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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: OVG 4 B 17.08
Rechtsgebiete: 2. BesÜV, VwGO, ZPO, BBesG, BerlHG


Vorschriften:

2. BesÜV § 1 Satz 1
2. BesÜV § 2
2. BesÜV § 2 Abs. 1
2. BesÜV § 2 Abs. 1 Satz 1
2. BesÜV § 4
2. BesÜV § 7
2. BesÜV § 7 Abs. 3 a.F.
2. BesÜV § 7 Abs. 3 Satz 1
VwGO § 173 Satz 1
ZPO § 264 Nr. 2
BBesG § 73
BerlHG § 100 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 B 17.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 14. August 2008 durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Lehmkuhl, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel, den Richter am Verwaltungsgericht Rüsch und die ehrenamtlichen Richter Saliter und Siering für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Zuschusses nach § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) rückwirkend ab 1. Januar 1996.

Der am 22. Juli 1937 geborene Kläger studierte von September 1955 bis März 1956 an der Hochschule für Musik in Leipzig. Von April 1956 an besuchte er die Hochschule für Musik in Berlin (West), an der er im Juli 1961 seine Abschlussprüfung im Fach Klavier bestand. Ebenfalls im Juli 1961 legte er die Staatliche Privatmusiklehrerprüfung ab. Im November 1961 zog der Kläger in die DDR zurück. Dort gab er zunächst vor allem privaten Musikunterricht. Nach einem Vorspiel vor dem stellvertretenden Kulturminister der DDR ermöglichte ihm dieser die Teilnahme am Internationalen Schumann-Wettbewerb in Zwickau im November 1963. Von 1964 bis 1966 war der Kläger als "Aspirant" an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" in Berlin (Ost) tätig. Im September 1966 erhielt er dort einen Lehrauftrag zur Unterrichtung von Klavierstudenten im Nebenfach und übernahm zeitweise als Vertreter auch eine Hauptfachklasse. Ab September 1967 war der Kläger als Assistent beschäftigt, ab September 1969 als Oberassistent. Im Januar 1973 wurde ihm die facultas docendi (Lehrbefähigung) erteilt, im Februar 1975 wurde er zum Dozenten, im September 1988 zum Professor berufen.

Nach der Wiedervereinigung war der Kläger zunächst weiterhin als angestellter Professor tätig. Am 3. Dezember 1992 wurde er zum Professor an einer Kunsthochschule an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe C 3 eingewiesen. Er erhielt eine nach Maßgabe der 2. BesÜV abgesenkte Besoldung. Mit Ablauf des 30. September 2002 trat der Kläger in den Ruhestand.

Im Dezember 1995 beantragte er, ihn ohne diese Absenkung zu besolden. Dies lehnte die Hochschule mit (bestandskräftig gewordenem) Bescheid vom 25. Januar 1996 ab.

Mit Schreiben vom 16. März 2000 beantragte der Kläger, ihm rückwirkend ab 1. Januar 1996 ungekürzte Bezüge zu gewähren. Zur Begründung bezog er sich auf einen Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Dresden, welches die abgesenkte Besoldung für verfassungswidrig gehalten hatte. Den Antrag lehnte die Hochschule für Musik "Hanns Eisler" mit Bescheid vom 3. April 2000 ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 19. Mai 2004 unter Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als unbegründet zurück.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er zunächst vorgetragen, die gekürzte Besoldung für Beamte im Beitrittsgebiet verstoße gegen europäisches Recht. Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat er zuletzt geltend gemacht, er habe die Befähigungsvoraussetzungen für seine Ernennung zum Professor überwiegend im Bundesgebiet, nämlich während seines Studiums im Westteil Berlins erworben.

