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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: OVG 2 S 99.05
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfG, LBG, LuftVG, LuftVO, BImSchG, GKG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 154 Abs. 2
VwVfG § 35 Satz 1
LBG § 1 Abs. 3
LuftVG §§ 1 bis 32 c
LuftVG § 30 Abs. 1
LuftVG § 30 Abs. 1 Satz 1
LuftVG § 30 Abs. 1 Satz 3
LuftVO § 27 a Abs. 2
LuftVO § 27 a Abs. 2 Satz 1
BImSchG § 29b Abs. 2
GKG § 13 Abs. 1 Satz 1
GKG § 14 Abs. 1 Satz 1
GKG § 20 Abs. 3
GKG § 72 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 99.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn am 20. September 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 6. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die militärische Nutzung eines im Nordwesten des Landes Brandenburg im Landkreis Ostprignitz-Ruppin gelegenen Geländes, das ehemals von den sowjetischen Streitkräften als Schieß- und Bombenabwurfplatz genutzt worden ist. Die Antragstellerin betreibt seit 1991 im Landkreis Ostprignitz-Ruppin einen Betrieb zur Zucht und Brüterei von Puten. Die Aufzucht und Haltung der Tiere erfolgt in zehn Farmen, die insgesamt aus 44 Hallen mit einer Gesamtgröße von rund 138.000 m2 bestehen und über mehrere Standorte in der unmittelbaren Nachbarschaft des o.g. Geländes verteilt sind.

Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist die der Antragstellerin nicht amtlich bekannt gegebene "Verwaltungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung zur künftigen militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock" vom 9. Juli 2003, nach der die Nutzung des Geländes gemäß dem modifizierten Betriebskonzept vom 20. Januar 2003 als Luft-Boden-Schießplatz für ca. 1.700 Einsätze pro Jahr und als Standortübungsplatz für die Ausbildung von Bodentruppen sowie als Standortschießanlage mit vier Schießständen für Handfeuerwaffen vorgesehen ist. Mit Schreiben vom 3. September 2003 ordnete das Bundesministerium der Verteidigung (auch) gegenüber der Antragstellerin die sofortige Vollziehung der Verwaltungsentscheidung an.

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 6. Februar 2004 die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2837/03 beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage der Antragstellerin gegen die Verwaltungsentscheidung vom 9. Juli 2003 wiederhergestellt. In den Beschlussgründen wird ausgeführt, eine Verletzung der Antragsteller in ihrem aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 19 Abs. 3 GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die auch ihnen gegenüber als Verwaltungsakt zu qualifizierende Verwaltungsentscheidung erscheine nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin sei rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin die aus den zu erwartenden Überflügen folgenden abwägungserheblichen Belange auf Seiten der Antragsteller in der angegriffenen Verwaltungsentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt habe. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Beschlussgründe verwiesen.

Gegen den Beschluss, der den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 10. Februar 2004 bekannt gegeben worden ist, richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin mit dem sinngemäßen Rechtsmittelantrag, den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern und den Antrag der Antragsteller auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das zur Begründung im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 5. März 2004 Dargelegte und vom Rechtsmittelgericht allein zu Prüfende (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) gibt dem Senat keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, das im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein die Frage gestellt hat, ob die Verwaltungsentscheidung des Antragsgegners vom 9. Juli 2003 in Verbindung mit dem Betriebskonzept vom 20. Januar 2003 die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, und diese Frage unabhängig von einer weitergehenden nach summarischer Prüfung zum Nachteil der Antragsgegnerin beantwortet hat, wird mit den geltend gemachten Beschwerdegründen nicht durchgreifend in Frage gestellt (vgl. dazu unten zu 1.). Eine Interessenabwägung, die nicht allein auf das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung dieser Frage im Klageverfahren abstellt, sondern (auch) weitere, nicht im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens stehende Interessen der Beteiligten, die für und gegen die sofortige Vollziehung sprechen, in die Abwägung einstellt, rechtfertigt es ebenfalls nicht, durch eine Entscheidung des Senats nunmehr die sofortige Vollziehung der umstrittenen Entscheidung zu ermöglichen (vgl. unten zu 2.). 1. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Ansicht, dass im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das private Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung vom 9. Juli 2003 gegenüber dem öffentlichen Vollziehungsinteresse - also den für die Vollziehung sprechenden, von der Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmenden Belangen - überwiege, darauf abgestellt, dass die angefochtene Entscheidung sich "nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig" erweise (vgl. S. 13 des Beschlussabdrucks). Die Antragsgegnerin zieht diese Argumentation des Verwaltungsgerichts mit den vorgebrachten Beschwerdegründen nicht erfolgreich in Zweifel, denn sie legt nicht überzeugend dar, dass die Entscheidung vom 9. Juli 2003 bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist.

a) Die Antragsgegnerin macht zunächst geltend, der Antragstellerin habe ein Recht auf gerechte Abwägung bereits deshalb nicht zugestanden, weil es sich bei der Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin nicht um einen der Anfechtung durch private Dritte unterliegenden Verwaltungsakt handele. Dem kann nicht gefolgt werden.

Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung ist § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Ein Verwaltungsakt ist danach jede Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentliche Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Dass es sich bei der fraglichen Verwaltungsentscheidung jedenfalls im Verhältnis zu den betroffenen Gemeinden um einen Verwaltungsakt handelt, entspricht auch der in der Beschwerdebegründung dargelegten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin. Streitig ist allein, ob die Entscheidung auch für die Antragstellerin auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Grundsätzliche Bedenken gegen eine solche Differenzierung bestehen nicht; in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass dann, wenn die unmittelbare Rechtswirkung nicht jedermann, sondern nur einen kleineren Kreis von Betroffenen trifft, die Entscheidung nur diesen gegenüber ein Verwaltungsakt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. April 1986 - 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124, 130). Im vorliegenden Fall ist es jedoch nicht gerechtfertigt, die Verwaltungsentscheidung vom 9. Juli 2003 nur im Verhältnis zu den betroffenen Gemeinden als Verwaltungsakt anzusehen.

