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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 20.03.2008
Aktenzeichen: OVG 4 B 18.07
Rechtsgebiete: GG, BeamtVG, VwVfG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
BeamtVG § 11
BeamtVG § 55
VwVfG § 40
VwVfG § 48 Abs. 1
VwVfG § 48 Abs. 2
VwVfG § 49
Die geänderte Ermessenspraxis des Berliner Landesverwaltungsamts, bei Bezug einer Rente oder sonstigen Versorgungsleistung neben der beamtenrechtlichen Versorgung sämtliche Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG generell und unterschiedslos unbeschadet der Einzelfallumstände abzuerkennen, ist rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit erfasst die Ermessenspraxis insgesamt und damit jeden einzelnen Anwendungsfall.
OVG 4 B 18.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Buchheister, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hoock, den Richter am Verwaltungsgericht Maresch und die ehrenamtlichen Richterinnen Fischer und Vogt für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei der Berechnung der Ruhestandsbezüge der Klägerin.

Die am 22. März 1940 geborene Klägerin war nach ihrem Lehramtsstudium vom 1. April 1969 bis 31. August 1980 als Angestellte des privaten Gymnasiums der L_____ in Berlin tätig. Am 1. September 1980 trat sie als Studienrätin in die Dienste des Beklagten. Mit Bescheid vom 21. Mai 1997 berücksichtigte das Landesverwaltungsamt Berlin die Zeit der Klägerin als Angestellte der L_____ in vollem Umfang als ruhegehaltfähige Vordienstzeit.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2003 wandte sich die Senatsverwaltung für Inneres u.a. an das Landesverwaltungsamt und führte unter Bezugnahme auf den Jahresbericht 2002 des Rechnungshofs von Berlin aus, dass es bei Beamten durch die Berücksichtigung von Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG zu ungerechtfertigten Versorgungsvorteilen komme, indem sich ein und dieselbe Vordienstzeit sowohl versorgungs- als auch rentensteigernd auswirke; die Anrechnungsvorschrift des § 55 BeamtVG komme oft nicht zum Tragen, da die Beamten den höchsten Ruhegehaltsatz nicht erreichten. Mit Rücksicht hierauf möge das Landesverwaltungsamt sein gesetzliches Ermessen nach § 11 BeamtVG künftig dahingehend ausüben, dass keine Vordienstzeiten mehr berücksichtigt werden, sobald der Beamte eine Rente oder sonstige Versorgungsleistung bezieht, unabhängig von deren Höhe sowie davon, ob der Anspruch innerhalb oder außerhalb der Vordienstzeit i.S.v. § 11 BeamtVG erworben wurde und ob der Ruhegehaltsatz unter Berücksichtigung der Vordienstzeit die Ruhensgrenze des § 55 BeamtVG erreicht.

Angesichts des mit Ablauf des 31. Juli 2005 eintretenden Ruhestands der Klägerin setzte das Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 14. Juli 2005 ihr Ruhegehalt fest und übernahm dabei den Inhalt des Bescheides vom 21. Mai 1997. Es ergab sich ein Ruhegehaltsatz von 72,28 % entsprechend einem Brutto-Ruhegehalt von 3.090,63 Euro. In dem Bescheid vom 14. Juli 2005 hieß es: "Die Festsetzung der Versorgungsbezüge steht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der rückwirkenden Neufestsetzung und Rückforderung überzahlter Bezüge, falls Renten im Sinne des § 55 BeamtVG bezogen werden ... Die Anerkennung von Zeiten nach § 11 BeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit erfolgt unter Vorbehalt und entfällt von dem Zeitpunkt an, von dem ab eine Rente oder sonstige Versorgungsleistung zusteht".

Nachdem die Klägerin dem Beklagten einen Rentenbescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 26. Januar 2005 übersandt hatte, wonach sie eine Regelaltersrente von monatlich 365,73 Euro bezieht, verfügte das Landesverwaltungsamt Berlin mit Bescheid vom 9. August 2005, dass die Vordienstzeit bei der L_____ nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt wird. Der Ruhegehaltsatz wurde neu auf 58,28 % festgesetzt und das Ruhegehalt mit einem Bruttobetrag von 2.492,01 Euro ausgewiesen. Hieraus ergab sich seit dem 1. August 2005 ein überzahlter Betrag von 598,62 Euro brutto bzw. 386,60 Euro netto, den das Landesverwaltungsamt einbehielt.

Gegen den Bescheid vom 9. August 2005 legte die Klägerin am 26. August 2005 Widerspruch ein. Sie führte aus, eine Rücknahme des Bescheides vom 21. Mai 1997 komme nicht in Betracht, da er nicht von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Zudem begründe er ungeachtet des Rentenvorbehalts in dem späteren Bescheid vom 14. Juli 2005 ein schutzwürdiges Vertrauen. Der Beklagte habe in dem Bescheid vom 21. Mai 1997 über die Berücksichtigung der Vordienstzeit entschieden. § 55 BeamtVG enthalte eine abschließende Regelung zur Verhinderung von Überversorgung. Die jetzige Kürzung greife in den Anspruch der Klägerin auf amtsangemessene Versorgung ein und verstoße gegen den Gleichheitssatz. Ihre Rente reiche nämlich der Höhe nach nicht an die Kürzung des Ruhegehalts heran, so dass sie schlechter gestellt werde als solche Beamten, die keine Rente erhalten. Der Beklagte sei höchstens berechtigt, das Ruhegehalt bis zur Höhe der Rente zu kürzen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006 wies das Landesverwaltungsamt Berlin den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 9. August 2005 zurück. Es verwies darauf, dass der Beklagte sein Ermessen nunmehr stets dahingehend ausübe, dass Vordienstzeiten ab Bezug einer Rente nicht mehr berücksichtigt würden, ohne dass es auf die Höhe der Rente ankomme. Diese neue Handhabung sei erforderlich geworden, weil die Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG ihrem Regelungszweck, eine Doppel- bzw. Überversorgung zu verhindern, in vielen Fällen nicht mehr gerecht werde. Die frühere Festsetzung der klägerischen Versorgungsbezüge sei daher nach § 48 VwVfG zurückgenommen worden. Eine Ausnahme komme nicht in Betracht, da ansonsten die Ermessenshandhabung insgesamt in Frage gestellt werde.

