Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: OVG 3 S 106.07
Rechtsgebiete: AufenthG, VwGO, VwVfG, VwVfGBbg


Vorschriften:

AufenthG § 23 Abs. 1
VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 3 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO § 155 Abs. 4
VwGO § 161 Abs. 2
VwVfG § 45 Abs. 2
VwVfGBbg § 48 Abs. 1
VwVfGBbg § 48 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 3 S 106.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Fitzner-Steinmann sowie die Richter am Oberverwaltungsgericht Burchards und Dr. Peters am 16. April 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. September 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet eingereiste Antragsteller, ein kamerunischer Staatsangehöriger, betrieb in den Jahren 1997 und - nach angeblichem Aufenthalt im Heimatland - 2001 bis 2004 erfolglos ein Asyl- und ein Asylfolgeverfahren. Sein Aufenthalt wurde nach Abschluss des Asylfolgeverfahrens geduldet. Am 15. Juni 2007 erteilte ihm der Antragsgegner eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit dem Erlass Nr. 09/2006 des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 8. Dezember 2006 (Bleiberechtsregelung). Diese Aufenthaltserlaubnis nahm der Antragsgegner im Hinblick darauf, dass der Antragsteller im Juni 2002 rechtskräftig vom Amtsgericht Tiergarten wegen Menschenhandels zu einer Bewährungsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden war, sowie weiter im Hinblick auf die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen durch den Antragsteller mit Bescheid vom 21. August 2007 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurück. Über den hiergegen vom Antragsteller fristgemäß erhobenen Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden worden.

Seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. September 2007 abgelehnt. Dabei hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner habe eine ausreichende Begründung für die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides jedenfalls mit der Antragserwiderung vom 5. September 2007 nachgeholt. Gegen die Rechtmäßigkeit der Rücknahmeverfügung bestünden bei summarischer Prüfung keine Bedenken und ein überwiegendes öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung sei gegeben.

II. Die hiergegen gerichtete Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Das Beschwerdevorbringen, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts bestimmt, rechtfertigt eine Änderung der angefochtenen Entscheidung nicht.

1. Der Antragsteller macht geltend, der angefochtene Beschluss gehe zu Unrecht davon aus, dass die Vollziehungsanordnung des Antragsgegners den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entspreche. Dies greift nicht durch.

a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers war es dem Antragsgegner nicht verwehrt, die in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorgeschriebene schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Rücknahmeverfügung vom 21. August 2007 mit heilender Wirkung nachzuholen.

Diese Frage ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. die Nachweise bei Finkelnburg u.a., Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008, Rz. 750, Fn. 61, sowie bei Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 2. Auflage 2007, Rzn. 33 f. zu § 80 VwGO). Eine höchstrichterliche Klärung ist bislang nicht erfolgt (offen gelassen etwa im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. September 2001 - 1 DB 26.01 -, juris, Rz. 8). Seit geraumer Zeit wird jedoch zunehmend die Möglichkeit bejaht, eine unterbliebene oder unzulängliche Begründung mit heilender Wirkung noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachzuholen (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 25. März 1999, InfAuslR 1999, 409, 410; OVG Greifwald, Beschluss vom 20. November 1998, NVwZ-RR 1999, 409; Beschluss vom 24. Januar 2006, NVwZ-RR 2007, 21, 23; OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2001, InfAuslR 2002, 13; Decker in: Wolff/Decker, a.a.O., Rz. 35; Finkelnburg u.a., a.a.O., Rz. 750; Bücken-Thielmeyer/Kröninger in: Fehlinger u.a., Hk-VerwR/VwGO, 2006, Rz. 44 zu § 80; Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Auflage 2005, § 55, Rz. 40; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, Rz. 27 a zu § 80; Tietje, DVBl. 1998, 124; a.A.: VGH München, Beschluss vom 14. Februar 2002, NVwZ-RR 2002, 646; Funke-Kaiser in: Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, Rz. 48 zu § 80; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, Rz. 87 zu § 80; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage 2006, Rzn. 99, 153 zu § 80; J. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, Rz. 44 zu § 80; Schoch in: Schoch u.a., VwGO, Stand: April 1996, Rz. 179 zu § 80). Auch der Senat ist der Auffassung, dass eine unzulängliche oder unterbliebene Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO mit heilender Wirkung nachgeholt oder ergänzt werden kann (so bereits auch OVG Berlin, Beschluss vom 23. August 1988, OVGE 18, 119, 123/124; Beschluss vom 30. April 1992, LKV 1992, 333). Dies steht im Einklang mit anderen vergleichbaren Regelungen (§ 45 Abs. 2 VwVfG, § 114 Satz 2 VwGO) und dient der Prozessökonomie. Da nach wohl einhelliger Auffassung die Behörde jederzeit befugt ist, eine neue Vollziehungsanordnung zu erlassen (vgl. nur VGH München, Beschluss vom 3. Juni 2002, NJW 2002, 3044; Puttler, a.a.O.), führt die gegenteilige Auffassung zu einer leeren Förmelei, die dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung fremd ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1990, BVerwGE 85, 163, 167). Die Behörde gleichwohl - nach gerichtlicher Aufhebung der den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht genügenden Anordnung - auf den Erlass einer neuen Vollziehungsanordnung zu verweisen, hätte für den betroffenen Bürger eine Verfahrensverdoppelung zur Folge. Schließlich wäre eine solche Verfahrensweise - bei tatsächlich bestehender Eilbedürftigkeit - mit dem Wesen der Anordnung der sofortigen Vollziehung nur schwerlich vereinbar.