Die Antragsgegnerin geht selbst davon aus, dass ihre Verwaltungsentscheidung auch gegenüber der Antragstellerin Regelungswirkung hat, wie schon der Umstand zeigt, dass sie die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ausdrücklich auch ihr gegenüber angeordnet hat. Jedenfalls handelt die Antragsgegnerin widersprüchlich, wenn sie einerseits die sofortige Vollziehung gegenüber der Antragstellerin anordnet, andererseits jedoch den Verwaltungsaktcharakter der für sofort vollziehbar erklärten Maßnahme bestreitet. Für die Regelungswirkung im Verhältnis zu den Antragstellern spricht darüber hinaus, dass die Verwaltungsentscheidung dazu dient, die vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 14. Dezember 2000 (- 4 C 13.99 -, BVerwGE 112, 274, S. 285 f.) für die militärische Weiternutzung des Geländes aufgestellte Voraussetzung einer "dem materiellen Recht entsprechenden Entscheidung", die "planerische Elemente einschließt", zu erfüllen. Dieses Erfordernis ergibt sich nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts daraus, dass der Bund, auch soweit er in Ausübung von Aufgaben der Landesverteidigung auf Positionen Dritter trifft, an das materielle Recht gebunden ist. Eine Einschränkung dahingehend, dass als "Positionen Dritter" nur Belange der Gemeinden zu verstehen wären, ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu entnehmen. Zwar werden darin im Zusammenhang mit den aus einer gebotenen Anhörung zu gewinnenden Erkenntnissen nur die betroffenen Gemeinden und die Einstellung der gemeindlichen Belange in die Fortnutzungsentscheidung genannt. Dies lässt sich jedoch ohne weiteres daraus erklären, dass es sich bei der Klägerin in dem genannten Verfahren um eine Gemeinde handelte und deshalb kein Anlass bestand, sich mit der Frage näher zu befassen, ob auch die Belange privater Dritter zu berücksichtigen sind. Jedenfalls rechtfertigen die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts bei dieser Sachlage nicht den Schluss der Antragsgegnerin, dass sich die in Rede stehende Verwaltungsentscheidung nicht auch auf Belange Dritter erstrecke. Für die Annahme, dass auch die Belange privater Dritter im Rahmen der planerischen Entscheidung zu ermitteln und zu berücksichtigen sind, spricht schon, dass nach dem Urteil vom 14. Dezember 2000 zu den materiellrechtlichen Anforderungen, die der Antragsgegner bei der Entscheidung zu beachten hat, insbesondere das Immissionsschutzrecht gehört, zu dessen Einhaltung der Antragsgegner bei Nichtbeachtung von den dadurch in ihren Rechten verletzten Betroffenen im Gerichtswege zur Einhaltung gezwungen werden kann. Geht man davon aus, dass die Entscheidung über die militärische Weiternutzung des Geländes planerische Elemente einschließt und jedenfalls immissionsschutzrechtlich geschützte Belange Privater zu berücksichtigen hat, spricht mithin bei summarischer Prüfung alles dafür, dass sie auch gegenüber den privaten Dritten Verwaltungsaktcharakter hat.

Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gegenargumente vermögen bei summarischer Prüfung nicht zu überzeugen. Der Hinweis darauf, dass nicht einmal die - vorliegend nicht erforderlichen - Bezeichnungsverfahren mit dem Ziel militärischer Landbeschaffung gegenüber privaten Dritten einen der Drittanfechtung unterliegenden Verwaltungsakt darstellten, vermag bei summarischer Prüfung nicht zu überzeugen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von der Antragsgegnerin zitierten Urteil vom 11. April 1986 (a.a.O.), die Auffassung vertreten, dass die "Bezeichnung" eines Verteidigungsvorhabens nach § 1 Abs. 3 des Landbeschaffungsgesetzes (LBG) nicht auch im Verhältnis zu den einzelnen Bürgern als Verwaltungsakt anzusehen sei. In einer späteren Entscheidung (Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 21.99 - NVwZ 1990, 260, 261) hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch offen gelassen, ob an dieser Position im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtsschutzdefizite, die "zumindest in großer Nähe" zu der "verfassungsrechtlichen Schwelle" des Art. 19 Abs. 4 GG lägen, weiterhin festzuhalten sei, und zugleich darauf hingewiesen, dass mit fortschreitendem Zeitablauf die Notwendigkeit der richterlichen Rechtsfortbildung wachse, wenn der Gesetzgeber den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Auftrag, dem Bürger einen Anspruch auf möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle einzuräumen, nur unzulänglich erfülle. Steht mithin entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht einmal mehr fest, dass das Bezeichnungsverfahren mit dem Ziel militärischer Landbeschaffung gemäß § 1 Abs. 3 LBG gegenüber privaten Dritten keinen der Drittanfechtung unterliegenden Verwaltungsakt darstellt (vgl. hierzu auch Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 10. Ergänzungslieferung 2004, § 42 Abs. 1 Rn. 64), lassen sich aus dem erwähnten Urteil vom 11. April 1986 erst recht keine Rückschlüsse für die vorliegend zu beantwortende Frage ziehen, ob die Verwaltungsentscheidung über die militärische Weiternutzung des Geländes im Verhältnis zu privaten Dritten als Verwaltungsakt anzusehen ist. Der Annahme, dass die "Bezeichnung des Vorhabens" nach § 1 Abs. 3 LBG auch im Verhältnis zu den betroffenen Bürgern als Verwaltungsakt anzusehen sei, stand nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich (nur) der in der Ersetzung des Wortes "bestimmt" durch das Wort "bezeichnet" zum Ausdruck kommende Wille des historischen Gesetzgebers entgegen. Hinsichtlich der im vorliegenden Fall einschlägigen, vom Bundesverwaltungsgericht in dem erwähnten Urteil vom 14. Dezember 2000 durch richterliche Rechtsfortbildung geschaffenen Norm, der zufolge die militärische Nutzung eines vormals sowjetischen Truppenübungsplatzes nur zulässig ist, wenn eine dem materiellen Recht entsprechende (planerische) Entscheidung getroffen wird, kann der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers des Landbeschaffungsgesetzes ersichtlich nicht ausschlaggebend sein.

Ohne Erfolg stützt sich die Beschwerde hinsichtlich der Frage der Verwaltungsaktqualität ferner auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1994 (- 11 C 18.93 - BVerwGE 97, 203, 211), wonach es für die Durchführung militärischer Tiefflüge auch aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit keines besonderen Verwaltungsverfahrens bedürfe, sondern hinreichender Rechtsschutz im Falle der Betroffenheit von Rechten insbesondere aus den Art. 2 Abs. 2, 14 GG im Wege der Unterlassungsklage bestehe. Die genannte Entscheidung kann hier indes schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es sich bei den in Rede stehenden An- und Abflügen nicht lediglich um allgemeinen Tiefflug handelt, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht beurteilt hat. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen (vgl. S. 9 f. des Beschlussabdrucks), dass eine Trennung des Fluges über den Truppenübungsplatz von dem dazu notwendigen An- und Abflug hier schon aus tatsächlichen Gründen nicht einleuchten kann, weil es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt und sich die Situation auch in rechtlicher Hinsicht anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall darstellt, weil sich die Antragsgegnerin hier zur Feststellung der mit dem Tiefflug verbundenen militärischen Nutzung durch Verwaltungsakt entschieden hat und sich an dieser Entscheidung und deren rechtlichen Anforderungen festhalten lassen muss (vgl. hierzu im Einzelnen sogleich unter b).