Die auf Aufhebung der Bescheide und Nachzahlung der (unbezifferten) Differenzbeträge seit 1996 nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 12. Januar 2007 abgewiesen. Zur Begründung heißt es darin, das Gericht könne sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger (zeitlich) zumindest die Hälfte seiner Befähigungsvoraussetzungen für die Berufung zum Professor im ehemaligen Bundesgebiet erworben habe. Einer Studienzeit dort von fünf Jahren und vier Monaten stehe eine siebenmonatige Studienzeit sowie eine vierzehnjährige künstlerische und Lehrtätigkeit im Beitrittsgebiet bis zur Erteilung der facultas docendi gegenüber. Der berufliche Werdegang des Klägers in der DDR spreche gegen die Annahme, die Berufungsvoraussetzungen hätten bereits zu einem so frühen Zeitpunkt vorgelegen, dass die Studienzeit im ehemaligen Bundesgebiet zeitlich überwiege. Es könne heute weder die genaue Entwicklung der pädagogischen und künstlerischen Befähigung des Klägers nach Abschluss seines Studiums nachgezeichnet noch ermittelt werden, wann genau er die Berufungsreife erreicht habe.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 9. Mai 2008 zugelassene Berufung des Klägers. Er beanstandet im Wesentlichen, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, insbesondere keine Unterlagen aus dem Archiv der Hochschule beigezogen, aus denen sich sein beruflicher Werdegang und die Entwicklung seiner Befähigung ableiten lasse. Tatsächlich habe er bereits zu Beginn seiner Tätigkeit an der Musikhochschule Lehraufgaben übernommen und die erforderliche pädagogische und künstlerische Eignung schon nach kurzer Zeit, nämlich innerhalb von weniger als fünf Jahren ab Beginn seiner "Aspirantur" im Jahre 1964 erworben. Dies belegten verschiedene Stellungnahmen seiner damaligen Vorgesetzten. Nach dem Hochschulsystem der DDR hätten an künstlerischen Hochschulen bereits die Assistenten vollwertige Lehraufgaben übernommen. Nicht maßgeblich sei der Zeitpunkt der Verleihung der facultas docendi bzw. der Berufung zum Dozenten. Diese habe sich verzögert, weil er politisch nicht angepasst gewesen sei und im Westen studiert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Januar 2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. September 2002 54.487,42 Euro, vom 1. Oktober 2002 bis 31. Mai 2004 2.410,84 Euro, ab 1. Juni 2004 die monatliche Differenz zwischen den nach Maßgabe der 2. BesÜV gekürzten und den ungekürzten Versorgungsbezügen, jeweils nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Einstellungsvoraussetzungen hätten frühestens zum Zeitpunkt der Berufung des Klägers zum Professor in der DDR im Jahre 1988 vorgelegen; damit überwiege die im Beitrittsgebiet verbrachte Zeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Personalakte des Klägers (2 Bände), die Versorgungsakte des Landesverwaltungsamtes (2 Bände) und drei weitere Verwaltungsvorgänge (betr. Vordienstzeiten, Kindergeld und Nebentätigkeit), Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig. Die Bestandskraft des Bescheides vom 25. Januar 1996, mit dem die Beklagte ein gleich lautendes Begehren des Klägers abgelehnt hatte, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Abgesehen von der Frage, ob mit diesem Bescheid eine Regelung für den gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum getroffen wurde, hat die Beklagte sich jedenfalls nicht auf die Bestandskraft berufen, sondern mit dem hier angefochtenen Bescheid eine erneute Regelung getroffen und so den Klageweg eröffnet. Soweit der Kläger sein Nachzahlungsbegehren erstmals mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 16. Juni 2008 beziffert hat, ist dies gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen. Denn der Kläger hat ohne Änderung des Klagegrundes lediglich den bereits zuvor geltend gemachten Nachzahlungsanspruch (teilweise) beziffert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 91 Rn. 9; Greger in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 264 Rn. 3 ff.).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf ungekürzte Besoldung bzw. (ab Oktober 2002) Versorgung. Der dieses Begehren ablehnende Bescheid vom 3. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Rechtliche Grundlage für die Besoldung des Klägers ist § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 der auf Grund des § 73 BBesG erlassenen Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 779), zuletzt neu gefasst am 27. November 1997 (BGBl. I S. 2765). Gemäß § 1 Satz 1 der 2. BesÜV sind für Beamte, die nach dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verwendet werden, die Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes und die zur Regelung der Besoldung erlassenen besonderen Vorschriften anzuwenden, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Für Beamte, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, betragen die Dienstbezüge gemäß § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV nur einen bestimmten prozentualen Anteil der für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge; dieser stieg im hier streitigen Zeitraum von 84 v.H. (1996) in mehreren Schritten auf 92,5 v.H. (seit 1. Januar 2004) an.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV. Denn er wurde von seiner Ernennung im November 1992 an bis zum Eintritt in den Ruhestand im Oktober 2002 im Beitrittsgebiet, nämlich im früheren Ostteil Berlins, verwendet. Zwar war er bereits vor seiner Ernennung zum Beamten im Angestelltenverhältnis bei der Beklagten tätig. Dies ändert aber nichts daran, dass er im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV erstmalig im Jahr 1992 ernannt wurde. Denn privatrechtliche Anstellungsverhältnisse stehen einer beamtenrechtlichen Ernennung in diesem Sinne nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 1998 - 2 B 64.98 -, juris Rn. 5).

