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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: OVG 2 N 19.06
Rechtsgebiete: DSchG Bln, BGB
Vorschriften:
DSchG Bln § 11 Abs. 1 Satz 1 | |
DSchG Bln § 11 Abs. 1 Satz 3 | |
BGB § 275 Abs. 1 |
OVG 2 N 19.06
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher und die Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn und Dr. Jobs am 16. Mai 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Dezember 2005 wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Zulassungsvorbringen zeigt nicht schlüssig auf, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich ist, weil die Klägerin abweichend von der Bewertung des Verwaltungsgerichtes nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln) einen Anspruch auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für die Anbringung von Glasvordächern an der gartenseitigen Fassade ihres Reihenhauses in der vom Architekten Bruno Taut entworfenen Gartenstadt Falkenberg haben könnte.
Die Klägerin vermag mit ihrem Vorbringen, wonach die Anbringung eines Glasvordaches über der Gartenausgangstür funktionell notwendig sei, um einen ausreichenden Schutz vor dem Eindringen des Regenwassers in das Haus zu gewährleisten, sowie dass eine Überdachung der Terrasse erforderlich sei, um für das räumlich kleine Haus einen Wäschetrockenplatz zu schaffen, nicht schlüssig darzulegen, dass ihre schutzwürdigen privaten (Eigentums-) Interessen die entgegenstehenden Gemeinwohlbelange des Denkmalschutzes - die Denkmalpflege ist eine gesetzgeberische Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang - überwiegen.
Die Genehmigung für die in § 11 Abs. 1 Satz 1 genannten Maßnahmen ist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Gründe des Denkmalschutzes stehen einem Vorhaben dann entgegen, wenn das Schutzobjekt durch die Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 20. November 2002, LKV 2003, S. 473 m.w.N.). Bei der Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Entgegenstehen" sind die den Denkmalschutzinteressen gegenläufigen privaten Interessen des Eigentümers zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne auch § 9 Abs. 2 Nr. 3 BbgDSchG vom 24. Mai 2004; GVBl. S. 215). Die Notwendigkeit einer solchen Interessenabwägung folgt bereits aus dem Begriff "Entgegenstehen" selbst, dessen Sinngehalt eine abwägende Bewertung von sich gegenüberstehenden Positionen voraussetzt. Sie ist auch verfassungsrechtlich geboten, denn die denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung und das damit gebundene Genehmigungsverfahren für bestimmte Maßnahmen sind nur dann zulässige Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Gemeinwohlbelange des Denkmalschutzes in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden (vgl. dazu u.a. BVerfGE 100, 226 [240 f.], OVG Münster, Urteil vom 23. April 1992, NVwZ-RR 1993, S. 230).
Unter Heranziehung dieses Maßstabes ist die vom Verwaltungsgericht bestätigte Bewertung des Beklagten, wonach die Anbringung von Glasvordächern an der gartenseitigen Fassade des Gebäudes das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Hauses in der Reihenhaussiedlung der Gartenstadt Falkenberg erheblich beeinträchtigt, weil die Maßnahme wesentliche Gestaltungselemente der Gartenfassade schmälern würde, nicht zu beanstanden. Sowohl die Hausform als auch die Gartenfassade sind typisierend in schlichter Architektur der klassischen Moderne gebaut und mit regelmäßigen, paarweise angeordneten Windfängen mit Gartenausgängen ausgestaltet. Die Wirkung dieser architektonischen Gestaltung würde durch das Anbringen der bauzeitlich nicht vorhandenen Glasvordächer mehr als nur geringfügig beeinträchtigt.
Demgegenüber sind die von der Klägerin geltend gemachten privaten Interessen nicht so gewichtig, dass sie die Belange des Denkmalschutzes überwiegen und die Erteilung der begehrten Genehmigung rechtfertigen könnten.