Soweit die Antragsgegnerin schließlich sinngemäß geltend macht, dass aus dem in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2000 die Betroffenen seien darauf beschränkt, sich ggf. - wie beim Tiefflug - im Wege der Unterlassungsklage gegen die von dem Truppenübungsplatz ausgehenden Immissionen zur Wehr zu setzen, nicht jedoch zugleich die Berücksichtigung ihrer Belange im Rahmen der Entscheidung über die Fortnutzung des militärischen Geländes beanspruchen können sollen, lässt sich eine derartige Beschränkung der erwähnten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der es - soweit hier von Interesse - lediglich um den Maßstab dafür ging, was ein Grundstückseigentümer an Schießlärm von einem benachbarten Truppenübungsplatz hinzunehmen hat, indes nicht ansatzweise entnehmen.

b) Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Antragstellerin habe ein aus der Fluglärmbelastung folgendes Recht auf gerechte Abwägung auch deshalb nicht zugestanden, weil die An- und Abflüge der Kampfflugzeuge zum bzw. vom Gelände gar nicht Gegenstand der Verwaltungsentscheidung seien, vermag der Senat auf der Grundlage des zur Begründung der Beschwerde Dargelegten ebenfalls nicht zu folgen.

Die Beschwerde meint insbesondere, dass der An- und Abflugverkehr im vorliegenden Fall auf der Grundlage von § 30 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) nach dem Prinzip der freien Streckenwahl im militärischen Luftverkehr stattfinde und beruft sich auf die Erwägungen, mit denen das Bundesverwaltungsgericht ein Anhörungsrecht von Gemeinden bei der Einrichtung von Tieffluggebieten verneint hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994, a.a.O., S. 211 ff.). Das Verwaltungsgericht hat sich mit dieser Entscheidung eingehend auseinander gesetzt (vgl. S. 9 f. des Beschlussabdrucks) und ist zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei den hier in Rede stehenden An- und Abflügen nicht lediglich um allgemeinen Tiefflug handele, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht beurteilt habe, sondern dass die An- und Abflüge im vorliegenden Fall - vergleichbar mit einem Flugplatz - anlagenbezogen und nicht unabhängig von der Nutzung des Truppenübungsplatzes zu beurteilen seien. Zudem habe die Antragsgegnerin "selbst über die Festlegung der Ein- und Ausflugbereiche hinaus den An- und Abflug mit in die Verwaltungsentscheidung einbezogen und damit zu ihrem Gegenstand gemacht" (vgl. S. 10 des Entscheidungsabdrucks). Diese Auffassung ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden (vgl. hierzu bereits Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 27. Dezember 2004 - 3 B 337/03 - LKV 2005, 316, 317 ff., in dem Parallelverfahren der Gemeinde Lärz):

Bei der Bestimmung des Gegenstandes der Verwaltungsentscheidung ist das Verwaltungsgericht zutreffend von der Frage ausgegangen, wie die Entscheidung nach ihrem gesamten Inhalt bei verständiger Würdigung zu verstehen ist. Bei verständiger Würdigung der Entscheidung spricht zunächst vieles dafür, dass jedenfalls Aussagen im Betriebskonzept, die die fliegerische Nutzung des Platzes nach dem Einflug und bis zum (nach Beendigung des Einsatzes erfolgten) Ausflug betreffen, durch die Entscheidung (verbindlich) geregelt werden. Im Entscheidungsausspruch der Verwaltungsentscheidung heißt es insbesondere, dass der Platz "gemäß dem auf der Grundlage der Anhörung modifizierten Betriebskonzept vom 20. Januar 2003 ... weiterhin als Luft-Boden-Schießplatz für ca. 1700 Einsätze pro Jahr genutzt" wird. Das Betriebskonzept betrifft neben dem Verzicht auf den Einsatz scharfer Munition mit Explosivstoffen und der Begrenzung der Gesamtzahl der Einsätze sowie Zielanflüge pro Jahr insbesondere die Festlegung der Zielgebiete und der Platzrunden, die in der Karte zur fliegerischen und sonstigen Nutzung im Einzelnen dargestellt sind, und der eingeschränkten Betriebszeiten für Luft-Boden-Schießeinsätze. Dass die genannten Angaben auch gegenüber Dritten verbindlich sind, ergibt sich aus der Begründung der Verwaltungsentscheidung. Die Antragsgegnerin ist davon ausgegangen, dass gerade die für eine Fortnutzung des Truppenübungsplatzes "auf der Grundlage des modifizierten Betriebskonzeptes" sprechenden Gründe die Interessen und Belange der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften überwiegen (vgl. insbesondere S. 50 der Entscheidung). Bei der Bewertung insbesondere der mit der militärischen Nutzung verbundenen Lärmbelastung ist darauf abgestellt worden, dass die Lärmbelastung zwar zu einer Beeinträchtigung gemeindlicher Gebiete führt, sich "jedoch insbesondere unter Beachtung des modifizierten Betriebskonzeptes ... in einem solchen Rahmen hält, der den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften in dem nicht unmittelbar vom Truppenübungsplatz ... betroffenen Bereich einen hinreichenden Planungsspielraum belässt" (vgl. S. 51 der Entscheidung). Letztere Aussage beruht wiederum maßgeblich auf der Bewertung der Antragsgegnerin, dass der Umfang der beabsichtigten militärischen Nutzung im Hinblick auf die Einwände der Gemeinden zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit "auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt" worden ist (vgl. S. 47 ff. der Entscheidung), und zwar gerade durch die Betriebszeiten, die Begrenzung der Zahl der Einsätze und Zielanflüge sowie die Festlegung der Abwurfziele und der Platzrunden und den Einsatz bloßer Übungsmunition.