Das Verwaltungsgericht hat der am 10. November 2006 erhobenen Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 durch Urteil vom 28. Februar 2007 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei zur teilweisen Aufhebung der Vorabentscheidung vom 21. Mai 1997 sowie zur stillschweigenden vollständigen Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2005 nicht befugt gewesen. Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG für eine Rücknahme hätten nicht vorgelegen. Der Gesetzgeber habe durch Einführung des § 55 BeamtVG zu erkennen gegeben, dass bei doppelt versorgten Ruhestandsbeamten eine Ruhensregelung genüge. Eine Ermessensausübung nach § 11 BeamtVG, die die Ruhensregelung entbehrlich mache, sei nicht geboten und im BeamtVG nicht angelegt, zumal der Erhalt einer Rente zum Zeitpunkt der Vorabentscheidung nach § 11 BeamtVG regelmäßig noch nicht absehbar sei. Die Berücksichtigung der Vordienstzeit sei auch nicht durch die spätere Änderung der Verwaltungspraxis des Beklagten rechtswidrig geworden, da die Änderung sich nur auf künftige Fälle auswirke und das in der Vergangenheit rechtmäßig ausgeübte Ermessen nicht - auch nicht unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG) - berühre.

Gegen das ihm am 9. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. Juni 2007 die von dem Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass es sich bei der Vorabentscheidung über die Vordienstzeiten um einen Verwaltungsakt mit einem "immanenten gesetzlichen Widerrufsvorbehalt", um eine nur vorläufige Regelung und Grundlage für den endgültigen Festsetzungsbescheid handele. Diese begründe dementsprechend nur eine Anwartschaft, auf deren Fortbestand der Beamte nicht vertrauen könne. Die Rentengewährung sei eine neue Tatsache, auf deren Bekanntwerden der Beklagte sein Ermessen erneut und unter Berücksichtigung seiner geänderten Ermessenspraxis dahingehend ausgeübt habe, dass er die Vordienstzeit nicht (mehr) berücksichtige.

Der Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie den Verwaltungsvorgang (zwei Bände Personalakten, ein Band Versorgungsakte, ein Band Sachakte Kindergeld und Ortszuschlag) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Bescheid enthält einerseits die teilweise Rücknahme des Bescheides des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 14. Juli 2005 (hierzu 1.). Ferner erfolgt die Neufestsetzung des Ruhegehalts der Klägerin (hierzu 2.). Schließlich wird die Verrechnung vermeintlich zu Unrecht gewährter Teile des Ruhegehalts angeordnet (hierzu 3.).

1.) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist die teilweise Rücknahme des Bescheides des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 14. Juli 2005 durch den Bescheid vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006. In jenen Bescheiden ist das Ruhegehalt der Klägerin unter Außerachtlassung ihrer Vordienstzeit bei der L_____ neu festgesetzt worden. Nachdem der Bescheid vom 14. Juli 2005 diese Vordienstzeit noch als ruhegehaltfähig berücksichtigt hatte, liegt in der Neufestsetzung nicht nur eine betragsmäßige Änderung, sondern zunächst die Entscheidung darüber, dass die Berücksichtigung der Vordienstzeit entfalle und die anders lautende Entscheidung in dem Bescheid vom 14. Juli 2005 insoweit zurückgenommen werde. Anders als das Verwaltungsgericht meint, geht es jedoch nicht (auch) um eine Rücknahme der Vorabentscheidung vom 21. Mai 1997 über die Berücksichtigung der Vordienstzeiten. Der Inhalt des Bescheides vom 21. Mai 1997 wurde unverändert in den das Ruhegehalt festsetzenden Bescheid vom 14. Juli 2005 übernommen. Der Bescheid vom 14. Juli 2005 ist hierdurch seit Eintritt des Versorgungsfalls am 1. August 2005 an die Stelle der Vorabentscheidung vom 21. Mai 1997 getreten und stellt den alleinigen Streitgegenstand dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 1973 - 2 C 8.73 -, Buchholz 237.7 § 123 LBG NW Nr. 2, S. 7). Dass der Beklagte nicht auch den Bescheid vom 21. Mai 1997 teilweise zurückgenommen hat, ergibt sich zudem aus der Formulierung im Widerspruchsbescheid (S. 2), wonach die Pensionsbehörde berechtigt sei, die frühere Festsetzung der Versorgungsbezüge nach den Grundsätzen des § 48 VwVfG zurückzunehmen und durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Die frühere Festsetzung erfolgte durch Bescheid vom 14. Juli 2005. Nur dieser Bescheid wurde teilweise zurückgenommen und durch eine neue Festsetzung ersetzt. Dass er die Vordienstzeiten unverändert aus der Vorabentscheidung vom 21. Mai 1997 übernommen hat, ändert hieran nichts.

Die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 14. Juli 2005 ist rechtswidrig.

Allerdings geht dies nicht darauf zurück, dass sie von vornherein ins Leere ginge. Hieran wäre zu denken, wenn der Bescheid vom 14. Juli 2005 hinsichtlich der Einbeziehung der Vordienstzeit der Klägerin bei der L_____ eine bestandskräftige auflösende Bedingung (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG) in Gestalt des Bezugs einer Rente enthielte. Dann hätte bereits der Bezug der BfA-Rente ohne weiteres zum teilweisen Wegfall des Bescheides vom 14. Juli 2005 geführt. Der Bescheid vom 14. Juli 2005 enthält jedoch keine solche auflösende Bedingung.

