegangenen Beschlusses vom 17. Dezember 2004 (Az. 7 L 456/04), mit dem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Februar 2004 wiederhergestellt und hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens angeordnet worden war, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

1. Zwar weist die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin allein aufgrund der mit der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verbundenen Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens nicht etwa eine vollständige, von einer Betroffenheit in eigenen Rechten unabhängige Überprüfung der gem. § 6 BImSchG erteilten Genehmigung verlangen kann. Vorbehaltlich besonderer, eine Drittbetroffenheit gerade durch die Genehmigung begründender Umstände (wie z.B. Nachbarrechte aufgrund gemeindlichen Eigentums o.ä.) kann sie eine Aufhebung der Genehmigung mit Blick auf ihr gemeindliches Einvernehmen vielmehr nur dann verlangen, wenn dieses zu Unrecht ersetzt wurde. Durch die Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens im Genehmigungsbescheid wurde die Antragstellerin nicht zur Adressatin der der Beigeladenen erteilten Genehmigung. Der sie belastende kommunalaufsichtliche Verwaltungsakt ist vielmehr die im gleichen Bescheid erfolgte, inhaltlich aber von der Erteilung der Genehmigung zu unterscheidende Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 2 BauGB, § 70 BbgBO und nur deren Voraussetzungen sind auf das Rechtsmittel der Antragstellerin hin zu überprüfen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 11. August 2008 - 4 B 25.08 -, bisher n.v., E.A. Rn 5).

2. Dennoch ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens der Antragstellerin im konkreten Fall nicht vorgelegen hätten, weil die naturschutzrechtliche Unbedenklichkeit des in einem faktischen Vogelschutzgebiet geplanten Vorhabens nicht sichergestellt sei, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn die sich daraus ergebenden naturschutzrechtlichen Bedenken dürften gem. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit erheblich sein und nach der im hiesigen Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB auch im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bereits entgegen gestanden haben.

a. Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf eine Gemeinde ihr Einvernehmen aus den sich aus §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagen. Davon ausgehend kann eine Gemeinde im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens eine volle Überprüfung u.a. der Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 BauGB verlangen und dabei auch geltend machen, dass dem Vorhaben öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB, etwa Gesichtspunkte des Naturschutzes, entgegenstehen, deren Wahrnehmung der Gemeinde außerhalb des § 36 BauGB nicht als Teil der ihr zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben obliegt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14. Dezember 2006 - 11 B 11.05 -, zit. nach juris, Rn 37 ff.; Beschluss vom 11. Juli 2008 - 11 S 86.07 -, n.v.; Beschluss des 10. Senats des OVG Berlin-Brandenburg vom 5. Juli 2006 - 10 S 5.06 - zit. nach juris, Rn. 4 m.w.N., Beschlüsse des 2. Senats des OVG Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2006 - 2 S 133.05 -, n.v., und vom 29. November 2005 - 2 S 115.05 -, LKV 2006, 513; ebenso OVG Thüringen, Beschluss v. 24. August 2007 - 1 EO 563/07 -, zit. nach juris, Rn 38; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. März 2006 - 8 A 11309/05, 8 A 11309/05.OVG -, zit. nach juris, Rn 21 ff.). Das gemeindliche Einvernehmen ist ein Sicherungsinstrument, mit dem die Gemeinde als sachnahe und fachkundige Behörde an der Beurteilung der bebauungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen beteiligt werden soll und in einem Fall, in dem die Gemeinde in der gewichtigen Form des Einvernehmens zur verwaltungsinternen Mitwirkung bei der Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde berufen ist, sind gemeindeeigene Belange der Selbstverwaltung im Spiel (vgl. nur BVerwG, Beschluss v. 11. August 2008 - 4 B 25.08 -, bisher n.v., E.A. Rn 5 m.w.N.). Aus der von der Beigeladenen für ihre abweichende Auffassung angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 19. August 2004 - 4 C 16.93 -, NVwZ 2005, 83 f.), wonach die mit der unteren Bauaufsichtsbehörde identische Gemeinde die Ablehnung eines Bauantrages nicht mit der Versagung ihres Einvernehmens als solcher begründen dürfe und ein Erfolg ihres Abwehranspruchs (deshalb) eine Verletzung ihrer materiellen Planungshoheit voraussetze, folgt nichts anderes, da sie - ebenso wie der in diesem Zusammenhang häufig zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2006 (- 4 B 48.05 -, BRS 70 Nr. 151) - eine Fallkonstellation betraf, in der der Anwendungsbereich des § 36 BauGB nicht eröffnet war (so ausdrücklich klarstellend BVerwG, Beschluss v. 11. August 2008 - 4 B 25.08 -, bisher n.v., E.A. Rn 6 m.w.N.).

b. Erhebliche, einer Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens entgegenstehende Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Windkraftanlagen dürften bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens (vgl. Urteil des Senats vom 14. Dezember 2006 - 11 B 11.05 -, zit. nach juris, Rn 52) bestanden haben, da die wegen der Errichtung der Anlagen in einem faktischen Vogelschutzgebiet grundsätzlich anzunehmende Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes durch die vorgelegten Antragsunterlagen nicht ausgeräumt wurde.