Ist mithin davon auszugehen, dass die oben genannten Aussagen des Betriebskonzepts Teil der mit der Verwaltungsentscheidung getroffenen Regelungen sind, so spricht bei verständiger Würdigung vieles dafür, dass es sich mit den Aussagen zu den Überflugbeschränkungen außerhalb des Platzes ebenso verhält. Aus dem Betriebskonzept ergibt sich allgemein zu den An- und Abflügen und zu den Ein- und Ausflugbereichen unter anderem Folgendes: Die An- und Abflüge am Tage außerhalb der Platzgrenzen sind in Richtung auf die "festgelegten Einflugpunkte/-bereiche" bzw. nach Verlassen der "entsprechenden Ausflugpunkte/-bereiche" frei wählbar. Die Anflüge bei Nacht erfolgen innerhalb des in Deutschland eingerichteten Nachttiefflugsystems, der Einflug erfolgt stets über den in der Karte zur fliegerischen Nutzung mit einem grünen Rechteck gekennzeichneten Einflugpunkt. Die Einflüge am Tage erfolgen abhängig von der Einsatzart. Im Standardverfahren erfolgt der Einflug grundsätzlich über einen Einflugpunkt im Norden des Platzes, der in der Karte zur fliegerischen Nutzung durch ein schwarzes Rechteck gekennzeichnet ist. Im Rahmen der taktischen Einsatzverfahren kann der Einflug über jeden der vier in der Karte zur fliegerischen Nutzung violett oder orange gekennzeichneten Bereiche durchgeführt werden, von denen ein violett gekennzeichneter Bereich im Norden des Platzes liegt. Der Ausflug erfolgt bei dem Standardverfahren und während des Nachtflugs über den in der Karte zur fliegerischen Nutzung als schwarzen Kreis gekennzeichneten Ausflugpunkt im Süden des Platzes. Bei den taktischen Einsatzverfahren kann der Ausflug über jeden der in der Karte zur fliegerischen Nutzung violett oder orange gekennzeichneten Bereiche durchgeführt werden. Zu den Flughöhen lässt sich dem Betriebskonzept unter anderem Folgendes entnehmen: Die An- und Abflüge werden am Tage gemäß den in Deutschland geltenden Tiefflugbestimmungen in der Regel oberhalb einer Flughöhe von 1.000 Fuß (ca. 300 m) über Grund durchgeführt. In bestimmten Fällen können sie im Rahmen eines vom Bundesminister der Verteidigung genehmigten Tiefflugkontingentes auch in 500 Fuß (ca. 150 m) über Grund durchgeführt werden. Die Flugzeugbesatzungen sind gehalten, die Flüge auf wechselnden Strecken zu planen, um Belastungskonzentrationen zu vermeiden. Zusätzlich sind alle für Flughöhen unterhalb 1.500 Fuß (ca. 450 m) über Grund festgelegten Überflugverbote von Ortschaften, die einzeln aufgezählt werden.

Die Antragsgegnerin macht insbesondere geltend, dass die Entscheidung mit der Festlegung von Überflugbeschränkungen für bestimmte Regionen keine Regelungen für bestimmte An- und Abflüge treffe, sondern lediglich den auf der Grundlage von § 30 Abs. 1 LuftVG grundsätzlich dem Prinzip der freien Streckenwahl unterliegenden militärischen Flugverkehr mittels Selbstverpflichtung freiwillig beschränkt habe, um die Bevölkerung dadurch zu entlasten. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin spricht indes vieles dafür, dass die Überflugbeschränkungen nicht nur nachrichtlich in der Entscheidung mitgeteilt worden, sondern Teil der darin (verbindlich) getroffenen Regelungen sind. Die Überflugbeschränkungen sind Bestandteil des Betriebskonzepts für den Truppenübungsplatz; in der topografischen Karte zur fliegerischen und sonstigen Nutzung des Geländes werden die Gebiete, die von Überflugbeschränkungen betroffen sind, dargestellt. Der oben zitierte Entscheidungsausspruch der Verwaltungsentscheidung bestimmt das Betriebskonzept vom 20. Januar 2003 insgesamt zur Grundlage der Nutzung des Platzes, ohne dass hinsichtlich der im Konzept enthaltenen Aussagen eine Unterscheidung nach verbindlichen und unverbindlichen Nutzungsregelungen getroffen wird. Im Betriebskonzept spricht weder die Formulierung "Zusätzlich sind alle für Flughöhen unterhalb 1.500 Fuß (ca. 450 m) über Grund festgelegten Überflugverbote von Ortschaften ... in der Umgebung des Truppenübungsplatzes einzuhalten." noch der Text des Konzeptes im Übrigen dafür, dass insoweit keine verbindliche Festlegung für die An- und Abflüge erfolgt ist. Auch die Gründe der Verwaltungsentscheidung sprechen für die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, wenn es dort heißt, dass nach Überprüfung das Betriebskonzept unter Berücksichtigung der gemeindlichen Stellungnahmen unter anderem in der Weise modifiziert wurde, dass "kein Überflug mehr über Ortschaften" erfolgen soll (vgl. S. 17 der Entscheidung).

Das von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren unter Hinweis auf § 30 Abs. 1 LuftVG in den Vordergrund gerückte Prinzip der freien Streckenwahl im militärischen Flugverkehr rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Umstand, dass dieses Prinzip der Antragsgegnerin relativ große Freiheit bei der Gestaltung des militärischen Flugverkehrs einräumen mag, lässt es ihr gleichwohl unbenommen, die ihr eingeräumten Befugnisse in einer Verwaltungsentscheidung der hier in Rede stehenden Art mit bindender Wirkung zu beschränken (vgl. S. 51 f. der Verwaltungsentscheidung). Dass hierbei die Interessen kommunaler Körperschaften und die Wahrung der kommunalen Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) im Vordergrund gestanden haben mögen, ändert nichts daran, dass mit den Überflugbeschränkungen letztlich auch den durch Art. 2 Abs. 2 und Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen betroffener Bürger Rechnung getragen wird. Dafür, dass eine derartige Regelung im vorliegenden Fall getroffen worden ist, spricht übrigens auch, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, die Antragsgegnerin habe "mittels freiwilliger Selbstbeschränkung Überflugverbote erlassen, die der Entlastung der Bevölkerung dienen sollen". Erfolgt eine solche Beschränkung im Rahmen einer Abwägungsentscheidung, die wesentlich darauf gestützt wird, die Belastung der Bevölkerung mit Fluglärm so gering wie unter Wahrung des Verteidigungsauftrages möglich zu halten, so liegt die Überlegung nicht fern, dass die Beschränkung als die Entscheidung tragendes Element gegenüber den Gemeinden und den betroffenen Bürgern in bindender Weise erfolgt.

c) Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung spricht entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch die beabsichtigte fliegerische Nutzung in ihrem Recht auf fehlerfreie Abwägung verletzt wird.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen (vgl. S. 14 ff. des Beschlussabdrucks), dass das in Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG garantierte Recht der Antragstellerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dadurch verletzt worden sei, dass ihre Belange in der angegriffenen Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2003 nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Die Verwaltungsentscheidung sei in Verbindung mit dem Betriebskonzept zur Nutzung des Truppenübungsplatzes der Sache nach eine überörtliche Planungsentscheidung, die einen Interessenausgleich im Wege der praktischen Konkordanz zwischen den verfassungsrechtlich verbürgten Schutzgütern, Rechten und Zielen herzustellen habe, wobei allen denjenigen, deren materiell-rechtlich geschützte Belange betroffen seien, ein Recht auf "gerechte Abwägung" zustehe. Trotz der weiten Gestaltungsfreiheit bei der Neuentwicklung der Truppenübungsplatzkonzeption habe die Antragstellerin neben den gemeindlichen Belangen auch alle anderen rechtlich geschützten Belange, auch diejenigen Privater, ausreichend ermitteln und ernsthaft erwägen müssen. Auch ohne Anhörung der Betroffenen hätten die Belange, die bei der Weiternutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock unter Zugrundelegung des in die Verwaltungsentscheidung vom 9. Juli 2003 eingestellten Nutzungskonzepts in die planerische Abwägung einzustellen seien, unmittelbar aus den jeweils einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen - vorliegend in erster Linie aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz - abgeleitet werden können. Der angegriffenen Verwaltungsentscheidung lasse sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Belange der Antragstellerin von der Antragsgegnerin überhaupt nur gesehen, geschweige denn abwägend in die Entscheidung eingestellt worden seien. Die von der Antragstellerin angeführten Lärmbelastungen und Auswirkungen der festgestellten Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock seien indes jedenfalls nach summarischer Prüfung abwägungserheblich. Die der Verwaltungsentscheidung als Nutzungskonzept zugrunde liegende topografische Karte zum modifizierten Betriebskonzept weise an der südöstlichen Platzgrenze im Abstand von wenigen 100 m zu den Betriebsteilen der Antragstellerin bei Neuglienicke einen taktischen Ein- und Ausflugbereich in einer Breite von 2000 m aus und sehe andererseits an der südlichen Platzgrenze im Abstand von einigen wenigen 100 m zu den Betriebsteilen 1 und 2 der Antragstellerin einen taktischen Ein- und Ausflugbereich in einer Breite von 3500 m vor, in dessen zeichnerisch dargestellter Mitte sowohl die Radarplatzrunde als auch der Nachtflugweg (Ausflugrichtung) verliefen. Der Antragsgegnerin habe sich von Amts wegen aufdrängen müssen, welche nachteiligen, immissionsrechtlich bedeutsamen Wirkungen das festgestellte Nutzungskonzept für die Antragstellerin möglicherweise haben könne, da die baulichen Anlagen der Betriebsteile der Antragstellerin insbesondere bei Rossow, Rägelin, Pfalzheim und Neuglienicke angesichts ihrer Größe und Nähe zum Truppenübungsplatz auf der Karte deutlich zu erkennen seien. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegnerin bei der Beachtung der Belange der Antragstellerin und des diese betreffenden Abwägungsgebotes das der Verwaltungsentscheidung zugrunde liegende Betriebskonzept - zum Beispiel im Hinblick auf die Lage der nördlich der Betriebsteile 1 und 2 vorgesehenen taktischen Ein- und Ausflugbereiche - entsprechend angepasst hätte. Die gegen diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Im Einzelnen:

aa) Soweit die Antragsgegnerin auch in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Verwaltungsentscheidung eine planerische Entscheidung nur hinsichtlich der Nutzung des Platzes, nicht jedoch hinsichtlich der Flugrouten für An- und Abflüge treffe, die sich vielmehr ohne planerische Entscheidung nach § 30 LuftVG richteten, übersieht sie erneut, dass sie die ihr bei der Gestaltung des militärischen Flugverkehrs grundsätzlich zustehende Freiheit in der streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidung mit bindender Wirkung durch der Entlastung der Bevölkerung dienende Überflugverbote selbst beschränkt hat. Dies steht auch nicht etwa in Widerspruch zu § 30 LuftVG. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG dürfen u.a. die Bundeswehr und die auf Grund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen von den Vorschriften des ersten Abschnitts dieses Gesetzes, d.h. der §§ 1 bis 32 c LuftVG - ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG darf von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. Unter der Voraussetzung, dass dies zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend erforderlich ist, stellt § 30 LuftVG die Bundeswehr bei der Zulassung militärischer Flüge mithin auch von den Anforderungen frei, die bei der Festlegung von Flugrouten auf der Grundlage des § 27 a Abs. 2 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) grundsätzlich zu beachten sind. Hierdurch ist aber nicht etwa ausgeschlossen, dass sich der Bundesminister der Verteidigung bei der Festlegung der Flugrouten freiwillig Bindungen unterwirft, indem er An- und Abflugrouten förmlich festlegt, wie dies nach den oben stehenden Ausführungen in der Verwaltungsentscheidung vom 9. Juli 2003 geschehen ist. Nimmt die Antragsgegnerin eine solche förmliche Festlegung vor, um absehbaren Lärmbelästigungen, die ggf. auch Unterlassungsansprüche Dritter zur Folgen haben könnten, Rechnung zu tragen, muss sie sich auch an den hierfür geltenden allgemeinen Abwägungsgrundsätzen festhalten lassen. Denn nach der vom Verwaltungsgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Geltung des Abwägungsgebotes weder von seiner fachgesetzlichen Normierung noch von einer bestimmten Handlungs- oder Verfahrensform ab, sondern folgt vielmehr bereits aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein. Es begrenzt die planerische Gestaltungsfreiheit, die einerseits unerlässlich ist, um entgegengesetzte private und/oder öffentliche Belange auszugleichen, andererseits im Rechtsstaat nicht schrankenlos, sondern nur rechtlich gebunden und gerichtlich kontrollierbar sein kann (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276, 280). Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, dass die Festlegung von Abflugstrecken diesem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot unterliege. Es handele sich um die Verwirklichung einer staatlichen Planungsaufgabe, bei der die in der räumlichen Umgebung des Flughafens auftretenden Probleme und Interessenkonflikte bewältigt werden müssten (BVerwG, a.a.O.). Die Flugroutenbestimmung habe einen planerischen Einschlag, da - etwa hinsichtlich der Flugwege und Flughöhen - ein räumlicher Bezug hergestellt werde und in der Umgebung eines Flughafens Lärmkonflikte bewältigt werden müssten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - NVwZ 2004, 1229, 1232). Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2000 zugrunde liegende Fallgestaltung sei mit der vorliegenden schon vom Ansatz her nicht vergleichbar, weil es um die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Flugroutenfestlegungen für einen Zivilflughafen durch eine Rechtsverordnung des Bundes gegangen sei, während im vorliegenden Fall der militärische Flugverkehr vom und zum Platz ausschließlich auf der Grundlage von § 30 LuftVG ohne die verbindliche Festlegung von Flugrouten stattfinde, und außerdem die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2000 betreffe nur die einzelne zivile Flugroute, nicht aber den Flugplatz selbst betreffe, ist dem nicht zu folgen. Die zur Regelung der Nutzung des Truppenübungsplatzes gehörenden Überflugbeschränkungen und Einflug- bzw. Ausflugpunkte und -bereiche sind im vorliegenden Fall wegen ihres räumlichen Bezuges mit der Festlegung von Flugrouten für einen Zivilflughafen ohne weiteres vergleichbar. An dem "planerischen Einschlag" der Flugroutenbestimmung ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass es sich um militärische Flüge handelt, bei deren Zulassung die Antragsgegnerin nach § 30 LuftVG unter bestimmten Voraussetzungen von den Anforderungen freigestellt ist, die bei der Festlegung von Flugrouten auf der Grundlage des § 27 a Abs. 2 LuftVO grundsätzlich gelten.

