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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: OVG 2 S 115.05
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BNatSchG, ROG, BbgNatSchG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 80 a Abs. 3 Satz 2
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
BauGB § 5 Abs. 1
BauGB § 5 Abs. 3
BauGB § 36
BauGB § 212 a Abs. 1
BNatSchG § 34 Abs. 2
BNatSchG § 61 Abs. 1 Satz 1
ROG § 8
ROG § 9
BbgNatSchG § 26 d
1. Einer Gemeinde steht gegen eine Baugenehmigung für ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben (Windkraftanlage), die unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilt worden ist, auch dann ein Abwehrrecht zu, wenn sie sich ausschließlich auf solche entgegenstehende öffentliche Belange beruft, die nicht speziell dem Selbstverwaltungsrecht zugeordnet sind (anders für immissionsschutzrechtliche Genehmigung VGH Kassel, Beschluss vom 27. September 2004 - 2 TG 1630/04 - zitiert nach Juris).

2. Ob ein privilegiertes Vorhaben im Außenbereich unzulässig ist, weil ihm Belange des Naturschutzes entgegenstehen, ist innerhalb einer die gesetzliche Wertung für den konkreten Einzelfall nachvollziehenden Abwägung zu ermitteln. Hierbei kommt der Lage in einem sog. Tabubereich nach der Richtlinie über tierökologische Abstandskriterien für die Errichtung von Windkraftanlagen in Brandenburg nicht in jedem Fall ein so hohes Gewicht zu, dass das Vorhaben trotz der grundsätzlichen Privilegierung bauplanungsrechtlich unzulässig wäre.


OVG 2 S 115.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn am 29. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 16. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 5. April 2004 erteilte der Antragsgegner dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin unter Ersetzung des wegen der zu erwartenden Umweltbeeinträchtigungen verweigerten gemeindlichen Einvernehmens. Den Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2004 zurück. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, abgelehnt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist nicht aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu beanstanden. Bei der nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt das Interesse des Beigeladenen an der unverzüglichen Ausnutzung der unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilten Baugenehmigung für die Errichtung der Windkraftanlage das Interesse der Antragstellerin, von der - nach § 212 a Abs. 1 BauGB als Regelfall vorgesehenen - sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung vorerst verschont zu bleiben. Die gegen die Baugenehmigung vom 5. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2004 inzwischen erhobene Klage wird bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben. Zwar ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren auch darauf berufen kann, dass dem Vorhaben des Beigeladenen öffentliche Belange, die nicht speziell ihrem Selbstverwaltungsrecht zugeordnet sind, entgegenstehen (1.). Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ist jedoch voraussichtlich nicht zu beanstanden, weil bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich ist, dass dem Vorhaben Belange des Naturschutzes entgegenstehen (2.).

1. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist es der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht verwehrt, sich darauf zu berufen, dass dem Vorhaben des Beigeladenen Belange des Naturschutzes entgegenstehen. Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf die Gemeinde ihr Einvernehmen hinsichtlich der Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB (nur) aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagen. Zu diesen Gründen gehören in Bezug auf Außenbereichsvorhaben auch entgegenstehende Belange des Naturschutzes (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Darf die Gemeinde unter Berufung auf diesen Grund ihr Einvernehmen versagen, so muss es ihr auch möglich sein, sich unter Berufung auf diesen Grund gegen eine Baugenehmigung zu wehren, die unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilt worden ist. Dafür, dass sich die Antragstellerin - wie das Verwaltungsgericht meint - nur auf solche Belange berufen könne, die "speziell dem Selbstverwaltungsrecht oder sonstigen Rechten der Antragstellerin zugeordnet" seien, sprechen weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung (vgl. OVG für das Land Bandenburg, Beschluss vom 7. März 2003 - 3 B 27/02 - ). Dass die in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit dient (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 16. September 2004, NVwZ 2005, 213), rechtfertigt gerade nicht den vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergangene Rechtsprechung des VGH Kassel (Beschluss vom 27. September 2004 - 2 TG 1630/04 - zitiert nach Juris) gezogenen Schluss, dass der Gemeinde kein Abwehrrecht zustehe, wenn sie im Rahmen ihres Mitwirkungsrechts Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geltend macht. Vielmehr ist die Gemeinde schon dann in ihrer Planungshoheit verletzt, wenn die Baugenehmigung trotz der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens erteilt wird (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 4. November 1996, BRS 58 Nr. 143 = LKV 1997, 377), denn das gemeindliche Einvernehmen ist ein als Mitentscheidungsrecht ausgestattetes Sicherungsinstrument des Baugesetzbuchs, mit dem die Gemeinde als sachnahe und fachkundige Behörde an der Beurteilung der bebauungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen mitentscheidend beteiligt werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2000, BRS 63 Nr. 115 = NVwZ 2000, 1048, 1049). Dementsprechend verbietet sich eine Differenzierung danach, ob diese Voraussetzungen jeweils dem Selbsterverwaltungsrecht zuzuordnen sind oder nicht. Die zugunsten der Gemeinde in § 36 Abs. 1 BauGB normierte Beteiligungsbefugnis und ihre damit anerkannte hoheitliche Mitverantwortung schließen es aus, ihre Stellung mit der eines privaten Nachbarn im Verhältnis zu einem privaten Bauherrn zu vergleichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1991, NVwZ 1992, 878, 879). Aus diesem Grund verbietet sich auch eine Gleichsetzung der Gemeinde mit einem nach § 59 BNatSchG oder auf Grund landesrechtlicher Vorschriften nach § 60 BNatSchG anerkannten Verein, dessen Klagebefugnis in Fällen, in denen er nicht in eigenen Rechte verletzt ist, einer ausdrücklichen Regelung (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) bedarf. Entgegen der Auffassung der Kammer steht der Geltendmachung von Naturschutzbelangen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB durch eine Gemeinde, die sich gerichtlich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung unter Ersetzung ihres Einvernehmens wehrt, schließlich auch nicht entgegen, dass es den Gemeinden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwehrt ist, sich zum gesamtverantwortlichen Wächter des Natur- und des sonstigen Umweltschutzes aufzuschwingen und als solcher Belange der Allgemeinheit zu wahren, die nicht speziell ihrem Selbstverwaltungsrecht zugeordnet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - NVwZ 2004, 1229, 1234). Die Antragstellerin verweist zu Recht darauf, dass sich diese Rechtsprechung auf solche Fälle beschränkt, in denen der Gemeinde lediglich ein Beteiligungsrecht zusteht, und nicht auf das als Mitentscheidungsrecht ausgestaltete Einvernehmenserfordernis nach § 36 Abs. 1 BauGB übertragen werden kann.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin kann gleichwohl keinen Erfolg haben, weil die Voraussetzungen für die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB voraussichtlich gegeben sind. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu Unrecht geltend macht, dass dem unstreitig nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. (bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.) privilegierten Vorhaben des Beigeladenen öffentliche Belange, insbesondere Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen.

