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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 12.04.2006
Aktenzeichen: OVG 12 S 1.06
Rechtsgebiete: VwGO, Abfallentsorgungssatzung, KrW-/AbfG, GewAbfV


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
Abfallentsorgungssatzung § 5 Abs. 1
Abfallentsorgungssatzung § 5 Abs. 1 Satz 1
Abfallentsorgungssatzung § 5 Abs. 2
Abfallentsorgungssatzung § 6
KrW-/AbfG § 3 Abs. 6
KrW-/AbfG § 13
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 1
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 2
KrW-/AbfG § 15
GewAbfV § 1
GewAbfV § 1 Abs. 1 Nr. 1
GewAbfV § 2 Nr. 1
GewAbfV § 7 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 12 S 1.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat durch ... am 12. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 29. April 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist das Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung der angegriffenen Bescheide zu Recht davon ausgegangen, dass für das Grundstück des Antragstellers in B., auf dem er einen Campingplatz betreibt, Anschluss- und Benutzungszwang gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 der Satzung über die Entsorgung von Abfällen durch den S_____ (Abfallentsorgungssatzung) vom 12. November 1997 (Amtsblatt für den Landkreis T_____ vom 27. November 1997) besteht.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Abfallentsorgungssatzung ist jeder Eigentümer eines im Gebiet des Verbandes liegenden Grundstücks, auf dem Abfälle aus privaten Haushaltungen oder Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen anfallen können, für die eine Überlassungspflicht nach § 13 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) besteht und die der Entsorgungspflicht des Verbandes nach § 15 KrW-/AbfG unterliegen, verpflichtet, dieses an die Abfallentsorgung des Verbandes anzuschließen. Gemäß § 5 Abs. 2 der Entsorgungssatzung sind die Anschlusspflichtigen und alle anderen Erzeuger und Besitzer von Abfällen verpflichtet, die Abfallentsorgung des Verbandes zu benutzen, soweit eine Überlassungspflicht nach § 13 KrW-/AbfG besteht, die Abfälle der Entsorgungspflicht des Verbandes nach § 15 KrW-/AbfG unterliegen und die Entsorgung nicht nach § 6 der Satzung ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

1. Im Hinblick auf den Anschluss- und Benutzungszwang ist - wovon auch die angegriffenen Verfügungen und das Verwaltungsgericht zutreffend ausgehen - zu unterscheiden zwischen Abfällen, die bei den Nutzern des Campingplatzes anfallen (a.), und Abfällen, die bei der auf dem Grundstück befindlichen Campingplatzverwaltung und dem Betrieb der Imbisseinrichtungen anfallen (b.).

a) Bei den Abfällen der Campingplatznutzer handelt es sich nicht - wie die Beschwerde meint - um gewerbliche Abfälle, sondern um Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne von § 5 Abs. 1 der Entsorgungssatzung, § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Darunter sind Abfälle zu verstehen, die in privaten Haushalten regelmäßig im Rahmen der üblichen privaten Lebensführung anfallen und entfernt werden müssen, wobei es nicht auf die Beschaffenheit, sondern auf die Herkunft des Abfalls ankommt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. April 2005 - 12 A 11963/04 -, zit. nach juris; Weidemann, in: Jarass/Ruchay/Weidemann, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Kommentar, § 13 Rn. 60; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 13 Rn. 14). Eine private Haushalts- und Lebensführung ist typischerweise mit dem Wohnen verbunden und setzt ein selbständiges Wirtschaften voraus (OVG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Sie muss jedoch nicht in einer Wohnung stattfinden, sondern es kann sich auch um einen Ort handeln, an dem der Abfallerzeuger nur vorübergehend einen privaten Haushalt führt, wie dies z.B. in Ferienwohnungen, Ferien- oder Wochenendhäusern oder auch auf Campingplätzen der Fall ist (Queitsch, UPR 2003, 131, 132; VG Freiburg, Urteil vom 23. Juli 1998 - 3 K 1217/97 -, Städte- und Gemeinderat 1999, 37, 38). Die Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung - GewAbfV) vom 19. Juni 2002 (BGBl I S. 1938) ist auf die Abfälle der Campingplatznutzer nicht anwendbar, weil sie nicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen gilt, §§ 1, 2 Nr. 1 GewAbfV. Daher ist es - anders als die Beschwerde meint - abfallrechtlich ohne Belang, ob der Antragsteller gegenüber den Nutzern des Campingplatzes als Gewerbetreibender auftritt. Allein die gewerbliche Vermietung führt - was gleichermaßen für den Fall der gewerblichen Wohnungsvermietung gilt - nicht dazu, dass der bei den Nutzern anfallende Abfall zum gewerblichen Abfall wird (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

Als Besitzer der Abfälle ist der Antragsteller nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG zu deren Überlassung an den Antragsgegner verpflichtet. Sein Besitz im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG, d.h. die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle, ergibt sich daraus, dass die Nutzer des Campingplatzes ihre Abfälle auf dem Grundstück des Antragstellers in von diesem hierfür bereitgestellten Behältern sammeln.

