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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: OVG 12 A 9.06
Rechtsgebiete: LuftVG, LuftVZO, VwVfG, GG, VO (EWG) Nr. 2408/92


Vorschriften:

LuftVG § 6
LuftVG § 20
LuftVG § 21
LuftVZO § 44
LuftVZO § 45
LuftVZO § 48
VwVfG § 48
VwVfG § 49
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
VO (EWG) Nr. 2408/92 Art. 3
VO (EWG) Nr. 2408/92 Art. 8
1. Ein planfestgestellter Verkehrsflughafen kann durch Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung stillgelegt werden. Die Stillegung setzt auch dann eine behördliche Entscheidung voraus, wenn der Flugplatzunternehmer mit der Betriebsaufgabe einverstanden ist.

2. Die fehlende Dispositionsbefugnis des Flugplatzunternehmers über die luftrechtliche Genehmigung erstreckt sich nicht auf den Vertrauensschutz, den die Genehmigung ihm gegenüber entfaltet. Verzichtet er darauf, stellt sich der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung nicht als Eingriff dar. Einer Ermächtigungsgrundlage bedarf es daher nicht.

3. Dies gilt auch dann, wenn durch den Widerruf Rechte Dritter verletzt werden. Ihnen bleibt es unbenommen, im Wege der Drittanfechtung vorzugehen.

4. Der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof, durch den die dort operierenden Linienfluggesellschaften auf die Verkehrsflughäfen Tegel oder Schönefeld verwiesen werden, greift nicht in Rechte dieser Unternehmen ein. Mit Tegel und Schönefeld stehen angemessene Ersatzstandorte zur Verfügung.


OVG 12 A 9.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2007 am 12. Februar 2007 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese, die ehrenamtliche Richterin Schönhusen und den ehrenamtlichen Richter Techel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen wenden sich gegen den Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung für den Betrieb des Verkehrsflughafens Berlin-Tempelhof (THF) zum 31. Oktober 2008. Es handelt sich um Linienfluggesellschaften, die den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof gewerblich nutzen. Die Klägerin zu 1., ein belgisches Unternehmen mit Sitz in B_____, unterhält Linienflugverkehr zwischen B_____und Tempelhof, wo sich auch der deutsche Hauptsitz befindet. Ihren Angaben zufolge zählen zu ihrem Kundenkreis vornehmlich Geschäftsleute, die Tagesverbindungen zwischen Berlin und B_____ nutzen. Die Klägerin zu 2. hat ihren Sitz in S_____ und befördert Fluggäste im Linienverkehr zwischen Tempelhof und M_____ bzw. zwischen Tempelhof und S_____.

Auf Antrag der beigeladenen Berliner Flughafengesellschaft (BFG), die den Verkehrsflughafen Tempelhof betreibt, widerrief die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Bescheid vom 2. Juni 2004 die luftrechtliche Genehmigung und befreite die Beigeladene mit Wirkung vom 31. Oktober 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung von der Betriebspflicht. Der Widerruf sollte mit Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses für die Süderweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld wirksam werden. Die gegen diesen Bescheid vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin erhobene Klage nahmen die Klägerinnen Ende 2004 zurück (OVG 1 A 12.04).

Im September 2005 beantragte die Beigeladene, den Widerrufszeitpunkt neu zu fassen. Die Schließung sei wegen der hohen Verluste weiterhin aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, damit die Muttergesellschaft der Beigeladenen ihren Beitrag zum Ausbauvorhaben Berlin-Brandenburg International (BBI) erwirtschaften könne. Der Beklagte erforderte von der Beigeladenen ein Gutachten zu der Möglichkeit einer Verkehrsverlagerung auf die Verkehrsflughäfen Tegel oder Schönefeld und beauftragte den bereits zuvor tätig gewesenen Prof. Dr. S_____ mit der ergänzenden Begutachtung zur aktuellen betriebswirtschaftlichen Situation der Beigeladenen unter Einbeziehung der Jahre 2002 bis 2005 und der gestiegenen Passagierzahlen.

Nach Abweisung der gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau von BBI gerichteten Musterklagen durch das Bundesverwaltungsgericht beantragte die Beigeladene, die luftrechtliche Genehmigung bereits mit Ablauf des 31. März 2007 zu widerrufen. Der Betriebsteil "Aviation" in Tempelhof sei dauerhaft defizitär. Zugleich legte die Beigeladene eine Untersuchung zu den Verlagerungsmöglichkeiten des Tempelhofer Luftverkehrs auf die Flughäfen Tegel und Schönefeld vom 4. Mai 2006 vor, die das Unternehmen R_____ erstellt hatte. Demzufolge können der Linienverkehr - nach Inbetriebnahme des dort geplanten Terminals Ost - zum Flughafen Tegel und die Allgemeine Luftfahrt nach Schönefeld verlagert werden. Bei der Abfertigung auftretende Engpässe in Tegel ließen sich durch eine Optimierung des Flugplans beheben. Es sei aber auch eine Verlagerung des gesamten Flugverkehrs von Tempelhof nach Schönefeld möglich, falls der Terminal Ost zum Zeitpunkt der Schließung noch nicht betriebsbereit sei.

In dem von dem Beklagten eingeleiteten Anhörungsverfahren erhoben die Klägerinnen zahlreiche Einwendungen. Sie wiesen unter anderem auf die im Jahr 2005 gestiegene Zahl der Fluggäste am Flughafen Tempelhof hin, rügten die von dem Beklagten zugrunde gelegten, die Wirtschaftlichkeit des Flughafens betreffenden Daten und beriefen sich auf Kapazitätsengpässe in Tegel und Schönefeld. Die Klägerin zu 2. machte darüber hinaus geltend, dass sie als "Nischenflieger" mit kleinen Fluggeräten nicht als Low-Cost-Carrier agieren könne, sondern auf Geschäftskunden angewiesen sei. Diese bevorzugten den Flughafen Tempelhof aufgrund seiner kurzen Wege und seien deshalb bereit, höhere Flugpreise zu zahlen. Von dem Flugverkehr zwischen Tempelhof und M_____ bzw. S_____ hingen 80 Arbeitsplätze ab. Eine Ausweichmöglichkeit sei wegen zeitlich ungünstiger Zeitnischen am Flughafen Tegel sowie schlechterer Erreichbarkeit und größerer Konkurrenz durch Billiganbieter am Flughafen Schönefeld problematisch. Ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb der Strecken werde nicht oder nur mit entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen möglich sein. Die Klägerin zu 1. hielt die Umsetzung des geplanten Verkehrsflughafens BBI auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für fraglich. Eine Verlagerung des Flugverkehrs nach Schönefeld sei schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unzumutbar. Eine Verlagerung nach Tegel werde an der nicht rechtzeitigen Errichtung des Terminals Ost scheitern. Schließlich sei die Schließung auch aus Rechtsgründen unzulässig.

Mit Bescheid vom 30. August 2006 änderte der Beklagte seinen Bescheid vom 2. Juni 2004. Er hob zum einen die Regelungen zur Befreiung von der Betriebspflicht, zum Widerrufsvorbehalt und zur Abnahmeprüfung auf (Ziffern 2. bis 4. des Bescheides vom 2. Juni 2004). Zum anderen sollte der Widerruf der Betriebsgenehmigung nunmehr zum 31. Oktober 2007 wirksam werden. Ferner erging an die Beigeladene die Auflage, dem Beklagten bis zum 15. Dezember 2006 schriftlich darzulegen, dass für die in Tempelhof operierenden Luftfahrtunternehmen innerhalb des verbleibenden Berliner Flughafensystems funktionsfähige Abstellflächen und Räumlichkeiten vorhanden seien und diese den zukünftigen Nutzern spätestens zum 15. Juni 2007 zur Verfügung stünden. Der Bedarf musste der Beigeladenen bis zum 15. November 2006 mitgeteilt werden.

Dem Änderungsbescheid vom 30. August 2006 zufolge fällt eine Abwägung der widerstreitenden Belange und Interessen zugunsten der Beigeladenen aus, weil sie dargelegt habe, dass der Betrieb des Flughafens Tempelhof ein fortlaufendes wirtschaftliches Defizit verursache. Den von dem Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung nachteilig betroffenen Privaten könne ein zumutbarer Ersatzstandort angeboten werden. Der Flugverkehr der Liniengesellschaften könne - nach Fertigstellung des Terminals Ost - nach Tegel, aber auch nach Schönefeld verlagert werden. Die Schließung von Tempelhof entspreche dem öffentlichen Interesse an einer Schonung der öffentlichen Haushalte, weil die dadurch frei werdenden finanziellen Mittel für den Ausbau von BBI eingesetzt werden könnten. Hinzu komme, dass sie auch Lärm- und Sicherheitsinteressen Rechnung trage.

