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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 05.10.2007
Aktenzeichen: OVG 12 S 59.07
Rechtsgebiete: VwGO, LuftSiG, LuftVG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
LuftSiG § 7
LuftSiG § 7 Abs. 1 Nr. 4
LuftSiG § 7 Abs. 2 Satz 1
LuftSiG § 17
LuftVG § 4 Abs. 1
LuftVG § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
LuftVG § 29 d a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 12 S 59.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 12. Senat am 5. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. März 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO ist das Oberverwaltungsgericht auf die Prüfung desjenigen Beschwerdevorbringens beschränkt, das binnen eines Monats nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung eingegangen ist. Nach Ablauf der Monatsfrist vorgetragene Beschwerdegründe, mit denen der Antragsteller neue rechtliche oder tatsächliche Umstände geltend macht, können grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden (OVG Münster, NVwZ 2002, 1390; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2003, 318; OVG Bautzen, SächsVBl 2004, 242; VGH Mannheim, NVwZ-RR 2006, 75; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 146 Rn. 43; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Auflage, § 146 Rn. 84). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht gerechtfertigt.

Die Rüge, dass sich der Antragsteller mangels Ermächtigungsgrundlage und mangels Verpflichtung zur Antragstellung nicht der Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 des Luftsicherheitsgesetzes - LuftSiG - vom 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78) unterziehen müsse, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Zwar hat der Senat mit Beschluss vom 1. Oktober 2007 (OVG 12 S 58.07) entschieden, dass die Luftfahrtbehörde nicht von der mangelnden Zuverlässigkeit eines Privatpiloten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in Verbindung mit § 7 LuftSiG ausgehen darf, wenn er bei Inkrafttreten dieser Vorschriften zum 15. Januar 2005 (vgl. Art. 9 des Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005, BGBl. I. S. 78) bereits im Besitz einer Erlaubnis für Luftfahrer war. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller jedoch nicht. Die dem Antragsteller erteilten Erlaubnisse für Privatflugzeugführer und für Segelflugzeugführer waren zuletzt bis zum 13. März 2005 gültig und wurden ausweislich des vorgelegten Verwaltungsvorganges (Blatt 130 f.) durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin am 23. März 2005 und damit erst nach Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes verlängert. In einem solchen Fall hätte die Luftfahrtbehörde die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 (BGBl I S. 78) nicht erteilen oder verlängern dürfen, weil der Antragsteller zu dem Personenkreis des § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG gehört und weil mangels Überprüfung nach § 7 LuftSiG Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bestanden (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Oktober 2007 - OVG 12 S 58.07 -). Die fehlende Antragstellung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG geht insoweit zu seinen Lasten. Angesichts der eindeutigen Regelung in § 4 Abs. 1 LuftVG bedurfte es hier auch keiner Verordnung im Sinne von § 17 LuftSiG. Daher kommt es hier auch nicht auf die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nach einer Übergangsregelung für bestehende Erlaubnisse an.

In diesem Zusammenhang ist nicht näher auf die Voraussetzungen einzugehen, aufgrund derer die Luftfahrtbehörde die dem Antragsteller erteilten Erlaubnisse widerrufen konnte, denn die Beschwerde verhält sich hierzu nicht. Soweit der Antragsteller Bestandsschutz geltend macht, stützt er dies im Wesentlichen auf das aus den dargelegten Gründen nicht durchgreifende Argument, dass er überhaupt keiner Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG unterliege.

Den weiteren Einwendungen des Antragstellers steht bereits entgegen, dass sie lediglich kursorisch die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses behaupten, ohne dies näher darzulegen. Die Bezugnahme auf "den umfangreichen Vortrag im Hauptsacheverfahren" reicht insoweit nicht aus (vgl. auch Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 3. Auflage, § 146 Rn. 29 m.w.N.). Unabhängig davon hat der Senat grundsätzlich keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Gesetzgeber die Erteilung oder Verlängerung einer Erlaubnis für eine fliegerische Betätigung davon abhängig machen darf, dass der Betroffene sich einer Überprüfung im Sinne von § 7 LuftSiG unterzieht. Dies stellt schon deshalb keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG dar, weil dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Voraussetzungen, unter denen er Privatpiloten Zugang zum Luftraum gewährt, ein erheblicher Spielraum zukommt. So war schon in der Rechtsprechung zu § 29 d LuftVG a.F. grundsätzlich anerkannt, dass der Gesetzgeber Tätigkeiten, denen er - wie auch hier - zu Recht ein Gefährdungspotential zuordnet, von persönlichen Eigenschaften und einer entsprechenden Überprüfung als vorbeugende Maßnahme abhängig machen kann. Dies gilt sogar für die Ausübung einer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten beruflichen Tätigkeit, um die es hier nicht einmal geht (vgl. dazu BVerwG, NVwZ 2005, 453, 455).

Selbst wenn - wie die Beschwerde darlegt - trotz der Einführung der Zuverlässigkeitsüberprüfung für Privatpiloten nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG kein umfassender Schutz der Allgemeinheit vor Anschlägen garantiert werden kann, spricht dies nicht gegen die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die von ihm angeordnete Zuverlässigkeitsüberprüfung jedenfalls grundsätzlich geeignet ist, zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs vor Angriffen beizutragen. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend und im Einzelnen dargestellt.

Ebenso wenig liegt ein - ohnehin mit der Beschwerde nicht näher konkretisierter - Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Es ist insbesondere im Hinblick auf das unterschiedliche Gefährdungspotential der verschiedenen Luftfahrzeuge mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, dass der Gesetzgeber u.a. Führer von Segelflugzeugen, Frei- und Fesselballonen, Drachen und Luftsportgeräten in § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG von der Zuverlässigkeitsüberprüfung ausgenommen hat. Eine - mit der Beschwerde ebenfalls nicht näher dargelegte - Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG ist hier auch deshalb nicht ersichtlich, weil nicht dargelegt ist, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Luftfahrer einen Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit hat.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist selbst dann nicht zu beanstanden, wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache wegen der in der Rechtsprechung umstrittenen formellen Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes für offen hält. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das öffentliche Interesse der Allgemeinheit und des Luftverkehrs, vor Anschlägen mit Luftfahrzeugen geschützt zu werden, hier das private Interesse des Antragstellers überwiegt, die streitigen Erlaubnisse für Privatflugzeuge und Segelflugzeuge auszunutzen, die angesichts des gesetzlichen Versagungsgrundes in § 4 Abs. 1 LuftVG ohnehin nicht hätten verlängert werden dürfen. Das Ziel des Gesetzgebers, der die Erteilung der Erlaubnis in § 4 Abs. 1 LuftVG von einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG abhängig gemacht hat, könnte anderenfalls nicht erreicht werden. (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2006 - 20 B 1985/05 -, zitiert nach juris; VGH Kassel, Beschluss vom 12. Februar 2007 - 11 TG 2192/06, zitiert nach juris; a.A. in einem hier nicht vergleichbaren Fall VGH Mannheim, Beschluss vom 5. September 2007 - 8 S 800/07 -). Auch insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass angesichts der hochrangigen Rechtsgüter, die hier geschützt werden sollen, bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens ausreicht, um die Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 LuftSiG zu verneinen. Dies gilt erst recht, wenn diese - zumal im privaten Bereich - mangels Mitwirkung des Betroffenen nicht verlässlich festgestellt werden. Unter diesen Umständen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ohne weiteres gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Hierbei hat sich der Senat an Ziffer 26.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 orientiert und den dort genannten Betrag (7.500 Euro) im Hinblick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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