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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: OVG 12 B 11.07
Rechtsgebiete: IFG Bln


Vorschriften:

IFG Bln § 2
IFG Bln § 3
IFG Bln § 7
IFG Bln § 12
1. Eine privatrechtlich handelnde juristische Person öffentlichen Rechts ist eine auskunftsverpflichtete öffentliche Stelle i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln.

2. Eine privatrechtlich handelnde juristische Person öffentlichen Rechts kann sich auf das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nach § 7 Satz 1 IFG Bln berufen. Eine ggf. bestehende Identität zwischen auskunftsverpflichteter öffentlicher Stelle und Geheimnisträger begegnet keinen rechtlichen Bedenken.


OVG 12 B 11.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 02. Oktober 2007 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Merz, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese, die ehrenamtliche Richterin Ronnisch und den ehrenamtlichen Richter Kursawa

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. April 2006 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen vorgelegten Kalkulationsunterlagen zur Genehmigung der Wassertarife für das Jahr 2004, einschließlich des Wirtschaftsprüfergutachtens, zu gewähren, soweit diese das Berliner Monopolgeschäft der Beklagten betreffende Informationen enthalten.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Einsicht in die von der Beklagten im Genehmigungsverfahren der Berliner Wassertarife für das Jahr 2004 vorgelegten Kalkulationsunterlagen.

Im Oktober 2003 beantragte die Beklagte bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen die Genehmigung der Tarife für Wasser, Schmutzwasser und Niederschlagswasser für die Kalkulationsperiode 1. Januar bis 31. Dezember 2004. Dem Antrag waren Kalkulationsunterlagen und ein Wirtschaftsprüfergutachten zur Tarifkalkulation beigefügt. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 genehmigte die Senatsverwaltung die Wassertarife antragsgemäß.

Im August 2004 stellte der Kläger unter Berufung auf das Berliner Informationsfreiheitsgesetz bei der Beklagten einen Antrag auf Einsicht in den dort geführten Vorgang zum Tarifgenehmigungsverfahren. Die Beklagte verweigerte die begehrte Akteneinsicht mit der Begründung, das Informationsfreiheitsgesetz finde keine Anwendung, da die Tarifentgelte privatrechtlich erhoben würden. Darüber hinaus enthielten die Kalkulationsunterlagen Geschäftsgeheimnisse, bei deren Preisgabe ihr ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden drohe.