bb) Ohne Erfolg macht die Antragsgegnerin ferner geltend, dass das Abwägungsgebot selbst bei unterstellter Regelung der Flugrouten in der Verwaltungsentscheidung allenfalls in der Weise eingeschränkt gelten würde, dass eine Rechtsverletzung nur bei unzumutbaren und willkürlich unberücksichtigt gelassenen Lärmbeeinträchtigungen in Betracht kommen würde. Zwar trifft es zu, dass die Festlegung von An- und Abflugstrecken von und zu zivilen Flugplätzen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur darauf überprüft werden kann, ob bei der rechtsstaatlich gebotenen Abwägung schutzwürdige Belange betroffener Anwohner willkürlich unberücksichtigt geblieben sind (vgl. das mehrfach zitierte Urteil vom 28. Juni 2000, a.a.O., S. 282 ff., sowie das Urteil vom 26. November 2003 - 9 C 6.02 - NVwZ 2004, 473, 475). Ob diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen werden können, ist jedoch fraglich. Denn während die Gestaltungsfreiheit des Luftfahrt-Bundesamtes bei der Festlegung von Flugverfahren im Rahmen des § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO u.a. auch deshalb eingeschränkt ist, weil es keinen Einfluss auf den Umfang des Flugbetriebs hat und sich das Lärmpotenzial des Flugplatzes aus seiner Entscheidungsperspektive als unvermeidbare Folge vorangegangener Verfahren darstellt (vgl. §§ 6 Abs. 2, 9 Abs. 2 LuftVG), die - bei idealtypischer Betrachtung - nicht zuletzt dazu bestimmt sind, die mit dem Flughafenbetrieb verbundenen Lärmprobleme zu bewältigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2003, a.a.O., und vom 24. Juni 2004, a.a.O.), verhält es sich im vorliegenden Fall so, dass gerade auch der Umfang des Flugbetriebes und damit das Lärmpotenzial des Truppenübungsplatzes in der streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidung festgelegt wird. Da die Antragsgegnerin mithin bei der Regelung der Nutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes nicht darauf beschränkt ist, den vorhandenen Lärm gleichsam zu "bewirtschaften", kann sie - anders als das Luftfahrt-Bundesamt - grundsätzlich einen umfassenden Interessenausgleich, wie ihn das Planungsrecht fordert, gewährleisten.

Auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin sind indes die Voraussetzungen einer Verletzung des Abwägungsgebotes erfüllt. Denn als willkürlich ist die Festlegung einer An- und Abflugstrecke jedenfalls dann zu bezeichnen, wenn die Lärmschutzinteressen der Betroffenen nicht einmal im Wege einer generalisierenden Betrachtung in die gebotene Abwägung eingestellt werden. So verhält es sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung hier: Ausweislich der Begründung der Verwaltungsentscheidung vom 9. Juli 2003 (S. 21) haben nur solche von den Gemeinden vorgetragene Belange Berücksichtigung gefunden, die rechtlich der Planungshoheit der Gemeinden zuzuordnen seien. Unter den Belangen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, werden u.a. "wirtschaftliche Auswirkungen" und "Gesundheitsbeeinträchtigungen der Bürger" aufgeführt (S. 23 ff. der Verwaltungsentscheidung). Ergänzend wird ausgeführt, dass im Übrigen auch kein Anlass zur Annahme einer Negativbeeinflussung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region wegen des Truppenübungsplatzes bestehe. Vielmehr werde durch die Stationierung eines Luftwaffenausbildungsbataillons im näheren Umfeld von Wittstock erhebliche Kauf- und Wirtschaftskraft in die Region getragen. Durch die Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock sei aufgrund der ermittelten Lärmwerte auch nicht von zukünftigen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Bevölkerung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 GG auszugehen. Es sei ungeklärt, ob unterhalb der in der Rechtsprechung anerkannten Anhaltswerte für Eigentumsbeeinträchtigungen eine eigenständige Schwelle zur Gesundheitsgefährdung zu ziehen sei. Auch die Lärmwirkungsforschung liefere hierfür keine verbindlichen Anhaltspunkte, da im Bereich der gesundheitlichen Schäden, die nicht das Gehör als solches betreffen, keine ausschließlich durch Lärm verursachte Gesundheitsschäden anerkannt seien. Lärm sei vielmehr regelmäßig nur mitwirkende, mit einer unbestimmten Wahrscheinlichkeit zu Erkrankungen beitragende Ursache neben anderen Schädigungsquellen. Vor diesem Hintergrund verlange die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG nicht, dass auf wissenschaftlich ungeklärter Tatsachengrundlage Grenzwerte definiert werden, weil nachteilige Auswirkungen von Immissionen auf die menschliche Gesundheit nicht ausgeschlossen werden könnten.

Mit diesem Ansatz wird der für die Ermittlung der Abwägungserheblichkeit relevante Maßstab jedoch verfehlt. Erstens erfasst das Abwägungsgebot nach der vom Verwaltungsgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich alle Rechtspositionen und sonstigen rechtlich geschützten Interessen, unabhängig davon, ob diese Belange auch verfassungsrechtlich abgesichert sind. Unbeachtlich sind nur solche Interessen, die entweder objektiv geringfügig oder nicht schutzwürdig sind (vgl. Urteil vom 27. März 1992 - 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96, 101). Auf den Einwand der Beschwerde, dass die genannte Entscheidung ein abfallrechtliches Planfeststellungsverfahren betraf und es sich bei der dortigen Klägerin um eine kommunale Gebietskörperschaft handelte, kommt es nicht an, denn es handelt sich um einen im gesamten Fachplanungsrecht geltenden allgemeinen Grundsatz (vgl. etwa Steinberg/Berg/Wickel, Fachplanung, 3. Aufl. 2000, S. 230 f., Rn 107). Es ist ferner geklärt, dass dem Abwägungsgebot hinsichtlich aller abwägungserheblichen Belange drittschützender Charakter zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215, 220, zum Bauplanungsrecht), also auch hinsichtlich der Lärmschutzinteressen, die unterhalb der Grenze der (verfassungs-)rechtlich geschützten Belange bleiben. Dabei ist davon auszugehen, dass als abwägungserheblicher Belang auch jede Lärmbelastung anzusehen ist, die nicht lediglich als geringfügig einzustufen ist, d.h. auch der unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegende, aber nicht unerhebliche Fluglärm (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332, 341 f., zum Planfeststellungsverfahren). Wegen der planungsähnlichen Wirkungen der Festlegung von Flugrouten ist eine drittschützende Wirkung auch für solche Personen zu bejahen, die keinem unzumutbaren Fluglärm i.S. des § 29b Abs. 2 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) ausgesetzt werden, deren Lärmschutzinteressen aber bei der Abwägungsentscheidung im Rahmen des rechtsstaatlich unerlässlichen Minimums Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004, a.a.O., S. 1232; noch offen gelassen im Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276, 281). Gleiches muss auch für die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung gelten. Zweitens wird mit der von der Antragsgegnerin angesprochenen verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle, bei der die Lärmeinwirkungen gesundheitsgefährdend sind und das Eigentum schwer und unerträglich beeinträchtigt wird, eine äußerste Grenze bezeichnet, die auch der Gesetzgeber nicht überschreiten darf (vgl. Halama/Stüer, Lärmschutz in der Planung, NVwZ 2003, 137, 141) und die damit über einen bloß abwägungserheblichen Belang, der in der Abwägung überwunden werden kann, deutlich hinausgeht. Drittens wäre dem Ansatz der Antragsgegnerin selbst dann nicht zu folgen, wenn die Lärmschutzinteressen der Betroffenen nur insoweit in die Abwägungsentscheidung einzustellen wären, als sie die Grenze zur - verfassungsrechtlich relevanten - Gesundheitsgefahr überschreiten. Denn gerade weil eine trennscharfe Abgrenzung von Gesundheitsgefahr und "bloßer" Belästigung nicht möglich ist, darf das Fehlen exakter Grenzwerte nicht zum Anlass genommen werden, von einer Bewertung der gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Fluglärms vollständig abzusehen.