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sie mit Blick auf eine unvollständige Sachverhaltsermittlung bzw. unvollständige Antragsunterlagen zur Verweigerung des Einvernehmens berechtigt gewesen wäre. Zwar steht außer Frage, dass die Gemeinde ihr Beteiligungsrecht nur sachgerecht ausüben kann, wenn sie eine ausreichende Beurteilungsgrundlage besitzt, und dass es ihr daher nicht verwehrt ist, gegenüber der Baugenehmigungsbehörde geltend zu machen, dass der Bauantrag ohne die Vorlage einer bestimmten fachtechnischen Untersuchung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht beurteilungsreif und insoweit ergänzungsbedürftig sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 2004, a.a.O., S. 213 f.). Zu Unrecht meint die Antragstellerin jedoch, dass der Antragsgegner allein aufgrund der Tatsache, dass sich die geplante Windkraftanlage in einem so genannten Tabubereich nach der im Juni 2003 durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg erlassenen Richtlinie über tierökologische Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen befinde, verpflichtet gewesen sei, von dem Beigeladenen ein entsprechendes avifaunistisches Gutachten anzufordern, und dass sie, solange dieses Gutachten nicht vorliege, allein deshalb zur Verweigerung des Einvernehmens berechtigt gewesen sei. Der Antragsgegner hat im Widerspruchsverfahren eine Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde eingeholt, die sich auf der Grundlage einer artenschutzfachlichen Stellungnahme des Landesumweltamtes Brandenburg mit den zu berücksichtigenden avifaunistischen Belangen auseinandersetzt. In diesen Stellungnahmen der zuständigen Fachbehörden werden u.a. auch die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung hervorgehobenen Gesichtspunkte der Lage des Vorhabens im Tabubereich von bedrohten und störungssensiblen Vogelarten, des dauerhaften Nahrungsflächenverlusts in der Umgebung der Windkraftanlage und der erheblichen Beeinträchtigung des Zugkorridors von Brut- und Zugvögeln aus dem SPA-Gebiet "Unteres Odertal" (Landiner Haussee) ausführlich und detailliert behandelt. Diesen Feststellungen des Landesumweltamtes bzw. der unteren Naturschutzbehörde tritt die Antragstellerin nicht entgegen. Sie legt auch nicht dar, welche über diese Ausführungen des Landesumweltamtes hinausgehenden Erkenntnisse zu den im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Beurteilung nach § 35 BauGB zu berücksichtigenden naturschutzfachlichen Belange sie sich von dem geforderten avifaunistisches Gutachten verspricht.

b) Die Antragstellerin durfte die Verweigerung des Einvernehmens bei summarischer Prüfung auch nicht darauf stützen, dass die Abwägung der naturschutzfachlichen Belange durch den Antragsgegner fehlerhaft gewesen sei. Ob ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben im Außenbereich unzulässig ist, weil ihm ein in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannter öffentlicher Belang entgegensteht, hat die Behörde innerhalb einer die gesetzliche Wertung für den konkreten Einzelfall nachvollziehenden Abwägung zu ermitteln. Ein Ermessensspielraum steht ihr dabei nicht zu. Diese "nachvollziehende" Abwägung ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001, NVwZ 2002, 1112).

Hiervon ausgehend spricht zwar vieles für die in der Beschwerdebegründung vertretene Auffassung, dass die in dem vom Verwaltungsgericht zustimmend zitierten Widerspruchsbescheid des Antragsgegners unter 1. bis 4. genannten Punkte nicht in die Abwägung eingestellt worden sind, denn in dem Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, dass die avifaunistische Bedeutung des Landiner Haussees und des Felchowseegebietes einschließlich der Verbindungsrouten zwischen den Gebieten bereits bei der Ausweisung des Windeignungsgebietes Pinnow bekannt gewesen sei und grundsätzlich Berücksichtigung gefunden habe und daher dem geplanten Vorhaben im Eignungsgebiet nicht mehr entgegengehalten werden könne. Gegen diesen Ansatz des Antragsgegners bestehen Bedenken. Die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BauGB, der zufolge öffentliche Belange raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegenstehen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung in Plänen im Sinne des § 8 oder § 9 des Raumordnungsgesetzes abgewogen worden sind, dürfte nämlich vorliegend nicht anwendbar sein, da vieles dafür spricht, dass - wie die Antragstellerin im Widerspruchsverfahren unter Bezugnahme auf die Aufstellungsvorgänge nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt hat - eine abschließende Abwägung in Bezug auf die Verträglichkeit der Errichtung von Windenergieanlagen mit den Belangen des Natur- und Artenschutzes auf der Ebene der Regionalplanung hier gerade nicht stattgefunden hat. Gleichwohl hat dieser Umstand nicht zur Folge, dass die die gesetzliche Wertung "nachvollziehende" Abwägung bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung zu einem anderen Ergebis führt. Denn in dem Widerspruchsbescheid wird in Bezug auf den Standort der Windenergieanlage ergänzend ausgeführt, dass die zu betrachtende Fläche zwischen der Ortsverbindung Pinnow-Landin und der Bundesstraße B 2 (neu) bereits teilweise verkehrsbedingt gestört und die Umgebung von Pinnow und Landin von landwirtschaftlichen Flächen geprägt sei, die als ersatzweise Nahrungsflächen in Betracht kämen. Das Kollisionsrisiko am Mast der Windkraftanlage könne durch Vermeidung eines weißen Anstrichs deutlich vermindert werden. Die Konflikte würden durch weitere Vorbelastungen im Gebiet gemindert, zu denen neben der südlich verlaufenden Bundesstraße B 2 eine südwestlich der Straße vorhandene Stallanlage, eine Hochspannungsleitung, eine Eisenbahnlinie und die ca. 1 km südlich der Windkraftanlage anschließende Ortslage Pinnow mit einem Industriegebiet zähle. Zudem befinde sich der Standort außerhalb von Gebieten, die förmlich unter Schutz gestellt seien. Schließlich bringe es die Privilegierung von Windkraftanlagen mit sich, dass sie nicht nur an solchen Standorten zugelassen werden müssten, an denen sie mit der Avifauna nicht in Konflikt geraten könnten.