Die im Juli 2005 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 25. April 2006 abgewiesen, da das Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG Bln - im Ergebnis keine Grundlage für das klägerische Einsichtsbegehren biete. Dem Kläger stehe zwar das in § 3 Abs. 1 IFG Bln statuierte Informationsrecht gegenüber der Beklagten im Grundsatz zu, da letztere eine zur Auskunft verpflichtete öffentliche Stelle sei und es sich bei den zur Genehmigung der Wassertarife der Senatsverwaltung vorgelegten Kalkulationsunterlagen um Akten im Sinne des Gesetzes handele. Das danach grundsätzlich bestehende Informationsrecht des Klägers sei aber durch § 7 Satz 1 IFG Bln ausgeschlossen, da anderenfalls Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beklagten offenbart würden. Die Beklagte könne sich auf den Geheimnisschutz berufen, da sie weder als juristische Person des öffentlichen Rechts noch in ihrer Eigenschaft als auskunftsverpflichtete öffentliche Stelle vom Schutz des § 7 Satz 1 IFG Bln ausgenommen sei. Bei den in der Tarifkalkulation und dem Wirtschaftsprüfergutachten enthaltenen Daten handele es sich um Geschäftsgeheimnisse. Der ausdrücklich erklärte Geheimhaltungswille der Beklagten werde darüber hinaus von einem objektiv schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse gedeckt, da die in den Unterlagen enthaltenen Informationen Rückschlüsse auf die Betriebsführung, die Wirtschafts- und Marktstrategie oder auf Kostenkalkulation und Entgeltgestaltung des Unternehmens zuließen, mithin für die Wettbewerbsfähigkeit Bedeutung hätten und von wirtschaftlichem Interesse seien. Bei der der Beklagten obliegenden Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Berlin komme ihr allerdings eine Monopolstellung zu mit der Folge, dass ihr im Hinblick auf diese Betätigung wettbewerbsbezogene Nachteile durch eine Preisgabe ihrer Kalkulation nicht erwachsen könnten. Soweit die Beklagte außerhalb Berlins am marktwirtschaftlichen Wettbewerb teilnehme, seien die in Rede stehenden Kalkulationsdaten und das hierauf aufbauende Wirtschaftsprüfergutachten von potenzieller Relevanz für mögliche Konkurrenten. Dies gelte sowohl für die originären Daten des wettbewerblichen Geschäftsbereichs der Beklagten als auch in Bezug auf die das Berliner Monopolgeschäft betreffenden Kalkulationsdaten. Die Beklagte habe schlüssig und plausibel dargelegt, dass sich aus letzteren Angaben auf der Grundlage der bekannten Menge des in Berlin geförderten Wassers ihre spezifischen Kosten im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Berlin berechnen ließen und potenzielle Mitbewerber im Wettbewerbsgeschäft daraus angebotsrelevante Rückschlüsse auch auf die Kalkulation im Bereich ihrer wettbewerblichen Tätigkeit ziehen könnten. Daher seien sämtliche Daten der Kalkulation und des hierauf aufbauenden Wirtschaftsprüfergutachtens wettbewerbsrelevant und geheimhaltungsbedürftig. Die in einem solchen Fall erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen falle zugunsten des Geheimhaltungsinteresses der Beklagten aus. Ein besonderes Gewicht des Informationsinteresses des Klägers sei weder erkennbar noch vorgetragen, insbesondere sei ein verstärktes Allgemeininteresse an der Offenlegung der Tarifkalkulation nicht dargetan. Dem danach durchschnittlichen Informationsinteresse gebühre auch nicht deshalb der Vorrang, weil das Schutzbedürfnis der Beklagten in entscheidungserheblichem Maße reduziert wäre. Da die Einsicht des Klägers in das gesamte Zahlenwerk der Kalkulation und der hierauf bezogenen Passagen des Wirtschaftsprüfergutachtens mit Blick auf deren Charakter als Unternehmensgeheimnis ausgeschlossen sei, komme auch eine beschränkte Akteneinsicht gemäß § 12 IFG Bln nicht in Betracht.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob § 7 Satz 1 IFG Bln auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar sei.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, er habe Anspruch auf Einsicht in die Kalkulationsunterlagen der Beklagten für das Jahr 2004, da diese sich als die auf Akteneinsicht in Anspruch genommene öffentliche Stelle im Falle fiskalischen Handelns nicht auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach § 7 Satz 1 IFG Bln berufen könne. Weiter sei nicht zu erkennen, inwieweit die Offenbarung des Gutachtens und der Kalkulationsgrundlagen Konkurrenten der Beklagten Wettbewerbsvorteile verschaffen könnte, da anhand der Stückkosten kein auch nur annähernd sicherer Rückschluss auf den Angebotspreis möglich sei. Eine auch nur näherungsweise Rückrechnung auf aktuelle Kalkulationsgrundlagen scheide bereits deshalb aus, da Gegenstand des Einsichtsgesuchs die Akten zur Tarifgenehmigung vom 16. Dezember 2003 einschließlich der dazu vorgelegten Unterlagen seien, die auf Grund der zeitlichen Abläufe allenfalls Wirtschaftsdaten aus dem zum damaligen Zeitpunkt bereits abgeschlossenen Geschäftsjahr 2002 sowie zurückliegender Jahre enthalten könnten. Hinzu komme, dass die Beklagte nach eigener Einlassung ihre Tarifkalkulation in mehreren Gerichtsverfahren über die Billigkeit ihrer Tarife gegenüber den jeweiligen Tarifkunden offen gelegt habe und daher ein Geschäftsgeheimnis nicht mehr vorliege. Im Rahmen der bei Annahme eines Geschäftsgeheimnisses erforderlichen Abwägung komme dem Interesse an einer Einsicht in die Kalkulationsunterlagen großes Gewicht, dem angeblichen Geschäftsgeheimnis demgegenüber heute keine Bedeutung mehr zu. Das Offenbarungsinteresse ergebe sich daraus, dass die kommunale Wasserversorgung zum Kernbereich der Daseinsvorsorge gehöre. Die Beklagte habe eine Monopolstellung inne und sei daher einer Kontrolle durch Marktmechanismen entzogen. Als einziges Kontrollinstrument sei das Tarifgenehmigungsverfahren durch das Land Berlin vorgesehen, wobei zu beachten sei, dass das Land seinerseits 50,1 %iger Anteilseigner sei und daher im Genehmigungsverfahren tendenziell Eigeninteressen verfolge. Gerade diese Interessenvermischung zeige, dass eine Akteneinsicht zur Wahrung der Transparenz staatlichen Handelns von überragender Bedeutung sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verpflichten, ihm vollständige Akteneinsicht in die der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen vorgelegten Kalkulationsunterlagen zur Genehmigung der Wassertarife für 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, sie könne sich auf den Geheimnisschutz nach § 7 IFG Bln berufen. Ihre Kalkulationsunterlagen enthielten schützenswerte Geschäftsgeheimnisse, an deren Geheimhaltung sie mit Blick auf die Wettbewerbsrelevanz der in ihrer Tarifkalkulation enthaltenen Daten ein berechtigtes Interesse habe. Dies gelte für sämtliche Daten, da sie auf Grund der gesetzlichen Vorgaben zur Vorlage einer einheitlichen, sowohl den Berliner Monopolbereich als auch das Wettbewerbsgeschäft umfassenden Tarifkalkulation verpflichtet sei und nur so eine Rückrechenbarkeit der Daten innerhalb der in den Unterlagen enthaltenen Tabellen auszuschließen sei. Eine Veröffentlichung der Kalkulationsdaten würde zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen führen, da ein Wettbewerber ihre Angebote in Kenntnis der gesamten Kosten- und Ertragsstruktur unterbieten oder in sonstiger Weise auf die Konkurrenz reagieren könne. Weiter sei ein ihr schützenswertes Geschäftsgeheimnis überwiegendes Informationsinteresse des Klägers nicht erkennbar. Der Kläger mache zwar für sein Akteneinsichtsbegehren ein Einsichtsrecht der Öffentlichkeit geltend, verfolge jedoch tatsächlich lediglich private Interessen seiner Mitglieder. Darüber hinaus sei zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass die Tarife von der Tarifgenehmigungsbehörde in einem detaillierten Verfahren geprüft worden seien und die Ordnungsmäßigkeit der Kalkulationen bereits in einer Reihe von zivilgerichtlichen Urteilen bestätigt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Kläger kann Einsicht in die das Berliner Monopolgeschäft der Beklagten betreffenden, der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen vorgelegten Kalkulationsunterlagen zur Genehmigung der Wassertarife für das Jahr 2004 beanspruchen (2.). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die zulässige Klage (1.) zu Unrecht abgewiesen. Ein darüber hinausgehendes Akteneinsichtsrecht steht dem Kläger dagegen nicht zu (3.).

