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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 22.08.2007
Aktenzeichen: OVG 12 S 115.07
Rechtsgebiete: VwGO, LKrO


Vorschriften:

VwGO § 17 a Abs. 5
VwGO § 40 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 123 Abs. 1
LKrO § 29 Abs. 2 Nr. 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 12 S 115.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp und die Richterinnen am Oberverwaltungsgericht Merz und Plückelmann am 22. August 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. August 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 600 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, dass für den erstinstanzlich gestellten Antrag, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, jedwede Maßnahme zu unterlassen, die zur wirksamen Veräußerung von 74,9 % der Geschäftsanteile an der K_____ führen, der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet sei. An diese Entscheidung ist der Senat nach § 17 a Abs. 5 VwGO gebunden (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2007 - OVG 12 S 40.07 - BA S. 3 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegt auch keine unzulässige Antragsänderung im Beschwerdeverfahren vor. Wie sich sowohl aus der Antragsschrift der Antragstellerin vom 12. Juli 2007 als auch dem vom Verwaltungsgericht sinngemäß wiedergegebenen Antrag ergibt, war das Rechtsschutzziel der Antragstellerin nicht allein darauf gerichtet, die Annahme des notariellen Angebots eines anderen Bieters, insbesondere der Beigeladenen, zu verhindern. Vielmehr zielte das auf § 123 Abs. 1 VwGO gestützte Eilrechtsschutzbegehren, wie in der Antragsbegründung ausgeführt, von vornherein darauf ab, zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin eine wirksame Übertragung der Geschäftsanteile an der bisher ausschließlich vom Landkreis Potsdam-Mittelmark getragenen Kreiskrankenhaus Belzig GmbH an einen anderen am Bieterverfahren noch beteiligten Konkurrenten zu verhindern. An diesem Rechtsschutzziel hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren festgehalten. Mit der Fassung ihres Antrags im Beschwerdeschriftsatz vom 9. August 2007 hat sie lediglich der zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Sachlage Rechnung getragen, nachdem der Antragsgegner nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens in Ausführung des Beschlusses des Kreistages vom 12. Juli 2007 das notarielle Angebot der Beigeladenen angenommen hat.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Dabei kann dahinstehen, ob sich die Antragstellerin, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, auf die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei der Vergabe einer so genannten öffentlichen Dienstleistungskonzession geltenden gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze berufen kann. Insbesondere bedarf es bei der im vorliegenden Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung keiner abschließenden Entscheidung, ob die vom Antragsgegner beabsichtigte Veräußerung von Geschäftsanteilen an der bislang vollständig in kommunaler Trägerschaft befindlichen Kreiskrankenhaus Belzig GmbH als eine den kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften unterliegende Veräußerung von Vermögen oder als Vergabe einer öffentlichen Dienstleistungskonzession zu qualifizieren ist. Ebenso kann offen bleiben, ob unter Berücksichtigung des vom Kreistag im Dezember 2006 beschlossenen beschränkten Ausschreibungsverfahrens der für die Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht erforderliche grenzüberschreitende Bezug gegeben ist. Denn auch bei Zurückstellung der insoweit bestehenden Bedenken des Senats, deren Klärung gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten werden muss, ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin eine Verletzung ihres - mit der Beschwerde nicht angegriffenen und daher zu ihren Gunsten heranzuziehenden - Rechts aus Art. 43 und 49 des EG-Vertrages auf Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Bieterverfahrens nicht glaubhaft gemacht hat.

Zu den Gründen, aus denen das Verwaltungsgericht eine Verletzung des der Sicherstellung eines angemessenen Grades von Öffentlichkeit dienenden Transparenzgebots verneint hat, verhält sich die Beschwerde nur insoweit, als die Antragstellerin beanstandet, dass dem Kreistag die in der letzten Stufe des Bieterverfahrens abgegebenen notariellen Angebote der drei noch verbliebenen Bieter zur Beschlussfassung vorgelegt worden sind. Dies vermag eine Verletzung des auch der Antragstellerin bekannt gegebenen Ablaufs des Veräußerungsverfahrens nicht zu begründen. Dass mit einem solchen Vorgehen allein bei Vorliegen mehrerer gleichwertiger Angebote zu rechnen gewesen sei, trifft nicht zu. Die in der Presse veröffentlichte Bekanntmachung über die Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung der Geschäftsanteile gibt dafür ebenso wenig her wie die im Verlauf des Bieterverfahrens gewechselten Verfahrensbriefe. Vielmehr enthält der bereits erstinstanzlich eingereichte Verfahrensbrief Nr. 1 unter der Überschrift "Verkaufsverfahren und Zeitplanung" den ausdrücklichen Hinweis, dass die in der dritten Verfahrensphase abzugebenden notariellen Angebote der Interessenten dem Kreistag Anfang Juli 2007 zur Entscheidung über den Zuschlag vorgelegt werden. Soweit das Verwaltungsgericht darüber hinaus davon ausgegangen ist, dass der der öffentlichen Bekanntmachung zu Grunde liegende Beschluss des Kreistages vom 7. Dezember 2006 keine drittschützende Außenwirkung entfaltet habe, auf die sich die Antragstellerin berufen könne, ist dies von der Beschwerde nicht angegriffen worden.