Der Umstand, dass die Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht in erster Linie Gesundheitsgefahren oder die Beeinträchtigung einer Wohnnutzung geltend macht, sondern durch den Fluglärm nachteilige Auswirkungen auf ihren nach ihren eigenen Angaben mehrere 100.000 Tiere umfassenden Putenbestand befürchtet, ändert an dieser Beurteilung nichts. Die grundsätzliche Abwägungsbeachtlichkeit der Lärmschutzbelange ist nicht davon abhängig, ob durch die Immissionen eine Wohnnutzung oder eine gewerbliche Nutzung beeinträchtigt wird. Geht man - wie dargelegt - davon aus, dass als abwägungserheblich jeder schutzwürdige private Belang und damit auch jede Lärmbelastung anzusehen ist, die nicht lediglich als geringfügig einzustufen ist, d.h. auch der unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegende, aber nicht unerhebliche Fluglärm, sind etwaige Unterschiede in der Schutzbedürftigkeit lärmempfindlicher Nutzungen erst auf der Ebene der Güterabwägung relevant. Insbesondere kommt es für die grundsätzliche Abwägungserheblichkeit entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht darauf an, ob bereits der Schutzbereich des Art. 14 GG berührt ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann auch dahinstehen, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass ein in Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG garantiertes Recht der Antragstellerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt worden sei, oder ob dem schon der - wie die Antragsgegnerin meint - entgegensteht, dass Art. 14 GG einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb allenfalls eine Art Bestandsschutz, nicht aber einen Erwerbsschutz im Hinblick auf Gewinnchancen und Erwartungen in den Fortbestand äußerer Umstünde gewähre. Nur ergänzend sei daher angemerkt, dass die Antragstellerin nicht nur die Beeinträchtigung von Erwerbschancen, sondern auch die Gefahr einer Zerstörung ihres bestehenden Eigentums geltend macht, indem sie nachvollziehbar vorträgt, dass es auf Grund des Flug- und Schießlärms zu erheblichen stressbedingten panikartigen Schreckreaktionen unter den Puten kommen werde mit der möglichen Folge des Verendens einer großen Zahl von Tieren.

cc) Gegen die grundsätzliche Abwägungserheblichkeit der Lärmschutzbelange der Antragstellerin macht die Beschwerde ferner erfolglos geltend, dass die Antragsteller wegen der "tatsächlichen und vor allem plangegebenen Vorbelastung" nur eingeschränkt schutzwürdig seien.

(1) Dass sich die Schutzwürdigkeit eines Gebietes gerade bei der Überprüfung von Planungsentscheidungen neben der Gebietskategorie auch nach der tatsächlichen Lärmvorbelastung bemisst, und eine derartige Vorbelastung sich schutzmindernd auswirken kann, ist allerdings in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. dazu Kühling/Herrmann, Fachplanungsrecht, 2. Auflage 2000, S. 142 f.; Storost, a. a. O., 261 f.). Ein Gebiet ist gegenüber einem Vorhaben um so schutzwürdiger, je mehr es nach der Gebietsart Schutz erwarten kann und je weniger es durch bereits vorhandene Störfaktoren tatsächlich belastet ist. Ist auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse in der Umgebung mit Lärmbeeinträchtigungen zu rechnen, so ist die Zumutbarkeitsgrenze entsprechend zu erweitern (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332, 356 f.). Vorbelastungen können etwa die bisherigen Lärmeinwirkungen eines Flughafens mit der Einschränkung sein, dass sich die Grenze ihrer Berücksichtigung als schutzmindernde Vorbelastung dort ergibt, wo die Fluglärmeinwirkungen bereits vor Ausführung des Vorhabens sowohl nach der Gebietsart als auch im Verhältnis zu anderen Lärmquellen das Maß des Zumutbaren überschreiten (vgl. das bereits zitierte Urteil des BVerwG vom 7. Juli 1978, a. a. O., 69). Entsprechendes gilt für die - in aller Regel unterhalb dieser Grenze liegende - Schwelle, bei deren Überschreitung die Lärmschutzbelange der betroffenen Anwohner in die Abwägung einzustellen sind. Zu den tatsächlichen Lärmvorbelastungen am Standort der Betriebsanlagen der Antragstellerin trägt die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung indes nichts substantiiert vor.

(2) Eine fehlende Schutzwürdigkeit der Lärmschutzinteressen der Antragstellerin ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht aus einer "plangegebenen Vorbelastung" der Grundstücke der Antragstellerin. Eine plangegebene Vorbelastung liegt vor, wenn ein Anwohner aufgrund einer zwar noch nicht verwirklichten, aber bereits verfestigten Planung mit erhöhten Immissionen rechnen muss, da das Maß der zumutbaren Immissionen auch von der Lage des betroffenen Grundstücks abhängt. Diese Wirkung kann auch von einer noch nicht abgeschlossenen Planung ausgehen. Jedoch muss die Planung soweit verfestigt sein, dass der betroffene Grundeigentümer mit der Verwirklichung der Planung und den daraus folgenden Belastungen rechnen muss. In ihrer Wirkung muss die plangegebene Vorbelastung dabei einer tatsächlichen gleichgewichtig sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 1990, a.a.O., S. 126). Hiervon ausgehend ist zwar in Betracht zu ziehen, dass die Betriebsgrundstücke der Antragstellerin wegen der jahrelangen Existenz des Militärareals südöstlich von Wittstock eine lagebedingte Belastung aufweisen, die sie wegen der Situationsgebundenheit ihres Grundeigentums grundsätzlich hinzunehmen hat. Selbst wenn im Ergebnis von einer solchen Situationsgebundenheit hier auszugehen wäre, würde dies indes nicht zur Ausblendung der Lärmschutz-interessen der Antragstellerin aus dem Abwägungsvorgang führen, sondern wäre ggf. auf der nachfolgenden Abwägungsstufe des Ausgleichs widerstreitender Interessen insofern von Bedeutung, als die Belange der Antragstellerin dort nur entsprechend ihrer geminderten Schutzwürdigkeit berücksichtigt zu werden bräuchten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2001 - 11 C 14.00 - NVwZ 2002, 350, 356).