1. Die Klage ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Rechtschutzbedürfnis des Klägers nicht dadurch entfallen, dass zwei seiner Mitgliedsunternehmen, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, zivilrechtlich gegen die Tarifkalkulationen für die Jahre 2004 bis 2006 vorgegangen sind und die Beklagte in diesen Verfahren die genannten Kalkulationen vorgelegt hat. Ausweislich der vom Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2007 abgegebenen Erklärungen hat der Prozessbevollmächtigte keine Einsicht in bzw. Kenntnis von den hier streitigen Unterlagen erhalten. Dem Kläger selbst sei weder bekannt, welche Unterlagen die Beklagte seinen Mitgliedern in den Zivilprozessen zur Verfügung gestellt habe, noch habe er diese einsehen können. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 2007, der Kläger habe bei einem externen Sachverständigen ein Gutachten zur Höhe der Wasser- bzw. Abwasserentgelte in Auftrag gegeben, da die Auftragserteilung nicht zwingend die Kenntnis der streitgegenständlichen Unterlagen voraussetzt. 2. Die Berufung des Klägers ist begründet, soweit er Einsicht in die das Berliner Monopolgeschäft der Beklagten betreffenden, der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen vorgelegten Kalkulationsunterlagen zur Genehmigung der Wassertarife für das Jahr 2004 verlangt.

a) Anspruchsgrundlage für sein Begehren ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 15. Oktober 1999 (GVBl. S. 561), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2005 (GVBl. S. 791), im Folgenden IFG Bln. Danach hat jeder Mensch nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG Bln aufgeführten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten. Der Kläger gehört als eingetragener Verein zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 3 Abs. 1 Satz 2 IFG Bln).

Die Beklagte ist als rechtsfähige Anstalt des Landes Berlin (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 des Berliner Betriebe-Gesetzes <BerlBG> vom 14. Juli 2006 <GVBl. S. 827>) eine auskunftsverpflichtete öffentliche Stelle i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln.

Dem steht nicht entgegen, dass sie bei der Tariferhebung privatrechtlich tätig wird und die zugrunde liegende Kalkulation damit in Zusammenhang steht, da das Berliner Informationsfreiheitsgesetz auch einen Auskunftsanspruch gewährt, wenn die in Anspruch genommene Behörde privatrechtlich handelt (vgl. zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes - im Folgenden IFG -: Matthes, Das Informationsfreiheitsgesetz, 2006, S. 14). Das in § 1 IFG Bln geregelte Informationsrecht bezieht sich nach dem Wortlaut der Vorschrift allgemein auf das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen und ist damit nicht auf Informationen zur hoheitlichen oder öffentlich-rechtlichen Tätigkeit von Behörden beschränkt. Die Person des Auskunftsverpflichteten ist in § 2 IFG Bln rein organisationsrechtlich definiert und differenziert gleichfalls nicht nach der Art der Tätigkeit öffentlicher Stellen. Anderenfalls wäre ein erheblicher Teil der Verwaltungstätigkeit vom Informationszugang ausgeschlossen oder könnte allein durch die Wahl der Handlungsform ausgeschlossen werden. Dies liefe dem Zweck des Gesetzes, erstmals einen umfassenden Anspruch auf Akteneinsicht in allen Verwaltungsbereichen mit dem Ziel einer "gläserne(n) Verwaltung" zu schaffen, zuwider (vgl. Abgeordnetenhaus-Drucksache 13/1623, S. 4 f).

Die von der Beklagten zur Genehmigung der Wassertarife der Senatsverwaltung vorgelegten Kalkulationsunterlagen stellen Akten im Sinne des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes dar.

Dazu gehören alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise festgehaltenen Gedankenverkörperungen und sonstige Aufzeichnungen, insbesondere Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten, soweit sie amtlichen Zwecken dienen (§ 3 Abs. 2 IFG Bln). Erfasst sind jedoch allein der materiellen Verwaltungstätigkeit zuzuordnende Vorgänge mit Bezug zu einer konkreten Verwaltungsangelegenheit, wie sie in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 - OVG 7 B 9.05 -).