Soweit die Beigeladene unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen in dem Verfahren 7 L 456/04 bestreitet, dass das Windeignungsgebiet, in dem die Anlagen errichtet werden sollen, sich in einem faktischen Vogelschutzgebiet befindet, fehlt es bereits an der durch § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Darlegung der Gründe, aus denen die angegriffene Entscheidung abzuändern ist. Unabhängig davon dürfte im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im Februar 2004 schon wegen der Aufnahme des Gebietes in die - als Erkenntnismittel bedeutsame und von der EU-Kommission als Referenzliste verwendete - IBA-Liste 2002 (zu deren Bedeutung EuGH, Urteil v. 19. Mai 1998 - Rs. C-3/96 - UPR 1998, 379 f.; Urteil v. 7. Dezember 2000 - Rs. C-374/98 -, NVwZ 2001, 549 f.; BVerwG, Urteil v. 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 -, juris Rn. 25; Beschluss vom 12. Juni 2003 - 4 B 37.03 - juris Rn. 8; Beschluss vom 21. November 2001 - 4 VR 13.00, 4 A 30.00 - juris Rn. 7) und in das auf dieser Grundlage erarbeitete Fachkonzept des Antragsgegners für die Auswahl der geeignetsten Gebiete gem. Art. 4 (1, 2) der Vogelschutz-Richtlinie für eine SPA-Nachmeldung des Landes Brandenburg (Stand 30. Dezember 2003) davon auszugehen gewesen sein, dass die Anlagenstandorte sich in einem faktischen Vogelschutzgebiet befinden. Denn die Existenz eines solchen Gebietes hängt allein von dessen ornithologischer und fachlicher Beurteilung und nicht davon ab, dass sie sich der Behörde im Entscheidungszeitpunkt bereits aufdrängte (BVerwG, Urteil v. 1. April 2004 - 4 C 2.03 -, NVwZ 2004, 1114, 1115 f.).

In einem solchen faktischen, (noch) nicht zum Schutzgebiet erklärten Vogelschutzgebiet findet die Vogelschutzrichtlinie unmittelbar Anwendung. Die Rechtmäßigkeit eines in einem solchen Gebiet geplanten Vorhabens beurteilt sich bis zu einem - hier im Genehmigungszeitpunkt noch nicht erfolgten - Wechsel des Schutzregimes durch eine endgültige und rechtsverbindliche Erklärung zu einem Schutzgebiet nicht nach dem - weniger strengen - Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 und 4 RL 92/43/EWG (i.F. FFH-RL; vgl. Art. 7 FFH-RL) und der zu dessen Umsetzung dienenden Vorschriften § 34 BNatSchG, § 26d BbgNatSchG, sondern anhand des Art. 4 Abs. 4 RL 79/409/EWG (i.F. VRL; vgl. BVerwG, Urteil v. 1. April 2004 - 4 C 2.03 -, NVwZ 2004, 1114, 1116, 1117 f.). Darauf, dass die §§ 26c Abs. 1, 26d Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG erst am 1. Mai 2004 in Kraft getreten sind, kommt es deshalb für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht an. Art. 4 Abs. 4 VRL begründet eine Dauerpflicht der Mitgliedsstaaten, die Lebensräume der geschützten Populationen zu erhalten und Störungen der wildlebenden Vogelarten zu vermeiden bzw. zu unterlassen und bildet damit zugleich den Maßstab für die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall (BVerwG, a.a.O. S. 1117 f.).