Der Antragsteller hat mit der Beschwerde auch nicht glaubhaft gemacht, dass eine Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Krw-/AbfG deshalb nicht besteht, weil er zu einer Verwertung in der Lage ist oder eine Verwertung beabsichtigt. Den hierauf bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts tritt er nicht substantiiert entgegen, sondern verweist erneut auf ein bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegtes Schreiben der A. W. GmbH vom 7. August 2003 zur "Kostenentwicklung bei erweiterter Abfalltrennung". Danach sind im 1. Halbjahr 2003 von dem streitigen Grundstück ausschließlich Abfälle zur Verwertung entsorgt worden. Dies ist zur Glaubhaftmachung einer Verwertung nicht geeignet und im Übrigen auch nicht nachvollziehbar, weil die zugleich ausgesprochene Empfehlung einer erweiterten Abfalltrennung den Anteil von hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen zur Beseitigung (gemeint sind die Abfälle der Campingplatznutzer) für das Jahr 2003 auf 20% des voraussichtlichen Gesamtabfallaufkommens beziffert. Auch die Empfehlung reicht zur Glaubhaftmachung einer Verwertung nicht aus, denn es fehlt an einer nachvollziehbaren und substantiierten Darlegung, auf welche Weise tatsächlich eine Verwertung der unsortiert gesammelten und durch den Antragsteller allenfalls grob vorsortierten Abfälle erfolgt. Unabhängig davon werden die Abfälle nicht mehr durch die A. W. GmbH, sondern durch die Abfallwirtschaft A. entsorgt. Allein deren Zertifizierung ist kein Beleg dafür, dass nur 20% des auf dem Campingplatz durch die Nutzer anfallenden Abfalls nicht verwertbar sind und daher beseitigt werden müssen.

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kann offen bleiben, ob die Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nur dann nicht besteht, wenn die Verwertung durch den Erzeuger oder den Besitzer selbst erfolgt (so NdsOVG NVwZ-RR 2004, 175; Queitsch UPR 1995, 416), oder ob die Abfälle privater Haushaltungen - wie hier behauptet - auch durch Dritte verwertet werden dürfen (so Weidemann, in: Jarass/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG, Kommentar, § 13 Rn. 67 ff.; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Aufl., § 13 Rn. 15; zum Streitstand vgl. auch SächsOVG LKV 2005, 362).

b) Die Abfälle, die bei der Campingplatzverwaltung und den Imbissbetrieben anfallen, stellen gewerbliche Siedlungsabfälle im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 GewAbfV und somit Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen dar. Sie sind nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nicht überlassungspflichtig, soweit sie verwertet oder in eigenen Anlagen des Erzeugers oder Besitzers beseitigt werden. Dem wird die angegriffene Verfügung - wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen angeführt hat - gerecht. Der Antragsgegner hat klargestellt, dass die in der Verwaltung und bei den Imbisseinrichtungen anfallenden Abfälle grundsätzlich von dem Anschluss- und Benutzungszwang ausgenommen sind, soweit es sich nicht um Abfälle zur Beseitigung, sondern zur Verwertung handelt. Auch insoweit hat der Antragsteller eine Verwertung nicht glaubhaft gemacht (zu den Anforderungen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005 - 10 C 4.04 -, UA S. 19 f.). Der Antragsgegner geht im Übrigen, was die Beschwerde nicht substantiiert in Frage stellt, aufgrund seiner Ermittlungen davon aus, dass sämtliche auf dem Campingplatz anfallenden Abfälle in gemeinsamen Behältern gesammelt werden und eine Trennung und Verwertung schon aufgrund der starken Durchmischung mit organischen Abfällen nicht möglich ist.

Nach alledem unterliegen auch sämtliche im Verwaltungs- und Imbissbetrieb anfallenden Abfälle dem Anschluss- und Benutzungszwang. Unabhängig davon wäre der Antragsteller nach § 7 Satz 4 GewAbfV insoweit ohnehin verpflichtet, einen Restmüllbehälter des Antragsgegners vorzuhalten und zu nutzen, solange er nicht nachweist, dass keine gewerblichen Abfälle zur Beseitigung anfallen (vgl. BVerwG NVwZ 2005, 693).

Soweit die Beschwerde willkürliches Verhalten des Antragsgegners in der Vergangenheit rügt, weil er in das aus der Sicht des Antragstellers gut funktionierende Abfallentsorgungssystem von einem Tag auf den anderen eingegriffen habe, ist nicht ersichtlich, welche rechtliche Bedeutung diesem Vorhalt in Bezug auf die angegriffenen Bescheide zukommt. Soweit sich der Antragsteller ferner gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juni 2005 wendet, ist dieser nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Ob die Abfallentsorgung durch den Antragsgegner der Dritten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Siedlungsabfall) entspricht, berührt nicht die Rechtmäßigkeit des Anschluss- und Benutzungszwanges.

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht zu beanstanden. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 14. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2004 ergibt sich daraus, dass eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung wegen des - vor allem in den Sommermonaten - hohen Abfallaufkommens auf dem Grundstück des Antragstellers und wegen eines möglichen Nachahmungseffektes sichergestellt werden muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 GKG in der nach § 72 Nr. 1 GKG ab dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung. Der Senat geht bei einem Streit um den Anschluss- und Benutzungszwang, der - wie hier - nicht leitungsgebundene Einrichtungen betrifft, pauschalierend von dem Auffangwert aus, der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren halbiert wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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