Während des gerichtlichen Verfahrens erging mit Bescheid vom 7. Dezember 2006 eine die Allgemeine Luftfahrt betreffende Nebenbestimmung zu den Bescheiden vom 2. Juni 2004 und 30. August 2006. Nachdem ein von dem Senat mit Beschluss vom 21. Dezember 2006 unterbreiteter Vergleichsvorschlag, dem die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens zugestimmt hatten, wegen mangelnder Zustimmung weiterer Klägerinnen anderer Verfahren nicht zustande gekommen war, erließ der Beklagte unter dem 22. Januar 2007 erneut einen Änderungsbescheid, mit dem der Widerruf der Betriebsgenehmigung nunmehr zum 31. Oktober 2008, 0.00 Uhr, verfügt wurde. Außerdem wurde der Widerrufsvorbehalt vom 7. Dezember 2006 aufgehoben. Der Beigeladenen wurde mittels einer Auflage (Nr. 1) aufgegeben, für die am Flughafen Tempelhof operierenden Linienfluggesellschaften die Voraussetzungen für eine Verlagerung nach Tegel oder nach Schönefeld zu gewährleisten. Sie sollen u.a. bis zum 30. September 2007 alle benötigten Informationen zu den Bedingungen auf den jeweiligen Flughäfen erhalten.

Mit ihren Klagen wenden sich die Klägerinnen gegen den Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung. Sie halten die Klagen trotz der Rücknahmen ihrer gegen den Bescheid vom 2. Juni 2004 gerichteten Klage für zulässig, weil die Änderungsbescheide wegen der Vorverlagerung des Schließungszeitpunktes eine eigenständige Beschwer enthielten.

Der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung sei rechtswidrig. Er bedürfe wegen des Vorbehaltes des Gesetzes einer Ermächtigungsgrundlage. Die Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG, § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, § 48 Abs. 1 Satz 2 LuftVZO und § 49 Abs. 2 VwVfG lägen jedoch nicht vor. Ein isolierter Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung widerspreche der fortbestehenden Planfeststellung mit ihrer umfassenden Gestaltungswirkung.

Die Bescheide seien mit Grundrechten der Klägerinnen aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar. Außerdem sei das Recht der Klägerinnen auf gerechte Abwägung verletzt, weil der Beklagte von Beginn an den Flughafen Tempelhof habe schließen wollen. Im Übrigen habe er die maßgeblichen Tatsachen unzutreffend ermittelt und fehlerhaft abgewogen. Der Weiterbetrieb des Flughafens sei für die Beigeladene in wirtschaftlicher Hinsicht nicht unzumutbar. Das nicht hinreichend fundierte und methodisch angreifbare Gutachten des Herrn Prof. Dr. S. könne die Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung, deren Überprüfung im Übrigen dem Beklagten obliege, nicht ausräumen. Der vorgesehene Ersatzstandort sei den Klägerinnen nicht zumutbar. Die Verkehrsflughäfen Tegel und Schönefeld seien insoweit nicht gleichwertig. Am Flughafen Tegel stünden die benötigten Zeitnischen zu Tagesrandzeiten nicht zur Verfügung. Soweit der Beklagte auf eine Erhöhung der Koordinierungseckwerte von 40 auf 52 Slots je Stunde hinweise, führe dies zu keiner Verbesserung für Linien- und Charterflüge. Von der Klägerin zu 2. für den Sommerflugplan 2007 beantragte Slots seien unwirtschaftlich, weil eine Umlaufplanung nicht möglich sei.

Die anfallenden Umzugskosten seien für die Klägerinnen unzumutbar. Bei einer Verlagerung nach Tegel entstünden sogar doppelte Kosten, weil dieser Flughafen nach der Inbetriebnahme von BBI geschlossen werde. Eine Verlagerung nach Schönefeld komme für die Klägerinnen auch aus Gründen des Wettbewerbs nicht in Betracht. Die schlechtere Erreichbarkeit des Flughafens Schönefeld werde dazu führen, dass die Kunden der Klägerinnen auf in Tegel operierende Konkurrenzunternehmen zurückgriffen. In Schönefeld seien Kapazitätsengpässe und Behinderungen durch die dort durchgeführten Bauarbeiten zu erwarten. Diese stelle einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil dar.

Es treffe ferner nicht zu, dass für den Verkehr in Tempelhof zukünftig kein Bedarf mehr bestehe. Der Beklagte habe bei der Gewichtung der Belange verkannt, dass die Beigeladene einen Auftrag der Daseinsvorsorge wahrnehme und - zumal sie von der öffentlichen Hand beherrscht werde - gewisse Verluste hinzunehmen habe. Ihre wirtschaftlichen Belange müssten daher geringer gewichtet werden als die grundrechtsrelevanten Belange der Klägerinnen. Schließlich fehle eine Alternativenprüfung.

Die Klägerin zu 1. werde bei einer Verlagerung nach Schönefeld und fortbestehendem Angebot anderer Linienfluggesellschaften in Tegel Passagierverluste von bis zu 60 % erleiden. Dies werde zu einer Einstellung des Flugbetriebs nach Berlin und zu einem Verlust von 30 Arbeitsplätzen führen. Außerdem betreibe die Beigeladene am Flughafen Tegel eine diskriminierende Gebührenpolitik, die die Klägerinnen wegen der von ihnen genutzten Luftfahrzeuge besonders treffe. Bei einer Verlagerung nach Schönefeld werde es bei der Klägerin zu 2. zu einem Verlust von 80 Arbeitsplätzen und zu einem Rückgang des gesamten Passagieraufkommens von einem Viertel kommen.

Der Bescheid sei mit bindenden Zielen der Raumordnung nicht vereinbar, weil der Flughafen Tempelhof erst mit der Inbetriebnahme von Berlin-Brandenburg International zu schließen sei. Außerdem liege ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2408/92 vor. Der Beklagte habe verteilend und diskriminierend in das Flughafensystem eingegriffen. In Tegel stünden die von den Klägerinnen gewünschten Zeitnischen nicht zur Verfügung, und in Schönefeld sei in dem von den Klägerinnen betriebenen Marktsegment kein wettbewerbsfähiger Linienbetrieb möglich.

Die Klägerinnen beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2004 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30. August 2006, 7. Dezember 2006 und 22. Januar 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klagen für unzulässig. Die Klägerinnen hätten seinerzeit ihre gegen den Bescheid vom 2. Juni 2004 gerichteten Klagen zurückgenommen, weil sie mit einer Verlagerung zum Verkehrsflughafen Tegel zum 31. Oktober 2004 (Wirksamkeit der Befreiung von der Betriebspflicht) einverstanden gewesen seien. Ein isoliertes Vorgehen gegen den Schließungszeitpunkt sei nicht möglich. Unabhängig davon fehle die Klagebefugnis. Die Klägerinnen hätten keinen Geschäftssitz und damit keinen Standortbezug am Flughafen Tempelhof.

Den Klägerinnen sei es wegen der ihnen gegenüber eingetretenen Bestandskraft des Bescheides vom 2. Juni 2004 nicht mehr möglich, Einwendungen gegen den Widerruf als solchen zu erheben. Unabhängig davon bestünden an der Rechtmäßigkeit des Bescheides auch in dieser Hinsicht keine Zweifel. Dem Abwägungsgebot sei - sofern es überhaupt Anwendung finde - Genüge getan. Der wirtschaftliche Nachteil, den die Beigeladene bei einer Aufrechterhaltung des Betriebs erleide, überwiege die Belange der Klägerinnen. Dieser Nachteil sei durch zwei Gutachten bestätigt worden. Unabhängig davon habe sich die wirtschaftliche Situation weiter verschlechtert, weil die Fluggesellschaft A. ihre Flüge zum 1. November 2006 nach Tegel verlagert habe. Damit verliere der Flughafen Tempelhof rund 100.000 Passagiere jährlich. Die aktuelle Diskussion um ein Nutzungskonzept belege, dass der Flughafen nur defizitär zu bewirtschaften sei.