Die Kalkulationsunterlagen erfüllen die genannten Voraussetzungen, da sie zur Durchführung des öffentlich-rechtlichen Tarifgenehmigungsverfahrens erstellt worden sind. Der amtliche Zweck ergibt sich weiter daraus, dass die Beklagte mit der Wasserversorgung Berlins sowie der Ableitung und Reinigung des in Berlin anfallenden Abwassers, einschließlich der Erhebung entsprechender Tarife, eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt (vgl. § 3 Abs. 5 BerlBG).

b) Der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln bestehende Anspruch des Klägers, die das Berliner Monopolgeschäft der Beklagten betreffenden Unterlagen einzusehen, ist nicht durch § 7 Satz 1 IFG Bln ausgeschlossen.

Nach dieser Vorschrift besteht das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht, soweit dadurch ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis offenbart wird oder den Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen kann, es sei denn, das Informationsinteresse überwiegt das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung.

aa) Die Beklagte ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht vom Schutz nach § 7 Satz 1 IFG Bln ausgenommen. Weder dem Wortlaut dieser Vorschrift noch anderen Regelungen des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes ist eine Beschränkung des Geheimnisschutzes auf private Unternehmen zu entnehmen. Ebenso wenig wird der Begriff des Betroffenen im Gesetz näher umschrieben. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 7 Satz 2 IFG Bln. Danach können sich die Betroffenen und die öffentliche Stelle nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen, wenn die Akteneinsicht der Offenbarung tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung dient. Der Umstand, dass in dieser Regelung die Betroffenen und die öffentliche Stelle nebeneinander aufgeführt sind, soll ersichtlich gewährleisten, dass bei einem Auseinanderfallen von Geheimnisträger und anspruchsverpflichteter Stelle keiner der beiden einen etwaigen Geheimnisschutz geltend machen kann. Das Gleiche gilt für § 14 Abs. 2 IFG Bln. Der weite Schutzbereich des § 7 IFG Bln ist die konsequente Folge des durch § 1 IFG Bln eingeräumten umfassenden Informationsrechts. Wenn eine am privaten Wirtschaftsverkehr teilnehmende Behörde auch hinsichtlich ihrer fiskalischen Tätigkeit zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, muss sie jedenfalls grundsätzlich das Recht haben, ihre wirtschaftlichen Interessen in gleichem Umfang schützen zu können wie Private.

Im Hinblick hierauf begegnet die im Fall der Beklagten bestehende Identität zwischen auskunftsverpflichteter öffentlicher Stelle und Geheimnisträger gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken; sie ist vielmehr das Ergebnis der zu § 7 Satz 1 IFG Bln aufgezeigten Rechtslage.

bb) Unter einem Geschäftsgeheimnis ist allgemein jede auf die kaufmännische Seite eines Unternehmens bezogene Tatsache zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich ist und an deren Geheimhaltung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006, BVerfGE 115, 205 ff.).

Bei den in den streitgegenständlichen Unterlagen enthaltenen Angaben, z.B. zu den Umsätzen, Ertragslagen und Kalkulationen der Beklagten, handelt es sich um Informationen, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Betriebs maßgeblich bestimmt werden und die nach dem erklärten Willen der Beklagten nach wie vor geheim gehalten werden sollen. Dem steht nicht entgegen, dass sie in mehreren zivilrechtlichen Prozessen über die Billigkeit der Tarife gegenüber den jeweiligen Tarifkunden ihre Kalkulation offen gelegt hat. Damit hat sie sich weder grundsätzlich ihres Geheimhaltungswillens begeben, noch sind die genannten Informationen dadurch offenkundig, d.h. jedermann bekannt oder ohne weiteres zugänglich geworden (vgl. dazu Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. 2006, UWG § 17 Rn. 6). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die von der Beklagten im Zivilprozess offen zu legenden Daten nicht zwangsläufig identisch sind mit den bei der Behörde eingereichten Genehmigungsunterlagen. Zwar muss die Beklagte im Rahmen der sie zivilprozessual treffenden Darlegungs- und Beweislast schlüssig und substanziiert die Höhe ihrer Entgelte darlegen, an die Darlegungslast sind aber keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. KG, Urteil vom 15. Februar 2005 - 7 U 140/04 -). Selbst die vom Kammergericht in der zitierten Entscheidung zur Substanziierung der Billigkeit einer Preisbestimmung für erforderlich gehaltene Offenlegung der Preiskalkulation beinhaltet nicht zwingend die Pflicht des Versorgungsträgers, seine betriebswirtschaftliche Kalkulation im Einzelnen vorzutragen oder Einblick in die Tarifkalkulation zu geben (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Oktober 1991, MDR 1992, 346; Urteil vom 10. Oktober 1991, BGHZ 115, 311). Unabhängig hiervon ist weder vom Kläger vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Unterlagen außerhalb der geführten Zivilprozesse allgemein oder etwaigen Konkurrenten bekannt geworden wären. Ebenso wenig führt die Veröffentlichung des Geschäftsberichts der Beklagten zu einer Offenkundigkeit der in den streitgegenständlichen Unterlagen enthaltenen Angaben. Auch insoweit fehlt es an einer Identität der jeweils enthaltenen Informationen.