Soweit hiergegen eingewendet wird, mit Erwägungen der Prozessökonomie ließen sich unliebsame Formvorschriften stets beiseiteschieben, und es handele sich um rechtlichen Ungehorsam, dem offenbar das Gesetz nicht passe (so Schoch, a.a.O.), ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber, dem die uneinheitliche Haltung insbesondere der Rechtsprechung zu der in Rede stehenden Frage schwerlich entgangen sein dürfte, keinen Bedarf gesehen hat, anlässlich einer der Novellierungen der Verwaltungsgerichtsordnung in den vergangenen Jahren eine eindeutige Regelung einzuführen. Dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, würden in der Rechtsprechung tatsächlich Tendenzen zu rechtlichem Ungehorsam auftreten.

Dass § 80 Abs. 3 VwGO eine abschließende Regelung darstellt, die auch eine analoge Anwendung vom § 45 Abs. 2 VwVfG nicht zulassen soll (vgl. Puttler, a.a.O., Rz. 99; Schoch, a.a.O.), schließt nicht aus, den Rechtsgedanken der letztgenannten Vorschrift zu berücksichtigen. Eine ausdrückliche, der hier vertretenen Auffassung entgegenstehende Regelung trifft § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, so dass der Befund, dass es sich um eine abschließende Regelung handele, letztlich ohne durchgreifende Aussagekraft bleibt.

Die mit § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgten Ziele sind mit einem Verständnis der Vorschrift, das die Möglichkeit einer Begründungsnachholung oder -ergänzung mit heilender Wirkung zulässt, vereinbar. Das Begründungserfordernis soll drei Funktionen erfüllen: Gegenüber der Behörde kommt ihm eine Warnfunktion, gegenüber dem Bürger eine Rechtsschutzfunktion und gegenüber dem angerufenen Gericht eine Informationsfunktion zu (Finkelnburg u.a., a.a.O., Rz. 741; Puttler, a.a.O., Rz. 96; vgl. zur Warnfunktion insbesondere: BVerwG, Beschluss vom 18. September 2001, a.a.O., Rz. 6). Diese Funktionen bleiben auch durch eine erst im gerichtlichen Verfahren nachgeholte oder ergänzte Begründung gewahrt (vgl. Tietje, a.a.O., S. 128/129). Dies gilt entgegen dem Beschwerdevorbringen auch im Hinblick auf die Rechtsschutzfunktion, die dem Bürger die Abschätzung der Erfolgsaussichten eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO ermöglichen soll. Werden die Erfolgsaussichten eines bereits anhängig gemachten Antrags durch die nachgeholte Begründung der Vollziehungsanordnung entscheidend geschmälert, so kann der Antragsteller von der Fortführung des Verfahrens - sei es durch Rücknahme, sei es durch die Erklärung, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, - Abstand nehmen; in einem solchen Fall wird regelmäßig eine für ihn günstige Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 4 VwGO oder nach § 161 Abs. 2 VwGO in Betracht kommen (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 20. November 1998, a.a.O.; Finkelnburg u.a., a.a.O., Rz. 752).

b) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die nachgeholte Begründung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge. Der Antragsgegner habe darauf hingewiesen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im besonderen öffentlichen Interesse liege, weil anderenfalls für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung eine erhebliche Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Ausländern eintrete, deren Antrag auf Gewährung eines Bleiberechts wegen des Vorliegens von Straftaten abgelehnt worden sei. Außerdem habe der Antragsteller für diesen Zeitraum Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung (Beschlussabdruck S. 4).

Dem hält der Antragsteller entgegen, der Antragsgegner habe sich lediglich auf die Rechtmäßigkeit der Rücknahmeverfügung gestützt, was dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO jedoch nicht genüge. Dies geht an dem angefochtenen Beschluss vorbei.

c) Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, für die Frage, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genüge, sei unbeachtlich, ob die hierfür von der Behörde gegebenen Begründungen durchgriffen (Beschlussabdruck S. 4). Hiergegen wendet sich der Antragsteller nicht. Damit kommt es auf seine Darlegungen nicht an, dass - aus seiner Sicht - die vom Antragsgegner vorgetragenen Argumente ungeeignet seien, ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu begründen.

2. Soweit das Verwaltungsgericht die Rücknahmeverfügung für offensichtlich rechtmäßig hält, führt das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

a) Der Antragsteller ist der Auffassung, Rechtswidrigkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 VwVfGBbg erfordere, dass bei Erlass des zurückgenommenen Verwaltungsaktes bestehende Rechtssätze unrichtig zur Anwendung gekommen seien. Daran fehle es in seinem Fall, da die zurückgenommene Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des Erlasses Nr. 09/2006 des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg erteilt worden sei, bei dem es sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um eine innerdienstliche Richtlinie handele, die keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten für den betroffenen Personenkreis begründen könne.

Ein solches, den Anwendungsbereich des § 48 Abs. 1 VwVfGBbg einengendes Verständnis findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze. Ausreichend ist vielmehr jeglicher Rechtsanwendungsfehler (vgl. BVerwG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1984, NJW 1985, 819, 820 = BVerwGE 70, 356). Dafür maßgebend ist allein die objektive Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, die vorliegt, wenn dieser gegen Gesetze oder sonstiges Recht verstößt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, Rz. 51 zu § 48). Im Anwendungsbereich von Verwaltungsvorschriften kann sich die Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergeben (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rz. 54 m.w.N.).

So liegt es hier. Mit dem Gleichbehandlungsgebot in Verbindung mit der Verwaltungspraxis, wie sie in dem Erlass Nr. 09/2006 des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 8. Dezember 2006 niedergelegt ist, war die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den Antragsteller nicht vereinbar. Denn von der Bleiberechtsregelung waren unter anderem diejenigen Ausländer ausgeschlossen, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden waren, wobei Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen grundsätzlich außer Betracht blieben (Nr. 3.4 des Erlasses). Dieses Ausschlusskriterium ist im Falle des Antragstellers durch die gegen ihn am 3. Juni 2002 vom Amtsgericht Tiergarten wegen (vorsätzlichen) Menschenhandels verhängte Freiheitsstrafe von 6 Monaten erfüllt.

Ob vom Antragsteller eine aktuelle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, was die Beschwerde verneint, ist danach nicht entscheidungserheblich. Gleiches gilt für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch den Antragsteller, da das Verwaltungsgericht offen gelassen hat, ob sich die Rechtswidrigkeit der Aufenthaltserlaubnis auch aus diesem Gesichtspunkt ergibt (Beschlussabdruck S. 6).

b) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Antragsgegner auch das ihm in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Ernstliche Zweifel bestünden insoweit nicht; insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass dem Vertrauen des Antragstellers auf den Fortbestand der Aufenthaltserlaubnis nennenswertes Gewicht nicht zugemessen worden sei (Beschlussabdruck Seite 7).