Zwar heißt es in dem Bescheid, die Berücksichtigung von Zeiten nach § 11 BeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit entfalle von dem Zeitpunkt an, von dem ab eine Rente zustehe. Bei der Tätigkeit der Klägerin bei der L_____ handelt es sich um eine solche Zeit nach § 11 BeamtVG. Dies folgt bereits daraus, dass der Beklagte sie in dem Bescheid vom 21. Mai 1997 als Vordienstzeit nach § 11 BeamtVG berücksichtigt hat. Diese Entscheidung folgt auch in der Sache aus § 11 Nr. 1 Buchstabe b BeamtVG, wonach die Zeit, während der ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis hauptberuflich im öffentlichen oder nicht-öffentlichen Schuldienst tätig gewesen ist, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden kann. Die Klägerin war trotz ihrer Teilzeitbeschäftigung hauptberuflich im Schuldienst tätig. Hierfür ist erforderlich, dass die Tätigkeit den Lebensschwerpunkt des Betroffenen bildet, ohne dass mindestens die Hälfte der Regelarbeitszeit erreicht werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2005 - 2 C 20.44 -, ZBR 2006, 169, 170; a.A. Strötz, in: Fürst, GKÖD, Losebl., Stand Februar 2008, § 11 BeamtVG Rn. 11). Die Lehrtätigkeit war Lebensschwerpunkt der Klägerin. Sie übte sie lückenlos aus und sie entsprach ihrer Vorbildung durch Studium und Staatsexamen sowie dem Berufsziel einer vollzeitig beschäftigten Lehrerin. Teilzeitbeschäftigt war die Klägerin allein aufgrund der Fürsorge für ihre beiden Kinder.

Die Formulierung in dem Bescheid vom 14. Juli 2005 ist jedoch nicht deutlich genug, um eine (die Klägerin beschwerende) auflösende Bedingung darzustellen. Sie kann aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Betrachters ebenso als bloße Ankündigung künftigen Verwaltungshandelns verstanden werden. Der Beklagte hätte die Klägerin in diesem Fall der Sache nach auf seine neue Ermessenspraxis aufmerksam gemacht und - im Sinne eines Rentenvorbehalts - in Aussicht gestellt, dass er der Ermessenspraxis auch in ihrem Fall zu gegebener Zeit folgen werde. Hierfür spricht auch die Formulierung in dem Bescheid vom 14. Juli 2005, wonach die Festsetzung der Versorgungsbezüge unter dem Vorbehalt der rückwirkenden Neufestsetzung und Rückforderung überzahlter Bezüge stehe, falls Renten i.S.v. § 55 BeamtVG bezogen würden. Von einer auflösenden Bedingung ist dort nicht die Rede. Die Unklarheit über die Reichweite der Formulierung geht zu Lasten des Beklagten.

Die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 14. Juli 2005 ist indes rechtswidrig, weil der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1, Abs. 2 VwVfG nicht erfüllt ist. Nach § 48 Abs. 1, Abs. 2 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit nicht der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Bescheid vom 14. Juli 2005 ist nicht rechtswidrig.

Allerdings geht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach die Berücksichtigung der Vordienstzeit der Klägerin durch die nachträgliche Änderung der Ermessenspraxis des Beklagten nicht rechtswidrig geworden sein könne, da die Änderung der Ermessenspraxis sich nur auf künftige Falle auswirke, an dem Umstand vorbei, dass der Beklagte den Bescheid vom 14. Juli 2005 nicht infolge der Änderung seiner Ermessenspraxis, sondern wegen des Eintritts einer neuen Tatsache - des Rentenbezugs der Klägerin - zurückgenommen hat. Die geänderte Ermessenspraxis war als solche kein Anlass für das Handeln des Beklagten, sondern begründete nach Eintritt der neuen Tatsache nur seine Verpflichtung, mit Rücksicht auf den Gleichheitssatz (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG) den Fall der Klägerin (jetzt) so zu behandeln, wie auch andere Fälle mit Rentenbezug (jetzt) behandelt werden. Diese Vorgehensweise ist als solche nicht zu beanstanden. Die neue Tatsache des Rentenerwerbs hat den Dienstherrn im Regelfall mit Rücksicht auf den Gleichheitssatz zur Rücknahme einer früheren, die Rentenzeit als Vordienstzeit berücksichtigenden Entscheidung zu veranlassen, soweit diese frühere Entscheidung mit der neuen Ermessenspraxis nicht in Einklang steht. Da die Behörde ihre Ermessenspraxis aus sachgerechten Gründen jederzeit für die Zukunft ändern kann, ist die Ermessenspraxis zur Zeit des Eintritts der neuen Tatsache maßgeblich, nicht die Ermessenspraxis zur Zeit der ursprünglichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 1972 - 2 C 2.71 -, BVerwGE 40, 65, 68; Urteil vom 6. November 1973, a.a.O., S. 9 f.; Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 9.81 -, Buchholz 232 § 116a BBG Nr. 8, S. 6; Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 18.81 -, juris Rn. 21; Urteil vom 28. Juni 1982 - 6 C 92.78 -, BVerwGE 66, 65, 68). Angewandt auf den Fall der Klägerin ging die Ermessenspraxis des Beklagten zum Zeitpunkt des Bezugs der Rente dahin, dass Vordienstzeiten bei Bezug einer Rente nicht (mehr) berücksichtigt werden. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Senatsverwaltung für Inneres an das Landesverwaltungsamt vom 22. Januar 2003. Der dort ausgesprochenen "Empfehlung" folgte das Landesverwaltungsamt als zuständige Pensionsbehörde unterschiedslos, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Dementsprechend war der Beklagte nicht aufgrund seiner früheren, gegenteiligen Ermessensausübung daran gehindert, die neue Ermessenspraxis anzuwenden und den Bescheid vom 14. Juli 2005 zurückzunehmen.

Indes setzt die Vorgehensweise des Beklagten voraus, dass die geänderte Ermessenspraxis ihrerseits rechtmäßig ist. Mit Rücksicht auf das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) kann nicht jede, sondern nur eine rechtmäßige neue Ermessenspraxis zur Rechtswidrigkeit eines mit dieser neuen Ermessenspraxis nicht übereinstimmenden früheren Bescheides führen. Dieser Fall liegt nicht anders als die erstmalige Vorabentscheidung über Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG. Auch sie kann nur Bestand haben, wenn die im Ermessenswege erfolgende Ablehnung der Berücksichtigung der Vordienstzeit ermessensfehlerfrei ist.

Die neue Ermessenspraxis des Beklagten ist insgesamt fehlerhaft. Dies führt dazu, dass der die Berücksichtigung der Vordienstzeit bei der L_____ enthaltende Bescheid vom 14. Juli 2005 nicht rechtswidrig geworden ist und der Beklagte ihn nicht durch die angefochtenen Bescheide nach § 48 VwVfG zurücknehmen durfte, um die Versorgung der Klägerin an die geänderte - rechtswidrige - Ermessenspraxis anzupassen.

