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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: OVG 2 N 162.07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 65
VwGO § 65 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 a Abs. 4
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 124 a Abs. 5
VwGO § 124 a Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 N 162.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn am 26. Mai 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beiladungsanträge der Stadt Nordhorn und der Gemeinde Markt Siegenburg für das Berufungszulassungsverfahren werden abgelehnt.

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 31. Juli 2007 wird auf den Antrag der Beklagten zugelassen.

Gründe:

1. Die mit Schriftsätzen ihres Bevollmächtigten vom 24. Oktober 2007 gestellten Beiladungsanträge der Stadt Nordhorn und der Gemeinde Markt Siegenburg sind unbegründet, weil eine Beiladung im Berufungszulassungsverfahren nicht zulässig ist. Das in § 124 a Abs. 4 und 5 VwGO geregelte Zulassungsverfahren dient ausschließlich der Klärung der Frage, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO besteht und deshalb der Rechtsmittelzug zu eröffnen ist. Durch die Entscheidung hierüber können aber keine rechtlichen Interessen am Verfahren bisher nicht beteiligter Dritter im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO berührt werden (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 22. November 1999, NVwZ-RR 2000, 814; VGH München, Beschluss vom 29. März 2006 - 25 ZB 04.2406 - veröffentlicht in Juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 31. März 2008 - 10 LA 73/08 - veröffentlicht in Juris; Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 15. Ergänzungslieferung 2007, § 65 Rn. 30; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 65 Rn. 4). Die von den Beiladungsantragstellerinnen zitierte Gegenansicht (Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 65 Rn. 56 f.), die darauf abstellen will, dass im Berufungszulassungsverfahren "bereits wesentliche Argumente ausgetauscht" würden und dem Dritten "ohne Not die Instanz verkürzt würde", mag rechtspolitisch erwägenswert sein, findet jedoch im geltenden Recht keine Grundlage.

Im Übrigen wären die in § 65 VwGO geregelten Voraussetzungen einer Beiladung selbst dann nicht gegeben, wenn man der zuletzt genannten Ansicht folgen würde. Ein Fall notwendiger Beiladung liegt offensichtlich nicht vor, da weder die Stadt Nordhorn noch die Gemeinde Markt Siegenburg an dem in der Hauptsache streitigen Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten, nämlich dem Anspruch der Kläger auf Aufhebung der Verwaltungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. Juli 2003 zur künftigen militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock beteiligt sind und erst recht nicht - wie nach § 65 Abs. 2 VwGO erforderlich - derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO sind ebenfalls nicht erfüllt, da rechtliche Interessen der Stadt Nordhorn oder der Gemeinde Markt Siegenburg nicht berührt werden. Als Standorte der beiden weiteren in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Luft-Boden-Schießplätze mögen beide Gemeinden zwar für den Fall eines Obsiegens der Kläger Nachteile befürchten, weil die mit der Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock unter anderem angestrebte Entlastung dieser Standorte (vgl. S. 51 der Verwaltungsentscheidung) bei einer Aufhebung der streitigen Verwaltungsentscheidung jedenfalls vorerst nicht realisiert werden könnte. Derartige rein tatsächliche Auswirkungen reichen jedoch für die von § 65 Abs. 1 VwGO geforderte Berührung rechtlicher Interessen durch die Entscheidung nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1998, NVwZ-RR 1999, 276 f.).

2. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung ist begründet.

Die Berufung ist gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 2, 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen. Wie die Beklagte im Zulassungsantrag den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt hat, weist die Rechtssache jedenfalls besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, weil es für die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung zur künftigen militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock keine unmittelbar einschlägigen gesetzlichen Vorgaben gibt und sich sowohl verfahrensrechtliche als auch materiellrechtliche Voraussetzungen lediglich im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auf der Grundlage allgemeiner Grundsätze des Planungsrechts erschließen lassen. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu den an die Nutzung von Luft-Boden-Schießplätzen zu stellenden Anforderungen liegt - soweit ersichtlich - bislang ebenfalls nicht vor. Die diesbezüglichen Überlegungen des früheren Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg sowie des beschließenden Senats in den vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beruhen trotz ihres Umfangs auf einer lediglich summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und stehen unter dem Vorbehalt einer umfassenden Überprüfung im Rahmen eines Berufungsverfahrens.

Die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten bestehen entgegen der Auffassung der Kläger auch unabhängig davon, dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt ist. So ist etwa die zu klärende Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Lärmschutzinteressen privater Dritter bei der nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2000 (- 4 C 13.99 - BVerwGE 112, 274) erforderlichen Abwägung zu berücksichtigen sind, sowohl dann entscheidungserheblich, wenn die Annahme des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass Prüfungsgegenstand mangels wirksamer Bekanntgabe der nachträglichen Abwägung vom 16. Dezember 2005 und der ergänzenden Abwägung im Schriftsatz der Beklagten vom 25. Juni 2007 nur die Verwaltungsentscheidung "in ihrer ursprünglichen Form" sei, als auch dann, wenn man entsprechend der Hilfsbegründung des Verwaltungsgerichts davon ausgeht, dass die ergänzenden Abwägungen vom 16. Dezember 2005 und vom 25. Juni 2007 jedenfalls nicht die an eine Ergänzung der Verwaltungsentscheidung zu stellenden materiellen Anforderungen erfüllen.

Ob daneben weitere Zulassungsgründe vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.

Ende der Entscheidung

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