Das darüber hinaus erforderliche objektiv schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse der Beklagten ist dagegen nicht mit letzter Sicherheit festzustellen.

Dabei muss es sich um ein Interesse von wettbewerbsrechtlicher Relevanz handeln. Ob und ggf. welche Bedeutung eine Information für mögliche Konkurrenten hat oder inwieweit ihre Offenbarung die Marktposition des betroffenen Unternehmens zukünftig schwächen kann, lässt sich insbesondere anhand der Frage beurteilen, ob die Kenntnis bestimmter Daten Rückschlüsse auf die Betriebsführung, die Wirtschafts- und Marktstrategie und/oder die Kostenkalkulation und Entgeltgestaltung des Unternehmens zulässt (vgl. Rossi, a.a.O., § 6 Rn. 75; Mecklenburg/Pöppelmann, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 6 Rn. 45, 46; Köhler, a.a.O., UWG § 17 Rn. 9).

Der Annahme eines Geschäftsgeheimnisses steht nicht entgegen, dass sich die streitgegenständlichen Unterlagen auf die Kalkulation für das Jahr 2004 beziehen. Selbst wenn sich die Ertrags- und Kostenstrukturen der Beklagten zwischen 2004 und 2007 geändert haben sollten, ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass die Kalkulationsunterlagen sowie die Ausführungen im Wirtschaftsprüfergutachten Entwicklungen und Trends aufzeigen, die Aufschluss über aktuelle bzw. künftige Kostenkalkulationen der Beklagten geben. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das grundsätzlich bestehende Einsichtsrecht des Klägers, da aus einem Vergleich der Kalkulationsunterlagen verschiedener Jahre Weichenstellungen und Planungen zu ersehen sein könnten. Dass dies ohne jegliches Interesse für etwaige Konkurrenten sein sollte, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden.

Die Beklagte erbringt sowohl in Berlin als auch in Brandenburg Leistungen im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Dabei hat sie in Berlin eine Monopolstellung inne, selbst wenn etwaige potenziellen Großkunden sich - wie sie vorträgt - aus eigenen Brunnen mit Wasser versorgen. Denn insoweit handelt es sich in begrenztem Umfang allenfalls um Selbstversorger, nicht jedoch um gewerblich tätige Anbieter von Trinkwasser, sodass jedenfalls faktisch keine Konkurrenz besteht. Entsprechendes behauptet die Beklagte selbst nicht.

Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Verfahrens zur Genehmigung der für die Berliner Wasserver- und Abwasserentsorgung zu erhebenden privatrechtlichen Entgelte (§§ 22 Abs. 1, 16 Abs. 1, 3 Abs. 5 BerlBG, § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vom 17. Mai 1999 - TeilprivG - <GVBl. S. 183>) hat die Beklagte der zuständigen Genehmigungsbehörde zumindest den Wirtschaftsplan für die Kalkulationsperiode, die diesbezügliche Überleitungsrechnung zur Kalkulation der Tarife, den testierten Jahresabschluss des vorhergehenden Geschäftsjahres und ein Wirtschaftsprüfergutachten vorzulegen (§§ 22 Abs. 2, 17 Abs. 1 BerlBG, § 4 Abs. 2, § 3 TeilprivG, §§ 6, 4, 5 der Verordnung über die Tarife der Berliner Wasserbetriebe <Wassertarifverordnung> - WTVO - vom 14. Juni 1999 <GVBl. S. 343> in der Fassung vom 16. Dezember 2003 <GVBl. S. 603>). Nach ihrem unwidersprochenen Vortrag bedeutet dies die Erstellung einer Gesamtkalkulation, die nicht nur die Kosten- und Ertragslage der Beklagten beinhaltet, die im Zusammenhang mit der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Berlin steht, sondern auch diejenigen Kosten und Erträge aus ihren Geschäftsbereichen außerhalb Berlins, in denen sie im Wettbewerb mit anderen Unternehmen steht. Den Inhalt dieser streitgegenständlichen Unterlagen beschreibt die Beklagte abstrakt wie folgt: Es handele sich um einen Vorgang, der aus drei Teilen, der Wasser- und Abwasserkalkulation sowie dem Wirtschaftsprüfergutachten bestehe. Darin sei ihre gesamte Kostensituation dargestellt (Betriebskosten, Material, kalkulatorische Zinsen ect.). In den Bereichen Wasser und Abwasser sei die Tarifkalkulation jeweils nach Kosten und Erträgen bzw. Leistungen aufgeschlüsselt. Innerhalb der jeweiligen Kosten- und Leistungsart enthalte die Tarifkalkulation je eine Tabelle, bestehend aus drei Spalten, nämlich den Posten für das Berliner Geschäft, den Posten für das Wettbewerbsgeschäft und die Addition der beiden zu einer Gesamtsumme. Diese Daten seien auch in dem eingereichten Wirtschaftsprüfergutachten wiedergegeben, das jedoch insoweit darüber hinausgehe, als es z.B. zusätzlich ihre Überleitungsrechnung anhand einer Gegenüberstellung der Vorjahres-Ist-Zahlen (2002) Hochrechnungen (2003), Planzahlen (2004) sowie Kalkulationsdaten (2004) prüfe und die Gründe für eventuelle Abweichungen erläutere. Ein großer Bereich des Gutachtens widme sich dem Umlandgeschäft unter detaillierter Nennung z.B. der Kapazitätsauslastungen der Anlagen, der Preisgestaltung im Umlandgeschäft sowie ihrer spezifischen Kosten, getrennt nach fixen und variablen Kosten.