Die ordnungsgemäße Ausübung von Ermessen setzt voraus, dass die Verwaltung die im Rahmen der gesetzlichen Ermessensvorschrift liegenden Handlungsmöglichkeiten erkennt, den Zweck der Ermächtigung und die Wertungen der Rechtsordnung in den Blick nimmt und ihre Entscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach Abwägung allen Für und Widers trifft (vgl. § 40 VwVfG). Dabei darf sie grundsätzlich Richtlinien zur Lenkung des Ermessens erlassen. Diese Richtlinien müssen jedoch ihrerseits am Zweck der Ermächtigung orientiert und sachgerecht sein. Die Verwaltungsgerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Hiernach erweist sich die Ermessensausübung des Beklagten als insgesamt fehlerhaft.

Der Beklagte hat durch das Schreiben der Senatsverwatung für Inneres an das Landesverwaltungsamt vom 22. Januar 2003 Richtlinien erlassen. Sie lenken das von § 11 BeamtVG eingeräumte Ermessen pauschal dahingehend, dass bei einem Bezug von Rente oder sonstigen Versorgungsleistungen keine Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG mehr berücksichtigt werden, und zwar unabhängig unter anderem davon, wie hoch die Rente ist, ob die Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG eingreift, ob der Rentenanspruch innerhalb oder außerhalb der Vordienstzeit erworben wurde oder ob sonstige besondere Umstände vorliegen.

Diese starre Lenkung des Ermessens ist rechtswidrig. Der Dienstherr muss im Rahmen seiner Ermessenserwägungen allen Umständen des jeweiligen Einzelfalls Rechnung tragen. Die Ermessensbindung durch Richtlinien darf nicht die Ausübung eines die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Ermessens beseitigen und an dessen Stelle eine starre Regelung setzen. Vielmehr hat der Beamte einen Anspruch auf eine "echte" Ermessensentscheidung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 38.03 -, ZBR 2005, 164, 165) zu der Ermessensausübung nach § 11 BeamtVG ausgesprochen, die in dem dortigen Fall auf einer nordrhein-westfälischen Verwaltungsanweisung beruhte und vorsah, dass Vordienstzeiten für den höheren Dienst höchstens im Umfang von sechs Jahren zu berücksichtigen sind. Die Richtlinie des Beklagten vom 22. Januar 2003 erfüllt die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine rechtmäßige Verwaltungspraxis nicht. Sie sieht keine Einzelfallentscheidung vor, sondern fordert unterschiedslos für alle Fälle des Bezugs einer Rente oder sonstigen Versorgungsleistung die Nichtberücksichtigung aller Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG. Der rechtliche Mangel der Richtlinie schlägt auf die tatsächliche Ermessenspraxis des Beklagten durch, da sie der Richtlinie ohne jede Ausnahme folgt, wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Dies ergibt sich auch aus dem Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006. Der Beklagte hat sich dort auf seine generelle Ermessenspraxis berufen und vermerkt, dass eine Ausnahme die geänderte Ermessenspraxis in Frage stellen würde und daher nicht in Betracht komme. Damit hat er zu erkennen gegeben, dass er sich ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls schon aufgrund seiner Befürchtung, ansonsten seine generelle Ermessenspraxis zu gefährden, zu Lasten der Klägerin gegen die auch nur teilweise Berücksichtigung ihrer Vordienstzeit entschieden hat. Ohne Erfolg beruft er sich hierfür im Widerspruchsbescheid auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 6. Juli 1967 - 2 C 56.64 -, BVerwGE 27, 275, 281; Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 18.81 -, a.a.O., Rn. 21; Urteil vom 28. Juni 1982, a.a.O., S. 68), wonach eine Verwaltungsbehörde sich von ihrer Ermessenspraxis lösen und ihr Ermessen künftig in anderer Weise ausüben könne, sofern sie alle Anwendungsfälle der Rechtsnorm gleich behandle. Damit verweist das Bundesverwaltungsgericht nur auf den Gleichheitssatz, der die Verwaltungsbehörde nicht dazu verpflichte, an der bisherigen Handhabung einer Ermessensnorm festzuhalten. Vielmehr könne sie diese Handhabung durch eine neue Übung ersetzen, solange diese Übung ihrerseits gleichmäßig angewandt werde. Damit ist nicht gemeint, dass die Verwaltungsbehörde durch ein Rundschreiben eine (einzige) Entscheidung vorzugeben habe, die sodann in allen Fällen pauschal und ohne Einzelfallprüfung getroffen werden müsse. Mit einer solchen Handhabung wird letztlich Ungleiches gleich behandelt, was seinerseits einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellt.

Zur Rechtwidrigkeit der Ermessensausübung des Beklagten gelangt man gleichermaßen bei Würdigung derjenigen Erwägungen im Einzelnen, die den Beklagten laut der Richtlinie vom 22. Januar 2003 zu seiner neuen Handhabung veranlasst haben.

Der Beklagte stellt in der Richtlinie grundsätzliche Erwägungen an, die Anlass für seine Ermessenspraxis seien. Sie geben folglich den Zweck seines Handelns vor. Die hierauf aufbauende Ermessenspraxis geht jedoch weit über den verfolgten Zweck hinaus und ist zu seiner Erreichung nicht erforderlich und daher nicht verhältnismäßig im weiteren Sinn. In seinen grundsätzlichen Erwägungen wendet der Beklagte sich gegen die Berücksichtigung solcher Zeiten bei der Ruhegehaltfestsetzung, die zugleich rentensteigernd wirkten. Hierdurch komme es zu einer Doppel- bzw. Überversorgung der betroffenen Beamten, was einen ungerechtfertigten Versorgungsvorteil darstelle. Dies habe der Rechnungshof von Berlin in seinem Jahresbericht 2002 aufgrund einer Querschnittuntersuchung festgestellt. Die Folgerung hieraus ("... Ich empfehle daher, ... ab sofort wie folgt zu verfahren: ...") ist jedoch nicht nachvollziehbar: Der Beklagte berücksichtigt keinerlei Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG mehr, sobald irgendeine Rente oder sonstige Versorgungsleistung bezogen wird, und zwar selbst dann, wenn der Rentenanspruch nicht während der Vordienstzeit nach § 11 BeamtVG erworben wurde und die Gefahr einer Doppelberücksichtigung daher nicht besteht. Diese Verfahrensweise geht über das von dem Beklagten selbst gesetzte Ziel weit hinaus.