Die Gewährung abgesenkter Besoldung im Beitrittsgebiet verstößt weder gegen nationales Verfassungsrecht noch gegen europäisches Recht (vgl. zuletzt Urteile des Senats vom 3. Mai 2007 - OVG 4 B 21.05 u.a. -, Abdruck S. 7 ff. m.w.N.).

Die 2. BesÜV ist auch auf den Kläger als Hochschullehrer anwendbar. Denn § 2 erfasst alle Arten von Beamten, also auch beamtete Hochschullehrer (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2007 - 2 C 13.06 -, juris Rn. 10).

Dies gilt auch für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum 24. November 1997. Zwar bestimmte die 2. BesÜV in ihrer bis 24. November 1997 geltenden Fassung (a.F.) in § 7 Abs. 3 Satz 1 noch, dass bis zur Anpassung des Hochschulrechts an die Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes (unter anderem) die Vorschriften dieser Verordnung nicht für Hochschullehrer gelten sollten, "denen noch kein Amt verliehen war". Zu dieser Gruppe gehörte auch der Kläger. Mit dieser Formulierung sollten nur solche Hochschullehrer von Anfang an in den Geltungsbereich der 2. BesÜV einbezogen werden, denen schon im Bundesgebiet ein Amt verliehen war, die also - anders als der Kläger- als Hochschullehrer in das Beitrittsgebiet wechselten (vgl. BR-Drs. 215/91, S. 23 und 28; Battis, LKV 1992, 12, 13).

§ 7 Abs. 3 Satz 1 a.F. steht einer Anwendung der 2. BesÜV auf den Kläger jedoch deswegen nicht entgegen, weil das Hochschulrecht in Berlin bei Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums im Januar 1996 an die Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes (HRG) angepasst war. Hintergrund dieser Regelung ist der Einigungsvertrag, der den neuen Ländern aufgab, bis zum 3. Oktober 1993 den Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes entsprechende Landesgesetze zu erlassen und dabei auch die Übernahme des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der Hochschulen in die nach diesem Gesetz vorgesehenen Rechtsverhältnisse zu regeln (Anlage I, Kapitel XVI, Sachgebiet A, Abschnitt II, Nr. 2 Buchst. e zu § 72 HRG sowie Buchst. f zu § 75 a HRG; vgl. BR-Drucks. 813/90, S. 20 zur 1. BesÜV). Das Land Berlin hat zu diesem Zweck das Gesetz zur Ergänzung des Berliner Hochschulgesetzes vom 18. Juli 1991 (GVBl. S. 176) und das Gesetz über die Übernahme des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der Hochschulen im Ostteil Berlins in Rechtsverhältnisse nach dem Berliner Hochschulgesetz vom 11. Juni 1992 (GVBl. S. 191) erlassen und das Landesrecht so an die Struktur des Hochschulrahmengesetzes angepasst. Die 2. BesÜV war in Berlin von diesem Zeitpunkt an auch auf Hochschullehrer anwendbar.

Dagegen spricht nicht, dass § 7 Abs. 3 der 2. BesÜV a.F. erst mit Wirkung vom 25. November 1997 aufgehoben wurde (Art. 1 Nr. 3 der 4. Verordnung zur Änderung der 2. BesÜV vom 17. November 1997, BGBl. I S. 2713). Schon in der amtlichen Begründung zu § 7 Abs. 3 der 2. BesÜV a.F. (BR-Drucks. 215/91, S. 23) heißt es, die Anwendung des BBesG bleibe bis zur "jeweiligen" landesrechtlichen Anpassung des Hochschulrechts an die Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes ausgesetzt. Die Aufhebung von § 7 Abs. 3 wurde 1997 damit begründet, dass Teile des § 7 "gegenstandslos geworden" seien und deshalb entfallen könnten (BR-Drucks. 449/97, S. 6). Beide Formulierungen belegen, dass die 2. BesÜV nach Anpassung des Landesrechts an das HRG gewissermaßen "automatisch" Anwendung finden sollte und die Aufhebung von § 7 Abs. 3 nur deklaratorisch erfolgte.

Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar hat es ausgeführt, die Vorschriften der 2. BesÜV seien "seit dem 25. November 1997" auch auf Hochschullehrer anwendbar (vgl. Urteil vom 1. März 2007 - 2 C 13.06 -, juris Ls. 1 und Rn. 10 f.). Allerdings ging es in dem Fall um Bestandsschutz für einen Hochschullehrer, der nach 1997 im Beitrittsgebiet ernannt wurde und dort zuvor bereits Richter war. Die hier interessierende Frage, ob die 2. BesÜV auch auf Hochschullehrer anwendbar ist, die - wie der Kläger - vor 1997 ernannt wurden, stellte sich in jenem Fall nicht.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zur Ergänzung seiner Dienstbezüge (bzw. ab Oktober 2002 auf eine entsprechende Erhöhung seiner Versorgungsbezüge) gemäß § 4 der 2. BesÜV. Maßgeblich ist, da der Kläger vor dem 24. November 1997 ernannt wurde, die bis dahin geltende Fassung der Vorschrift (vgl. § 12 der 2. BesÜV in der Fassung des Art. 1 Nr. 6 der 4. Verordnung zur Änderung der 2. BesÜV vom 17. November 1997, BGBl. I S. 2713). Danach erhalten Beamte, Richter und Soldaten mit Anspruch auf Besoldung nach § 2, wenn sie auf Grund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt werden, einen ruhegehaltfähigen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen.

§ 4 der 2. BesÜV ist auf den Kläger als Hochschullehrer nicht anwendbar, weil er nicht aufgrund von "Befähigungsvoraussetzungen" in diesem Sinne ernannt wurde. Das Amt des Hochschullehrers ist kein Laufbahnamt (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 HRG) und der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen passt deshalb für dieses Amt nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2007 - 2 C 13.06 -, juris Rn. 10; zum kommunalen Wahlbeamten: Urteil vom 27. Februar 2001 - 2 C 4.00 -, juris Rn. 15 ff.; a.A. ohne Begründung Schinkel/Seifert in: GKÖD Bd. III, Stand: April 2008, K § 73 BBesG/2. BesÜV, § 4 Rn. 4; Schwegmann/Summer, BBesG, Stand: März 2008, IV/24, § 4 2. BesÜV Rn. 3).

Den Begriff "Befähigungsvoraussetzungen" definieren weder die 2. BesÜV noch sonstige besoldungsrechtliche Vorschriften. Er entstammt dem Laufbahnrecht und umfasst sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, die die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 13. November 2003 - 2 BvR 1883.99 -, juris Rn. 31 ff., und vom 9. September 2004 - 2 BvR 669.02 -, juris Rn. 33 ff.), dem das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung folgt (Urteil vom 25. Mai 2004 - 2 C 69.03 -, juris Rn. 14), gehört bei Beamten der Laufbahnen des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes hierzu regelmäßig (nur) der Vorbereitungsdienst und - soweit vorgesehen - die Laufbahnprüfung. Bei Beamten des höheren Dienstes sind dies regelmäßig Hochschulstudium und Vorbereitungsdienst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvR 709.99 -, juris Rn. 41 ff.).Qualifikationsunterschiede, die sich aufgrund von Ausbildung und beruflicher Erfahrung im Übrigen ergeben, sind nicht Gegenstand der Zuschussregelung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2001, a.a.O., Rn. 19).

Das vom Kläger ausgeübte Amt eines Professors an einer Kunsthochschule setzt keine Laufbahnbefähigung in diesem Sinne voraus. Einstellungsvoraussetzungen für solche Professoren sind gemäß § 100 Abs. 1 des Berliner Hochschulgesetzes - BerlHG - in seiner (soweit hier interessierend) seit 1990 unveränderten Fassung neben den allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen mindestens ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Nr. 1), pädagogische Eignung, die in der Regel durch Erfahrungen in der Lehre oder Ausbildung nachgewiesen wird (Nr. 2), besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit (Nr. 3) und darüber hinaus zusätzliche künstlerische Leistungen (Nr. 4 Buchst. a).