Die in den beschriebenen Unterlagen enthaltenen, das Berliner Geschäft betreffenden Kalkulationsdaten sind für sich betrachtet nicht schutzbedürftig, da der Beklagten aufgrund ihrer Monopolstellung aus der Preisgabe dieser Informationen keine Wettbewerbsnachteile entstehen können. Die Daten des Umlandgeschäfts sind dagegen objektiv geheimhaltungsbedürftig (vgl. dazu unter 3.). Das Gleiche gilt für die Spalte der Gesamtsumme, die die Addition der Posten für das Berliner und das Wettbewerbsgeschäft beinhaltet, um die anderenfalls mögliche Rückrechenbarkeit auf die Zahlen des Umlandgeschäfts zu verhindern. Nicht auszuschließen ist aber, dass auch die Monopoldaten von wirtschaftlichem Interesse für mögliche Brandenburger Konkurrenten sein können und daher auch insoweit ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht. Zur Begründung führt die Beklagte an, ein Wettbewerber könne auch dann Erkenntnisse über ihre spezifischen Kosten im Umland, d.h. die Kosten je m³ Wasser/Abwasser, und damit Vorteile im Wettbewerb erlangen, wenn ihm lediglich die Kalkulation der Tarife für das Land Berlin bekannt sei.

Soweit die Beklagte dies mit der Identität der in beiden Geschäftsbereichen anfallenden Stückkosten begründet, bestehen allerdings Zweifel an der Plausibilität des Vortrags. Diese ergeben sich bereits aus ihren Angaben im Geschäftsbericht 2005 (S. 4), wonach Gemeinden und Zweckverbände im Umland zusammen mit den Berliner Wasserbetrieben ihre Kräfte durch gemeinsame Aktionen am Markt bündeln und so bessere Wettbewerbs- und Kostenpositionen erreichen. Auch ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass z.B. die Kostenarten Fremdleistungen und Personalkosten für beide Geschäftsbereiche identisch sind. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Aufwendungen für die Infrastruktur der Wasserver- und Abwasserentsorgung, insbesondere das Leitungssystem. Anders als in Berlin ist es für das Umlandgeschäft nicht zwingend, dass die für die Instandhaltung des Rohrleitungssystems aufzuwendenden Kosten bei der Beklagten anfallen. Während die technische Betriebsführung von Anlagen der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Berlin allein der Beklagten obliegen dürfte, nimmt sie diese im Land Brandenburg nur für einige Gemeinden wahr (vgl. Geschäftsbericht 2006, S. 4). Angesichts der durchaus unterschiedlichen Ausgestaltung der mit den Gemeinden und Zweckverbänden abgeschlossenen Verträge (Betreiber-, Betriebsführungs- oder Dienstleistungsverträge) ist nicht klar, ob und ggf. welchen Anteil die Kosten für die Infrastruktur an den Gesamtkosten der je nach Vertrag zu erbringenden Leistung und damit an der Preisgestaltung haben. Hinzu kommt, dass die Beklagte in Brandenburg im Rahmen der genannten Verträge von der reinen Wasserver- und Abwasserentsorgung zu unterscheidende weitergehendere Dienstleistungen erbringt (z.B. Übernahme sämtlicher öffentlicher Wasserversorgungsanlagen einer Gemeinde oder der technischen Betriebsführung eines Klärwerkes, kaufmännische Dienstleistungen, Beratung, Betreuung der Datenverarbeitung, Labordienstleistungen). Dies dürfte sich kosten- und ertragsmäßig nur im Wettbewerbsgeschäft niederschlagen, zudem abhängig von der Ausgestaltung der einzelnen Verträge sein und eine andere Angebots- bzw. Preiskalkulation erfordern.

Unabhängig hiervon lässt sich nicht feststellen, ob und ggf. inwieweit die Beklagte bei ihren gewerblichen Aktivitäten im Umland tatsächlich einer nachhaltigen Konkurrenz ausgesetzt ist. Dennoch erscheint es möglich, dass sie beispielsweise bei der Abwasserentsorgung für Brandenburger Gemeinden (vgl. Betreibervertrag mit der Stadt Hohen Neuendorf) in Ausschreibungsverfahren mit konkurrierenden Anbietern konfrontiert ist. Ebenso wäre ein wettbewerbliches Verhältnis z.B. im Rahmen der Wasser Nord GmbH & Co. KG denkbar, da die Beklagte hier zu 49 % an einem Konkurrenten beteiligt ist.

Zwar dürfte nach alledem anhand der Monopoldaten keine sichere Kenntnis von der das Umlandgeschäft der Beklagten betreffenden Kalkulation zu erlangen sein. Es ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein etwaiger potenter Wettbewerber in der Lage wäre, aus den Berliner Zahlen wertvolle Rückschlüsse auf die Angebotsstrategie und Planung der Beklagten zu ziehen oder zumindest wettbewerblich erhebliche Vermutungen anzustellen.