Das Gleiche gilt für solche Versorgungsfälle, in denen § 55 BeamtVG anwendbar ist. Der Beklagte sieht ausweislich seines Rundschreibens Anlass zum Handeln, weil sich die zum Ausschluss einer Doppel- bzw. Überversorgung eingeführte Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG in zahlreichen Fällen infolge kürzerer Gesamtdienstzeiten nicht mehr auswirke. Diese "zahlreichen Fälle" sind jedoch auf weniger als die Hälfte der Ruhestandsbeamten beschränkt. Aus dem seitens des Beklagten herangezogenen Jahresbericht 2002 des Rechnungshofs (S. 101) geht hervor, dass der höchste Ruhegehaltsatz von 75 % im Untersuchungszeitraum durch immerhin 54,7 % der überprüften 1.383 Versorgungsempfänger erreicht wurde. Dort greift also bereits die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG ein. Nichtsdestoweniger erstreckt der Beklagte seine Ermessenspraxis unterschiedslos auf alle Ruhestandsbeamten und verkennt dabei, dass in über der Hälfte der Fälle der von ihm selbst zum Anlass für die neue Ermessenspraxis genommene vermeintliche Missstand (dass § 55 BeamtVG sich nicht auswirke) nicht besteht.

Die aufgezeigte Pauschalität und Unverhältnismäßigkeit erfasst die Ermessenspraxis insgesamt und damit auch den Fall der Klägerin. Zwar weist sie keine Rentenanwartschaften auf, die sie außerhalb der nach § 11 BeamtVG berücksichtigungsfähigen Vordienstzeit erworben hätte. Ferner liegt ihr Ruhegehaltsatz selbst unter Berücksichtigung der Vordienstzeit bei nur 72,28 % und damit unterhalb der Ruhensgrenze des § 55 BeamtVG. Eine einheitliche Ermessenspraxis aber, die aus bestimmten Gründen rechtswidrig ist, kann nicht durch das Gericht zergliedert und für bestimmte Konstellationen und Fälle aufrechterhalten bleiben. Das Gericht würde ansonsten die einheitliche Ermessenspraxis des Beklagten durch eine andersartige Ermessensausübung ersetzen.

Unabhängig von dieser generellen Erwägung ist die Ermessenspraxis des Beklagten auch im Einzelfall der Klägerin fehlerhaft, weil der in der Ermessenspraxis angelegte unterschiedslose Automatismus auch in ihrem Fall zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führt.

Der Beklagte vermerkt in dem Rundschreiben vom 22. Januar 2003, dass eine durch § 55 BeamtVG nicht zu verhindernde Doppelanrechnung ein und derselben Zeit in verschiedenen Alterssicherungssystemen sachlich nicht begründet und vom Gesetzgeber zu keiner Zeit gewollt gewesen sei. Zur Rechtfertigung seiner Auffassung verweist er auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1987 (- 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256). Das Bundesverfassungsgericht hat sich jedoch nicht in dieser Weise geäußert. Es hatte im Ausgangspunkt darüber zu befinden, ob die Erstreckung der Regelungen des § 55 BeamtVG auf solche Ruhestandsbeamte, deren Beamtenverhältnis bereits vor dem 1. Januar 1966 begründet worden war, durch Art. 2 § 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) verfassungsgemäß sei. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bejaht und dabei ausgeführt, dass Ruhestandsbeamte, die zugleich eine Rente erhalten, versorgungsmäßig besser gestellt seien als Nur-Beamte, indem sowohl Rente als auch Ruhegehalt bei vorzeitigem Abbruch der jeweiligen Tätigkeit aus sozialen Gründen durch eine degressive Staffelung überhöht würden. Mit der Besserstellung solle eigentlich berücksichtigt werden, dass der Betroffene nur in einem geminderten Zeitraum seine Arbeitskraft zur Begründung einer Altersversorgung habe einsetzen können. Wenn er aber nur den Status wechsle und während weiterer Zeiten im Bereich eines anderen Versorgungssystems tätig sei, entfalle die Voraussetzung für die erhöhten Ruhebezüge aus dem früheren Rechtsverhältnis. Hinzu komme, dass der Betroffene auch in seiner neuen Beschäftigungsphase nur einen Teil der normalen Lebensalterszeit verbringe und dort daher wiederum einen überproportional bemessenen Versorgungsanspruch erwerbe. Für dieses Zusammentreffen gleich zweier Vergünstigungen gebe es keinen rechtfertigenden Grund (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 315 ff.). Ferner habe erst der späte Eintritt des Betroffenen in das Beamtenverhältnis dem Mischlaufbahn-Beamten die - einem vergleichbaren Nur-Beamten verschlossene - Möglichkeit eröffnet, seine Arbeitskraft während eines Teils seines Berufslebens in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis einzusetzen. Der vor Aufnahme des Beamtenverhältnisses erworbene Rentenanspruch besitze dadurch eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Beamtenverhältnis und zu der in diesem begründeten Alimentationspflicht des Dienstherrn. Dies rechtfertige es, die Kosten der Alimentierung aus öffentlichen Kassen im Falle des Bezugs einer Rente zu senken und (durch § 55 BeamtVG) eine Höchstgrenze für die aus öffentlichen Kassen fließende Gesamtversorgung wegen eines Arbeitslebens zu bilden. Dabei gehe es nicht bloß um die Beseitigung der unerwünschten Folgen von Doppelbemessungszeiten, sondern weitergehend darum, eine nicht gerechtfertigte Überversorgung von Mischlaufbahn-Beamten im Verhältnis zu Nur-Beamten aus der Welt zu schaffen (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 318). Hiernach kann der Beklagte das Bundesverfassungsgericht nicht für sein Verständnis des § 11 BeamtVG in Anspruch nehmen. Das Bundesverfassungsgericht hatte keinen Anlass, sich zu dieser Vorschrift zu äußern. Es hat sich auf das Zugeständnis an den Gesetzgeber beschränkt, eine Ruhensregelung in solchen Fällen einzuführen, in denen Ruhestandsbeamte durch eine zusätzliche Rente eine höhere Gesamtversorgung erhalten würden, als wenn sie ihr ganzes Berufsleben lang nur dem Dienst als Beamte verschrieben hätten. Gerade hierin - und nicht schon, wie es nach der Sichtweise des Beklagten der Fall ist, in dem bloßen Zusammentreffen von Ruhestandsbezügen und Rente - wurde die Überhöhung der Altersversorgung erblickt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 315).