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang die Anforderungen darlegt, denen eine Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg zu genügen habe, und rügt, der Antragsgegner habe "diese Ausgangslage" offensichtlich verkannt, richtet sich das Vorbringen gegen den Bescheid und setzt sich nicht, wie nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlich, mit dem angefochtenen Beschluss auseinander.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller weiter geltend, dass durch die Rücknahme seine umfangreichen Bemühungen zunichte gemacht würden, einen Abschluss der ärztlichen Ausbildung zu erreichen, die stets in Absprache mit dem Antragsgegner erfolgt seien. Diese Ausführungen sind unsubstanziiert. Welche konkreten Dispositionen der Antragsteller im Hinblick auf die von ihm erwartete Möglichkeit getroffen hatte, infolge der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis seine ärztliche Ausbildung weiter betreiben und abschließen zu können, legt er nicht dar. Ein über die innere Erwartungshaltung hinausgehendes schutzwürdiges Vertrauen ergibt sich auch nicht aus der bloßen Tatsache, dass er sich erfolgreich um die Teilnahme an einem erst am 20. August 2007 beginnenden Qualifizierungsseminar beworben hatte. Daher ist auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Antragsgegner hierüber informiert war.

Das Verwaltungsgericht stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, der Antragsteller hätte bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt selbst erkennen können, dass ihm die Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht erteilt worden sei, da ihm sowohl die eigene Vorstrafe als auch die Bleiberechtsregelung bekannt gewesen seien. Der Senat teilt diese Einschätzung ungeachtet des Beschwerdevorbringens. Selbst einem Rechtsunkundigen konnte die Bedeutung einer Freiheitsstrafe für die Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Bleiberechtsregelung nicht verborgen bleiben. Dass der Antragsteller auf Anraten einer Beratungsstelle für Flüchtlinge und einer Rechtsanwältin nur ein Führungszeugnis beantragt und vorgelegt haben will, in das die Verurteilung aus dem Jahre 2002 nicht aufgenommen war, ist lediglich unsubstanziiert behauptet; konkrete Angaben zu Anlass, Zeitpunkt und Inhalt der angeblich vom Antragsteller nachgesuchten Beratungen enthält die Beschwerde nicht. Abgesehen davon beruft sich der Antragsteller erstmals im Rahmen der Beschwerde auf die angeblichen Beratungsgespräche, obwohl sich dahingehender, ihn aus seiner Sicht entlastender Vortrag bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgedrängt hätte. Aus welchen Gründen dieser Vortrag dennoch unterblieben ist, erläutert der Antragsteller nicht. Gleiches gilt für die Behauptung, während eines Gespräches, zu dem ihn die Ausländerbehörde Ende Januar 2007 eingeladen habe, sei ihm mitgeteilt worden, dass die strafrechtliche Verurteilung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegenstehe. Aktenkundig ist insoweit nichts.

Soweit der Antragsteller schließlich bemängelt, es fehle an Ermessenserwägungen zur rückwirkenden Aufhebung der Aufenthaltserlaubnis, grundsätzlich komme die Rücknahme erteilter Aufenthaltstitel nur ex nunc in Betracht, fehlt es an konkreten Darlegungen, dass ein solcher - vermeintlicher - Grundsatz auch in seinem Fall Anwendung finden müsste. Dieser ist nämlich von der Besonderheit geprägt, dass die Rücknahme des Aufenthaltstitels bereits wenige Wochen nach der Erteilung erfolgt ist. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.

Auf die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die Rücknahme für die Vergangenheit dürfte die grundsätzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, diejenigen vom Antragsteller in Anspruch genommenen Leistungen der Grundsicherung anteilig zurückzufordern, die die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz überstiegen (Beschlussabdruck S. 8), kommt es daher ebenso wenig an wie auf das mit der Beschwerde vorgelegte Beschäftigungsangebot vom 5. Oktober 2007.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2. Die Entscheidung über den Wert des Beschwerdegegenstandes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück