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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: OVG 4 B 11.07
Rechtsgebiete: BeamtVG


Vorschriften:

BeamtVG § 12 Abs. 1
BeamtVG § 12 Abs. 4
Die Mindestzeit der Ausbildung eines "anderen Bewerbers" kann nur nach § 12 Abs. 4 BeamtVG als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn sie bei Einstellung in das Beamtenverhältnis als Laufbahnbewerber nach § 12 Abs. 1 BeamtVG hätte berücksichtigt werden können.
OVG 4 B 11.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, den Richter am Oberverwaltungsgericht Lehmkuhl, den Richter am Verwaltungsgericht Maresch, den ehrenamtlichen Richter Hauck und die ehrenamtliche Richterin Koch-Abdelgader für Recht erkannt: Tenor:

Auf die Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. Juli 2005 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei der Beamtenversorgung des Klägers.

Der Kläger studierte vom 1. März 1978 bis 18. Juli 1980 an der Fachhochschule H_____ Bibliothekswesen. Seine zuvor in T_____ und S_____ erbrachten Studienleistungen wurden durch Verkürzung der Studienzeit auf vier Semester berücksichtigt. Ab 1. Juli 1980 wurde der Kläger im Angestelltenverhältnis als Leiter der Zentralbibliothek des I_____ und dann als Diplom-Bibliothekar bei der S_____ tätig. Am 18. Mai 1981 stellte der Bundespersonalausschuss fest, dass der Kläger, der keinen Vorbereitungsdienst abgeleistet hatte, als "anderer Bewerber" für den gehobenen Bibliotheksdienst des Bundes befähigt sei. Daraufhin wurde er mit Wirkung vom 1. August 1981 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Bibliotheksinspektor zur Anstellung ernannt. Am 21. Januar 1985 erfolgte seine Ernennung zum Bibliotheksinspektor unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit.

Durch Bescheid vom 23. August 2000 entschied die Oberfinanzdirektion Cottbus über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten des Klägers als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Berücksichtigt wurden nach §§ 10, 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG die Angestelltenzeiten bei der Z_____ bzw. der D_____. Nicht nach § 12 Abs. 1, Abs. 4 BeamtVG berücksichtigt wurde die Studienzeit des Klägers an der Fachhochschule H_____. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Oberfinanzdirektion Cottbus durch Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2001 zurück. Zur Begründung führte sie an, es könnten nur solche Ausbildungszeiten "anderer Bewerber" berücksichtigt werden, die Laufbahnbewerbern zur Zeit der Übernahme des "anderen Bewerbers" in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben gewesen seien. Zur Zeit der Ernennung des Klägers sei Laufbahnbewerbern ein Fachhochschulstudium des Bibliothekswesens nicht vorgeschrieben gewesen.

Auf die am 27. Februar 2001 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin die Beklagte mit Urteil vom 1. Juli 2005 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Berücksichtigung seiner Ausbildungszeit an der Fachhochschule H_____ vom 1. März 1978 bis 18. Juli 1980 nebst einer Anrechnungszeit von weiteren sieben Monaten als ruhegehaltfähige Dienstzeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die weitergehende Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Berücksichtigung der genannten Zeiten hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht ausgeführt, die Fachhochschulausbildung des Klägers sei dem laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienst mindestens zum Teil gleichartig im Sinne eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 1996; weder die Ausbildungsinhalte noch die praktische Tätigkeit in einer Bibliothek unterschieden sich wesentlich voneinander, geringere Unterschiede könne die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensausübung berücksichtigen. Dass die Gleichartigkeit der Ausbildung genüge, ergebe sich daraus, dass von "anderen Bewerbern" ein bestimmter Vorbildungsgang nicht gefordert werden dürfe; dementsprechend seien auch solche Ausbildungszeiten grundsätzlich ruhegehaltfähig, die jenseits der laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Ausbildung dem Erwerb der Laufbahnbefähigung gedient hätten; dies sei in Bezug auf das Fachhochschulstudium des Klägers der Fall gewesen. Neben den hiernach berücksichtigungsfähigen zwei Jahren und fünf Monaten seien - bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von drei Jahren - weitere sieben Monate berücksichtigungsfähig, die dem Kläger auf seine Studienzeit angerechnet worden seien. Da die Beklagte demgegenüber bereits den Tatbestand des § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG als nicht erfüllt erachtet habe, sei sie durch das Verwaltungsgericht zur Ausübung ihres Ermessens zu verpflichten.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat durch Beschluss vom 28. März 2007 zugelassene Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beanstandet, dass das Verwaltungsgericht eine Gleichartigkeitsbetrachtung zwischen der von dem Kläger absolvierten und der für Laufbahnbewerber vorgeschriebenen Ausbildung durchgeführt habe. Die Anwendung des § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG komme in Betracht, wenn der "andere Bewerber" in eine Laufbahn eingetreten sei, für die ein Laufbahnbewerber eine über die allgemeine Schulbildung hinausgehende Ausbildung vorweisen müsse, die nicht in einem Vorbereitungsdienst bestehe; etwa wenn vor dem Vorbereitungsdienst ein Hochschulstudium abzuschließen sei. Für den "anderen Bewerber", der zwar eine Hochschulausbildung, nicht aber den Vorbereitungsdienst durchlaufen habe, stelle sich dann die Frage, ob diese Hochschulausbildung der für Laufbahnbewerber vorgeschriebenen (Hochschul-) Ausbildung gleichartig sei. Bejahendenfalls könne sie als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, dass nur durch die Berücksichtigung seines Fachhochschulstudiums die von § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG beabsichtigte Gleichstellung "anderer Bewerber" mit Laufbahnbewerbern bewirkt werden könne. Das Fachhochschulstudium sei dem Vorbereitungsdienst der Laufbahnbewerber gleichartig im Sinne von gleichwertig, die Ausbildungsziele seien identisch. Der Gesetzgeber habe nur gänzlich anders geartete Ausbildungsgänge von der Berücksichtigung ausschließen wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Band Personalakte, zwei Bände Vordienstzeiten, ein Band Angestelltenzeiten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Berücksichtigung seiner Ausbildungszeit an der Fachhochschule H_____ vom 1. März 1978 bis 18. Juli 1980 nebst einer Anrechnungszeit von weiteren sieben Monaten als ruhegehaltfähige Dienstzeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Bescheidung. Der ergangene Bescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 23. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 24. Januar 2001 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Anspruchsgrundlage ist nicht § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322). Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG kann die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Das Tatbestandsmerkmal "vorgeschrieben" verlangt mehr als der Begriff "förderlich". "Vorgeschrieben" ist eine Ausbildung, wenn sie aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. Bei der Ausbildung muss es sich um eine allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der Bewerber erfüllen muss, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 C 18.06 -, UA Rn. 22). Das Studium des Bibliothekswesens an der Fachhochschule H_____ war keine solche Einstellungsvoraussetzung für den Kläger. Er ist als "anderer Bewerber" i.S.v. § 21 BBG i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Januar 1977 (BGBl. I S. 1) eingestellt worden. Seine Befähigung für den gehobenen Bibliotheksdienst des Bundes ergab sich nicht daraus, dass er eine vorgeschriebene Ausbildungszeit absolviert hat. Von "anderen Bewerbern" durfte gemäß § 21 Satz 1 BBG ein bestimmter Vorbildungsgang nicht gefordert werden, sofern er nicht für alle Bewerber gesetzlich vorgeschrieben war. Der Antrag an den Bundespersonalausschuss zur Feststellung der Befähigung des Klägers beruhte zwar - neben der Berufserfahrung des Klägers als Leiter der Zentralbibliothek des I_____ sowie als Bibliothekar bei der S_____P_____ _____ - darauf, dass er die Diplomprüfung an der Fachhochschule H_____ bestanden habe, jedoch nicht im Sinne einer normativen Einstellungsvoraussetzung.