Bis auf die erste, das Hochschulstudium, sind diese Einstellungsvoraussetzungen (pädagogische Eignung, besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit, zusätzliche künstlerische Leistungen) nicht "laufbahnähnlich" geregelt; sie sind den Voraussetzungen für die Laufbahnbefähigung eines Beamten nicht vergleichbar (a.A. wohl OVG Weimar, Urteil vom 8. November 2005 - 2 KO 1003.03 -, Abdruck S. 11 ff., allerdings ausdrücklich nur bezogen auf das hier nicht relevante Erfordernis besonderer Leistungen in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, s. Abdruck S. 13). Denn diese weiteren Einstellungsvoraussetzungen sind nicht - wie bei einem Laufbahnbeamten ein erfolgreich absolvierter Vorbereitungsdienst oder eine bestandene Laufbahnprüfung - objektiv feststellbar, sondern beruhen auf einer Bewertung des Bewerbers, die der Hochschule vorbehalten ist, welche über die Berufung eines Professors zu entscheiden hat. Es lässt sich - anders als bei den allgemeinen Laufbahnvoraussetzungen - bei diesen weiteren Einstellungsvoraussetzungen auch nicht exakt bestimmen, wann sie jeweils vorliegen. Dies gilt schon für die pädagogische Eignung, die bei langjähriger Unterrichtstätigkeit regelmäßig mit der Zeit zunehmen wird, ohne dass klar wäre, wann sie das erforderliche Maß erreicht hat. Noch weniger lässt sich der genaue Zeitpunkt festlegen, zu dem eine besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit vorliegt oder zusätzliche künstlerische Leistungen erbracht sind. Diese Begriffe sind ohnehin schwer bestimmbar (vgl. etwa Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl., 2004, Rn. 668, 670; Epping in: Leuze/Epping, Hochschulgesetz NRW, Stand: März 2005, § 46 Rn. 53; Krüger in: Hailbronner/Gais, Hochschulrahmengesetz, Stand: Juni 2007, § 44 Rn. 15 und 45).

Das Problem der fehlenden zeitlichen Bestimmbarkeit ist von besonderer Bedeutung, weil die Frage, ob die Befähigungsvoraussetzungen "im bisherigen Bundesgebiet" erworben wurden, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausschließlich ortsbezogen zu beurteilen ist. Es kommt maßgeblich darauf an, ob der (Laufbahn-)Beamte die als Befähigungsvoraussetzungen bestimmten Ausbildungen und Prüfungen an einem Ort im ehemaligen Bundesgebiet oder im Beitrittsgebiet absolviert hat. Die Befähigungsvoraussetzungen gelten - bei einer teils in Ost, teils in West durchgeführten Ausbildung - auch dann als im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn die dort absolvierten Teile der Ausbildung zeitlich mindestens die Hälfte der Gesamtausbildung ausmachen (vgl. Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, juris Rn. 16 ff.). Überträgt man dies auf Hochschullehrer an einer Kunsthochschule, lässt sich die Frage, wo die Einstellungsvoraussetzungen gemäß § 100 Abs. 1 BerlHG zeitlich überwiegend erworben wurden, regelmäßig nur für das Hochschulstudium nach dem jeweiligen Sitz der Hochschule eindeutig beantworten. Wo ein Hochschullehrer künstlerische Leistungen erbracht hat, lässt sich hingegen im Nachhinein allenfalls punktuell - etwa für den Ort eines Konzerts oder einer Rundfunkaufnahme - bestimmen, nicht aber für den gesamten Zeitraum des Erwerbs dieser Einstellungsvoraussetzungen. Das macht die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Übersicht über seine künstlerische Tätigkeit zwischen 1958 und 1991 deutlich.

Da - wie dargestellt - schon der Zeitpunkt, zu dem die notwendigen Einstellungsvoraussetzungen vollständig vorlagen, nicht exakt bestimmbar ist, lässt sich erst recht nicht feststellen, ob diese Einstellungsvoraussetzungen zeitlich überwiegend im Bundesgebiet oder im Beitrittsgebiet erworben wurden. Die auf Befähigungsvoraussetzungen von Laufbahnbeamten zugeschnittene Vorschrift des § 4 der 2. BesÜV lässt sich deshalb auf die Einstellungsvoraussetzungen von Hochschullehrern nicht anwenden.

3. Die Klage hat aber auch dann keinen Erfolg, wenn § 4 der 2. BesÜV auf den Kläger als Hochschullehrer Anwendung finden sollte und man - entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Laufbahnbeamten - berücksichtigt, wo er die Einstellungsvoraussetzungen nach § 100 Abs. 1 BerlHG überwiegend erworben hat.

Der Kläger hat von seinem Studium 7 Monate (September 1955 bis März 1956) in Leipzig und damit im Beitrittsgebiet absolviert, 64 Monate (5 Jahre und 4 Monate, von April 1956 bis Juli 1961) im Westteil Berlins, also im Bundesgebiet. Dabei kommt es nicht darauf an, dass er nach eigenen Angaben das Studium in Leipzig abgebrochen und in Berlin neu begonnen hat; maßgebend ist die gesamte Studienzeit im Fach Klavier. Die Befähigungsvoraussetzungen wären nur dann im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn der Kläger die (weiteren) Einstellungsvoraussetzungen innerhalb von höchstens 57 Monaten nach Abschluss des Studiums erworben hätte, weil nur in diesem Fall die im Bundesgebiet absolvierten Teile zeitlich mindestens die Hälfte der Gesamtausbildung ausmachten.