Letztlich bedarf die Frage, ob das erklärte Geheimhaltungsinteresse der Beklagten objektiv schutzwürdig ist, jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst bei Annahme eines Geschäftsgeheimnisses ist das Informationsinteresse des Klägers aus den nachfolgenden Erwägungen in jedem Fall höher zu bewerten. cc) Beim Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses räumt § 7 Satz 1 IFG Bln dem Geheimhaltungsbedürfnis grundsätzlich den Vorrang ein und macht das Einsichtsrecht von der Feststellung eines überwiegenden Informationsinteresses abhängig. Da das Informationsfreiheitsgesetz der Behörde insoweit kein Ermessen einräumt, unterliegt die nach § 7 Satz1 IFG Bln gebotene Abwägung in vollem Umfang gerichtlicher Überprüfung und ist damit ggf. vom Gericht vorzunehmen.

Ausgangspunkt der Abwägung muss der mit dem Gesetz verfolgte Zweck sein, durch ein umfassendes Informationsrecht u.a. eine Kontrolle staatlichen Handelns zu fördern (§ 1 IFG Bln). Um dies zu gewährleisten, soll jede Bürgerin/jeder Bürger Einsicht in Verwaltungsakten nehmen können, ohne den Verwendungszweck angeben oder/und ein berechtigtes Interesse nachweisen zu müssen (Amtl. Begründung, Drs. 13/1623, S. 5). Aus § 6 Abs. 1 1. Alt. IFG Bln lässt sich Gegenteiliges nicht herleiten, da es sich hierbei um eine ausschließlich für den Fall der Veröffentlichung personenbezogener Daten getroffene Regelung handelt, die mit Blick auf den Gesetzeszweck nicht verallgemeinerungsfähig ist. Daher kommt es bei der Gewichtung des Informationsinteresses grundsätzlich nicht auf die einem Einsichtsbegehren konkret zugrunde liegenden Motive des jeweiligen Antragstellers an. Ebenso wenig ist vorliegend von Bedeutung, ob die Billigkeit der Tarife behördlich genehmigt und bereits mehrfach gerichtlich bestätigt worden ist.

Bei Anwendung dieses Maßstabes ist das Einsichtsinteresse des Klägers von erheblichem Gewicht.

Das Schwergewicht der Geschäftstätigkeit der Beklagten liegt im Monopolbereich, wobei die kommunale Wasserversorgung zum Kernbereich der Daseinsvorsorge gehört. Aufgrund ihrer uneingeschränkten Monopolstellung ist die Beklagte in ihrem hoheitlichen Tätigkeitsbereich jeglicher Kontrolle durch Marktmechanismen entzogen. Einziges Kontrollinstrument ist das Tarifgenehmigungsverfahren durch das Land Berlin, das seinerseits 50,1 %iger Anteilseigner der Beklagten ist. Diese soll zudem nach § 6 TeilprivG einen angemessenen Gewinn erzielen und ist verpflichtet, ihren gesamten Bilanzgewinn an das Land Berlin abzuführen. Über die Festsetzung der Tarife entscheidet der Aufsichtsrat der Beklagten. Der Berliner Rechnungshof hatte in seinem Jahresbericht 2004 (Rn. 81) beanstandet, dass der Senator für Wirtschaft Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten und als Mitglied des Senats sowohl für die Staatsaufsicht über diese als auch für die Genehmigung von Entgelten im Rahmen des Anschluss- und Benutzungszwangs verantwortlich ist, und darin zwangsläufig eine erhebliche Gefahr von Kollisionen der Interessen der Anstalten und des Landes einerseits sowie der Gebührenzahler andererseits gesehen. Ob dem allein mit der nunmehr veränderten Zuständigkeitsregelung für das Tarifgenehmigungsverfahren wirksam begegnet worden ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Möglichkeit einer außerstaatlichen Kontrolle erscheint in jedem Fall geboten, da eine gewisse Interessenkollision auf Seiten des Landes Berlin bereits angesichts der beschriebenen Grundkonstellation nach wie vor nicht gänzlich ausgeschlossen sein dürfte.

Hinzu kommt, dass das Land Berlin im Zuge der Teilprivatisierung der Beklagten dem Erwerberkonsortium vertraglich eine ergebnisunabhängige Mindestrendite eingeräumt hat. Dabei wird der Gewinnanteil des Landes zugunsten der Ausschüttung an die Mitgesellschafter gekürzt, wenn das Betriebsergebnis der Beklagten nicht ausreichen sollte, um diesen Anspruch durch eine den Beteiligungsquoten entsprechende Gewinnausschüttung zu decken. Zwar kann die Genehmigungsbehörde nicht unter Hinweis auf § 6 TeilprivG einen zusätzlichen Gewinnaufschlag fordern. Dies schließt jedoch eine Erhöhung der Tarifentgelte zur Gewinnsteigerung nicht von vornherein aus. Denn bei der Bemessung der Tarife gilt nach den Regelungen des Teilprivatisierungsgesetzes lediglich das Kostendeckungsgebot, sodass auch ein höherer Tarif rechtlich, insbesondere verfassungsrechtlich, zulässig sein kann, sofern die einen gewissen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum einräumenden Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit eingehalten sind (vgl. BerlVerfGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, NVwZ 2000, 794 ff.).

