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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 19.12.2008
Aktenzeichen: OVG 2 M 71.08
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, AufenthG


Vorschriften:

VwGO §§ 68 ff.
VwGO § 75
VwGO § 117 Abs. 5
VwGO § 161 Abs. 2
VwGO § 161 Abs. 3
VwGO § 166
ZPO § 114
AufenthG § 23 Abs. 1
AufenthG § 104a
Bei einer Untätigkeitsklage reicht es zur Bejahung der Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO nicht aus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzung des § 75 VwGO für eine zulässige Untätigkeitsklage vorliegen; vielmehr kommt es darauf an, ob die Klage in der Sache voraussichtlich Erfolg haben wird.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 2 M 71.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp und die Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn und Dr. Jobs am 19. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 30. September 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde der Kläger gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - geboten habe, weil die Kläger voraussichtlich keine Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis hätten, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann nach Lage des Falles nicht allein darauf abgestellt werden, dass zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs möglicherweise die Voraussetzungen des § 75 VwGO vorgelegen haben. Denn bei einer Untätigkeitsklage reicht es zur Bejahung der Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO nicht schon aus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzung des § 75 VwGO für eine zulässige Untätigkeitsklage vorliegen; vielmehr kommt es darauf an, ob die Klage in der Sache voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 166 Rn 75). Die Regelung des § 75 VwGO betrifft nämlich nur das Zulässigkeitserfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 68 ff., 74 VwGO), von dem unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Die mit einer solchen zulässigen Klage zu verfolgenden Klageziele sind die Gleichen wie bei den originären Klagen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 20. August 2007 - 4 E 244/06 - veröffentlicht in Juris). Erlässt die beklagte Behörde - wie im vorliegenden Fall - nach Klageerhebung einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid, so kann der Kläger die ursprüngliche Untätigkeitsklage unter Einbeziehung des ergangenen Widerspruchsbescheides als Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage weiterführen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 75 Rn. 21). Will er dies nicht, bleibt ihm die Möglichkeit, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. In diesem Fall kann dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht stattgegeben werden, da die Kosten regelmäßig ohnehin dem Beklagten aufzuerlegen sein werden, wobei dahinstehen kann, ob dies bereits aus der - von den Klägern in der Klageschrift erwähnten - Sondervorschrift des § 161 Abs. 3 VwGO folgt (so der 3. Senat des BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1991, NVwZ 1991, 1180, 1181; a.A. der 2. Senat des BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 1977, Buchholz 310 § 161 Nr. 46), oder ob die beklagte Behörde im Rahmen der allgemeinen Regelung des § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen mit den Kosten zu belasten ist, weil sie wegen der ohne zureichenden Grund eingetretenen Verzögerung der bei ihr beantragten Entscheidung Veranlassung für die Erhebung der Klage gegeben hat.

Dass die Klage in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs in der Sache voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, kann nach derzeitiger Erkenntnis nicht angenommen werden. Mit den eingehenden Ausführungen der Beklagten in dem Ausgangsbescheid vom 21. März 2007 und dem Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008, auf die das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen hat, haben sich die Kläger bislang inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Insbesondere sind sie der eingehend begründeten Annahme der Beklagten nicht entgegengetreten, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis komme schon deshalb weder nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit der Bleiberechtsregelung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg (Erlass Nr. 09/2006) noch nach § 104a AufenthG in Betracht, weil die Kläger die Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht und behördliche Maßnahmen vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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