Diesen Erwägungen des Antragsgegners ist jedenfalls im summarischen Verfahren auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu folgen. Angesichts der in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. (bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.) getroffenen grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich und des solchen Vorhaben damit zuerkannten gesteigerten Durchsetzungsvermögens kann offensichtlich nicht jede nachweisbare Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange zur Unzulässigkeit führen. Vielmehr muss diesen Belangen im Einzelfall ein höheres Gewicht als der gesetzlichen Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich zukommen. Diese Schwelle ist hier nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht erreicht. Den von der Antragstellerin konkret hervorgehobenen Gesichtspunkten der Lage des Vorhabens im "Tabubereich" von bedrohten und störungssensiblen Vogelarten, des dauerhaften Nahrungsflächenverlusts in der Umgebung sowie der Beeinträchtigung des Zugkorridors von Brut- und Zugvögeln aus dem SPA-Gebiet "Unteres Odertal" kommt unter Berücksichtigung der fachlichen Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde und des Landesumweltamtes bei summarischer Prüfung nicht ein so hohes Gewicht zu, dass das Vorhaben des Beigeladenen trotz der grundsätzlichen Privilegierung an dem vorgesehenen Standort bauplanungsrechtlich unzulässig wäre. Entgegen der im Schriftsatz vom 24. März 2005 vertetenen Auffassung der Antragstellerin folgt auch aus § 34 BNatSchG bzw. § 26 d BbgNatSchG nichts anderes. Nach § 34 Abs. 2 BNatSchG ist ein Projekt unzulässig, wenn die Prüfung der Verträglichkeit ergibt, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Der Anwendung dieser Regelung dürfte zwar nicht schon grundsätzlich der Umstand entgegenstehen, dass der Standort der geplanten Windkraftanlage unstreitig nicht innerhalb eines Schutzgebiets i.S. des § 34 Abs. 1 BNatSchG liegt; denn es ist anerkannt, dass das Schutzregime des § 34 Abs. 2 BNatSchG auch bei erheblichen Beeinträchtigungen greift, die ihre Ursache zwar außerhalb des Schutzgebiets haben, sich aber auf das Gebiet auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998, BVerwGE 107, 1 = NVwZ 1998, 961, 966; VGH Mannheim, Beschluss vom 29. November 2002, NVwZ-RR 2003, 184, 185). Lediglich mittelbare Auswirkungen auf den Bestand bzw. die Erhaltung der in den Schutzgebieten geschützten Arten reichen jedoch nicht aus. Vogelschutzgebiete vermitteln über das Schutzregime des § 34 Abs. 2 BNatSchG Artenschutz nur durch den Schutz der von ihnen erfassten Flächen bzw. Gebietsbestandteile, die für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgebend sind. Geht es - wie hier - ausschließlich um Gefährdungen, denen die geschützten (Vogel-)Arten nur ausgesetzt sind, wenn sie die Schutzgebiete verlassen, fehlt es an der unerlässlichen Gebietsbezogenheit der Auswirkungen (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 29. November 2002, a.a.O., S. 186).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -; der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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