Für eine Verletzung des Anspruchs auf Durchführung eines diskriminierungsfreien Bieterverfahrens ist nach dem Beschwerdevorbringen gleichfalls kein Raum. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem gerichtlich nicht überprüfbaren Entscheidungsspielraum des Kreistages bei der Auswahl zwischen mehreren, den Zielsetzungen des Veräußerungsverfahrens entsprechenden Kaufinteressenten ausgegangen sei. Dass dem Kreistag bei einer Entscheidung der vorliegenden Art, die die (teilweise) Veräußerung von Geschäftsanteilen einer kommunalen Eigengesellschaft an einen (privaten) Drittunternehmer betrifft, grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zusteht, wird letztlich auch von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Dieser Spielraum ergibt sich bereits aus dem kommunalverfassungsrechtlichen Kompetenzgefüge. Danach obliegt es allein dem Kreistag, als dem unmittelbar von der Bürgerschaft des Landkreises gewählten Organ, die grundlegenden Entscheidungen zu treffen. Zu diesen grundlegenden Angelegenheiten des Landkreises, die ausschließlich dem Kreistag vorbehalten sind und nicht auf andere Organe des Landkreises übertragen werden dürfen, gehören u.a. der Abschluss der in § 29 Abs. 2 Nr. 18 LKrO genannten Vermögensgeschäfte sowie die in Nr. 24 aufgeführten Beteiligungen bzw. Änderungen von Geschäftsanteilen. Soweit die Vorbereitung entsprechender Beschlüsse in die Zuständigkeit des Landrates fällt (§ 52 Abs. 1 a) LKrO), darf der Entscheidungsspielraum des Kreistages mithin nicht präjudiziert werden. Die vom Verwaltungsgericht zu Recht angeführte politische und planerische Entscheidung der Kreistagsabgeordneten ist vielmehr Ausdruck der dem Kreistag im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts sowohl bei der Entscheidung über eine Veräußerung von Geschäftsanteilen als auch der Auswahl des Erwerbers zustehenden Einschätzungsprärogative.

Substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass die rechtlichen Grenzen dieses Entscheidungsspielraums vorliegend überschritten wären, sind auch im Beschwerdeverfahren nicht dargetan. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt sich dies nicht aus der von ihr reklamierten Qualifizierung der Zielsetzungen des Anteilsveräußerungsverfahrens als objektiv bindende, gerichtlich vollständig überprüfbare Zuschlags- bzw. Bewertungskriterien ableiten. Eine derartige Einordnung, die wie bei einer gebundenen Entscheidung vom Gericht vollständig ausgefüllt werden könnte, ist ersichtlich nicht mit dem vorstehend dargelegten Entscheidungsspielraum des Kreistages vereinbar. Sie ist auch mit Blick auf die sich aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht ergebenden Anforderungen der Gleichheit und Nichtdiskriminierung nicht geboten. Diese Grundsätze sollen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - ebenso wie der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG - sicherstellen, dass jeder Bieter bei der Erstellung seines Angebots über die gleichen Chancen verfügt und das Veräußerungsverfahren unparteiisch durchgeführt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 - Rs. C-458/03 [Parking Brixen] - zitiert nach juris). Dies schließt einen an den öffentlich bekannt gemachten Zielsetzungen des Anteilsveräußerungsverfahrens orientierten Wertungsspielraum des Kreistages bei der Auswahl zwischen mehreren Bietern nicht aus. Dass vorliegend alle drei in der letzten Verfahrensphase noch verbliebenen Kaufinteressenten die vom Kreistag vorgegebenen Zielsetzungen erfüllt haben, wird auch von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Für die Annahme, die allein den Kreistagsabgeordneten obliegende Auswahlentscheidung unter diesen - grundsätzlich als geeignet anzusehenden - Bietern beruhe auf einer willkürlichen, die Rechte der Antragstellerin verletzenden Abweichung von den öffentlich bekannt gegebenen Zielsetzungen des Veräußerungsverfahrens, ist unter diesen Umständen kein Raum. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der - in geheimer Abstimmung gefasste - Beschluss vom 12. Juli 2007, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, sich im Rahmen des dem Kreistag zustehenden Entscheidungsspielraums hält. Dies gilt umso mehr, als die den Abgeordneten zur Entscheidung vorgelegten notariellen Angebote ausweislich der zum Verfahren eingereichten Unterlagen durchaus Unterschiede innerhalb der einzelnen Bewertungskriterien - etwa hinsichtlich der künftigen medizinischen Konzeption - aufweisen. Die insoweit erforderliche Gesamtbewertung, welchem von mehreren den Bewertungskriterien des Auswahlverfahrens entsprechenden Bietern der Vorzug zu geben ist, oblag weder dem Votum der Kreisverwaltung noch der im Ausschreibungsverfahren tätigen Berater, sondern allein dem Kreistag.

Dass der Kreistagsbeschluss zu Gunsten der Beigeladenen auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage beruht habe, ist schließlich gleichfalls nicht dargetan. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin insoweit auf eine falsche Präsentation der Angebotsauswertung durch die mit der Durchführung des Verkaufsverfahrens beauftragten Berater. Ausweislich der bereits erstinstanzlich eingereichten Auszüge aus dem Protokoll der Kreistagssitzung am 12. Juli 2007 ist hinsichtlich der Bewertung des Angebots der Antragstellerin bei dem Ziel 2 - Sicherung der Arbeitsplätze im Krankenhaus - in der Sitzung ausdrücklich klargestellt worden, dass der bisher in der schriftlichen Präsentation angeführte Punktewert deutlich besser anzusetzen sei. Die Kreistagsabgeordneten waren damit vor der Stimmabgabe darüber informiert, dass die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen aufgrund einer nach der Beschlussvorlage eingegangenen und in der Präsentation noch nicht berücksichtigten Klarstellung der Antragstellerin bei dem Personalkonzept "extrem eng" zusammen lagen. Für eine in wesentlichen Punkten falsche Präsentation bestehen danach - unabhängig von dem zutreffenden Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Möglichkeit der Einsichtnahme der Abgeordneten in sämtliche Unterlagen des Verkaufsverfahrens - keine Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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