Gemessen an dem erheblichen Gewicht des vom Kläger geltend gemachten Informationsanspruchs kommt dem Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung der das Berliner Monopolgeschäft betreffenden Kalkulationsdaten geringere Bedeutung zu, da das zu schützende Wettbewerbsgeschäft zwar nicht bloßer Annex des Monopolbereichs ist, letztlich aber lediglich einen Bruchteil ihrer geschäftlichen Tätigkeit ausmacht. Ausweislich ihres Geschäftsberichts (S. 4) hat die Beklagte im Jahr 2005 Brandenburger Gemeinden mit insgesamt rund 3,3 Mio. m³ (2006: 3,6 Mio. m³) Trinkwasser beliefert, während sie in Berlin 206,1 Mio. m³ (2006: 209,3 Mio. m³) Reinwasser gefördert hat. Ähnlich sieht es bei der Abwasserentsorgung aus. Selbst wenn - wie die Beklagte vorträgt - das Umlandgeschäft 10 bis 15 % des Gesamtumsatzes ausmacht, ist eine mit der Preisgabe der Monopoldaten ggf. verbundene Schwächung ihrer Marktposition im Umland als vergleichsweise gering einzustufen. Der Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten liegt in jedem Fall eindeutig im Berliner Monopolbereich, sodass die Auswirkungen einer möglicherweise eingeschränkten Konkurrenzfähigkeit im freien Wettbewerb auf den gesamten Geschäftsbetrieb von eher untergeordneter Bedeutung sein dürften.

Nach alledem fällt die nach § 7 Satz 1 IFG Bln gebotene Abwägung zugunsten des Klägers aus. Es besteht ein überragend wichtiges Informationsinteresse bezüglich der den Monopolbereich der Beklagten betreffenden Daten.

3. Soweit der Kläger darüber hinaus Einsicht in den Teil der Kalkulationsunterlagen begehrt, der das Umlandgeschäft der Beklagten betreffende Daten enthält, ist die Berufung unbegründet.

Zwar besteht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln aus den oben dargestellten Gründen (vgl. Punkt 2. a)) an sich ein Anspruch auf Akteneinsicht, er ist jedoch durch § 7 Satz 1 IFG Bln ausgeschlossen.

Die Beklagte darf nach § 3 Abs. 6 Nr. 2 BerlBG außerhalb Berlins tätig werden. Gegenteiliges ist weder dem Vergaberecht noch dem vom Kläger angeführten § 7 Nr. 6 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) vom 17. September 2002 (Bundesanzeiger Nummer 216a), Teil A Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) zu entnehmen (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2004, juris; Vergabekammer des Landes Brandenburg, Beschluss vom 8. Dezember 2003 - VK 75/03 -).

Bei den Daten des Wettbewerbsgeschäfts handelt es sich um ein Geschäftsgeheimnis der Beklagten, das erklärtermaßen nach wie vor geheim gehalten werden soll, nicht offenkundig sowie bezüglich der daraus zu ersehenden Entwicklungen und Planungen hinreichend aktuell ist. Das geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse ist auch objektiv schutzwürdig, da es zumindest möglich erscheint, dass die Beklagte bei ihren gewerblichen Aktivitäten im Umland einem gewissen Konkurrenzdruck ausgesetzt ist. Im Übrigen wird zur weiteren Begründung auf die unter Punkt 2. b) gemachten Ausführungen Bezug genommen. Das Gleiche gilt für die Spalte der in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen Tabellen, in der die Posten der Kosten und Leistungen für den Berliner Monopolbereich und das Wettbewerbsgeschäft zu einer Gesamtsumme addiert werden, da etwaige Konkurrenten anderenfalls die Zahlen des Umlandgeschäfts errechnen könnten.

Die im Falle eines Geschäftsgeheimnisses nach § 7 Satz 1 IFG Bln gebotene Abwägung fällt hier zulasten des Klägers aus. Zwar gewährt das Berliner Informationsfreiheitsgesetz - wie oben dargelegt worden ist - auch dann einen Auskunftsanspruch, wenn die in Anspruch genommene Behörde privatrechtlich handelt, das erforderliche überwiegende Informationsinteresse kann jedoch nicht festgestellt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass das Interesse des Klägers, Kenntnis von den das Umlandgeschäft der Beklagten betreffenden Daten zu erlangen, höher zu bewerten wäre als das schutzwürdige Geheimhaltungsbedürfnis der Beklagten. Anhaltspunkte dafür trägt der Kläger selbst nicht vor.

Ein uneingeschränktes Einsichtsrecht des Klägers ergibt sich schließlich nicht aus der Art der streitgegenständlichen Unterlagen oder der Darstellung der darin enthaltenen Informationen, da die tabellarische Aufbereitung der Daten eine teilweise Schwärzung (Zahlen des Berliner Geschäfts und Gesamtsummen), wie § 12 Satz 2 IFG Bln es vorsieht, ermöglicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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