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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.10.2007
Aktenzeichen: OVG 12 S 53.07
Rechtsgebiete: VwGO, LuftSiG, LuftVG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
LuftSiG § 7
LuftSiG § 7 Abs. 1 Nr. 4
LuftVG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
LuftVG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
LuftVG § 4 Abs. 1
LuftVG § 29 d a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 12 S 53.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat am 9. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, sodass offen bleiben kann, ob der Antragsteller derzeit im Besitz eines gültigen Tauglichkeitszeugnisses ist und wie sich das eventuelle Fehlen eines derartigen Zeugnisses auf das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auswirkt.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO ist das Oberverwaltungsgericht auf die Prüfung desjenigen Beschwerdevorbringens beschränkt, das binnen eines Monats nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung, d.h. hier bis zum 23. April 2007 (Montag) eingegangen ist. Nach Ablauf der Monatsfrist vorgetragene Beschwerdegründe, mit denen der Antragsteller neue rechtliche oder tatsächliche Umstände geltend macht, können grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden (OVG Münster, NVwZ 2002, 1390; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2003, 318; OVG Bautzen, SächsVBl 2004, 242; VGH Mannheim, NVwZ-RR 2006, 75; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 146 Rn. 43; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Auflage, § 146 Rn. 84). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht gerechtfertigt.

Soweit die Beschwerde auf Seite 14 der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 28. September 2006 - M 24 K 06.2603 - Bezug nimmt und rügt, dass der angegriffene Beschluss diese Entscheidung nicht berücksichtigt habe, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Die Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin getroffenen Entscheidung hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob das Luftsicherheitsgesetz in § 7 eine Verpflichtung des Luftfahrers zur Antragstellung statuiert. Entscheidend ist vielmehr, dass der Gesetzgeber in § 7 LuftSiG, § 4 Abs. 1 LuftVG die Erteilung oder Verlängerung einer Erlaubnis davon abhängig gemacht hat, ob der Betroffene im Sinne von § 7 LuftSiG zuverlässig ist. Kann die Luftfahrtbehörde die Zuverlässigkeit nur auf Antrag des Betroffenen überprüfen, so muss sie bei mangelnder Antragstellung die Erlaubnis versagen.

Ebenso wenig greift die Rüge einer fehlerhaften Abwägung. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere nicht das Gewicht möglicher Rechtsverletzungen verkannt. Die Frage nach der formellen Verfassungswidrigkeit des Luftsicherheitsgesetzes wegen fehlender Zustimmung durch den Bundesrat ist offen. Die bislang hierzu ergangene Rechtsprechung bietet ein uneinheitliches Bild (vgl. z.B. einerseits VG Darmstadt, Beschlüsse 27. Juni 2007 - 5 E 1854706 -, 5 E 1495/06 -, und andererseits VG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2007 - 15 K 3090/06 -, zitiert nach juris; VG Frankfurt, Urteil vom 6. Juli 2006 - 12 E 3035/05, zitiert nach juris).

In materiellrechtlicher Hinsicht hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel an der von der Beschwerde gerügten Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes. So ist es z.B. im Hinblick auf das unterschiedliche Gefährdungspotential der verschiedenen Luftfahrzeuge mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass der Gesetzgeber u.a. Führer von Segelflugzeugen, Frei- und Fesselballonen, Drachen und Luftsportgeräten in § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG von der Zuverlässigkeitsüberprüfung ausgenommen hat.

Der Senat stimmt ferner mit dem Verwaltungsgericht überein, dass der Gesetzgeber grundsätzlich die Nutzung des Luftraumes sowie die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis davon abhängig machen darf, dass der Betroffene sich einer Überprüfung im Sinne von § 7 LuftSiG unterzieht. Dies stellt schon deshalb keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG dar, weil dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Voraussetzungen, unter denen er Privatpiloten Zugang zum Luftraum gewährt, ein erheblicher Spielraum zukommt. So war schon in der Rechtsprechung zu § 29 d LuftVG a.F. grundsätzlich anerkannt, dass der Gesetzgeber Tätigkeiten, denen er - wie auch hier - zu Recht ein Gefährdungspotential zuordnet, von persönlichen Eigenschaften und einer entsprechenden Überprüfung als vorbeugende Maßnahme abhängig machen kann (vgl. BVerwG, NVwZ 2005, 453). Selbst wenn mit der Einführung der Zuverlässigkeitsüberprüfung für Privatpiloten nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG kein umfassender Schutz der Allgemeinheit vor Anschlägen garantiert werden kann, spricht dies nicht gegen die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die von ihm angeordnete Zuverlässigkeitsüberprüfung grundsätzlich geeignet ist, zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs vor Angriffen beizutragen.

Ebenso wenig ist dargelegt, dass das Verwaltungsgericht die Interessen des Antragstellers nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt habe. Der 1927 geborene Antragsteller geht seiner fliegerischen Betätigung - soweit ersichtlich - in seiner Freizeit nach, ohne dass beispielsweise ein beruflicher Bezug besteht. Anlässlich seines Verlängerungsantrages im April 2004 hat er angegeben, innerhalb der letzten 24 Monate vor Antragstellung lediglich 12 Stunden und 24 Minuten auf Reisemotorseglern geflogen zu sein. Hinzu kommt, dass der verfügte Widerruf allein das Führen von Motorseglern im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG betrifft, während Luftfahrer von Segelflugzeugen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 LuftVG, für die der Antragsteller ebenfalls eine Erlaubnis besitzt, gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG von einer Zuverlässigkeitsüberprüfung ausgenommen sind. Von "schwerem Unrecht", das dem Antragsteller widerfahren sei, kann daher nicht die Rede sein.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache wegen der in der Rechtsprechung umstrittenen formellen Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes für offen hält. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das öffentliche Interesse der Allgemeinheit und des Luftverkehrs, vor Anschlägen mit Luftfahrzeugen geschützt zu werden, hier das private Interesse des Antragstellers überwiegt, die streitige Erlaubnis für Reisemotorsegler auszunutzen. Das Ziel des Gesetzgebers, der die Erteilung der Erlaubnis in § 4 Abs. 1 LuftVG von einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG abhängig gemacht hat, könnte anderenfalls nicht erreicht werden. (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2006 - 20 B 1985/05 -, zitiert nach juris; VGH Kassel, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 11 TG 2192/06, zitiert nach juris; a.A. in einem hier nicht vergleichbaren Fall VGH Mannheim, Beschluss vom 5. September 2007 - 8 S 800/07 -). Auch insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass angesichts der hochrangigen Rechtsgüter, die hier geschützt werden sollen, bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens ausreicht, um die Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 LuftSiG zu verneinen. Dies gilt erst recht, wenn diese - zumal im privaten Bereich - mangels Mitwirkung des Betroffenen nicht verlässlich festgestellt werden kann. Unter diesen Umständen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ohne weiteres gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Hierbei hat sich der Senat an Ziffer 26.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 orientiert und den dort genannten Betrag (7.500 Euro) im Hinblick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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