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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: OVG 12 S 133.07
Rechtsgebiete: VwGO, LuftSiG, LuftVG, LuftVZÜV


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
LuftSiG § 7
LuftSiG § 7 Abs. 1 Nr. 4
LuftSiG § 7 Abs. 2 Satz 1
LuftVG § 29 d
LuftVG § 32 Abs. 2 b
LuftVZÜV § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 12 S 133.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Merz und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese am 10. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Axel Kraus, Doberlug, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 21. August 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens, das nach § 146 Abs. 4 VwGO den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt, spricht alles für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides vom 29. November 2005, mit dem der Antragsgegner die Zuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Luftsicherheitsgesetzes verneint hat.

Das Verwaltungsgericht hat - ebenso wie der Antragsgegner - den die luftsicherheitsrechtliche Unzuverlässigkeit begründenden Eignungsmangel nicht allein in den von dem Antragsteller begangenen Straftaten, sondern vor allem darin gesehen, dass der Antragsteller sich bis heute nicht mit diesen Straftaten ausein-andergesetzt, sondern vielmehr die erhebliche und brutale Gewalttätigkeit gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau und deren Kindern bestritten und sich selbst als Opfer dargestellt habe. Die insoweit vorgebrachten Behauptungen des Antragstellers stehen in auffälligem Widerspruch zu den Feststellungen des Amtsgerichts Lübben, wonach er sich an den im Wesentlichen wehrlosen oder körperlich deutlich unterlegenen Familienangehörigen vergriffen, sie über einen längeren Zeitraum hinweg regelrecht terrorisiert und erheblich verletzt habe. Wie sich der insoweit ausführlichen Würdigung des Amtsgerichts entnehmen lässt, hatte es an der Glaubwürdigkeit der Zeugen keinerlei Zweifel.

Aufgrund der weiterhin fehlenden Einsichtsfähigkeit des Antragstellers in das von ihm begangene Unrecht, in dem sich ein erheblicher Kontrollverlust und ein gravierender Mangel an Verantwortungsbewusstsein manifestiert, durfte der Antragsgegner trotz der bereits viele Jahre zurückliegenden Straftat und der langjährigen beanstandungsfreien fliegerischen Betätigung des Antragstellers davon ausgehen, dass es an seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 LuftSiG fehlt. Dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt (Beschlussabdruck, S. 15 f.). Hierzu verhält sich die Beschwerde entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht hinreichend. Der Antragsteller macht insoweit lediglich geltend, dass er selbst mehrmals mit blauen Augen zur Arbeit gegangen sei, die ihm seine damalige Ehefrau zugefügt habe. Damit zeigt er im Übrigen erneut, dass es an einer Auseinandersetzung mit den von ihm begangenen Straftaten fehlt.

Der Hinweis auf die bei Erlass der angegriffenen Entscheidung ohnehin schon außer Kraft getretenen §§ 29 d, 32 Abs. 2 b LuftVG verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, weil der Antragsgegner seinen Bescheid vom 29. November 2005 nicht auf diese Vorschriften, sondern auf § 7 LuftSiG gestützt hat. Er hat insoweit lediglich auf die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 29 d LuftVG anerkannten Kriterien abgestellt. Können - wie bei Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs - hochrangige Rechtsgüter gefährdet werden, kann der Normgeber auch bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ausreichen lassen (BVerwG, NVwZ 2005, 453, 455). Dies gilt umso mehr, wenn es - wie hier - lediglich um die Ausübung einer nicht beruflichen Tätigkeit geht.

Ebenso wenig beruht der Bescheid des Antragsgegners maßgeblich auf § 5 Abs. 2 der Luftverkehr-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftVZÜV). Dass das Bundesverwaltungsgericht den hier nicht einschlägigen § 5 Abs. 2 LuftVZÜV mangels ausreichender Verordnungsermächtigung für rechtswidrig gehalten hat (vgl. BVerwGE 122, 182 ff.), ist nicht entscheidungserheblich, weil es sich bei § 7 LuftSiG um ein formelles Gesetz handelt. Soweit der Antragsgegner unter Rückgriff auf die Wertung des Verordnungsgebers in § 5 Abs. 2 LuftVZÜV eine straffreie Zeit von zehn Jahren fordert, ist dies unter Berücksichtigung der Umstände des hier vorliegenden Einzelfalles nicht zu beanstanden. Eine (unmittelbare) Anwendung des § 5 Abs. 2 LuftVZÜV und der dort normierten - rechtswidrigen - Regelvermutung ergibt sich daraus gerade nicht.

Die ebenfalls von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. März 2007 - 3 K 3209/06 - betrifft einen anderen Sachverhalt. Dort ging es um die Frage, ob die Luftfahrtbehörde aus der fehlenden Antragstellung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG auf die fehlende Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers schließen durfte. So liegt es hier nicht, weil sich der Antragsteller einem Überprüfungsverfahren unterzogen und sich mit der Datenerhebung, die für die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit von Bedeutung ist, einverstanden erklärt hat. Dass der Antragsgegner die ihm auf diese Weise bekannt gewordene strafrechtliche Verurteilung nicht hätte verwerten dürfen, ist nicht ersichtlich.

Nach alledem führen die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreiben des Luftsport-Landesverbandes Brandenburg e.V. vom 7. September 2007 und der Flugsportvereinigung Otto Lillienthal e.V. Finsterwalde vom 1. September 2007 zu keinem anderen Ergebnis. Auch mit ihnen begegnet die Beschwerde nicht substantiiert dem tragenden Argument des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts, wonach der Antragsteller bis heute das von ihm begangene Unrecht nicht eingesehen habe und deshalb ein Sicherheitsrisiko darstelle. Somit kann offen bleiben, ob die Schreiben ferner deshalb nicht überzeugend sind, weil sie die gebotene sachliche Distanz vermissen lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Hierbei hat sich der Senat an Ziffer 26.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 orientiert und den dort genannten Betrag (7.500 Euro) im Hinblick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Axel Krause ist wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen, § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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