Anspruchsgrundlage ist auch nicht § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG. Hiernach können bei anderen als Laufbahnbewerbern ("anderen Bewerbern") Zeiten nach § 12 Abs. 1 BeamtVG als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn und soweit sie für Laufbahnbewerber vorgeschrieben sind. Gemäß § 12 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG gilt, wenn eine Laufbahn der Fachrichtung des Beamten bei einem Dienstherrn noch nicht gestaltet ist, das Gleiche für Zeiten, die bei Gestaltung der Laufbahn mindestens vorgeschrieben werden müssen.

Auf den Kläger ist § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG anwendbar. Es kann dahin stehen, ob für die Abgrenzung zwischen § 12 Abs. 4 Satz 1 und 2 BeamtVG darauf abzustellen ist, dass Laufbahnvorschriften zur Zeit der Einstellung des anderen Bewerbers existierten, oder ob die Laufbahn spätestens bei Abschluss der Ausbildung gestaltet sein musste (offen gelassen von BVerwG, Urteil vom 21. November 1996 - 2 A 5.96 -, juris Rn. 17). Zu beiden Zeitpunkten existierten Laufbahnvorschriften für den gehobenen Bibliotheksdienst des Bundes, nämlich die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Laufbahn des gehobenen Bibliotheksdienstes des Bundes vom 3. August 1964 (GMBl. S. 371) bzw. die Laufbahn-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes an wissenschaftlichen Bibliotheken und Dokumentationsstellen des Bundes (LAPO-gehD-Bibl) vom 16. Dezember 1980 (GMBl. 1981, 11).

Bei dem Fachhochschulstudium des Klägers handelte es sich i.S.v. § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG um "Zeiten nach Absatz 1". § 12 Abs. 1 BeamtVG nennt als Zeit u.a. eine Hochschulausbildung. Hochschulen sind auch die Fachhochschulen (Strötz, in: Fürst u.a, GKÖD, Band 1, Stand Juni 2007, § 12 BeamtVG Anm. 23; Bayer, in: Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG/BeamtVG, Band 2, Stand August 2007, § 12 BeamtVG Anm. 8a).

Die Fachhochschulausbildung des Klägers erfüllt jedoch nicht die weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG, wonach die Ausbildung für Laufbahnbewerber vorgeschrieben sein muss.

§ 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG erfasst Fälle, in denen "andere Bewerber" neben der zu ihrer Laufbahnbefähigung führenden Lebens- und Berufserfahrung einen Teil der Ausbildung absolviert haben, die für Laufbahnbewerber vorgeschrieben ist (Bayer, a.a.O., § 12 BeamtVG Anm. 18a), etwa "andere Bewerber" für den höheren Dienst, die die erste juristische Staatsprüfung abgelegt, jedoch den Vorbereitungsdienst nicht durchlaufen haben (vgl. Verwaltungsvorschriften zum BeamtVG, Ziffer 12.3.2.). Ihre Studienzeit kann als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, soweit sie auch von Laufbahnbewerbern nachzuweisen ist. Der "andere Bewerber" muss die Ausbildung wie ein Laufbahnbewerber zurückgelegt haben, sie müsste nach § 12 Abs. 1 BeamtVG berücksichtigungsfähig sein, wenn die Einstellung in das Beamtenverhältnis als Laufbahnbewerber erfolgt wäre (OVG Münster, Urteil vom 30. Oktober 1995 - 1 A 2135/92 -, juris Rn. 10; Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 4, Stand Juli 2007, § 12 BeamtVG Anm. 32). Diese Auslegung des § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die Ausbildung "für Laufbahnbewerber vorgeschrieben" sein muss.

Die Auslegung nach Sinn und Zweck führt zum gleichen Ergebnis. Laufbahnbewerber - zu denen der Kläger nicht zählt - müssen für einzelne Laufbahnen eine längere Ausbildung als für andere Laufbahnen absolvieren oder es muss eine praktische hauptberufliche Tätigkeit abgeleistet worden sein. Hierdurch können innerhalb derselben Laufbahngruppe einige Bewerber die Laufbahn erst später beginnen, was zu Unterschieden hinsichtlich der ruhegehaltfähigen Dienstzeit führt. Diese Unterschiede werden für Laufbahnbewerber durch § 12 Abs. 1 BeamtVG ausgeglichen (BVerwG, Urteil vom 1. September 2005 - 2 C 28.04 -, NVwZ 2006, 216 [217], Rn. 14; Urteil vom 21. November 1996, a.a.O., Rn. 13). Dabei wird der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht dadurch verletzt, dass nur die vorgeschriebene und nicht auch eine lediglich nützliche Ausbildung berücksichtigt wird. Das der Regelung zugrunde liegende Bestreben, Zeiten einer vorgeschriebenen, längeren Ausbildung auszugleichen, der sich Laufbahnbewerber notwendigerweise unterziehen mussten, ist eine sachgerechte Erwägung, die es rechtfertigt, diese Bewerber günstiger als solche Bewerber zu stellen, deren Laufbahn früher hätte beginnen können, aber durch eine vielleicht nützliche, jedoch nicht vorgeschriebene Ausbildung verzögert wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1967 - II C 27.67 -, BVerwGE 27, 159 [163 f.] zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters).

"Andere Bewerber" wie den Kläger stellt § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG hinsichtlich der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten, die sie wie Laufbahnbewerber zur Erlangung der für die Laufbahn erforderlichen Befähigung abgeleistet haben, den Laufbahnbewerbern gleich (BVerwG, Urteil vom 21. November 1996, a.a.O., Rn. 16; Urteil vom 25. Juni 1992 - 2 A 2.91 -, juris Rn. 20; OVG Magdeburg, Beschluss vom 15. März 2006 - 1 L 346/05 -, juris Rn. 8). Die Gleichstellung wird bewirkt, indem (nur) solche Ausbildungszeiten berücksichtigt werden, die der "andere Bewerber" zurückgelegt hat, um später seine Berufserfahrung erwerben zu können, und die auch bei einem Laufbahnbewerber berücksichtigungsfähig wären, weil sie ihm vorgeschrieben sind. Ansonsten würden "andere Bewerber" gegenüber Laufbahnbewerbern besser gestellt, indem sie Ausbildungszeiten einbringen könnten, deren Berücksichtigung Laufbahnbewerbern verwehrt ist.

Die Entstehungsgeschichte des § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG weist in die gleiche Richtung. Das BeamtVG vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2485) traf eine Regelung über die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten "anderer Bewerber" in § 12 Abs. 3 BeamtVG, der mit Wirkung vom 1. Januar 1992 ohne inhaltliche Veränderung zu Abs. 4 wurde. Ausweislich der Amtlichen Begründung der Bundesregierung (BT-Drs. 7/2505, Seite 48) bezweckte § 12 Abs. 3 BeamtVG eine Anpassung an die Regelung des § 28 Abs. 7 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173). § 28 Abs. 7 BBesG regelte die Festsetzung des Besoldungsdienstalters bei anderen als Laufbahnbewerbern. Diesen "anderen Bewerbern" kam bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) zugute, wenn und soweit sie für Laufbahnbewerber vorgeschrieben war. Diese Regelung wurde in § 12 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG für die Berücksichtigung von Vordienstzeiten übernommen. Dementsprechend kann die Begründung der Bundesregierung zu § 28 Abs. 7 BBesG (BT-Drs. 7/1906, Seite 84) herangezogen werden: "Die Regelung des Absatzes 7 beseitigt Härten in den Fällen, in denen Zeiten einer Ausbildung, hauptberuflichen Tätigkeit usw. nur deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil sie für andere als Laufbahnbewerber nicht vorgeschrieben sind". § 28 Abs. 7 BBesG a.F. als Härtefallregelung bezweckte demnach höchstens die Gleichstellung "anderer Bewerber" mit Laufbahnbewerbern, nicht jedoch eine Besserstellung durch Berücksichtigung von Ausbildungszeiten, die bei Laufbahnbewerbern nicht berücksichtigt werden könnten.