Den Klägerinnen stünden zumutbare Ausweichmöglichkeiten in Schönefeld und Tegel zur Verfügung. Der Terminal Ost müsse unabhängig von der Schließung des Flughafens Tempelhof gebaut werden, sodass die hierfür entstehenden Kosten in die Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht einzubeziehen seien. Das Gebäude werde rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Die Änderungsbescheide verstießen nicht gegen Art. 8 Abs. 1 der VO (EWG) 2408/92. Die Klägerinnen würden nicht von einem bestimmten Flughafen ferngehalten. Sie hätten vielmehr die Wahl zwischen Tegel und Schönefeld. Im Übrigen habe der Beklagte innerhalb des verbleibenden Berliner Flughafensystems keine Verkehrsverteilungsregelung getroffen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ihrer Ansicht zufolge sind die Klagen unzulässig, weil die Klägerinnen im August und September 2004 Umzugsvereinbarungen einschließlich eines Rechtsmittelverzichts mit der Beigeladenen geschlossen hätten. Ferner fehle es an einer Rechtsverletzung, weil die mit Bescheid vom 2. Juni 2004 verfügte Befreiung der Beigeladenen von ihrer Betriebspflicht gegenüber den Klägerinnen unanfechtbar feststehe. Gleiches gelte in Bezug auf den Widerruf dem Grunde nach und den in dem Bescheid vom 2. Juni 2004 genannten Zeitpunkt. Daher belaste der durch die Änderungsbescheide präzisierte Schließungszeitpunkt die Klägerinnen nicht. Sie hätten vielmehr schon 2004 mit einer effektiven Stillegung des Flughafens rechnen müssen. Die behaupteten Rechtsverletzungen drohten den Klägerinnen allenfalls durch die Stillegung, nicht aber durch den Schließungszeitpunkt. In Tegel stünden hinreichende Zeitnischen zur Verfügung, weil der Koordinierungseckwert um fünf Abflüge je rollierender Stunde erhöht worden sei.

Unabhängig davon seien die Klagen auch unbegründet. Es bestehe kein Anspruch auf Bereitstellung einer - durch die Beigeladene subventionierten - Infrastruktur. Die Klägerin zu 2. habe erst seit 1999 in Tempelhof investiert. Zu diesem Zeitpunkt habe die Schließung bereits festgestanden. Die Klägerin zu 1. sei seit noch kürzerer Zeit in Tempelhof als Auffanggesellschaft für die insolvente SN Brussels tätig. Eine Diskriminierung liege auch in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2408/92 nicht vor, weil die Vorschrift die Existenz eines betriebsbereiten Flughafens voraussetze. Einer Verkehrsverteilung vorgelagerte Infrastrukturentscheidungen seien allein nach nationalem Recht zu beurteilen. Ein privater Unternehmer könne nicht dauerhaft zum Weiterbetrieb eines Flugplatzes gezwungen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakte und die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen haben keinen Erfolg.

A.

Der Zulässigkeit der gegen die Änderungsbescheide vom 30. August 2006, 7. Dezember 2006 und 22. Januar 2007 erhobenen Klagen steht nicht entgegen, dass die Klägerinnen ihre Klagen gegen den Ausgangsbescheid vom 2. Juni 2004 zurückgenommen haben. Die Änderungsbescheide enthalten eine eigenständige Beschwer, weil die Klägerinnen, die den Flughafen Tempelhof tatsächlich nutzen, ihren Flugbetrieb nunmehr bereits zu einem früheren Zeitpunkt einstellen müssen als dies nach dem Bescheid vom 2. Juni 2004 der Fall gewesen wäre. Auf die von der Beigeladenen aufgeworfenen Frage nach einer bestandskräftigen Befreiung von der Betriebspflicht kommt es schon deshalb nicht mehr an, weil der Beklagte diese Regelung aufgehoben hat. Schließlich fehlt den Klägerinnen auch nicht im Hinblick darauf das Rechtsschutzbedürfnis, dass sie den Vergleichsvorschlag des Senats vom 21. Dezember 2006 angenommen haben. Der Vergleich ist nicht zustande gekommen.

Ebenso wenig kommt eine Verwirkung in Betracht. Das Verhalten der Klägerinnen seit 2004 zeigt vielmehr, dass sie weiterhin an einer Fortsetzung des Flugbetriebs in Tempelhof interessiert sind. Soweit sich die Beigeladene auf einen mit den Klägerinnen geschlossenen Rechtsmittelverzicht beruft, ist der konkrete Inhalt dieses Verzichtes nicht dargelegt, sodass der Senat auch insoweit von der Zulässigkeit der Klagen ausgeht.

Der Senat lässt ferner zu Gunsten der Klägerinnen offen, ob sie klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind (vgl. dazu BVerwGE 82, 246 ff.).

B.

Die Klagen sind jedenfalls unbegründet. Die angegriffenen Änderungsbescheide der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 30. August 2006, 7. Dezember 2006 und 22. Januar 2007 verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

I.

Der Bescheid vom 30. August 2006 in der Gestalt der weiteren Änderungsbescheide vom 7. Dezember 2006 und 22. Januar 2007 ist formell und materiell rechtmäßig. Entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen ist der Umfang der gerichtlichen Überprüfung nicht allein auf die Frage beschränkt, ob der zuletzt verfügte Schließungszeitpunkt (31. Oktober 2008) rechtmäßig ist, weil die angegriffenen Änderungsbescheide letztlich auch die Schließung als solche erneut regeln.

1. Die Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheid ergibt sich allerdings nicht schon allein daraus, dass die Beigeladene als Betreiberin des Verkehrsflughafens Berlin-Tempelhof, der gemäß § 2 Abs. 5 des Gesetzes zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) vom 25. September 1990 (BGBl I S. 2106) als genehmigt im Sinne von § 6 LuftVG gilt (vgl. insoweit OVG Berlin, OVGE 22, 66, 67 ff.), von der Genehmigung aus wirtschaftlichen Gründen keinen Gebrauch mehr machen möchte. Die Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen, wonach ein derartiger Verzicht zum automatischen Erlöschen der Genehmigung kraft Gesetzes führt, sodass der angegriffene Bescheid lediglich deklaratorisch sei, trifft nicht zu.

Der Unternehmer eines Verkehrsflughafens kann über die ihm erteilte luftrechtliche Genehmigung nicht disponieren, weil er nach der Betriebsaufnahme gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO verpflichtet ist, den Flughafen in betriebssicherem Zustand zu erhalten und ordnungsgemäß zu betreiben (so auch Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, § 45 LuftVZO Rn. 2; Wysk, in: ZLW 2003, S. 616 und 619; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl., S. 563 ff.; Sellner/Reidt, in: NVwZ 2004, S. 1169). Da der Betrieb eines Verkehrsflughafens der Daseinsvorsorge dient, liegt dessen Nutzung zumindest auch im öffentlichen Interesse. Beabsichtigt ein Unternehmer eine partielle oder gar vollständige Aufgabe des Flughafenbetriebs, muss die Luftfahrtbehörde die Möglichkeit haben, das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Betriebs zu prüfen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Staat einen Unternehmer zwingen kann, von seiner Unternehmergenehmigung dauerhaft Gebrauch zu machen. Das aus der mangelnden Dispositionsbefugnis resultierende Erfordernis einer Beteiligung der Luftfahrtbehörde sagt nämlich noch nichts darüber aus, ob und unter welchen Umständen eine beantragte "Entlassung" aus der Genehmigung verweigert werden darf.

Ein automatisches Erlöschen der Genehmigung folgt auch nicht aus § 48 Abs. 2 LuftVZO, wonach die Rücknahme, der Widerruf oder das Erlöschen der Genehmigung aus anderen Gründen bekanntzumachen sind. Die Vorschrift stellt keinen materiell-rechtlichen Erlöschenstatbestand dar, sondern setzt diesen - neben Widerruf und Rücknahme, die im Gegensatz zum Erlöschen in § 48 Abs. 1 LuftVZO eigenständig geregelt sind - lediglich voraus. Ebenso wenig führt ein Rückgriff auf allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht weiter. Ein Verwaltungsakt wird zwar nach § 43 Abs. 2 VwVfG unwirksam, wenn er neben den dort genannten Aufhebungstatbeständen auf andere Weise erledigt ist. Der Verzicht des Berechtigten auf einen begünstigenden Verwaltungsakt oder auf Rechte daraus führt jedoch nur dann zu dessen Erledigung, wenn der Bestand nicht zugleich auch im öffentlichen Interesse oder im rechtlich geschützten Interesse Dritter liegt (vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 9. Aufl., § 43 Rn. 41 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

An diesem Ergebnis vermag auch die von dem Beklagten gezogene Parallele zum Immissionsschutzrecht nichts zu ändern. Das Bundesimmissionsschutzgesetz, das dem Anlagenbetreiber, der den Betrieb der Anlage einstellen möchte, nach § 15 Abs. 3 BImSchG lediglich eine Anzeigepflicht auferlegt, kennt keine dem § 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVG entsprechende Pflicht des Anlagenbetreibers zur Aufrechterhaltung des Betriebs. Aus diesem Grund sind außerhalb des Luftverkehrsrechts normierte, an die Betriebseinstellung anknüpfende Erlöschenstatbestände (vgl. z.B. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, § 8 Satz 1 GaststättenG, § 49 Abs. 2 GewO) auch dann nicht auf die luftrechtliche Genehmigung übertragbar, wenn man einen allgemeinen Rechtssatz aufstellen könnte, wonach eine Genehmigung bei längerem Nichtgebrauch grundsätzlich erlischt. Der Sinn und Zweck der gesetzlich normierten Erlöschenstatbestände besteht darin, der Genehmigungsbehörde bei längerem Nichtgebrauch die Möglichkeit einzuräumen, das Fortbestehen der Genehmigungsvoraussetzungen zu überprüfen (vgl. BVerwGE 40, 153, 155 f.). Dieses Motiv entfällt bei der luftrechtlichen Genehmigung, weil von ihr - sofern der Flugplatzunternehmer nicht ausnahmsweise von der Betriebspflicht befreit wird - fortlaufend Gebrauch gemacht werden muss. Ob bei der zwar erteilten, aber noch nicht genutzten luftrechtlichen Genehmigung etwas anderes gilt, kann dahinstehen, weil es hier um einen solchen Fall nicht geht.

2. Der Beklagte durfte jedoch durch eine konstitutiv wirkende Widerrufsentscheidung die Schließung des Flughafens Tempelhof verfügen. Die angegriffenen Bescheide mit diesem Inhalt bedürfen gegenüber den Klägerinnen keiner Ermächtigungsgrundlage (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. November 2005 - OVG 12 A 3.05 -, juris). Sie sind vor allem mit europarechtlichen sowie raumordnungsrechtlichen Vorschriften vereinbar und greifen weder in Grundrechte noch in ein unterstelltes Recht der Klägerinnen auf gerechte Abwägung ein. Die Klägerinnen sind schließlich auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Beklagte die luftrechtliche Genehmigung unabhängig vom Fortbestand der Planfeststellung aufgehoben hat.

Für den Erlass der angegriffenen Bescheide ist eine Ermächtigungsgrundlage nicht erforderlich. Die luftrechtliche Genehmigung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, weil sie die Beigeladene als Adressatin zum Betrieb eines Flugplatzes berechtigt. Die damit zugleich verbundenen Pflichten wie z.B. die Betriebs- und Unterhaltungspflicht nach § 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO mögen zwar belastend sein. Sie treten jedoch hinter der Begünstigung zurück. Da die Frage nach der Begründung eines rechtlich erheblichen Vorteils abstrakt zu beurteilen ist, ändert sich am begünstigenden Charakter der luftrechtlichen Genehmigung auch dann nichts, wenn der weitere Betrieb des Verkehrsflughafens Berlin-Tempelhof für die Beigeladene zu einer erheblichen finanziellen Belastung führt.

Den Klägerinnen ist zwar zuzustimmen, dass die begünstigte Beigeladene wegen der ihr obliegenden Betriebspflicht nicht ohne weiteres auf die luftrechtliche Genehmigung verzichten kann, weil sie insoweit nicht dispositionsbefugt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Aufhebung der Genehmigung nur dann möglich ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Widerruf oder Rücknahme vorliegen. Die fehlende Dispositionsbefugnis über die luftrechtliche Genehmigung erstreckt sich nämlich nicht auf den Vertrauensschutz, den die bestandskräftige begünstigende luftrechtliche Genehmigung gegenüber dem Flugplatzunternehmer entfaltet, und der einem Widerruf gegen den Willen des Flugplatzunternehmers grundsätzlich entgegensteht. Auf diesen Vertrauensschutz kann der Flugplatzunternehmer ohne weiteres mit der Folge verzichten, dass die von ihm begehrte Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung nur noch in das Ermessen der Luftfahrtbehörde gestellt ist.

So liegt es hier. Der Beklagte hat die luftrechtliche Genehmigung nicht gegen den Willen der Beigeladenen, sondern gerade auf deren Antrag hin und mit deren Einverständnis widerrufen: Angesichts des Verzichts der Beigeladenen auf Vertrauensschutz fehlt es im Verhältnis zwischen ihr und dem Beklagten an einem Eingriff. Es handelt sich letztlich um eine einvernehmliche Regelung, die - auch unter Berücksichtigung des Prinzips vom Vorbehalt des Gesetzes - keine Ermächtigungsgrundlage erfordert. Dem angegriffenen Verwaltungsakt liegt eine ähnliche Situation wie beim Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrages zugrunde, für dessen inhaltliche Gestaltung der Vorbehalt des Gesetzes ebenso wenig gilt. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zufolge kommt es, auch soweit Grundrechtspositionen berührt werden, angesichts der einverständlichen Mitwirkung der am Vertrag Beteiligten zumindest nicht in dem Sinne zu einem Eingriff wie es vorausgesetzt wird, wenn der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes gilt (BVerwGE 42, 331, 335). Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass ein Vertrag über die Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung nach § 58 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig wäre, wenn er in Rechte der Klägerinnen eingriffe. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag erlaubt nämlich nur deshalb keine Regelung zu Lasten Dritter, weil er - anders als ein Verwaltungsakt - von einem betroffenen Dritten nicht angefochten werden kann (vgl. dazu auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 9. Aufl., § 58 Rn. 1).

Eine Ermächtigungsgrundlage wäre selbst dann nicht erforderlich, wenn die Aufhebung der die Beigeladene begünstigenden luftrechtlichen Genehmigung belastende Wirkungen für die Klägerinnen entfaltete. In einem derartigen Fall kann sich der belastete Dritte weder auf §§ 48, 49 VwVfG noch unmittelbar auf Vertrauensschutz berufen. Sowohl die luftrechtliche Genehmigung als auch deren Widerruf treffen allein gegenüber der Beigeladenen als Adressatin eine verbindliche Regelung. Die mit der Erteilung der luftrechtlichen Genehmigung verbundene Berechtigung zur Flugplatznutzung, die dem Flugplatzunternehmer durch deren Aufhebung wieder genommen wird, stellt sich für die Luftfahrtunternehmen allenfalls als mittelbare Begünstigung, wenn nicht sogar als bloßer Reflex dar (vgl. zu alledem Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., § 17 III 2 Rn. 23).

Würde man das Vertrauen des derart betroffenen Dritten in den Bestand des Verwaltungsaktes als ebenso schutzwürdig ansehen wie das Vertrauen des unmittelbar Begünstigten, müssten §§ 48, 49 VwVfG auch im Verhältnis zwischen der Behörde und dem Dritten anwendbar sein. Dies führte jedoch zu dem nicht haltbaren Ergebnis, dass beispielsweise ein begünstigender Verwaltungsakt mit belastender Drittwirkung im Verhältnis zu dem Dritten - unabhängig von § 50 VwVfG - unter den erleichterten Voraussetzungen für belastende Verwaltungsakte aufgehoben werden könnte (vgl. zu alledem Erichsen, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., § 17 III 2, Rn. 22 f.). Das Handeln des Beklagten braucht hier daher auch nicht im Verhältnis zu den Klägerinnen durch eine Ermächtigungsgrundlage legitimiert zu werden. Daraus folgt allerdings nicht, dass der Beklagte durch die Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung folgenlos in Rechte Dritter eingreifen kann. Die Klägerinnen sind - soweit sie durch den Widerruf in ihren Rechten betroffen werden - nicht schutzlos. Ihnen steht ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung, denn sie können ihr Aufhebungsinteresse ohne weiteres mittels Drittanfechtung des sie belastenden Verwaltungsaktes verfolgen.

Dieses Ergebnis findet auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Stütze. Danach werden durch die Änderung von Schutzauflagen für ein planfestgestelltes Vorhaben betroffene Grundstückseigentümer durch die Bestandskraft der Planung nicht in der Weise geschützt wie der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes, der Änderungen nur unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG hinnehmen muss. Sie haben keinen rechtlich geschützten Anspruch auf Fortbestand der ursprünglichen Planung, sondern lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange, sodass ihr Interesse an der Erhaltung der ursprünglichen Planung gegen das Interesse des Vorhabenträgers an einer von ihm beabsichtigten Änderung abzuwägen ist (BVerwGE 91, 17, 23). Nach alledem bedarf die luftrechtliche Genehmigung hier - unabhängig von der Frage, ob ihre Änderung oder Aufhebung eine planerische Entscheidung darstellt - weder gegenüber der Beigeladenen noch gegenüber den Klägerinnen einer Ermächtigungsgrundlage.