dd) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die unterbliebene Einbeziehung der Lärmschutzinteressen der Antragsteller in die Abwägung nach den - hier möglicherweise entsprechend heranzuziehenden - Grundätzen der Planerhaltung im Fachplanungsrecht (vgl. etwa § 17 Abs. 6c Bundesfernstraßengesetz; § 20 Abs. 7 Allgemeines Eisenbahngesetz; § 29 Abs. 8 Personenbeförderungsgesetz; § 19 Abs. 4 Bundeswasserstraßengesetz) unerheblich sein könnte. Denn jedenfalls lässt sich nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht feststellen, dass die etwa in erster Linie in den Blick zu nehmende Festlegung von Überflugbeschränkungen im Bereich südlich des Geländes bei Einbeziehung der Lärmschutzbelange der Antragstellerin keinesfalls in einer für sie günstigeren Weise, sondern genau so wie geschehen erfolgt wäre. 2. Die Interessenabwägung fällt in Anbetracht des Beschwerdevorbringens auch dann zum Nachteil der Antragsgegnerin aus, wenn nicht ausschließlich nach der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung gefragt wird, sondern die für und gegen ihre sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden.

Für eine sofortige Vollziehung der Verwaltungsentscheidung sprechende Gesichtspunkte ergeben sich insbesondere mit Blick darauf, dass die Landesverteidigung zu den Aufgaben gehört, die der Bund von Verfassungs wegen zu erfüllen hat (vgl. Art. 73 Nr. 1 und Art. 87 a Abs. 1 GG), und dass der Bund sich zur Wahrung des Friedens einem System kollektiver Sicherheit einordnen (vgl. Art. 24 Abs. 2 GG) und sich mit eigenen Streitkräften an Einsätzen beteiligen kann, die im Rahmen solcher Systeme vorgesehen sind und nach ihren Regeln stattfinden (vgl. BVerfG, Urteil vom 12. Juli 1994 - 2 BvE 3/92 u. a. -, NJW 1994, 2207, 2210). Um den sich hieraus ergebenden Anforderungen gerecht zu werden, sind Übungen erforderlich, damit die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte erhalten bleibt (vgl. dazu das bereits zitierte Urteil des BVerwG vom 14. Dezember 2000, a. a. O., 559). Welche Maßnahmen notwendig sind, um die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zu erhalten, ist weitgehend nach politischen Erwägungen und in eigener Verantwortung durch die Antragsgegnerin zu entscheiden (vgl. dazu das bereits zitierte Urteil des BVerwG vom 14. Dezember 1994, a. a. O., 209), was zur Folge hat, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, die beabsichtigten Übungen durchzuführen, aus gerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist. Zur Notwendigkeit der Nutzung gerade des Geländes bei Wittstock hat die Antragsgegnerin in der Verwaltungsentscheidung (vgl. S. 36 f. des Abdrucks) unter anderem nachvollziehbar ausgeführt, dass auf den in Deutschland vorhandenen Luft-Boden-Schießplätzen Nordhorn und Siegenburg nur Übungen im Standardverfahren, welche der Basisausbildung dienen, durchgeführt werden können, nicht aber taktische Einsatzverfahren, mit denen das Gelernte vertieft und der Waffeneinsatz in möglichst realistischen Bedrohungslagen geübt wird, sowie Übungen im Verbund mit bodengebundenen Kräften und das sog. Schulterabwurfverfahren. Ferner hat sie darauf hingewiesen, dass eine vollständige Verlegung der Ausbildungs- und Übungstätigkeit ins Ausland nicht möglich sei, da eine zu große Abhängigkeit entstehe und die Solidarität der Bündnispartner überbeansprucht werden könnte und darüber hinaus aus Gründen der Gegenseitigkeit und Bündnispartnerschaft auch angemessene Übungsmöglichkeiten für die alliierten Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stehen müssten (vgl. S. 33 der Verwaltungsentscheidung).

Die Abwägung der vorstehend dargestellten und der ansonsten für die sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte mit den gegenläufigen Interessen führt indes nicht dazu, dass die Interessen der Antragsgegnerin überwiegen, wie dies in Fällen des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz Nr. 1 bis 3 VwGO), sondern nach vorausgegangener behördlicher Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO Voraussetzung für ein Zurücktreten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin wäre.

Die Aussagen, die nach derzeitigem Erkenntnisstand zum voraussichtlichen Ausgang des Klageverfahrens möglich sind, und die insoweit bestehenden Unsicherheiten gereichen der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung zum Nachteil. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist die Verwaltungsentscheidung nicht offensichtlich rechtmäßig und die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Entscheidung bei summarischer Prüfung rechtswidrig ist, hat in Ansehung des Beschwerdevorbringens Bestand. Wenngleich auf der Grundlage dieser Bewertungen nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass sich die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist, so führen sie doch dazu, dass das Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin gemindert wird.

Nach Lage der Akten ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe ohne die sofortige Nutzung des Geländes für die Zeit bis zum Abschluss des Klageverfahrens zwingend gefährdet wird. Aus den Akten ist ersichtlich, dass derzeit neben der Nutzung der inländischen Plätze bereits im Ausland und über See Ausbildungen und Übungen stattfinden (vgl. S. 33 und 36 des Abdrucks der Verwaltungsentscheidung; S. 8 des Schriftsatzes vom 3. September 2003 in Verbindung mit S. 2 der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 19. August 2003), auf die sich die Antragsgegnerin jedenfalls einstweilen verweisen lassen muss (so schon OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 27. Dezember 2004, a.a.O., S 323).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht gemäß § 72 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) noch auf § 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3407), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) - im Folgenden: GKG a. F. -. Das für den Streitwert maßgebliche Interesse der Antragsteller an der Aufhebung der Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin im Klageverfahren entspricht wertmäßig dem Interesse an einer Klage gegen die Untersagung der Nutzung des hier in Rede stehenden Geländes als Luft-Boden-Schießplatz und als Truppenübungsplatz, das der vormals zuständig gewesene 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg bei Klagen von Gemeinden mit 50.000,- Euro (vgl. etwa den Beschluss vom 24. Juli 2002 - 3 A 58/97 -) und bei Klagen von Anwohnern mit 10 225,84 Euro (20 000 DM) bewertet hat (vgl. etwa den Beschluss vom 25. Juli 2002 - 3 A 56/97 -). Da die Antragstellerin sich in der gewerblichen Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt sehen, ist es im Rahmen der gebotenen Pauschalierung angemessen, für das Hauptsacheverfahren einen Wert von 30.000,- Euro anzusetzen, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Vorläufigkeit einer Entscheidung über die Regelung der Vollziehung zu halbieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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