Auch der Verweis in dem Rundschreiben vom 22. Januar 2003 auf Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1982 (- 2 C 18.81 -, a.a.O.) und 28. Juni 1982 (a.a.O.) geht fehl. Der Beklagte verweist auf die Urteile für seine Auffassung, dass er bei § 11 BeamtVG einen sehr weiten Ermessensspielraum habe und auch Ansprüche aus anderen Alterssicherungssystemen berücksichtigen dürfe, unabhängig davon, ob hierdurch die Ruhensgrenze des § 55 BeamtVG überschritten werde oder nicht. Ihm ist zuzugeben, dass das Bundesverwaltungsgericht im Falle des § 116 BBG a.F. als Vorgängervorschrift des § 11 BeamtVG einen weiten Ermessensspielraum der Verwaltung gesehen hat, der von jeder Erwägung getragen werde, die im Hinblick auf den Wortlaut und den Zweck der Vorschrift sachgerecht erscheine. Hierzu zähle auch die Berücksichtigung des Rentenanspruchs aus einer Vortätigkeit. Zumindest in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1982 (- 2 C 18.81 -, a.a.O., Rn. 19 a.E.; so auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 9.81 -, a.a.O., S. 5) heißt es weiter im Sinne des Beklagten, es komme nicht darauf an, ob durch die doppelte Anrechnung der Vordienstzeit die Gesamtversorgung aus Ruhegehalt und Rente diejenige übersteige, die ein "Nur-Beamter" erdienen könne, der sein ganzes Berufsleben im Beamtenstatus verbracht habe. In beiden Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht aber eine Ermessenspraxis gebilligt, die nicht nur die Tatsache des Rentenbezugs, sondern auch die Höhe der Rente berücksichtigt hat (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 18.81 -, a.a.O., Rn. 19; Urteil vom 28. Juni 1982, a.a.O., S. 67; so auch Urteil vom 11. Februar 1982 - 2 C 9.81 -, a.a.O., S. 4). Es gehe bei § 116 BBG a.F. um eine annähernde Gleichstellung (so auch Schmalhofer, in: Stegmüller u.a., BeamtVG, Losebl., Stand Januar 2008, § 11 Rn. 12a.1): Dem erst in vorgerücktem Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommenen Beamten solle annährend die Versorgung ermöglicht werden, die er erhalten würde, wenn er sich während der fraglichen Zeit bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1967, a.a.O., S. 279). Der Mischlaufbahnbeamte soll also nicht nennenswert besser, aber - dies folgt aus dem Postulat der annähernden Gleichstellung - auch nicht nennenswert schlechter gestellt werden als derjenige, der die Vordienstzeit im Beamtenverhältnis durchlaufen hat (vgl. Strötz, a.a.O., § 11 BeamtVG Rn. 5). Hiermit nicht zu vereinbaren ist es, dass der Beklagte selbst bei einer geringen Rente keinerlei Vordienstzeit mehr berücksichtigt. Dies führt im Regelfall dazu, dass der Beamte deutlich schlechter gestellt wird, als wenn er die Vordienstzeit im Beamtenverhältnis durchlaufen hätte. So liegt es auch im Fall der Klägerin, die aufgrund ihrer Rente i.H.v. 365,73 Euro Versorgungsansprüche i.H.v. 598,62 Euro verloren hat. Sie steht mehr als 200,00 Euro schlechter, als wenn sie keinen Rentenanspruch erworben hätte. Von der Beseitigung ungerechtfertigter Versorgungsvorteile, wie sie die neue Verwaltungspraxis des Beklagten gemäß dem Rundschreiben vom 22. Januar 2003 (nur) beabsichtige, kann also keine Rede sein. Vielmehr schlägt die vermeintliche Beseitigung des Versorgungsvorteils um in einen erheblichen Versorgungsnachteil. Hierfür kann der Beklagte sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen. Ferner ist die von ihm ergriffene Maßnahme (im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensausübung) zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht erforderlich und unverhältnismäßig im weiteren Sinn.

Nach alledem kann offen bleiben, ob die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum weiten Ermessensspielraum des Dienstherrn bei § 160 BBG a.F. im Fall des Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis heute Geltung beanspruchen. Denkbar ist nämlich, dass das Ermessen des Beklagten bei § 11 BeamtVG nunmehr durch § 55 BeamtVG zu Gunsten des Beamten eingeschränkt ist (vgl. zur gesetzgeberischen Entwicklung des BeamtVG eingehend BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987, a.a.O., S. 258 ff.; Stadler, in: Fürst, a.a.O., § 55 BeamtVG Rn. 2 f.). Durch Art. XI § 1 Nr. 9 des Dritten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 31. August 1965 (BGBl. I S. 1007) wurde in das Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) § 85a sowie durch Art. I Nr. 25 desselben Gesetzes der gleich lautende § 160a BBG eingefügt. Hiernach waren, wenn ein Beamtenverhältnis, das nach dem 31. Dezember 1965 begründet wurde, durch Eintritt in den Ruhestand endete, Versorgungsbezüge neben Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen nur bis zum Erreichen bestimmter Höchstgrenzen zu zahlen. In bis zum 31. Dezember 1965 begründete Beamtenverhältnisse wurde nicht eingegriffen. Der weitgehend inhaltsgleiche § 55 BeamtVG wurde durch das BeamtVG vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2485) mit Wirkung vom 1. Januar 1977 (vgl. § 109 Abs. 1 BeamtVG) eingeführt. Auch sein Anwendungsbereich beschränkte sich zunächst auf Versorgungsbezüge aus einem Beamtenverhältnis, das nach dem 31. Dezember 1965 begründet wurde (§ 55 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Erst durch Art. 2 § 1 Nr. 7 2. HStruktG wurde die Beschränkung auf nach dem 31. Dezember 1965 begründete Beamtenverhältnisse gestrichen, siehe oben. Bis dahin konnte eine Überversorgung durch gleichzeitigen Bezug von Ruhegehalt und Rente nur durch die dem heutigen § 11 BeamtVG vorausgehende Vorschrift des § 116 BBG i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juli 1971 (BGBl. I S. 1181) eingeschränkt werden. Demnach ist bei der Würdigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung das jeweils zugrunde liegende materielle Recht zu berücksichtigen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1967 (a.a.O., S. 275) bezog sich sogar noch auf § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Deutsches Beamtengesetz (DBG) vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 39), wonach die Zeit, während der ein Beamter nach Vollendung des 27. Lebensjahres auf wissenschaftlichem, künstlerischem, technischem oder wirtschaftlichem Gebiet besondere Fachkenntnisse erworben hat, die die notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung seines Amtes bildeten, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden konnte. Den von dem Beklagten angeführten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1982 und 28. Juni 1982 lag jeweils der Fall eines schon im Ruhestand befindlichen Beamten zugrunde, auf den § 55 BeamtVG i.d.F. des 2. HStruktG nicht anwendbar war. Dies gilt auch für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 1972 (a.a.O., S. 65) zu einer Vorabentscheidung über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten nach nordrhein-westfälischem Landesrecht. Kein eindeutiges Ergebnis erbringt in seiner Kürze der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 1991 (- 2 B 111.91 -, Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 5).