Dass die für das faktische Vogelschutzgebiet Obere Havelniederung maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht oder nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre, ist schon deshalb nicht ohne weiteres feststellbar, weil die Tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg (i.F. TAK, vom 1. Juni 2003), auf die der Senat mangels abweichender Erkenntnisse jedenfalls im hiesigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug nimmt, Vogelschutzgebiete grundsätzlich als Tabubereiche ausweisen, die für die jeweiligen Arten in der Regel unabdingbare Lebensräume darstellen und in denen deshalb tierökologische Belange des Naturschutzes der Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen (vgl. Vorbemerkung und Ziff. 2.2 TAK). Ohne die nunmehr auch vom Antragsgegner für erforderlich gehaltene Verträglichkeitsprüfung, die gerade die mit dem konkreten Projekt der Beigeladenen verbundenen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Gebietes (vgl. Bekanntmachung der Europäischen Vogelschutzgebiete im Land Brandenburg und Erklärung zu besonderen Schutzgebieten, vom 1. Juni 2005, ABl. S. 786, 816 f.) zum Gegenstand hat, war und ist nicht feststellbar, dass der Errichtung der von der Beigeladenen geplanten Anlagen im Vogelschutzgebiet keine Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegenstehen. Dass das mit den Antragsunterlagen vorgelegte Eingriffs- und Ausgleichsgutachten (Stand 9. April 2003) eine hinreichende Beurteilungsgrundlage darstellen könnte, ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil die avifaunistische Bedeutung des Gebietes dort als gering bewertet wurde, ohne dass diese Behauptung in einer nachvollziehbaren und hinreichend verlässlichen - eigenen oder fremden - Erhebung der im Umfeld der geplanten Anlagen tatsächlich vorkommenden Vogelarten eine Stütze fände. Auch die auf dieser Grundlage und ohne erkennbare eigene, weitergehende Ermittlungen mitgeteilte Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde kann die fehlende Beeinträchtigung naturschutzrechtlicher Belange durch die Anlagen nicht belegen. Soweit die Beigeladene für die naturschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihres Vorhabens weiter pauschal auf ihr Vorbringen im Verfahren 7 L 456/04 Bezug nimmt, fehlt es wiederum an der erforderlichen Darlegung der Gründe im Beschwerdeverfahren.

c. Die sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ergebenden Bedenken gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen waren und sind auch nicht etwa gem. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB unbeachtlich.

Gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BauGB stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 - wie den hier geplanten Windkraftanlagen - nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Diese Voraussetzungen dürften hinsichtlich der sich aus der Lage des Eignungsgebietes in einem (faktischen) Vogelschutzgebiet ergebenden naturschutzrechtlichen Bedenken nicht erfüllt sein.

Im Zeitpunkt der Abwägung des Sachlichen Teilplans "Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung" des Regionalplans U_____ vom 4. Oktober 2000 waren zwar die abstrakten, u.a. Vogelschutzgebiete als Tabubereiche ausweisenden Kriterien, nicht aber die auf eine Zugehörigkeit gerade der Vorhabenfläche zu einem (faktischen) Vogelschutzgebiet hinweisenden Umstände - wie die Aufnahme des Gebietes in die IBA-Liste 2002 und die auf deren Grundlage erstellte Fachkonzeption für eine SPA-Nachmeldung vom Dezember 2003 - und die sich durch die Ausweisung der Fläche als Windeignungsgebiet ergebenden konkreten Folgen für dieses (faktische) Schutzgebiet bekannt. Eine Abwägung dieser erst nachträglich bekannt gewordenen Umstände war seinerzeit nicht möglich und ist nicht erfolgt, weshalb § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB einer Berücksichtigung der sich aus diesen neuen, seinerzeit nicht abgewogenen Umständen ergebenden öffentlichen Belange nicht entgegensteht.

Auch die mit Blick auf die Rechtsprechung des 3. Senats des früheren Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg zur Auslegung der Bekanntmachungsvorschrift des § 2 Abs. 6 Satz 3 RegBkPlG 1995 am 3. März 2004 erfolgte zweite Beschlussfassung über eine erneute und sachlich unveränderte Inkraftsetzung des Teilplanes mit Rückwirkung zum 29. August 2001 schließt eine Berücksichtigung der sich aus dem Vorliegen eines (faktischen) Vogelschutzgebietes ergebenden, dem Vorhaben der Beigeladenen entgegenstehenden Belange des Naturschutzes gem. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB nicht aus. Denn sie dürfte wegen der unterbliebenen Abwägung der seit der ersten Beschlussfassung grundlegend veränderten Umstände hinsichtlich des hier in Rede stehenden, nach den vorliegenden Erkenntnissen in einem (faktischen) Vogelschutzgebiet gelegenen Windeignungsgebietes abwägungsfehlerhaft und damit unwirksam sein (so OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27. März 2007 - 10 A 3.05 -, n.v., EA S. 36 ff., für den parallel gelagerten Fall des im Vogelschutzgebiet Randow-Welse-Bruch gelegenen Windeignungsgebietes W_____; nachfolgend BVerwG, Beschluss v. 25. Oktober 2007 - 4 BN 42.07 -, zit. nach juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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