3. Der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung verstößt nicht gegen europarechtliche Vorschriften. Er verletzt insbesondere keine Rechte der Klägerinnen aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs. Danach wird Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft - vorbehaltlich der Verordnung - von den Mitgliedstaaten die Genehmigung erteilt, Verkehrsrechte auf Strecken in der Gemeinschaft auszuüben (vgl. auch § 21 Abs. 4 LuftVG). Der freie Streckenzugang gilt für den gesamten innergemeinschaftlichen Flugverkehr ("Strecken in der Gemeinschaft"), d.h. nicht nur für Flugdienste zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch für Flugdienste innerhalb eines Mitgliedstaates (Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, Bd. 1.1, § 21 LuftVG Rn. 37 und 47; vgl. auch die Definition in Art. 2 h, wonach unter dem betroffenen Mitgliedstaat bzw. den betroffenen Mitgliedstaaten der Mitgliedstaat bzw. die Mitgliedstaaten zu verstehen sind, in dem oder zwischen denen der betreffende Flugverkehr durchgeführt wird).

a) Mit dem zu einer Schließung des Flughafens Tempelhof führenden Widerruf hat der Beklagte in Bezug auf die Klägerinnen keine Verkehrsaufteilung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 vorgenommen. Eine solche Verkehrsaufteilungsregelung liegt u.a. vor, wenn der Zugang innerhalb eines Flughafensystems, zu dem die Verkehrsflughäfen Berlin-Tegel, Tempelhof und Schönefeld gehören (Art. 2 m sowie Anhang II der VO), für bestimmte Luftfahrtunternehmen oder Dienste beschränkt wird, ohne dass diese zwischen den Flughäfen des Systems frei wählen können (zur Definition der Verkehrsaufteilung vgl. Heitsch, in: EurUP 2005, 75, 80; zur Wahlfreiheit innerhalb des Flughafensystems s. z.B. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2001, C - 361/98 - Mailänder Flughafensystem, Malpensa).

Daran fehlt es hier schon deshalb, weil der Änderungsbescheid vom 22. Januar 2007 der Beigeladenen aufgibt sicherzustellen, dass die Klägerinnen als am Verkehrsflughafen Tempelhof operierende Linienfluggesellschaften ihren Flugverkehr ab 1. November 2008 wahlweise nach Tegel oder nach Schönefeld verlagern können. Nach derzeitigem Sachstand bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Auflage nicht erfüllt werden könnte. Dies gilt auch im Hinblick auf die von den Klägerinnen behaupteten, aus ihrer Sicht auch zukünftig bestehenden Kapazitätsengpässe am Flughafen Berlin-Tegel. Den - u.a. auf erhöhte Sicherheitsanforderungen zurückzuführenden - Engpässen wirkt die Beigeladene durch Schaffung weiterer Kapazitäten entgegen, indem sie einen zusätzlichen Terminal ("Terminal Ost") errichtet, der eine Erhöhung des Koordinierungseckwertes ermöglicht. Entgegen der Annahme der Klägerinnen spricht alles dafür, dass dieser Terminal, der den Plänen der Beigeladenen zufolge schon zum 31. März 2007 fertig gestellt sein soll, im Jahr 2008 zur Verfügung stehen wird. Ein gegen die Baugenehmigung angestrengtes vorläufiges Rechtschutzverfahren blieb ohne Erfolg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Januar 2007 - 10 S 1.07 -).

Ebenso wenig ist derzeit erkennbar, dass die Klägerinnen nach einer Schließung des Verkehrsflughafens Tempelhof und einer Verlagerung ihres Linienflugverkehrs nach Tegel lediglich unzumutbare Zeitnischen erhalten werden, die ihren Geschäftsbetrieb beeinträchtigen. Der Endbericht über die Untersuchung der Verlagerungsmöglichkeiten des Luftverkehrs in Tempelhof auf die Flughäfen Tegel und Schönefeld vom 4. Mai 2006 ("Verlagerungsgutachten") geht vielmehr nachvollziehbar davon aus, dass eine Aufnahme des Tempelhofer Linienverkehrs in Tegel sowohl im Jahr 2007 als auch im Eröffnungsjahr des Verkehrsflughafens Berlin-Brandenburg International (voraussichtlich 2011) möglich ist. Soweit es zu geringen Überschreitungen bei der Abfertigungskapazität komme, könnten diese durch eine Optimierung des Flugplans behoben werden. Derartige zeitliche Verschiebungen um 15 bis 20 Minuten sind von den Klägerinnen grundsätzlich hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund brauchte der Senat den in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2007 gestellten Beweisanträgen schon deshalb nicht nachzugehen, weil eine Übertragung im Sinne einer vollständig unveränderten, minutengenauen Übernahme der den Klägerinnen für den Flughafen Tempelhof erteilten Zeitnischen auf den Flugbetrieb am Flughafen Tegel nicht geboten ist. Soweit im parallel verhandelten Verfahren OVG 12 A 2.05 unter Beweisantritt behauptet worden ist, die am 22. Januar 2007 am Flughafen Tempelhof vorhandenen Verkehre könnten unter Berücksichtigung des Terminals Ost am Flughafen Tegel nicht ordnungsgemäß abgewickelt werden, konnte der Senat auch das als zutreffend unterstellen. Entscheidend ist allein, ob die nach einer nicht punktgenauen, sondern zumutbaren und interessengerechten Verlagerung der Verkehre von Tempelhof nach Tegel am Flughafen Tegel bestehende Verkehrssituation regelgerecht abgewickelt werden kann. Davon geht der Senat auf der Grundlage der Darlegungen von Beklagtem und Beigeladener aus.

Soweit die Klägerin zu 2. mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2006 eine Aufstellung über von ihr für den Flughafen Tegel zum Sommerflugplan 2007 beantragte und erhaltene Zeitnischenzuweisungen vorgelegt hat, ist dies schon deshalb als Beleg für zukünftige mangelnde Kapazitäten nicht hinreichend aussagekräftig, weil es sich um einen hier nicht maßgeblichen Zeitraum handelt. Unabhängig davon ist der weit überwiegende Anteil der beantragten Zeitnischen bestätigt worden, und die Klägerin hat weder dargelegt, dass sie die begehrten Zeitnischen rechtzeitig beantragt hat, noch hat sie dargelegt, welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um doch noch die begehrten Zeitnischen zu erhalten (vgl. z.B. Art. 8 Abs. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft vom 18. Januar 1993). Aus der vorgelegten Aufstellung allein sind die insoweit erforderlichen Angaben nicht ersichtlich. Dem in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einwand der Beigeladenen, wonach sich die Klägerin zu 2. erst nach Abschluss der Flugplankonferenz um Zeitnischen beworben habe, ist diese nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit sich die Klägerinnen schließlich auf Behauptungen der Klägerin zu 3. im Verfahren OVG 12 A 1.05 berufen, ist dies hier schon deshalb nicht erheblich, weil die Zeitnischenzuteilung u.a. von der konkret gewünschten Start- und Landezeit und von der Art des Luftfahrzeuges abhängt. Die Ablehnung eines Antrags auf Zuweisung einer bestimmten Zeitnische eines Luftfahrtunternehmens lässt grundsätzlich nicht den Schluss zu, dass auch einem anderen Luftfahrtunternehmen eine vergleichbare Zeitnische versagt wird.

Da die von dem Beklagten verfügte Auflage somit nicht ungeeignet erscheint, für den Tempelhofer Linienverkehr einen zumutbaren Flugbetrieb am Flughafen Tegel zu gewährleisten, und für den Flughafen Tegel aus derzeitiger Sicht kein offensichtlicher und unzumutbarer Kapazitätsengpass zu prognostizieren ist, müssen sich die Klägerinnen zunächst darauf verweisen lassen, die Bescheidung ihrer Anträge auf Zeitnischenzuweisung für den Winterflugplan 2008/2009 abzuwarten. Bei Versagung einer beantragten Zeitnische sind sie ferner gehalten, eine Korrektur der Entscheidung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft vom 18. Januar 1993 zu erreichen (vgl. z.B. Art. 8 Abs. 7 VO).

Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Flughafen Tegel für die Klägerinnen eine unzumutbare Alternative darstellen könnte. Die bloße - ohnehin nicht näher substantiierte - Behauptung, dass die Klägerinnen durch die Entgeltregelungen am Flughafen Tegel benachteiligt würden, reicht insoweit nicht aus. Im Übrigen haben die Klägerinnen die Möglichkeit, gegen aus ihrer Sicht diskriminierende Entgeltregelungen gerichtlich vorzugehen.

b) Im Übrigen wären die angegriffenen Bescheide selbst dann mit Art. 8 VO (EWG) Nr. 2408/92 vereinbar, wenn für die Klägerinnen kein Wahlrecht zwischen den Verkehrsflughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld bestünde, sondern sie ausschließlich auf den Flughafen Berlin-Schönefeld verwiesen würden. Zwar läge - entgegen der Ansicht der Beigeladenen und des Beklagten - auch bei der Schließung eines Systemflughafens und der Verlagerung der Verkehre an einen bestimmten, fortbestehenden Flughafen des Systems eine Aufteilungsregelung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2408/92 vor (vgl. dazu im Einzelnen OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2007 - OVG 12 A 2.05 -). Diese Verkehrsaufteilung, die neben der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe keiner weiteren nationalen gesetzlichen Grundlage bedürfte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2007 - OVG 12 A 2.05 -, Hofmann/Granherr, LuftVG, Anh. 5, Einführung, S. 4; Heitsch, in: EurUP 2005, 75, 80), wäre jedoch nicht diskriminierend im Sinne von Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2408/92. Den Klägerinnen würde nicht ohne objektive und stichhaltige, sachliche und rechtliche Begründung ein Verkehrsrecht vorenthalten, das einem anderen Unternehmen für den Betrieb eines gleichen Dienstes unter vergleichbaren Bedingungen gewährt würde (vgl. dazu Entscheidung der Kommission vom 24. April 1994, TAT - Paris [Orly] - Marseille und Paris [Orly] - Toulouse, 94/291/EWG, ABl. L 127 vom 19. Mai 1995, S. 32).

Die Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld stellen jedenfalls ab dem verfügten Schließungszeitpunkt für die Klägerinnen als Linienfluggesellschaften nahezu gleichwertige Alternativen dar. Es ist den Klägerinnen zumutbar und bedeutet für sie keine Diskriminierung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 2408/92, wenn sie während der lediglich rund dreijährigen Übergangszeit bis zur beabsichtigten Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg International nicht von dem zunächst noch fortbestehenden Flughafen Tegel, sondern vom Flughafen Schönefeld aus operieren müssten. Bei dem Flughafen Schönefeld handelt es sich zwar nicht um einen innerstädtischen, andererseits aber sehr wohl um einen stadtnahen, gut erreichbaren Flughafen. Er ist - anders als der Flughafen Tegel - unmittelbar an das Berliner S-Bahn-Netz angeschlossen und wird ab Mai 2008 über die Autobahn A 113n direkt erreichbar sein. Dadurch werden sich die derzeitigen Anfahrtzeiten noch einmal erheblich verkürzen. Dass die Klägerinnen gerade aufgrund dieser Verkehrsanbindung Kunden an in Tegel operierende Luftfahrtunternehmen, die zudem vergleichbare Strecken wie die Klägerinnen bedienen müssten, in einem Umfang verlieren könnten, der zu Umsatzeinbußen führt, ist nicht nachvollziehbar. Mit den von ihnen insoweit angegebenen Zahlen weisen die Klägerinnen im Wesentlichen auf den Verlust hin, der eine Einstellung des Flugdienstes nach Berlin zur Folge hätte. Ein Beleg dafür, dass die Verlagerung tatsächlich zu Umsatzeinbußen führt, ergibt sich daraus jedoch nicht.

Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass die am Flughafen Schönefeld operierenden Billiganbieter für die Klägerinnen einen wettbewerbsrelevanten Nachteil darstellen. Dies gilt auch gerade im Hinblick darauf, dass es sich um ein anderes Segment handelt. Im Übrigen erscheinen in diese Richtung zielende Erwägungen der Klägerinnen kaum schutzwürdig. Die weitere Befürchtung der Klägerinnen, Wettbewerbsnachteile aufgrund von ausbaubedingten Behinderungen am Flughafen Schönefeld erleiden zu müssen, ist nicht begründet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Linienverkehr in Schönefeld-Nord maßgeblich von den Bauarbeiten betroffen sein könnte, Insoweit bleiben die Einwendungen der Klägerinnen pauschal und ohne Substanz.

Schließlich ist auch nicht deshalb mit Kapazitätsengpässen am Flughafen Schönefeld zu rechnen, weil ab dem Jahr 2008 nur noch eine Start- und Landebahn zur Verfügung stehen wird. Der Beklagte und die Beigeladene haben darauf hingewiesen, dass schon zum jetzigen Zeitpunkt faktisch nur eine Start- und Landebahn genutzt wird. Die Start- und Landebahnen in Schönefeld sind derzeit bei weitem nicht ausgelastet, sondern verfügen über erhebliche freie Kapazitäten von rund 40 %. Die unter kapazitiven Gesichtspunkten mögliche Verlagerung des Linienflugverkehrs von Tempelhof nach Schönefeld wird schließlich auch durch das Gutachten vom 4. Mai 2006 bestätigt. Danach ist im Jahr 2007 lediglich im Bereich der Sicherheitskontrollen mit einem Kapazitätsengpass zu rechnen, der durch die Installation einer zusätzlichen Sicherheitslinie behoben werden kann. Kapazitätsbedingte Engpässe bei der Abfertigung im Jahr 2011 lassen sich durch eine geringfügige Optimierung des Flugplans ohne weiteres bewältigen. Derartige Maßnahmen sind hier - wie oben dargelegt - grundsätzlich hinzunehmen.

4. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen verstoßen die angegriffenen Bescheide nicht gegen raumordnungsrechtliche Vorschriften. Die Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) vom 30. Mai 2006 (GVBl. Bln S. 509) legt nicht verbindlich fest, dass der Flughafen Tempelhof erst mit der Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg International und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt geschlossen werden darf (vgl. III., Z 1 der Anlage zur Änderungsverordnung). Die gegenteilige Behauptung der Klägerinnen findet in dem Wortlaut der Verordnung keine Stütze. Vielmehr lässt sich der Begründung (Nr. 6 zu Z 1 LEP FS, GVBl. S. 541) eindeutig entnehmen, dass eine frühere Schließung des Flughafens Tempelhof Zielen der Raumordnung nicht entgegensteht. Andererseits folgt aus den genannten Vorschriften zwingend, dass der Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof spätestens mit der Inbetriebnahme von Berlin-Brandenburg International zu schließen ist. Der von den Klägerinnen begehrte Weiterbetrieb - selbst mit einer Beschränkung auf den Geschäftsflugbetrieb - wäre daher aus raumordnungsrechtlichen Gründen ohnehin nur für einen Zeitraum von rund drei Jahren über das von dem Beklagten verfügte Schließungsdatum hinaus möglich.

5. Die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerinnen schließlich weder in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG noch in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

a) Der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung greift nicht in das Eigentumsrecht der Klägerinnen aus Art. 14 Abs. 1 GG ein. Selbst wenn man davon ausginge, dass der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als tatsächliche Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte in eigenständiger Weise von der Gewährleistung der Eigentumsgarantie erfasst wird (offen gelassen BVerfGE 51, 193, 221 f.; 105, 252, 278.), fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Eingriff in die Substanz, der entsprechend schwer und unerträglich sein müsste (BVerfGE 13, 225, 229 f.). Es ist - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen zu I. 3. - weder ersichtlich noch substantiiert dargelegt, warum die Schließung des Flughafens Tempelhof und die Verlagerung des Flugverkehrs nach Schönefeld für die Klägerinnen einen schwer wiegenden, ihnen nicht zumutbaren betriebsbezogenen Eingriff darstellen soll. Dies betrifft auch die - ohnehin nicht bezifferten - Umzugskosten. Eine lediglich befürchtete Minderung der Erwerbschancen durch einen Verlust von Kunden wird vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfasst (BVerfGE 68, 193, 222 f.). Gleiches gilt in Bezug auf zukünftige Expansionschancen. Unabhängig davon durften die Klägerinnen angesichts der seit vielen Jahren bestehenden ernsthaften Bestrebungen, den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof schon vor der Inbetriebnahme von Berlin-Brandenburg International zu schließen, nicht auf den Fortbestand des Flugbetriebs in Tempelhof vertrauen. Hierbei ist im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen selbst durch Annahme des von dem Senat am 21. Dezember 2006 vorgeschlagenen Vergleichs einer Schließung des Flughafens Tempelhof zum 31. Oktober 2008 zugestimmt haben.