Das Zulassungsvorbringen zeigt schon nicht schlüssig auf, dass die Anbringung eines Glasvordaches über dem Gartenausgang funktional notwendig ist, um einen ausreichenden Regenwasserschutz für das Haus zu gewährleisten. Ausweislich der vorgelegten Lichtbilder ist die Gartenausgangstür mit einem vorgelagerten Eingangspodest gegenüber dem Niveau der Terrasse deutlich erhöht angeordnet. Der Treppenabsatz ist mit leichtem, das Regenwasser vom Haus wegleitenden Gefälle ausgeprägt worden und über der Tür befindet sich ein ausreichender Dachüberstand mit einer Dachentwässerung. Sieht man von bei der Abwägung außer Betracht zu lassenden seltenen extremen Klimaereignissen ab, ist es nicht ersichtlich, dass ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an einer weiteren Optimierung des Regenschutzes durch Anbringung der Überdachung unter Inkaufnahme von negativen Veränderungen des Erscheinungsbildes des denkmalgeschützten Gebäudes besteht.
Die Klägerin hat auch nicht schlüssig dargetan, dass die Überdachung der Terrasse erforderlich ist, um das private Nutzungsinteresse ihrer Mieter zur Trocknung der anfallenden Wäsche angemessen zu befriedigen. Der Beklagte hat überzeugend dargetan, dass ein rechtlich ausgewogener Ausgleich von Gemeinwohlbelangen des Denkmalschutzes und der geltend gemachten Interessen der Mieter der Klägerin dadurch möglich ist, dass diese die Wäsche bei trockenem Wetter im Garten trocknen können und sie trotz der räumlich kleinen Wohneinheiten bei regnerischem Wetter in zumutbarer Weise auf die Nutzung eines im Haus aufzustellenden Wäschetrockners oder Wäscheständers verwiesen werden könnten. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
Auch das Vorbringen der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe ihre zivilrechtlichen Belange außer Acht gelassen, denn die Mieter des Wohngebäudes hätten gegen sie einen mietvertraglichen Anspruch, die Überdachung wiederherzustellen, begründet keinen überwiegend privaten Belang, der ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des angefochtenen Urteils begründen könnte. Wie bereits in den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Köpenick vom 26. April 2001 (17 C 279.00) skizziert, ist ein etwaiger bestehender mietvertraglicher Erfüllungsanspruch nach § 275 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes dann ausgeschlossen, wenn die Leistung aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden ist. Eine derartige Unmöglichkeit tritt ein, wenn die Erbringung der Leistung einer behördlichen Genehmigung bedarf und eine solche endgültig versagt wird (vgl. Staudinger, BGB, § 275 Rdnr. 19 m.w.N.). Dadurch, dass mit der bestandskräftigen Versagung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für die Anbringung der Glasvordächer die Klägerin von der Erbringung ihrer zivilrechtlichen Leistungspflichten befreit wird, wird das schutzwürdige Interesse der Klägerin als Eigentümerin und Vermieterin des Hauses in ein ausgewogenes Verhältnis zu den Gemeinwohlbelangen des Denkmalschutzes gebracht. Dass die Klägerin angesichts der nachträglichen Unmöglichkeit etwaigen berechtigten vertraglichen Sekundär- oder Schadensersatzansprüchen ihres Mieters ausgesetzt ist, die der Höhe nach für sie zu einer wirtschaftlich unzumutbaren Belastung führen würden, hat diese nicht ansatzweise dargelegt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils vermag die Klägerin auch mit ihrem Vorbringen nicht substantiiert darzulegen, die Überdachung der Gartenausgangstür und der Terrasse sei vor der denkmalschutzrechtlichen Unterschutzstellung des Gebäudes vorhanden gewesen und genieße daher Bestandsschutz. Für die hier streitgegenständliche Genehmigung für die Veränderung des Erscheinungsbildes eines Denkmals hat die Klägerin bereits keine tragfähige rechtliche Konstruktion dargetan, auf Grund derer aus den gesetzlichen Regelungen des Denkmalschutzgesetzes oder unter Rückgriff auf Artikel 14 Abs. 1 GG ein Anspruch auf die begehrte Genehmigung unter Aspekten des Bestandsschutzes herzuleiten sein könnte. Überdies ist nach den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes (EA S. 5) ein etwaiger Bestandsschutz mit der Entfernung der alten Überdachung im Jahre 1999 jedenfalls erloschen. Von einer vom Bestandsschutz gedeckten bloßen Reparatur der noch vorhandenen Glasvordächer oder sonstigen die Substanz wahrenden Erhaltungsmaßnahmen kann hier nicht mehr die Rede sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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