Dabei geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass er zwischen seiner Übersiedlung in die DDR im November 1961 und einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 1963 aus politischen Gründen an der Fortsetzung seiner künstlerischen Laufbahn gehindert war. Spätestens als er - im November 1963 - am Internationalen Schumann-Wettbewerb in Zwickau teilnehmen durfte, bestanden diese Hinderungsgründe nicht mehr. Beginnend im November 1963 waren die 57 Monate im Juli 1968 abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seine Aspirantur (1964 bis 1966), den Lehrauftrag (Studienjahr 1966/67) und die erste Hälfte seiner Assistenzzeit (1967 bis 1969) an der Hochschule absolviert. Damals war weder die pädagogische Eignung durch Erfahrungen in der Lehre in ausreichendem Maße nachgewiesen (§ 100 Abs. 1 Nr. 2 BerlHG) noch hatte der Kläger genügend zusätzliche künstlerische Leistungen (§ 100 Abs. 1 Nr. 4 BerlHG) erbracht.

Ausgangspunkt für diese Beurteilung sind die Anforderungen an die Übertragung der in Rede stehenden C-3-Professur. Darauf, zu welchem Zeitpunkt der Kläger in der DDR hätte Professor werden können, kommt es hier nicht an, dementsprechend auch nicht auf die Gründe für die von ihm geltend gemachten Verzögerungen in seiner beruflichen Laufbahn. Die Konkretisierung der Anforderungen obliegt der Hochschule, die insoweit einen eigenen Beurteilungsspielraum hat (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 8. November 2005 - 2 KO 1003.03 -, Abdruck S. 15), hier konkret der Struktur- und Berufungskommission der Beklagten. Diese hat die Einstellungsvoraussetzungen im Fall des Klägers dadurch als erfüllt angesehen, dass er durch "langjährige Lehrtätigkeit" an der Hochschule für Musik seine pädagogische Eignung, "durch internationale Konzerttätigkeit und zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen" die besondere Befähigung zu künstlerischer Arbeit sowie zusätzliche künstlerische Leistungen nachgewiesen habe. Gemessen hieran ist auszuschließen, dass der Kläger schon Mitte des Jahres 1968 die Einstellungsvoraussetzungen für die ihm 1992 übertragene C-3-Professur erfüllt hat.

Im Juli 1968 stand der Kläger erst am Beginn seiner langjährigen Lehrtätigkeit an der Hochschule. Im Laufe seiner Beschäftigung übernahm der Kläger zunehmend Unterrichtsaufgaben, beginnend mit drei oder vier Studenten während der Aspirantur (1964-1966). Im Rahmen des Lehrauftrags (1966/67) unterrichtete er 17 Nebenfachstudenten, zudem vertretungsweise eine Klasse Hauptfachstudenten. "Eigene" Hauptfachstudenten übernahm er erst 1969. Die für eine Berufung zum Professor erforderliche fundierte Unterrichtserfahrung, gerade auch mit Studenten im Hauptfach und über einen längeren Zeitraum, lag im Juli 1968 noch nicht vor.

Die nationale und internationale Konzerttätigkeit des Klägers begann nach seinen Angaben erst nach dem Abschluss eines entsprechenden Vermittlungsvertrages mit der staatlichen "Deutschen Künstleragentur GmbH" Ende des Jahres 1966. Auch wenn es bis Juli 1968 schon einige Rundfunkaufnahmen des Klägers gegeben hat, lagen zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Mit der Einspielung von Schallplatten begann der Kläger ohnehin erst ab 1968. Das künstlerische Werk des Klägers war somit im Juli 1968 erst in der Entstehung und hatte noch nicht den für eine Berufung zum Professor erforderlichen Umfang erreicht.

Die Struktur- und Berufungskommission der Beklagten war im Übrigen im Jahre 1992 der Ansicht, die Qualifikation des Klägers entspreche "nicht einer C 4"; diese Einschätzung wäre unverständlich, wenn der Kläger, wie er vorträgt, tatsächlich schon seit fast 25 Jahren die Berufungsvoraussetzungen erfüllt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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