Nach alledem ist das Fachhochschulstudium des Klägers nicht nach § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG berücksichtigungsfähig. Ein Fachhochschulstudium des Bibliothekswesens schrieb für Laufbahnbewerber zur Zeit des Abschlusses der Ausbildung des Klägers die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Laufbahn des gehobenen Bibliotheksdienstes des Bundes vom 3. August 1964 nicht vor. Das Gleiche gilt für die LAPO-gehD-Bibl vom 16. Dezember 1980 in Bezug auf den Zeitpunkt der Einstellung des Klägers in den gehobenen Dienst. Erst durch Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 7. Dezember 1993 (GMBl. 1994, 14) wurde § 40a in die LAPO-gehD-Bibl. eingefügt, wonach als gleichwertige Befähigung gemäß § 27 Abs. 1 BLV für die Laufbahn des gehobenen Dienstes an wissenschaftlichen Bibliotheken die in der Anlage zu § 40a aufgeführten, an allgemeinen Fachhochschulen außerhalb eines Vorbereitungsdienstes erworbenen Abschlüsse der Fachrichtungen Bibliotheks- und Dokumentationswesen anerkannt werden. In der Anlage zu § 40a ist unter anderem der Abschluss als Diplom-Bibliothekar an der Fachhochschule H_____, Fachbereich Bibliothekswesen, aufgeführt. § 27 BLV, auf den § 40a LAPO-gehD-Bibl. sich bezieht, ist Bestandteil des für Laufbahnbewerber geltenden Abschnitts II der BLV und ermöglicht die Einstellung unmittelbarer Laufbahnbewerber unter Verzicht auf Vorbereitungsdienst und Laufbahnprüfung, wenn die Laufbahnbefähigung unter materiell gleichartigen und gleichwertigen Voraussetzungen außerhalb des Beamtenverhältnisses erworben wurde (vgl. Lemhöfer, in: Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand September 2006, § 27 BLV Rn. 1). Ob diese außerhalb des Beamtenverhältnisses erworbene Ausbildung für Laufbahnbewerber im Sinne des § 12 BeamtVG "vorgeschrieben" ist, braucht nicht entschieden zu werden. Jedenfalls kann der Kläger § 40a LAPO-gehD-Bibl. nicht für sich in Anspruch nehmen, da die Vorschrift erst nach seiner Einstellung in den gehobenen Dienst in Kraft getreten ist. Ein bereits eingestellter Bewerber braucht solchen nach seiner Einstellung erlassenen Vorschriften nicht nachzukommen. Dies rechtfertigt es ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, sie ihm im Nachhinein andererseits nicht zugute kommen zu lassen (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1967, a.a.O., S. 164).

Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 1996 (a.a.O.) abgeleitet, dass die Fachhochschulausbildung des Klägers i.S.v. § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG "für Laufbahnbewerber vorgeschrieben" sei. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte der Kläger Bergbau studiert und anschließend den Vorbereitungsdienst für den höheren Dienst des Bergfachs durchlaufen. Später wurde er als "anderer Bewerber" in den höheren Dienst des Bundesnachrichtendienstes übernommen. Das Bundesverwaltungsgericht hielt das Studium des Bergfachs für nicht berücksichtigungsfähig nach § 12 Abs. 4 BeamtVG, da es der für Bewerber für die Laufbahn des höheren Dienstes im Bundesnachrichtendienst vorgeschriebenen Ausbildung nicht gleichartig sei; es sei nämlich in einer anderen Fachrichtung erfolgt (a.a.O., juris Rn. 18). Dem lag zugrunde, dass gemäß § 3 (1) der Laufbahnordnung für den Bundesnachrichtendienst vom 21. August 1957 solche Beamte die Befähigung für die Laufbahnen des höheren Dienstes im Bundesnachrichtendienst besaßen, die durch Ableistung eines Vorbereitungsdienstes und Bestehen der Laufbahnprüfung die Befähigung für eine Laufbahn des höheren nichttechnischen Dienstes in der Allgemeinen und Inneren Verwaltung erworben hatten. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die für die Laufbahn des höheren nichttechnischen Dienstes in der Allgemeinen und Inneren Verwaltung geforderte Ausbildung - gemeint ist offenkundig das Studium der Rechts-, Wirtschafts-, Finanz- oder Sozialwissenschaften, vgl. § 19 Abs. 2 BBG vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551) i.d.F. des Gesetzes vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 993) - einer anderen Fachrichtung angehöre als das Studium des Bergfachs. Das Bundesverwaltungsgericht verglich mithin den von dem dortigen Kläger absolvierten Hochschul-Studiengang mit den für Laufbahnbewerber vorgeschriebenen Hochschul-Studiengängen. Damit ist nicht verbunden, dass (bloße) inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen der Ausbildung des "anderen Bewerbers" und der für Laufbahnbewerber vorgeschriebenen Ausbildung zur Berücksichtigung der Ausbildungszeit nach § 12 Abs. 4 BeamtVG führen können. Im Falle des Klägers ist entscheidend, dass das von ihm absolvierte Fachhochschulstudium weder von der Fachrichtung noch überhaupt für Laufbahnbewerber vorgeschrieben war. Sie mussten kein Fachhochschulstudium absolvieren, sondern nur einen Vorbereitungsdienst. Das vom Kläger durchlaufene Studium wäre für sie nicht berücksichtigungsfähig nach § 12 Abs.1 BeamtVG. Deshalb kann auch der Kläger eine solche Berücksichtigung nicht verlangen; er würde ansonsten in einer mit dem Zweck des § 12 Abs. 4 BeamtVG nicht zu vereinbarenden Weise besser gestellt als Laufbahnbewerber.

Auch die weiter vom Kläger angeführte Rechtsprechung gibt für ein Verständnis des § 12 Abs. 4 BeamtVG in dem von ihm für richtig gehaltenen Sinn nichts her. In seinem Urteil vom 25. Juni 1992 (a.a.O.) hielt das Bundesverwaltungsgericht im Falle einer als Historikerin tätigen "anderen Bewerberin" das von ihr in den USA absolvierte Studium nicht für berücksichtigungsfähig. Bildungsvoraussetzungen müssten grundsätzlich im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben werden (arg. § 122 Abs. 1 BRRG), und der in den USA erworbene Studienabschluss sei nicht vom Bundespersonalausschuss anerkannt worden. In diesem Lichte sei es unbeachtlich, dass der für den höheren Dienst in der Fachrichtung "Historikerin" geforderte Befähigungsnachweis das von der Klägerin im Ausland studierte Fach Geschichte umfasse. Auch hier führten demnach bloße inhaltliche Gemeinsamkeiten mit der für Laufbahnbewerber vorgeschriebenen Ausbildung nicht zur Berücksichtigungsfähigkeit nach § 12 Abs. 4 BeamtVG.

Der Begriff der "Gleichartigkeit" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet hiernach keine zusätzliche oder erweiternde Möglichkeit der Anerkennung von Ausbildungszeiten über die durch das Erfordernis des Vorgeschriebenseins nach § 12 Abs. 4 BeamtVG gezogenen Grenzen hinaus, sondern nur eine Konkretisierung der berücksichtigungsfähigen Zeiten dahin, dass nur solche Ausbildungszeiten berücksichtigungsfähig sind, die der "andere Bewerber" wie ein Laufbahnbewerber zur Erlangung der für die Laufbahn erforderlichen Befähigung abgeleistet hat. Daran fehlt es hier.

Höherrangiges Recht wird durch die Nichtberücksichtigung der Vordienstzeit des Klägers nicht verletzt. Die Anrechnung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig ist kein hergebrachter Grundsatz der Beamtenversorgung i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG. Das vorkonstitutionelle Beamtenrecht enthielt keine Bestimmung, dass Ausbildungszeiten oder förderliche Vordienstzeiten zu einer Erhöhung des Ruhegehalts beitragen müssen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2007, a.a.O., UA Rn. 30).

Da nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 4 BeamtVG nicht erfüllt sind, kann der Kläger keinen Anspruch auf erneute Bescheidung haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "für Laufbahnbewerber vorgeschrieben" in § 12 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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