Soweit die Klägerinnen eine nicht ausreichende Zuweisung von Zeitnischen an den Verkehrsflughafen Tegel oder Schönefeld befürchten, kommt eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht in Betracht. Start- und Landeerlaubnisse auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft vom 18. Januar 1993 (ABl. Nr. L 14/1) bzw. aufgrund von §§ 27 a, 27 b LuftVG fallen nicht unter die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Rechtspositionen beruhen auf einer einseitigen öffentlich-rechtlichen Gewährung, für die die begünstigten Luftfahrtgesellschaften keine unmittelbare oder mittelbare Gegenleistung erbringen. (ebenso Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, § 27 a Rn. 21). Sie können daher mangels eigentumsähnlicher Verfestigung bei der Schließung eines Flughafens ersatzlos entzogen werden, ohne dass das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtsposition durch Grundrechte geschützt wäre (vgl. auch BVerfGE 45, 142, 170; 97, 271, 284). Im Übrigen ist - wie dargelegt - nicht damit zu rechnen, dass den Klägerinnen die für ihren Flugbetrieb erforderlichen - zumutbaren - Zeitnischen in Tegel oder Schönefeld nicht zur Verfügung stehen werden.

b) Ebenso wenig ist das Grundrecht der Klägerinnen aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Beeinträchtigungen des Wettbewerbs können zwar grundsätzlich in den Schutzbereich der Berufsfreiheit fallen. Hierzu zählen grundsätzlich auch staatliche Regelungen, die eine Aufteilung des Luftverkehrs innerhalb eines Flughafensystems zur Folge haben. In einem solchen Fall können Luftverkehrsunternehmen nicht mehr frei darüber entscheiden, in welcher Weise und an welchem Ort sie tätig werden (vgl. auch Cloppenburg, Rechtsfragen der Errichtung und Nutzung von Flughafensystemen, 2006, S. 110; Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 128). Eine wettbewerbswidrige, gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßende Beeinträchtigung ist hier jedoch aus den zu Art. 8 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2408/92 dargelegten Gründen nicht gegeben.

Soweit die Klägerinnen im Übrigen geltend machen, sie würden wegen der längeren Anfahrtswege zum Flughafen Schönefeld Kunden verlieren und Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, ist dem zu entgegnen, dass Art. 12 Abs. 1 GG - ebenso wenig wie Art. 14 Abs. 1 GG - kein Recht auf Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfangs und auf Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten garantiert (BVerfGE 105, 252, 265; vgl. auch BVerwGE 71, 183, 193). Unabhängig davon ist - wie dargelegt - nicht ersichtlich und nicht davon auszugehen, dass den Klägerinnen die behaupteten Umsatzeinbußen drohen.

6. Die Klägerinnen können sich ferner nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Gebotes berufen, wonach die von einer Entscheidung mit planungsrechtlichem Charakter berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Hierbei kann offen bleiben, ob ihnen überhaupt ein Recht auf gerechte Abwägung zusteht. Die Änderungsbescheide verletzen sie selbst dann nicht in ihren Rechten, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass der Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung - wie deren isolierte Erteilung oder Änderung - eine planerische Entscheidung darstellt, und wenn man ein Recht auf fehlerfreie Abwägung auch derjenigen privaten Belange der Klägerinnen bejaht, die unterhalb der Schwelle zum subjektiven Recht verbleiben.

Ein unterstelltes Recht der Klägerinnen auf gerechte Abwägung ihrer privaten Belange wäre nur verletzt, wenn der Beklagte die entsprechenden Belange nicht zutreffend ermittelt oder - obwohl abwägungserheblich - nicht in die Abwägung eingestellt oder sie verkannt hätte, oder wenn der Ausgleich der Belange in einer Weise vorgenommen worden wäre, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis stünde (vgl. BVerwGE 52, 237, 244 f.; 107, 313, 322; 107, 350, 355 f.). Hierbei ist die angegriffene Entscheidung nicht einer objektiv-rechtlichen Überprüfung zu unterziehen, sondern die Klägerinnen bleiben auf eine Rüge der fehlerhaften Abwägung eigener Belange beschränkt (BVerwGE 48, 56, 66).

a) Der von den Klägerinnen behauptete Abwägungsausfall, den sie mit dem politischen Willen zur Schließung des Flughafens Berlin-Tempelhof begründen, lässt sich den angegriffenen Bescheiden nicht entnehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte, der ein aufwändiges Anhörungsverfahren durchgeführt und mehrere, zum Teil umfangreiche Bescheide erlassen hat, sich von vornherein an die (unterstellte) Vorgabe einer vorzeitigen Schließung gebunden glaubte und deshalb keine Abwägung vorgenommen hat.

b) Ebenso wenig greift die Rüge der Klägerinnen, dass der Beklagte ihre Belange nicht zutreffend ermittelt und nicht gerecht abgewogen habe. Zwar kann das Interesse eines gewerblichen Unternehmens an der Erhaltung der mit erheblichen Investitionen ausgenutzten Erwerbsquelle bei der hoheitlichen Planung geschützt sein (BVerwG, Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 22, S. 17, 21 f.). Die Betriebsaufgabe ist für die Klägerinnen - unabhängig davon, inwieweit ihre Gewerbebetriebe tatsächlich mit Standortbezug in Tempelhof verankert sind - jedoch schon deshalb als zumutbar anzusehen, weil ihnen nach der Stillegung des Flughafens Tempelhof ab 1. November 2008 alternative Betätigungsmöglichkeiten am Verkehrsflughafen Tegel oder auch am Verkehrsflughafen Schönefeld zur Verfügung stehen.

Der Beklagte hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände abwägungsfehlerfrei entschieden, dass die Klägerinnen zum Winterflugplan 2008/2009 am Flughafen Tegel angemessenen Ersatz für den bisherigen Betrieb am Flughafen Tempelhof erhalten werden, der voraussichtlich im Jahre 2011, d.h. rund drei Jahre nach dem von dem Beklagten verfügten Schließungszeitpunkt, ohnehin hätte aufgegeben werden müssen. Dafür, dass das Vorhaben BBI nicht verwirklicht werden wird, bestehen keine Anhaltspunkte. Unabhängig davon wäre es den Klägerinnen auch zumutbar, ihren Geschäftsbetrieb zum Flughafen Schönefeld zu verlagern. Wegen der Einzelheiten, die die Zumutbarkeit der Ersatzstandorte Tegel bzw. Schönefeld betreffen, wird auf die Ausführungen zu B. I. 3. Bezug genommen. Nach alledem durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die mit Bescheid vom 22. Januar 2007 zu Gunsten der Klägerinnen verfügte Auflage erfüllt werden wird.

Da der Beklagte den Klägerinnen einen zumutbaren Ersatzstandort angeboten hat, kommt es auf die für die Schließung des Flughafens Tempelhof streitenden Belange nicht entscheidungserheblich an. Unabhängig davon sind diese öffentlichen und privaten Belange (innerstädtische Lage, Lärmschutz, Sicherheit einerseits, defizitäre Bewirtschaftung andererseits) von bedeutendem Gewicht, sodass ein unterstelltes Interesse der Klägerinnen an der Aufrechterhaltung ihrer betrieblichen Standorte am Flughafen Tempelhof abwägungsfehlerfrei überwunden werden könnte. Selbst wenn die Klägerinnen die konkrete Höhe des von der Beigeladenen zu tragenden wirtschaftlichen Defizits, das durch die Verlagerung einer weiteren Linienfluggesellschaft nach Tegel und den damit verbundenen Verlust an Passagieren noch einmal gestiegen ist, bestreiten, räumen auch sie letztlich die Existenz eines derartigen Defizits ein. Auf die Schließungskosten als solche kommt es hierbei nicht an, weil diese angesichts der raumordnungsrechtlich zwingenden Schließung spätestens mit der Inbetriebnahme von Berlin-Brandenburg International ohnehin entstünden. Gleiches gilt, soweit die Klägerinnen geltend machen, dass die Beigeladene zu dem von ihr beklagten Defizit selbst erheblich beigetragen habe. Ebenso wenig können sie sich zu ihren Gunsten darauf berufen, dass bislang kein Nachnutzungskonzept vorliege. Zum einen bedarf es zuvor der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, und zum anderen fällt die Entscheidung über die weitere Nutzung nicht in die Zuständigkeit der Luftfahrtbehörde.

Schließlich brauchte sich der Beklagte schon deshalb nicht um einen anderen Betreiber für den Verkehrsflughafen Tempelhof zu bemühen, weil er den Klägerinnen einen zumutbaren Alternativstandort zur Verfügung gestellt hat.

7. Die angegriffenen Änderungsbescheide verletzen die Klägerinnen auch nicht deshalb in ihren Rechten, weil sie die luftrechtliche Genehmigung isoliert und unabhängig vom Fortbestand der Planfeststellung aufheben.

a) Der von dem Beklagten beschrittene Weg ist nicht schon deshalb unzulässig, weil das Luftverkehrsrecht - anders als beispielsweise das Eisenbahnrecht in § 11 AEG - keine spezialgesetzliche Norm kennt, die die dauerhafte Einstellung des Betriebs ohne Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses regelt (zu § 11 AEG vgl. auch BverwGE 107, 350, 353). Aus dem Fehlen einer derartigen Vorschrift lässt sich kein Verbot einer Stillegung bei Fortbestand der Planfeststellung ableiten, zumal der Gesetzgeber die Stillegung eines Verkehrsflughafens im Einvernehmen mit dem Flughafenunternehmer offensichtlich überhaupt nicht in den Blick genommen hat.

Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Luftverkehrsrecht gibt insoweit nichts her. Zwar hält das Bundesverwaltungsgericht bei planfestgestellten Flughäfen eine Klage Dritter auf Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung für unzulässig, weil Rechtsschutz nur gegen den Planfeststellungsbeschluss erlangt werden kann (vgl. BVerwG Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 8). Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass ein Widerruf im Verhältnis zwischen der Genehmigungsbehörde und dem Flugplatzunternehmer ausgeschlossen ist, wenn der Flugplatzunternehmer eine Stillegung begehrt. Zieht man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Eisenbahnrecht heran, müsste man sogar zu dem Ergebnis kommen, dass vor der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zunächst die luftrechtliche Genehmigung aufzuheben wäre, weil einer auf Beseitigung des Flughafens zielenden Planfeststellung die Außerdienstsetzung der Anlage vorausgehen müsste (BVerwG NVwZ-RR 1992, 457).

Hinzu kommt, dass die Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung, durch die der Betrieb eingestellt wird, und die Aufhebung der anlagenbezogenen Planfeststellung unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen und grundsätzlich rechtlich selbstständig nebeneinander stehen. § 8 Abs. 1 LuftVG bezieht sich allein auf die (bauliche) Anlage eines Flugplatzes. § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG eröffnet lediglich eine Option, in der Planfeststellung betriebliche Regelungen zu treffen, ohne dies - wie etwa in § 9 b Abs. 1 AtG geschehen - verbindlich anzuordnen. Mit einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ist daher keine automatische Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung verbunden. Sie kann als Zulassungsgrundlage fortbestehen, auch wenn von ihr mangels Planfeststellung kein Gebrauch gemacht werden kann. Nach alledem ist der im Schrifttum vertretenen Ansicht, wonach der gemäß §§ 8 ff. LuftVG ergangene Planfeststellungsbeschluss aufgrund seiner umfassenden Gestaltungswirkung alleiniger Anknüpfungspunkt für Widerrufsentscheidungen bleiben müsse, nicht zu folgen (zu dieser Ansicht vgl. Wysk, in: ZLW 2003, S. 620, insbesondere Fußnote 40).

b) Selbst wenn man hier zu dem Ergebnis käme, dass die Stillegung eines planfestgestellten Verkehrsflughafens nur durch Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und nicht durch Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung erfolgen könnte, führte dies nicht zur Verletzung von Rechten der Klägerinnen. Private Dritte haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens (vgl. dazu Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 268 mit weiteren Nachweisen; zum nicht bestehenden Anspruch auf Durchführung eines luftrechtlichen Genehmigungsverfahrens vgl. BayVGH DÖV 2004, 170 f.) Dies führt hier auch nicht zu einer gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßenden Rechtsschutzverkürzung. Selbst wenn der Beklagte den Flughafenbetrieb nur durch Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses hätte stilllegen können, wäre nicht ersichtlich, dass sich dies auf eine durch § 42 Abs. 2 VwGO geschützte materielle Rechtsposition der Klägerinnen auswirkte, zumal der Beklagte auch im vorliegenden Verfahren eine Abwägungs- und Ermessensentscheidung unter Beteiligung der Klägerinnen getroffen hat.

III.

Falls man mit den Klägerinnen eine Ermächtigungsgrundlage für erforderlich hielte, wären die angegriffenen Bescheide ebenfalls rechtmäßig. Sie ließen sich nämlich zumindest auch auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG bzw. auf § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG in entsprechender Anwendung oder auf § 1 Abs. 1 BlnVwVfG in Verbindung mit § 49 VwVfG stützen.

1. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ist eine Änderung der luftrechtlichen Genehmigung erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich geändert werden soll. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die von der Beigeladenen angestrebte vollständige Betriebseinstellung stellt sich als wesentliche Änderung des Flugbetriebs dar. Eine derartige, die Genehmigungspflicht auslösende Änderung im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ist zu bejahen, wenn durch sie die für das luftverkehrsrechtliche Genehmigungserfordernis maßgebenden Belange in rechtserheblicher Weise berührt werden (BVerwG Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 11, S. 21, 29). Da dies bei einer deutlichen Reduzierung des Flugbetriebs wegen der im öffentlichen Interesse liegenden Nutzung eines Verkehrsflughafens der Fall ist (so Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 9, S. 12; Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 30; Delbanco, Die Änderung von Verkehrsflughäfen, Berlin 1998, S. 179; a.A. Ronellenfitsch, in: DVBl. 1984, S. 504; Wysk, in: Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts, 6. Kapitel, Rn. 1676), muss dies erst recht dann gelten, wenn es sich nicht nur um eine wesentliche Reduzierung, sondern sogar um eine vollständige Einstellung des Betriebs handelt. Vor diesem Hintergrund vermag die in der Literatur vertretene Ansicht, wonach die Stillegung eines Flughafens durch Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung keine Änderung seines Betriebs darstelle, weil sie begrifflich voraussetze, dass auch nach der Änderung eine Flughafenanlage fortbestehe und betrieben werde (so Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, § 41 LuftVZO Rn. 3), nicht zu überzeugen.

Ebenso wenig steht dem Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG eine Auslegung entgegen, die die aufgrund der Betriebseinstellung erforderliche Aufhebung der Genehmigung als deren Änderung qualifiziert. Stellt die Stillegung eines Flughafens eine wesentliche Änderung seines Betriebes dar, kann die Änderung der Genehmigung nur in deren Aufhebung bestehen (kritisch Sellner/Reidt, in: NVwZ 2004, S. 1169). Dass sich die Änderung der Genehmigung auch als deren Aufhebung begreifen lässt, wird im Schrifttum im Übrigen ausdrücklich für den Fall des § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG bejaht. Danach ist die Genehmigung zu ändern, wenn dies nach dem Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens erforderlich ist. Bei negativem Ausgang des Planfeststellungsverfahrens und bereits erteilter Genehmigung reicht die Änderungsbefugnis des § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG dementsprechend bis zur Aufhebung der Genehmigung (vgl. Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 72).

b) Unabhängig davon käme auch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG in Betracht, weil kein Grund ersichtlich ist, die Aufhebung der luftrechtlichen Genehmigung auf Antrag des Genehmigungsinhabers anders zu behandeln als einen Antrag auf deren Erteilung oder Änderung.

c) Wegen der weiteren Erwägungen kann auf II. 3. bis 7. Bezug genommen werden.

2. a) Die Änderungsbescheide vom 30. August 2006, 7. Dezember 2006 und 22. Januar 2007 lassen sich schließlich auch auf § 49 VwVfG stützen. Dabei kann offen bleiben, ob der Luftfahrtbehörde grundsätzlich ein Rückgriff auf die allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Rücknahme- und Widerrufsvorschriften wegen abschließender Regelungen im Luftverkehrsrecht verwehrt ist (vgl. dazu Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, § 6 Rn. 121; Giemulla, in: Giemulla/Schmid, Luftverkehrsverordnungen, § 48 LuftVZO Rn. 2; zur Anwendbarkeit von § 49 VwVfG im Fachplanungsrecht s. auch BVerwGE 105, 6 ff.). Hier ist die Anwendung einer allgemeinen, den Vertrauensschutz durchbrechenden Regelung, die möglicherweise über grundsätzlich vorrangige Spezialvorschriften hinausgeht, jedenfalls ohne weiteres möglich, weil die Beigeladene wirksam auf Vertrauensschutz verzichtet hat. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwVfG vorliegen, weil sie - wie bereits dargelegt - allein für die Beigeladene, nicht aber für die Klägerinnen Vertrauensschutz begründen. Verzichtet die Beigeladene darauf, entfallen die Einschränkungen des § 49 Abs. 2 VwVfG, und ein Widerruf ist unabhängig hiervon nach § 49 VwVfG möglich.

b) Auch hier kann wegen der weiteren Begründung auf II. 3. bis 7. verwiesen werden.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Der Sache kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil der Senat die Rechtsfragen, deren Klärungsbedürftigkeit allenfalls in Betracht käme, offen lassen konnte.

Ende der Entscheidung

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