Es spricht deshalb - unabhängig von den oben genannten Gründen für die Rechtswidrigkeit der Ermessenspraxis - einiges dafür, dass die Ermessenspraxis auch deshalb rechtswidrig ist, weil durch Einführung des § 55 BeamtVG die auf den gleichzeitigen Bezug einer Rente bezogenen Ermessenserwägungen des Dienstherrn bei § 11 BeamtVG eingeschränkt sind. § 55 BeamtVG nimmt im Regelfall für alle Ruhestandsbeamten den Ausgleich der Doppelversorgung beim Bezug einer dort genannten Rente vor, und es ist dieser Vorschrift überlassen, eine für erforderlich gehaltene Kappung der Doppelversorgung zu bewirken (vgl. Strötz, a.a.O., § 11 BeamtVG Rn. 5, 57; Stadler, a.a.O., § 55 BeamtVG Rn. 7, 53; Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Losebl., Stand Februar 2008, § 11 BeamtVG Rn. 29). Höchstens atypischen Fallgestaltungen beim Zusammentreffen von Ruhegehalt und gesetzlicher Rente ist durch die Ermessensausübung nach § 11 BeamtVG Rechnung zu tragen (vgl. Bayer, in: Plog u.a., Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Losebl., Stand Januar 2008, Band 2, BeamtVG § 11 Rn. 25). Diese Zusammenhänge berücksichtigt der Beklagte nicht. Seine Darstellung in dem Rundschreiben vom 22. Januar 2003, wonach die Doppelanrechnung ein und derselben Zeit in verschiedenen Alterssicherungssystemen vom Gesetzgeber zu keiner Zeit gewollt gewesen sei, lässt offen, welches Verständnis des § 55 BeamtVG ihr zugrunde liegt: Diese Vorschrift begrenzt die Doppelanrechnung der Höhe nach und setzt sie folglich dem Grunde nach gerade voraus.

Offenbar ging auch das Bundesministerium des Innern seit 1. Januar 1982 davon aus, dass § 11 BeamtVG infolge der Anwendbarkeit des § 55 BeamtVG nicht mehr auf Fälle des gleichzeitigen Bezugs von Ruhegehalt und Rente anwendbar ist. Vor dem 1. Januar 1982 wurde das in § 11 BeamtVG eingeräumte Ermessen in Fällen, in denen § 55 BeamtVG nicht galt, weil das Beamtenverhältnis vor dem 1. Januar 1966 begründet worden war, durch Tz. 11.0.5 bis 11.0.10 der vom Beklagten in seinem Rundschreiben vom 22. Januar 2003 sowie im Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006 erwähnten BeamtVGVwV (abgedruckt bei Bayer, a.a.O.) gelenkt. Laut Tz. 11.0.5 BeamtVGVwV sollten Vordienstzeiten in diesen Fällen nicht berücksichtigt werden, soweit ansonsten eine den Rahmen des § 55 BeamtVG übersteigende Versorgung eintreten würde. Durch die Ermessensausübung bei § 11 BeamtVG wurde also § 55 BeamtVG wirkungsgleich auf diese von § 55 BeamtVG seinerzeit nicht erfassten Fälle übertragen. Im Zuge der gesetzgeberischen Erstreckung des § 55 BeamtVG auf die vor dem 1. Januar 1966 begründeten Beamtenverhältnisse mit Wirkung vom 1. Januar 1982 wies das Bundesministerium des Innern durch Rundschreiben vom 21. Dezember 1981 (- D III 4 - 223 106/2 -, Tz. 2.8., GMBl. 1982, S. 35) darauf hin, dass Tz. 11.0.5 bis 11.0.10 BeamtVGVwV bei Erwerb einer durch § 55 BeamtVG erfassten Versorgungsleistung gegenstandslos geworden seien. Soweit in der Vergangenheit unter § 55 BeamtVG fallende Vordienstzeiten im Rahmen der Ermessensausübung nach § 11 BeamtVG nicht berücksichtigt worden seien, könne zu Gunsten der Ruhenstandsbeamten eine Neufestsetzung erfolgen. Das Bundesministerium des Innern war also offenbar der Auffassung, dass die bis dahin geübte Praxis, dem Doppelbezug von Ruhegehalt und Rente durch entsprechende Ermessensausübung nach § 11 BeamtVG entgegen zu treten, nach der gesetzgeberischen Entscheidung zur Erstreckung des § 55 BeamtVG keinen Bestand mehr habe. Zudem verhinderte Tz. 11.0.5 BeamtVGVwV zwar eine Besserstellung der Mischlaufbahn-Beamten, bewirkte aber zugleich, dass sie nicht schlechter, sondern (von der Höhe ihrer Gesamtversorgung) annähernd gleichgestellt werden gegenüber denjenigen, die ihr Berufsleben ausschließlich als Beamte verbracht haben. Dies geschah, indem durch Probeberechnungen ermittelt wurde, welcher Anteil der Vordienstzeit zu berücksichtigen ist, um eine dem "Nur-Beamten" vergleichbare Versorgung zu bewirken. § 11 BeamtVG lässt nicht nur die gänzliche, sondern auch die teilweise (Nicht-)Berücksichtigung von Vordienstzeiten zu. Diese im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens liegende Möglichkeit hat der Beklagte (ermessensfehlerhaft) nicht einmal erwogen.

Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass einem Ruhestandsbeamten die amtsgemäße Versorgung grundsätzlich unabhängig von anderen Einkommensquellen zusteht. Eine Entscheidung des Gesetzgebers, wonach anderweitige Einkommen im bestimmten Umfang auf die Beamtenversorgung angerechnet werden sollen, kann nur angenommen werden, wenn sie sich aus dem Gesetz klar und eindeutig ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1987 - 2 C 52.86 -, BVerwGE 78, 122, 123). Der Beklagte nimmt der Vorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BeamtVG durch seine unterschiedslose Ermessenspraxis in den hier inter-essierenden Fällen jeden Anwendungsbereich. Er lehnt die Berücksichtigung von Vordienstzeiten stets bereits dem Grunde nach ab und lässt hierdurch § 55 BeamtVG insoweit leer laufen, der immerhin ausdrücklich das Zusammentreffen von Ruhegehalt und Rente betrifft. Eine solche pauschale Ermessenshandhabung, die einem Parlamentsgesetz schon im Vorfeld einen wesentlichen Anwendungsbereich nimmt, unterliegt durchgreifenden Zweifeln. Dies sah offenbar auch der Rechnungshof von Berlin. Anders als die Senatsverwaltung für Inneres war er der Auffassung, dass es zur Beseitigung der vermeintlichen Doppel- und Überversorgung einer bundesgesetzlichen Neuregelung des BeamtVG bedürfe (vgl. Rechnungshof, a.a.O., S. 102). Er hat den Senat von Berlin aufgefordert, sich für eine entsprechende Gesetzesänderung einzusetzen (a.a.O., S. 104). Der Beklagte hat stattdessen eine Ermessenspraxis eingeführt, nach der das vom Gesetzgeber bei § 11 BeamtVG eröffnete Ermessen stets und unterschiedslos bei Bezug einer Rente im Sinne einer Nichtberücksichtigung der Vordienstzeit ausgeübt wird. Darin liegt der Sache nach nicht mehr die Ausübung des vom Gesetzgeber eröffneten Ermessens, sondern die Verweigerung einer sachgerechten und einzelfallbezogenen Ermessensausübung.

Zusammenfassend ist die neue Ermessenshandhabung des Beklagten, Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG bei Bezug einer Rente oder sonstigen Versorgungsleistung generell abzuerkennen, rechtswidrig, weil dadurch die gebotene Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände verhindert wird. Außerdem ist die Ermessenspraxis unverhältnismäßig, weil sie über den vom Beklagten beabsichtigten Zweck, Doppel- und Überversorgungen zu verhindern, deutlich hinausgeht. Sie erfasst nicht nur sog. Doppelanrechnungszeiten, sondern jedwede Vordienstzeit nach § 11 BeamtVG unabhängig davon, ob der Rentenanspruch innerhalb oder außerhalb dieser Zeiten erworben wurde. Weiter berücksichtigt sie nicht, dass bei einem Großteil der Fälle zur Vermeidung einer Besserstellung gegenüber "Nur-Beamten" kein Handlungsbedarf besteht, weil diese Fälle bereits im Sinne des Gesetzgebers durch § 55 BeamtVG geregelt sind. Sie berücksichtigt ferner nicht, dass in den übrigen Fällen (wie hier der Klägerin) die unterschiedslose Aberkennung der gesamten Vordienstzeiten nach § 11 BeamtVG zu einer über das für eine annährende Gleichstellung notwendige Maß weit hinausgehenden deutlichen Schlechterstellung führen kann, ohne hierfür sachliche Gründe in Anspruch nehmen zu können. Dies schließt die Rücknahme des Bescheides vom 14. Juli 2005 nach § 48 VwVfG aus.

Auf die Frage, ob die Klägerin trotz des Vorbehalts in dem Bescheid vom 14. Juli 2005 Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, kommt es nicht mehr an. Grund für eine solche Überlegung könnte sein, dass sie am 10. Januar 2001 von dem Beklagten eine Auskunft über ihren Versorgungsanspruch - unter Einbeziehung der Vordienstzeit bei der L_____ - erhalten hatte und mit Rücksicht hierauf Altersteilzeit in Anspruch nahm. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie insoweit geltend gemacht, dass sie die infolge der Altersteilzeit eintretende Minderung ihres Ruhegehalts nur deswegen in Kauf genommen habe, weil der Beklagte ihr zeitnah zu ihrem Ruhestand noch einmal ausdrücklich mitgeteilt habe, dass er bei der positiven Vordienstzeitenentscheidung vom 21. Mai 1997 bleibe.

Die Rücknahme kann auch nicht in einen Widerruf nach § 49 VwVfG umgedeutet werden. Der Beklagte hat jedenfalls das ihm gemäß § 49 VwVfG zustehende Widerrufsermessen fehlerhaft ausgeübt. Er sah sich zum Widerruf nämlich im Lichte seiner neuen, nach den obigen Ausführungen jedoch rechtswidrigen Ermessenspraxis veranlasst.

2.) Da der für die Klägerin günstige Bescheid vom 14. Juli 2005 aus den zu 1.) genannten Gründen weiter Bestand hat, kam die niedrigere Neufestsetzung ihres Ruhegehalts durch den angefochtenen Bescheid vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2006 nicht in Betracht.

3.) Folgerichtig hat auch die Rückforderung vermeintlich überzahlter Ruhegehaltanteile keinen Bestand. Sie beruht auf der Rücknahme des Bescheides vom 14. Juli 2005 und der daraufhin vorgenommenen Neufestsetzung des Ruhegehalts durch die angefochtenen Bescheide. Beide Maßnahmen sind jedoch aus den zu 1.) und 2.) genannten Gründen rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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